Rechtmäßigkeit eines eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Eingliederungsverwaltungsaktes
Ermessensentscheidung
Öffentlich-rechtlicher Vertrag
Angemessenheit
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes.
Der 1973 geborene Kläger ist diplomierter Wirtschaftsingenieur. Er ist alleinstehend und bezieht Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts - Arbeitslosengeld II - nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Mit Bescheid vom 11.04.2016 wurde sein Arbeitslosengeld II wegen Verstoßes gegen die Pflichten aus einem
für den Zeitraum 10.02.2016 bis 09.08.2016 erlassenen Eingliederungsverwaltungsakt vom 10.02.2016 für den Zeitraum 01.05.2016
bis 31.07.2016 um 30% des Regelbedarfs gemindert. Mit weiterem Bescheiden vom 03.05.2016 bzw. vom 03.06.2016 wurde das Arbeitslosengeld
II für den Zeitraum 01.06.2016 bis 31.08.2016 um 60% des Regelbedarfs und für den Zeitraum 01.07.2016 bis 30.09.2016 um 100%
gemindert. Im nachfolgenden Klageverfahren wurden die Sanktionen um 60 % und 100 % aufgehoben. Hinsichtlich der Kürzung um
30 % des Regelbedarfs hatte das Klageverfahren keinen Erfolg.
Mit Bescheid vom 13.09.2016 wurden dem Kläger für den Zeitraum 01.10.2016 bis 30.09.2017 monatlich 404,- Euro Regelleistungen
gewährt. Im Rahmen eines am 26.08.2016 geführten Beratungsgesprächs zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung im Anschluss
an den auslaufenden Eingliederungsverwaltungsakt vom 10.02.2016 wurde er zu seinen aktuellen Vorstellungen zur Arbeitsaufnahme
befragt. Der Kläger teilte diesbezüglich mit, dass er mit seinem erlernten Beruf zufrieden sei und auch problemlos eine hoch
bezahlte Stelle finden könne, das aktuelle Wirtschaftssystem aber nicht unterstützen möchte. Den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung
lehne er ab. Dem Kläger wurde dennoch der Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung mit der Bitte mitgegeben, sich in Ruhe
zu überlegen, ob er diese unterschreiben könne. Es wurde eine Frist bis zum 31.08.2016 eingeräumt. Nach Ablauf dieser Frist
ohne weitere Reaktion des Klägers erließ der Beklagte am 14.09.2016 einen Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum 14.09.2016
bis 13.03.2017. Dieser Eingliederungsverwaltungsakt sah unter anderem vor, dass der Kläger bis zum 30.09.2016 eine vollständig
aktualisierte Bewerbungsmappe vorlegt und sich bis zum 01.10.2016 dreimalig und anschließend monatlich fünf Mal um eine Arbeitsstelle
bemüht und diese Bemühungen in einem Aktionsplan festhält, den er dem Beklagten jeweils zum Monatsersten, erstmalig am 01.10.2016,
vorlegt. Der Beklagte bot dem Kläger im Gegenzug Beratungsgespräche und die Übernahme von Fahrt- und Bewerbungskosten an.
Er wollte dem Kläger außerdem nach Abgleich des Bewerberprofils des Klägers mit Stellenangeboten geeignete Stellen vorschlagen
und eine Einstellung bei entsprechenden Voraussetzungen durch Eingliederungszuschüsse bzw. mit einem Einstiegsgeld unterstützen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Eingliederungsverwaltungsakt vom 14.09.2016 Bezug genommen.
Der Kläger legte gegen den Eingliederungsverwaltungsakt am 29.09.2016 Widerspruch ein. Dieser Verwaltungsakt und die dort
angedrohte Sanktion seien rechtswidrig und nichtig. Ihm stehe das staatlich garantierte Existenzminimum zu. Der Entzug dieses
Existenzminimums sei grundrechtswidrig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende
Verwaltungsakt sei nicht zu beanstanden.
Mit Sanktionsbescheid vom 12.10.2016 stellte der Beklagte nach Anhörung eine Minderung des Arbeitslosengeldes II um 60 % des
maßgebenden Regelbedarfs (242,40 Euro monatlich) für den Zeitraum 01.11.2016 bis 31.01.2017 fest. Der Kläger habe entgegen
der im Verwaltungsakt vom 14.09.2016 festgelegten Pflichten keine Bewerbungsmappe bis zum 30.09.2016 vorgelegt. Den hiergegen
eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2016 zurück. Die daraufhin vom Kläger vor dem
Sozialgericht Aachen erhobene Klage wies das Sozialgericht mit Urteil vom 26.01.2017 (S 2 AS 949/16) ab. Die Berufung wurde nicht zugelassen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat
zurückgewiesen (L 2 AS 489/17 NZB).
Gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 14.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2016 hat der Kläger
am 25.10.2016 ebenfalls Klage erhoben. Das Sozialgericht hat auch diese Klage mit Urteil vom 26.01.2017 abgewiesen. Der Eingliederungsverwaltungsakt
sei rechtmäßig und erfülle die Voraussetzungen des § 15 SGB II. Die Regelungen seien auch nicht verfassungswidrig.
Mit weiterem Sanktionsbescheid vom 14.02.2017 hat der Beklagte das Arbeitslosengeld II des Klägers wegen Verstoßes gegen die
Pflichten aus dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 14.09.2016 für den Zeitraum 01.03.2017 bis 31.05.2017 um 100 % gemindert.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2017 zurückgewiesen. Der Kläger hat
auch hiergegen Klage erhoben.
Gegen das ihm am 14.02.2017 zugestellte Urteil des Sozialgerichts vom 26.01.2017 hat der Kläger am 13.03.2017 Berufung eingelegt.
Er beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.01.2017 abzuändern und den Bescheid vom 14.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 30.09.2016 aufzuheben.
Zur Begründung macht der Kläger geltend, sein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums werde
durch die angedrohte Sanktionierung massiv verletzt. Hinsichtlich der von ihm geltend gemachten Bedenken sei ein Verfahren
vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig (1 BvL 7/16). Bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei der Eingliederungsverwaltungsakt nichtig. Die Auffassung des
Senats, das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums könne an die Einhaltung von Mitwirkungspflichten
geknüpft werden, sei unzutreffend. Sie verstoße gegen das Grundrecht auf Selbstbestimmung und Vertragsfreiheit (Artikel (Art.)
2
Grundgesetz (
GG)) und auf Berufsfreiheit (Art.
12 GG).
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.01.2017 zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den
Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten. Die Akten haben dem Senat vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidung.
II.
1. Der Senat konnte gemäß §
153 Abs.
4 SGG nach Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Auch eine grundsätzliche Bedeutung der der Rechtssache nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG, die dazu führt, dass die Voraussetzungen für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung regelmäßig nicht vorliegen (vgl.
hierzu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19.10.2016 - B 14 AS 33/15 R, RdNrn. 9 ff bei [...]), ist nicht gegeben. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn sich eine Rechtsfrage stellt,
deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit und Rechtfortbildung im allgemeinen
Interesse erforderlich und deren Klärung auch durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit) (Leitherer in
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017, §
160 RdNr. 6). Klärungsfähigkeit setzt dabei voraus, dass die klärungsbedürftige Rechtsfrage für den zu entscheidenden Fall erheblich
ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017, §
160 RdNr. 9). Eine solche entscheidungserhebliche Rechtfrage wirft der Fall nicht auf.
Aktuell noch nicht höchstrichterlich geklärt ist hier lediglich die Frage, ob in der vorliegenden Konstellation eine Anfechtungs-
oder Fortsetzungsfeststellungsklage die statthafte Klageart ist (siehe hierzu unter 2.). Diese Frage ist für das Verfahren
aber nicht entscheidungserheblich, weil bei unstatthafter Anfechtungsklage die Möglichkeit besteht, die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage
nach §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG fortzuführen und im Rahmen dieser Klageart zu prüfen, ob der Eingliederungsverwaltungsakt rechtswidrig ist. Dies ist grundsätzlich
möglich und statthaft (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 45/15 R, RdNr. 18 bei [...]). Die Voraussetzungen für eine Fortsetzungsfeststellungsklage lägen auch vor, da dem Kläger weitere
Eingliederungsverwaltungsakte mit vergleichbarem Inhalt konkret drohen, so dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in
der Form der Wiederholungsgefahr gegeben ist. Diese liegt vor, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass
unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergehen wird (BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R, RdNr. 16 bei [...]). Die Klage bleibt daher unabhängig von der Entscheidung des Senats, welche Klageart hier statthaft
ist, zulässig, da die Umstellung einer Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage keine Klageänderung und daher
auch im Revisionsverfahren noch möglich ist (BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R, RdNr. 12 bei [...]). Die Frage der statthaften Klageart ist damit aber für die Entscheidung in diesem Verfahren nicht
entscheidungserheblich.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich auch nicht aus dem beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren
(1 BvL 7/16). Allein der Umstand, dass ein erstinstanzliches Gericht eine Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat, begründet
nicht zwingend eine grundsätzliche Bedeutung (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017, §
160 RdNr. 9a). Der Senat geht davon aus, dass die dortige Fragestellung bereits hinreichend geklärt ist (vgl. hierzu unter 3.).
2. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die gegen den Eingliederungsverwaltungsakt
vom 14.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2016 erhobene Anfechtungsklage gemäß §
54 Abs.
1 SGG ist zulässig aber unbegründet.
Der Eingliederungsverwaltungsakt hat sich nicht durch Zeitablauf nach § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt, denn er entfaltet noch Regelungswirkungen, weil der Beklagte auf die Verletzung der Pflichten aus diesem Eingliederungsverwaltungsakt
zwei Sanktionsbescheide (12.10.2016 und 14.02.2017) gestützt hat und das Klageverfahren gegen den letzten Sanktionsbescheid
noch anhängig ist (vgl. hierzu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.06.2017 - L 25 AS 1631/16, RdNr. 63 bei [...]). Die Regelungen im Eingliederungsverwaltungsakt entfalten damit weiterhin Rechtswirkungen und der Kläger
ist trotz des Zeitablaufs durch diese Regelungen weiterhin beschwert (§
54 Abs.
1 Satz 2
SGG). Die Klage ist auch nicht deshalb unzulässig, weil gegen den wegen eines Verstoßes gegen den Eingliederungsverwaltungsakt
ergangenen Sanktionsbescheid vom 14.02.2017 noch ein Klageverfahren anhängig ist, in dem die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes
inzidenter zu prüfen ist. Weil der Verwaltungsakt unabhängig vom rechtlichen Schicksal des Sanktionsbescheides noch Rechtswirkungen
entfaltet, muss eine Prüfung seiner Rechtmäßigkeit auch unabhängig von dem Verfahren gegen diesen Sanktionsbescheid erfolgen
können. Hierfür spricht auch, dass unklar ist, ob in dem Verfahren gegen den Sanktionsbescheid überhaupt eine Inzidenterprüfung
erfolgen wird, weil sich dieser auch aus anderen Gründen als rechtswidrig erweisen kann (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 15.06.2017 - L 25 AS 1631/16, RdNr. 63 bei [...]).
3. Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg, weil der Eingliederungsverwaltungsakt vom 14.09.2016 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 30.09.2016 rechtmäßig ist. Rechtsgrundlage für den Erlass des Eingliederungsverwaltungsaktes ist
§ 15 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 3 SGB II (in der Fassung vom 01.08.2016, BGBl I S. 1824). Danach sollen die in einer Eingliederungsvereinbarung vorgesehenen Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden, wenn
eine Vereinbarung nach § 15 Abs. 2 SGB II nicht zustande kommt. Dies war hier der Fall, weil der Kläger sich grundsätzlich weigert, eine Eingliederungsvereinbarung
abzuschließen und den ihm vorgelegten Entwurf aus diesem Grund nicht unterzeichnet hat. Unterzeichnet ein Leistungsberechtigter
einen ihm unterbreiteten Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung nicht, besteht jedenfalls deshalb Raum für den Erlass eines
ersetzenden Eingliederungsverwaltungsaktes (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R, RdNr. 11 bei [...] mwN). Dies muss insbesondere im Fall einer grundsätzlichen Weigerung gelten, weil sich dann weitere
Verhandlungen über den Inhalt der Eingliederungsvereinbarung erübrigen.
Die bei der Ersetzungsentscheidung zu treffenden Ermessenserwägungen hat der Beklagte beachtet. Die ersetzenden Regelungen
sind im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens nach denselben Maßstäben zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, wie dies
für die konsensuale Eingliederungsvereinbarung gilt (BSG, Urteile vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R, RdNr. 12 bei [...]). Auch die Regelungen eines Eingliederungsverwaltungsaktes müssen daher den Anforderungen genügen,
die sich aus § 15 Abs. 2 SGB II ergeben. Zu beachten ist außerdem, dass der Eingliederungsverwaltungsakt als öffentlich-rechtlicher Vertrag den Anforderungen
des § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X unterliegt. Danach muss die Gegenleistung, zu der sich der Vertragspartner der Behörde verpflichtet, "den gesamten Umständen
nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen". Dies erfordert, dass
die Konkretisierung der Eigenbemühungen des Leistungsempfängers nur zulässig ist, wenn ihr eine angemessene vertragliche Leistung
der Behörde, also der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II gegenübersteht (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R, RdNr. 13 bei [...]).
Diesen Anforderungen wird der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt gerecht. Die im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten
Pflichten sind dem gut ausgebildeten und körperlich nicht beeinträchtigten Kläger zumutbar. Der Senat verweist diesbezüglich
auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts vom 26.01.2017 (§
153 Abs.
2 SGG). Diesen Pflichten stehen auch ausreichend individualisierte Unterstützungsleistungen zur Eingliederung in Arbeit durch den
Beklagten gegenüber. Dies ist nicht der Fall, wenn über den Verweis auf die Rechtsansprüche der Erstattung von Bewerbungskosten
und Fahrtkosten hinaus keine konkreten Eingliederungsleistungen bezeichnet werden, ohne dass dies von hinreichenden Ermessenserwägungen
getragen wäre (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R, RdNr. 21 bei [...]). Ein Verstoß ist daher anzunehmen, wenn der Obliegenheit des Klägers zu individuellen, konkreten und
verbindlichen Bewerbungsbemühungen keine individuellen, konkreten und verbindlichen Unterstützungsleistungen des Beklagten
gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 30/15 R, RdNrn. 21 ff. bei [...]). Solche individuellen Unterstützungsleistungen sieht der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt
indes vor. Er legt fest, dass es neben der Erstattung von Fahrt- und Bewerbungskosten unter anderem Aufgabe des Beklagten
ist, einen Abgleich des Bewerberprofils des Klägers mit Stellenangeboten durchzuführen und diesen für geeignete Stellen vorzuschlagen.
Daneben wird bei entsprechenden Voraussetzungen die Unterstützung einer Einstellung durch Eingliederungszuschüsse oder mit
einem Einstiegsgeld festgelegt. Diese Leistungsangebote des Beklagten sind gerade auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger
sich nachhaltig weigert, eine Beschäftigung in diesem Wirtschaftssystem aufzunehmen, als ausreichend anzusehen. Noch konkretere
Eingliederungszusagen sind vor dem Hintergrund dieser Weigerung nicht möglich.
Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes. Konkrete Einwände gegen
die diesbezüglichen Feststellungen des Sozialgerichts hat der Kläger auch nicht erhoben. Er macht vielmehr geltend, dass die
Handlungsform des Eingliederungsverwaltungsaktes gegen sein Selbstbestimmungsrecht und die damit verbundenen Sanktionen gegen
das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verstoßen. Dem schließt sich der Senat nicht an.
Grundlegende Bedenken gegen die Handlungsform des Eingliederungsaktes und die dort getroffenen Verpflichtungen des Leistungsberechtigten
bestehen aus seiner Sicht nicht (so auch BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 45/15 R, RdNr. 14 bei [...]).
Ein Verstoß gegen die nach Art.
2 GG grundgesetzlich garantierte Vertragsfreiheit liegt schon deshalb nicht vor, weil der Kläger gerade nicht zum Abschluss eines
Vertrages gezwungen wird, sondern bei fehlender Einigung ein Verwaltungsakt ergeht, den der Kläger gerichtlich überprüfen
lassen kann (vgl. Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 15.11.2012 - L 4 AS 73/12, RdNr. 22 bei [...]; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.12.2015 - L 12 AS 1884/15 B ER, RdNr. 17 bei [...]). Auch ein Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Berufswahl bzw. -ausübung (Art.
12 GG) ist nicht erkennbar. Fraglich ist bereits, ob der Schutzbereich des Art.
12 GG überhaupt betroffen ist. Selbst wenn ein solcher Eingriff in den Schutzbereich wegen der Sanktionsandrohungen im Falle eines
Verstoßes gegen die an den Kläger gerichteten Pflichten angenommen werden könnte, wäre dieser aber gerechtfertigt, weil die
Verpflichtungen durch den allgemeinen Grundsatz im SGB II, dass jeder Leistungsempfänger seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts einsetzen und alle Möglichkeiten zur
Beendigung der Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muss (§ 2 SGB II), gerechtfertigt sind. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat diesbezüglich bereits für die entsprechenden Vorschriften
im Bundessozialhilfegesetz festgestellt, dass der Verlust des Anspruchs auf Sozialhilfe bei Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten, mit höherrangigem
Recht vereinbar ist und nicht im Widerspruch zu Art.
12 GG steht ( vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.02.1979 - 5 B 114/78, RdNr. 5 bei [...] mwN). Dem schließt sich der Senat an (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.02.2014 - L 19 AS 749/13, RdNr. 35 bei [...]; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.12.2015 - L 12 AS 1884/15 B ER, RdNrn. 17 f. bei [...]).
Auch das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums wird durch die dort angedrohten Sanktionen
nicht verletzt. Dieses Grundrecht folgt aus Art.
1 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art.
20 Abs.
1 GG. Es sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz, für die Sicherung
der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen
und politischem Leben unerlässlich sind. Dieses Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf
aber der Konkretisierung und Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand
des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, RdNrn. 133 ff. bei [...]). Dies bedeutet aber nicht, dass die Leistungen voraussetzungslos zur Verfügung gestellt werden
müssen (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, RdNr. 51 bei [...], unter Hinweis auf den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09, RdNr. 13 bei [...]). Bei der Konkretisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums
steht dem Gesetzgeber vielmehr ein Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, RdNr. 138 bei [...]), der ihn verfassungsrechtlich nicht daran hindert, die Gewährung existenzsichernder Leistungen nach
dem SGB II an (Mitwirkungs-) Obliegenheiten zu knüpfen und bei deren Verletzung leistungsrechtliche Minderungen vorzusehen (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, RdNr. 52 bei [...]). Diese Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht aktuell mit Urteil vom 12.05.2017 nochmals bestätigt
und erneut festgestellt, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums den Gesetzgeber nicht
daran hindert, die uneingeschränkte Gewährung existenzsichernder Leistungen an die Einhaltung von Mitwirkungspflichten zu
knüpfen (Pressemitteilung 23/2017 vom 12.05.2017 - B 7 AY 1/16 R).
Eine andere Auslegung würde letztlich zu einem Recht auf eine voraussetzungslose steuerfinanzierte Staatsleistung (sogenanntes
bedingungsloses Grundeinkommen) führen; eine solche Entscheidung muss aber dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, RdNr. 53 bei [...]). Dieser ist aber bei der Ausgestaltung der Leistungen nach dem SGB II davon ausgegangen, dass der Hilfebedürftige alle Möglichkeiten zur Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muss,
und hat die fehlende Bereitschaft hierzu an für diesen negative Konsequenzen geknüpft. Dies ist verfassungsrechtlich nicht
zu beanstanden, solange die unerlässlichen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, RdNr. 54 bei [...]; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 20.07.2016 - L 11 AS 162/16, RdNr. 20 bei [...]; Berlit in LPK-SGB II, § 31 RdNr. 13 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat geht insbesondere unter Bezugnahme auf die Ausführungen
unter 1. nicht von einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache aus.