Gründe
I.
Die 1980 geborene Klägerin zu 1) und ihre Kinder, die 2002 geborene Klägerin zu 2) und der 2013 geborene Klägerin zu 3), wenden
sich mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, das gegen die
endgültige Ablehnung von zuvor bewilligten Leistungen und eine hierauf beruhende Erstattungsforderung des Beklagten gerichtet
ist.
Der Beklagte bewilligte den Klägern und dem Ehemann der Klägerin zu 1), Herrn G C, sowie dem 2000 geborenen Sohn T C mit Bescheid
vom 19.10.2017 und Änderungsbescheid vom 25.11.2017 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.11.2017
bis zum 30.04.2018. Herr G C übte zu diesem Zeitpunkt eine selbständige Tätigkeit aus, die er zum 31.03.2018 beendete. Der
Beklagte forderte Herrn G C mit Schreiben vom 02.08.2018 auf, bis zum 22.10.2018 Unterlagen über seine selbständige Tätigkeit
im Zeitraum vom 01.11.2017 bis zum 30.04.2018, insbesondere eine vollständig ausgefüllte "Anlage EKS", eine betriebswirtschaftliche
Auswertung und lückenlose Kontoauszüge zu übersenden. Sofern er oder die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen
die Unterlagen bis zum 22.10.2018 nicht vollständig einreichten, sei festzustellen, dass in diesem Zeitraum kein Leistungsanspruch
bestanden habe und die Leistungen vollständig zu erstatten seien.
Am 10.09.2018 kam es in der Wohnung der Klägerinnen zu einem Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt von Herrn G C gegenüber
der Klägerin zu 1), in dessen Folge ein Rückkehrverbot bis zum 21.09.2018 ausgesprochen wurde. Die Klägerin zu 1) teilte dem
Beklagten am 14.09.2018 mit, ihr Ehemann sei verzogen. Sie beantragte nunmehr nur noch für sich und die weiteren Klägerinnen
Leistungen. Der Beklagte berücksichtigte Herrn G C nicht mehr als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Die Klägerin zu 1) führte
in der Folge beim Amtsgericht B ein einstweiliges Anordnungsverfahren gegen ihren Ehemann nach §§ 1 und 2 Gewaltschutzgesetz wegen Gewaltschutz und Wohnungszuweisung (00 F 00/18). Herr G C kehrte erst vom 12.03.2019 bis zum 03.06.2019 vorübergehend in die Wohnung zurück.
Mit an die Klägerin zu 1) gerichtetem Bescheid vom 18.03.2019 lehnte der Beklagte den Leistungsantrag für die Zeit vom 01.11.2017
bis zum 30.04.2018 endgültig ab. Die Klägerin habe die mit Schreiben vom 02.08.2018 angeforderten Unterlagen nicht eingereicht.
Mit weiterem Bescheid vom 18.03.2019 forderte der Beklagte von der Klägerin zu 1) 2849,54 €, von der Klägerin zu 2) 1485,74
€ und vom Kläger zu 3) 1043,84 € zurück. Dieser Bescheid richtete sich ausdrücklich an die Klägerin zu 1) als gesetzliche
Vertreterin der Klägerinnen zu 2) und 3). Entsprechende endgültige Festsetzungs- und Erstattungsbescheide ergingen separat
auch an Herrn G C und an Herrn T C. Am 22.03.2019 erhoben die Klägerinnen gemeinsam Widerspruch gegen den endgültigen Festsetzungsbescheid
und gegen den Erstattungsbescheid. Der Widerspruch bezeichnete die Namen aller Klägerinnen und die jeweiligen Erstattungsbeträge.
Mit an die Klägerin zu 1) gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 28.11.2019 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der Beklagte
benannte in seiner Begründung die gegen die jeweiligen Klägerinnen festgesetzten Erstattungssummen.
Am 17.12.2019 haben die Klägerinnen beim Sozialgericht Aachen Klage gegen die Bescheide vom 18.03.2019 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28.11.2019 erhoben und die Aufhebung dieser Bescheide sowie die Verurteilung des Beklagten zur
Bewilligung von Leistungen vom 01.11.2017 bis zum 30.04.2018 beantragt. Weiter haben sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
beantragt. In der Klageschrift ist ausdrücklich nur die Klägerin zu 1) aufgeführt. Die Klägerinnen tragen vor, Herr G C habe
im Widerspruchsverfahren Unterlagen über seine selbständige Tätigkeit nachgereicht, und übersenden zum Nachweis diverse Quittungen.
Diese seien nachträglich zu berücksichtigen. Zudem sei ihnen die vorherige Beibringung von Unterlagen gar nicht möglich gewesen.
Das Geschäft sei nur von Herrn G C betrieben worden und aufgrund seiner wiederholten Gewalttätigkeiten und der Zerrüttung
des Verhältnisses habe bereits im August 2018 keine eheliche Gemeinschaft mehr zwischen ihm und der Klägerin zu 1) bestanden.
Der Beklagte trägt vor, die von Herrn G C übersandten Unterlagen genügten nicht den Anforderungen des Schreibens vom 02.08.2018,
insbesondere seien weder eine "Anlage EKS" noch die angeforderten betriebswirtschaftlichen Auswertungen übersandt worden.
Mit Beschluss vom 04.09.2020 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Im Rubrum des Beschlusses
ist nur die Klägerin zu 1) aufgeführt. Die Klage habe keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die Ablehnung der Leistungen beruhe
auf § 41a Abs. 3 Satz 4 SGB II, wonach bei einer endgültigen Festsetzung festzustellen sei, dass der Leistungsanspruch nicht bestand, wenn der Leistungsberechtigte
seiner Verpflichtung zum Nachweis der für die abschließende Entscheidung geforderten leistungserheblichen Tatsachen nicht
nachkomme. Dies sei hier der Fall. Die Verpflichtung zur Erstattung der aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Tatsachen
könne auf § 41a Abs. 6 Satz 1 SGB II gestützt werden.
Am 07.10.2020 haben die Klägerinnen Beschwerde gegen den ihnen am 07.09.2020 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts erhoben.
Auch die Beschwerdeschrift bezeichnet ausdrücklich nur die Klägerin zu 1). Aufgrund der familiären Verhältnisse sei es nicht
möglich gewesen, Auskünfte über das Einkommen von Herrn G C zu erhalten oder an den Beklagten weiterzuleiten. Auf Hinweis
des Senats haben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 08.03.2021 klargestellt, dass das Verfahren auch für die Klägerinnen
zu 2) und 3) geführt wird. In der Sache werde lediglich die Aufhebung der Bescheide vom 18.03.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 28.11.2019 beantragt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Die Klägerinnen haben einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihrer Bevollmächtigten. Die Rechtsverfolgung bietet
hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig (§§ 73a Abs. 1 Satz 1
SGG, 114
ZPO).
Ein Rechtsschutzbegehren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung
einer schwierigen Rechtsfrage abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussichten für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll nicht
dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern
und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfragen dürfen nicht
im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt
werden können. Prozesskostenhilfe ist auch zu bewilligen, wenn in der Hauptsache eine Beweisaufnahme erforderlich ist und
keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil
des Antragstellers ausgehen wird (BVerfG Beschlüsse vom 04.05.2015 - 1 BvR 2096/13, vom 09.10.2014 - 1 BvR 83/12 und vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07; ständige Rechtsprechung des Senats, vergl. nur Beschlüsse vom 05.11.2020 - L 7 AS 743/20 B, vom 20.04.2016 - L 7 AS 1645/15 B und vom 15.02.2016 - L 7 AS 1681/15 B).
Beteiligte des erstinstanzlichen Klage- und Prozesskostenhilfeverfahrens sowie des Beschwerdeverfahrens vor dem Senat sind
neben der Klägerin zu 1) auch die Klägerinnen zu 2) und 3), denn im Zweifel ist davon auszugehen, dass mit einer Klage begehrt
wird, was von dem Beklagten im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren verweigert wurde - hier eindeutig der Anspruch aller
im Widerspruch vom 22.03.2019 bezeichneter Klägerinnen auf Aufhebung der von ihnen angegriffenen Bescheide - und dass die
Klage denselben Gegenstand hat wie zuvor der Widerspruchsbescheid. Hiervon ist nur abzuweichen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen,
dass ein Kläger einen Teil des zunächst geltend gemachten Anspruchs im Klageverfahren nicht weiter verfolgen will oder Beteiligte
des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens sich am gerichtlichen Verfahren nicht beteiligen wollen. Liegen hingegen - wie
hier - keine nachvollziehbaren Gesichtspunkte für eine entsprechende Beschränkung des Klagebegehrens vor, ist grundsätzlich
- auch bei einem unzureichenden Wortlaut der Klageschrift, der dann als unbeachtliche Falschbezeichnung anzusehen ist, - von
einer Identität von Widerspruchs- und Klagebegehren in sachlicher und personeller Hinsicht auszugehen (vgl. hierzu ausführlich
Senatsurteile vom 09.10.2019 - L 7 AS 642/18 und vom 21.06.2018 - L 7 AS 834/16; Senatsbeschluss vom 16.03.2020 - L 7 AS 37/20 B ER). Diese Betrachtung hat hier zur Folge, dass auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beschwerde
gegen deren Ablehnung allen Klägerinnen zuzurechnen sind. Der Umstand, dass das Sozialgericht in seinem Beschluss nur von
einer Beteiligteneigenschaft der Klägerin zu 1) ausgegangen ist, ist unschädlich, denn der Gedanke, dass alle Beteiligten
ihr Begehren im Beschwerdeverfahren weiterverfolgen können, wenn das Sozialgericht bewusst, aber unzutreffend nur über den
Anspruch eines Teils einer Mehrheit von Beteiligten entschieden hat (dazu Keller: in Meyer-Ladewig,
SGG, 13. Auflage, §
140 Rn. 2c mwN), gilt auch im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe.
Streitgegenstand des Verfahrens sind sowohl der endgültige Ablehnungsbescheid vom 18.03.2019 als auch der Erstattungsbescheid
vom selben Tag, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2019. Die Klägerinnen haben ihren Antrag richtigerweise
insgesamt auf die Aufhebung der angefochtenen Bescheide beschränkt, denn zutreffende Klageart ist nicht nur bei einer Klage
gegen einen Erstattungsbescheid, sondern auch bei einer Klage gegen eine auf § 41a Abs. 3 Satz 4 SGB II gestützte "Nullfestsetzung" die Anfechtungsklage. Bei einer solchen "Nullfestsetzung" handelt es sich nicht um eine Entscheidung
über den Leistungsanspruch selbst, sondern - ähnlich wie beim Versagungsbescheid gem. §
66 SGB I - lediglich um eine das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung ohne materiell-rechtlichen Gehalt. Nach einer Aufhebung
des angefochtenen Bescheides wäre der Beklagte zur Neubescheidung der bisher nur vorläufig festgesetzten Leistungen verpflichtet,
so dass das Rechtsschutzziel der Klägerinnen auch mit einer isolierten Anfechtungsklage erreicht wird. Die Regelung des §
41a Abs. 5 Satz 1 SGB II ("Ergeht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung nach Absatz 3, gelten
die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt") steht einem Neubescheidungsanspruch nach Aufhebung der
Nullfestsetzung nicht entgegen. Denn diese Fiktionswirkung tritt nur ein, wenn der Grundsicherungsträger bis zu dem jeweils
maßgebenden Zeitpunkt einen abschließenden Leistungsbescheid tatsächlich nicht erlassen, also jede Regelung zur endgültigen
Leistungsbestimmung unterlassen hat (vgl. zu der Problematik ausführlich Senatsurteil vom 18.02.2021 - L 7 AS 1525/19).
Die so verstandene Klage hat hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es ist zumindest zweifelhaft und vom Sozialgericht durch weitere
Sachverhaltsermittlungen aufzuklären, ob der Beklagte die auf die fehlende Beibringung von Unterlagen über die selbständige
Tätigkeit des Herrn G C gestützte "Nullfestsetzung" der Leistungen gegenüber den Klägern auf § 41a Abs. 3 Satz 4 SGB II stützen kann. Zwar kann eine "Nullfestsetzung" gegenüber einem Leistungsberechtigten in Ansehung des Wortlauts des § 41a Abs. 3 Satz 3 SGB II nicht nur auf eine Verletzung der Nachweis- oder Auskunftspflicht durch den Leistungsberechtigten selbst, sondern auch durch
die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen gestützt werden. Im vorliegenden Fall ist es aber jedenfalls offen, ob
die Kläger und Herr G C im Zeitraum zwischen dem Zugang des Mitwirkungsschreibens vom 02.08.2018 und dem Fristablauf vom 22.10.2018
noch eine Bedarfsgemeinschaft iSd § 7 Abs. 3 SGB II darstellten. Unter Berücksichtigung des nicht fernliegenden klägerischen Vortrags, aufgrund der wiederholten Gewalttätigkeiten
und der Zerrüttung des Verhältnisses zwischen dem Ehemann und der Klägerin zu 1) habe bereits im August 2018 keine eheliche
Gemeinschaft zwischen diesem und der Klägerin zu 1) mehr bestanden, scheint es möglich, dass die vormals bestehende Bedarfsgemeinschaft
bereits am 02.08.2018 aufgelöst war (vgl. zur Möglichkeit der Auflösung einer ehelichen Gemeinschaft trotz Zusammenlebens
Becker in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl, § 7 Rn. 104). Eine Auflösung der Bedarfsgemeinschaft liegt aber jedenfalls für den Zeitraum ab dem 10.09.2018 - dem Auszug des
Herrn G C aus der ehelichen Wohnung, in die er jedenfalls in den Folgemonaten nicht zurückgekehrt ist - nahe, so dass dessen
Verhalten den Klägerinnen jedenfalls nicht für den Gesamtzeitraum der vom Beklagten eingeräumten Frist, die grundsätzlich
voll ausgeschöpft werden darf (vgl. hierzu BSG Urteil vom 10.05.2000 - B 6 KA 20/99 R zugerechnet werden kann. Es spricht überdies nichts dafür, dass es den Klägerinnen möglich war, die zum Erlass einer abschließenden
Entscheidung geforderten Tatsachen selbständig nachzuweisen. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Kläger das allein an
Herrn G C gerichtete Mitwirkungsschreiben des Beklagten vom 02.08.2018 zur Kenntnis nehmen konnten. Weiter ist zu berücksichtigen,
dass die selbständige Tätigkeit allein von Herrn G C ausgeübt wurde und eine Möglichkeit der Kläger, auf dessen Geschäftsunterlagen
Zugriff zu nehmen und dem Beklagten zur Verfügung zu stellen, bei Würdigung der aktenkundigen Gesamtumstände nicht naheliegend
erscheint.
Sollte sich der Bescheid über die "Nullfestsetzung" als rechtswidrig erweisen, fehlt es auch an einer Grundlage für die geltend
gemachte Erstattung. Ob für die Klägerin zu 2), die am 00.10.2020 ihr 18. Lebensjahr vollendet hat, auch eine Aufhebung der
Erstattungsentscheidung analog §
1629a BGB geboten ist (vgl. hierzu BSG Urteil vom 18.04.2018 - B 14 AS 34/17 R), muss der Senat nicht entscheiden.
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe liegen vor.
Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 Satz 1
SGG, 127 Abs. 4
ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).