Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Niederlassungsleiter bei der Klägerin
vom 1.4.1996 bis zum 31.12.2009 in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Der Beigeladene zu 1) ist Diplom-Kaufmann und hieß vor seiner Nachnamensänderung "S T". Er war im Streitzeitraum auf der Grundlage
eines sog. "Vertrages über eine Beratungstätigkeit als freier Mitarbeiter (Honorarkraft)" (VBfrM) vom 2.5.1996 für die Klägerin
tätig. Dieser VBfrM lautete auszugsweise wie folgt:
"§ 1 Aufgabengebiet
1. Die Honorarkraft übernimmt ab 1.4.1996 den Auftrag, die Geschäftsführung bei der Führung ihrer Niederlassung in E zu beraten
und die Durchführung der sich daraus ergebenden Maßnahmen nach gesonderter Abstimmung mit der Geschäftsführung zu übernehmen.
2. Die Vereinbarung, die nachfolgend näher beschriebenen Beratungs- und Tätigkeitselemente der Honorarkraft im Rahmen eines
Beratungsvertrages als freier Mitarbeiter zu übertragen, geht auf einen entsprechenden ausdrücklichen Wunsch der Honorarkraft
zurück.
Dabei gehen die Vertragsparteien davon aus, daß die Honorarkraft die zeitliche Lage ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft grundsätzlich
frei bestimmt und sich zeitliche Bindungen ausschließlich aus den Erfordernissen der von der Honorarkraft angeratenen und
mit der Geschäftsführung abgestimmten Durchführung ergeben.
3. In einzelnen umfaßt der von der Honorarkraft übernommene Auftrag folgende Aufgabenbereiche
3.1. Organisation des Schulbetriebes
- Strukturierung des Unterrichts bzw. der Ausbildungseinheiten - Dozenten-, Ausbilder- und Verwaltungs-Einsatzplanung einschließlich
Lösung der sich daraus ergebenden inhaltlichen, konzeptionellen und administrativen Fragen - Raumplanung und Raumausstattung
- Koordination von Leistungs- und Fachkonferenezen
3.2. Marktbearbeitung
- Feststellen des regionalen Maßnahmebedarfes einschließlich der Grundkonzeption von sich daraus ergebenden Maßnahmen - Pflege
des Kontaktes zu den Kostenträgern, Unternehmen und Kammern - Akquisition von Teilnehmern und Ausbildungsplätzen - Öffentlichkeitsarbeit
(Medien, Messen usw.)
§ 2 Vergütung
1. Die Honorarkraft erhält für ihre Tätigkeit ein Honorar in Höhe von DM 7.000,-, ab 1.10.1996 DM 7.500,- je Monat. Die Auszahlung
erfolgt unverzüglich nach Einreichung und Prüfung einer monatlichen Honorarrechnung.
2. Steuern und ggf. zu entrichtende Sozialversicherungsbeiträge führt die Honorarkraft selbst ab.
§ 3 Dienstverhinderung
Die Honorarkraft ist verpflichtet, sämtliche Dienstverhinderungen, auf welche Gründe sie auch immer zurückzuführen sind, umgehend
der Gesellschaft, soweit dies möglich ist, telefonisch anzuzeigen.
§ 4 Schweigepflicht
...
§ 5 Aufbewahrung und Rückgabe von Unterlagen
1. Die Honorarkraft verpflichtet sich, alle ihr zur Verfügung gestellten Geschäfts- und Betriebsunterlagen ordnungsgemäß aufzubewahren,
insbesondere dafür zu sorgen, daß Dritte nicht Einsicht nehmen können. Die zur Verfügung gestellten Unterlagen sind während
der Dauer des Vertragsverhältnisses auf Anforderung, nach Beendigung des Vertragsverhältnisses unverzüglich unaufgefordert
der Gesellschaft zurückzugeben.
2.
§ 6 Urheberrecht
...
§ 7 Vertragsdauer
1. Das Vertragsverhältnis kann von beiden Vertragsparteien mit der gesetzlichen Frist nach §
621 BGB beendet werden.
2. - 4 ...
§ 8 Nebenabreden und Vertragsänderungen
Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform,
ebenso eine Änderung dieser Schriftformklausel.
§ 9 Teilnichtigkeit
... "
Der Beigeladene zu 1) erhielt von der Klägerin folgende monatliche Netto-Honorare:
- von April bis September 1996: 7.000,00 DM (= 3.579,04 Euro) - von Oktober bis Dezember 1996: 7.500,00 DM (= 3.834,69 Euro)
- von 1997 bis 2002: 7.500,00 DM (= 3.834,69 Euro) auf 8.700,00 DM (= 4.448,24 Euro)
zu nicht bekannten Zeitpunkten ansteigend
- von Januar 2003 bis Februar 2006: 4.448,24 Euro - von März 2006 bis Dezember 2009: 4.848,24 Euro
Die Klägerin gewährte dem Beigeladenen zu 1) eine Fortzahlung der Vergütung im Krankheits- und Urlaubsfall sowie folgende
Sonderzahlungen:
- 2003: 3.100,00 Euro 4.448,24 Euro - 2004: 3.558,59 Euro - 2005: 4.448,24 Euro - 2006: - - 2007: 3.000,00 Euro - 2008: -
- 2009: -
Nach Angaben der Klägerin erfolgte die Rechnungstellung von April 1996 bis 2003 unter der Fa. M, danach unter der Fa. S Unternehmensberatung
und von Mai bis Dezember 2009 unter "S T".
Der Beigeladene zu 1) war u.a. befugt, Einstellungen und Entlassungen für die Klägerin vorzunehmen. Er war Vorgesetzter der
Beschäftigten der Klägerin. Unter dem 31.10.2005 erteilte die Klägerin, vertreten durch ihren damaligen Geschäftsführer L
S dem Beigeladenen zu 1), Handlungsvollmacht mit folgendem Wortlaut:
"Handlungsvollmacht
für Herrn S T, geb. 00.00.1960 in E wohnhaft: N-allee 00, E
Sehr geehrter Herr T,
aufgrund der langjährigen Betriebszugehörigkeit und Ihres Verantwortungsbereiches erteilen wir Ihnen Handlungsvollmacht in
der Weise, dass Sie uneingeschränkt berechtigt sind, während meiner Abwesenheit Geschäfts- und Rechtshandlungen vorzunehmen,
die der Betrieb unseres Unternehmens mit sich bringt.
Die Vollmacht erstreckt sich jedoch nicht auf Geschäfts- und Rechtshandlungen, die § 54 HGB ausschließt.
Sie sind befugt, schriftliche Erklärungen mit dem Zusatz "i. V." (in Vollmacht) vor Ihrem Namenszug zu unterschreiben.
Wir werden die Erteilung dieser Vollmacht kurzfristig im Unternehmen selbst bekannt geben.
E, 31. Oktober 2005 H-Bildungszentren NRW -gemeinnützig-
L S Geschäftsführer"
Ausweislich des Aufgabenkatalogs für die Niederlassung (NL) der Klägerin in E vom 1.11.2008 beinhaltete die Tätigkeit des
Beigeladenen zu 1) für die Klägerin u.a. die Anleitung und Kontrolle der unterstellten Mitarbeiter und die regelmäßige Durchführung
von Teamsitzungen, die Organisation der Weiterbildung, die Vorbereitung der Budgetplanung, die termin- und qualitätsgerechte
Erarbeitung von Curricula, die Auswahl geeigneter Trainer und Lehrkräfte sowie die Gewährleistung der vertragsgerechten Durchführung
von Maßnahmen und Projekten. Der Beigeladene zu 1) war verantwortlich für die Durchführung und Auswertung von Teilnehmerbefragungen,
regelmäßige Kundenkontakte, die Öffentlichkeitsarbeit und die Organisation der monatlichen Einsatzplanung.
Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) endete auf Grund der Kündigung der Klägerin vom 28.12.2009. Hiergegen wandte sich der
Beigeladene zu 1) mit der später zurückgenommenen Kündigungsschutzklage. In jenem Verfahren verurteilte das Arbeitsgericht
(ArbG) E den Beigeladenen zu 1) auf die Widerklage der Klägerin zur Zahlung von 1,23 Mio. Euro zuzüglich Zinsen an die Klägerin
wegen seit 2002 erfolgter Veruntreuungen (Urteil vom 12.10.2010, 7 Ca 6237/09). In den Entscheidungsgründen ging das ArbG davon aus, dass der Beigeladene zu 1) aufgrund wirtschaftlicher Unabhängigkeit
und Eingebundenheit in die betriebliche Organisation der Klägerin als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger anzusehen sei.
Am 27.4.2011 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten, im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens festzustellen,
dass er bei der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Er habe den Weisungen des Geschäftsführers und der
Zentrale der Klägerin in Hamburg unterlegen. Seine tägliche Anwesenheit sei erforderlich gewesen, Urlaub habe genehmigt werden
müssen. Er habe in dem Streitzeitraum keine weiteren Auftraggeber gehabt und keinen eigenen Kapitaleinsatz getätigt.
Die Klägerin führte aus, der Beigeladene zu 1) sei nicht weisungsgebunden gewesen und habe eine eigenständige Zeitplanung
gehabt. Er sei auch auswärtig tätig gewesen. Der Beigeladene zu 1) habe ein Büro der Klägerin und ihre Arbeitsmittel genutzt.
Urlaube seien nicht genehmigungsbedürftig gewesen, hätten nur der Abstimmung mit der Geschäftsführung bedurft.
Mit Bescheid vom 7.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.7.2012 stellte die Beklagte nach Anhörung der Klägerin
und des Beigeladenen zu 1) (Schreiben vom 22.8.2011) fest, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Niederlassungsleiter
und Assistent der Geschäftsführung der Klägerin in der Zeit vom 1.4.1996 bis zum 31.12.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
tätig gewesen sei. In dem Beschäftigungsverhältnis habe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden.
Mit der am 3.8.2012 zum Sozialgericht (SG) Dortmund erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat zur Begründung ihrer Klage geltend gemacht,
die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) habe in einer Dienstleistung bestanden, die dadurch charakterisiert gewesen sei, dass
das Know-how eines Beraters und seine persönliche Tätigkeit sein eingesetztes Kapital darstellten und es weiterer nennenswerter
Betriebsmittel oder eines sächlichen Kapitaleinsatzes nicht bedurft habe. Der Beigeladene zu 1) habe im gesamten Beurteilungszeitraum
ein eigenes Unternehmen, nämlich die Firma S Beratung und Partner unterhalten, die das vereinbarte Honorar in Rechnung gestellt
habe. In einem Business-Portal werde dieses Unternehmen sogar als international tätig dargestellt. Sein Unternehmensprofil
weise ihn noch als Geschäftsführer (Freiberuflicher) aus. Der Beigeladene zu 1) habe frei über seine Arbeitsleistung, Arbeitszeit
und Arbeitsort entschieden. Die Einflussnahme auf Gesellschafterbeschlüsse der Klägerin sei kein Kriterium, das für die Annahme
einer selbständigen Tätigkeit gegeben sein müsse.
In der mündlichen Verhandlung am 30.10.2015 hat die Beklagte den Bescheid vom 7.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 4.7.2012 aufgehoben, soweit darin die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Krankenversicherung
und der sozialen Pflegeversicherung festgestellt worden ist. Die Klägerin hat dieses Teil-Anerkenntnis der Beklagten angenommen.
Die Klägerin hat beantragt,
den verbliebenen Bescheid vom 7.11.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4.7.2012 aufzuheben und festzustellen,
dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin vom 1.4.1996 bis 28.12.2009 nicht aufgrund einer abhängigen
Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung unterlag.
Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig gehalten.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 30.10.2015 die Mitarbeiter der Klägerin N und D als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses
der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Mit Urteil vom 30.10.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 13.11.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.12.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie
geltend:
Die erstinstanzlich gehörten Zeugen D und N hätten bestätigt, dass der Beigeladene zu 1) hinsichtlich der Anwesenheitszeiten
weisungsfrei gewesen sei. Er habe als einziger die Freiheit genossen, den Betrieb zu verlassen, wann er gewollt habe, und
dann auch anderen Tätigkeiten nachzugehen oder sich dem Privatleben zu widmen. Er habe sich nicht abmelden müssen. Er habe
frei über seine Arbeitskraft verfügen können. Dass er diese Arbeitskraft (anscheinend) überwiegend für sie - die Klägerin
- eingesetzt habe, sei seine eigene Entscheidung und Ergebnis seiner Verfügungsmacht gewesen und nicht auf Weisung geschehen.
Weiterer entscheidender Punkt, der auf eine selbständige Tätigkeit hindeute, sei gewesen, dass der Beigeladene zu 1) unter
eigener Firma werbend am Markt aufgetreten sei. Dies habe das SG nicht gewürdigt. Über dieses eigene Unternehmen habe er seine Tätigkeit für sie - die Klägerin - abgerechnet. Mitinhaber
dieser Firma sei Herr M gewesen. Es sei ausdrücklicher Wunsch des Beigeladenen zu 1) gewesen, als selbständiger Berater für
die Kläger tätig zu sein. Dies habe er in seiner Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft wahrheitsgemäß ausgeführt.
Kein entscheidendes Indiz für die Annahme der abhängigen Tätigkeit könne sein, dass der Beigeladene zu 1) bei seiner Tätigkeit
mit Mitarbeitern der Klägerin zusammen gearbeitet habe. Dies treffe auf sämtliche Unternehmensberater zu. Die Beratungstätigkeit
des Beigeladenen zu 1) sei am ehesten vergleichbar mit der eines Interim-Managers, der ebenfalls "Unternehmerentscheidungen"
treffe.
Auch die Nutzung von Arbeitsmitteln der Klägerin durch den Beigeladenen zu 1) führe nicht zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung.
Die Arbeitsmittel seien insoweit nicht prägend für die Art der Tätigkeit.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 30.10.2015 zu ändern, den Bescheid vom 7.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 4.7.2012 und des Bescheides vom 30.10.2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit
als Niederlassungsleiter für die Klägerin in der Zeit vom 1.4.1996 bis zum 31.12.2009 nicht der Versicherungspflicht in der
gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene zu 1) verteidigt ebenfalls das angefochtene Urteil.
In der mündlichen Verhandlung am 6.9.2017 hat der Senat die Vertreter der Klägerin, die Herren B und M, und des Beigeladenen
zu 1) persönlich gehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte
der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) und 3) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen
Terminmitteilungen auf diese Möglichkeiten hingewiesen hat.
II. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig und insbesondere nach den §§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft und form- und fristgerecht erhoben worden (§§
151 Abs.
1,
3,
64 Abs.
1,
3,
63 SGG). Die vollständig abgefasste Entscheidung ist der Klägerin am 13.11.2015 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei
dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen am 11.12.2015 eingegangen.
III. Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid vom 7.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.7.2012 und
des Bescheides vom 30.10.2015 rechtmäßig ist. Denn der Beigeladene zu 1) unterlag in seiner Tätigkeit bei der Klägerin in
der Zeit vom 1.4.1996 bis zum 31.12.2009 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht
der Arbeitsförderung
Die gegen den streitgegenständlichen Bescheid in seiner nunmehr gültigen Fassung gerichtete Klage ist zulässig. Statthafte
Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§
54 Abs.
1 Altern. 1, 55 Abs.
1 Nr.
1,
56 SGG).
Die Klage ist jedoch unbegründet, da der angefochtene Bescheid in der nunmehr gültigen Fassung rechtmäßig ist und die Klägerin
damit nicht im Sinne des §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschwert. Denn die Beklagte hat im Rahmen des §
7a Abs.
1 SGB IV formell und materiell rechtmäßig festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Niederlassungsleiter für
die Klägerin vom 1.4.1996 bis 31.12.2009 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht
der Arbeitsförderung unterlag.
1. Rechtsgrundlage der getroffenen Feststellung zur Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) ist §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV. Nach dieser Vorschrift können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt,
es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren
zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.
2. Der nach ordnungsgemäßer Anhörung (§
7a Abs.
4 SGB IV i.V.m. §
24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) (Schreiben vom 22.8.2011) ergangene Verwaltungsakt
ist auch im Übrigen formell rechtmäßig. Die Beklagte war abweichend von §
28h Abs.
2 SGB IV für die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) im Rahmen der Statusfeststellung nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV zuständig (§
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV). Ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung, dem 27.4.2011, ein Verfahren zur Feststellung der
Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der streitigen Auftragsbeziehung als Niederlassungsleiter der Klägerin mit
der Folge einer nach §
7a Abs.
1 Satz 1 a.E.
SGB IV ausgelösten formellen Sperrwirkung nicht eingeleitet.
3. Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass der Beigeladene
zu 1) in seiner Tätigkeit als Niederlassungsleiter und Assistent der Geschäftsführung bei der Klägerin vom 1.4.1996 bis zum
31.12.2009 der Versicherungspflicht in den vorgenannten Zweigen der Sozialversicherung unterlag.
a) Der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt
sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV. Beschäftigung im Sinne von §
7 Abs.
1 SGB IV ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine
Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der
Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall,
wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden
Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden
Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko,
das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen
frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet
sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen
(BSG, Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 30; Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 26; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbständigen Tätigkeit
setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite
zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen
der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den Beteiligten
getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus
der abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere
Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).
b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der festgestellten abgrenzungsrelevanten Indizien
und nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles entsprechend ihrem Gewicht sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher
Hinsicht fest, dass der Beigeladene zu 1) in dem von dem angefochtenen Bescheid erfassten Zeitraum für die Klägerin im Rahmen
eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist.
(1) Ausgangspunkt der Statusbeurteilung ist der zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossene VBfrM. In der
verwendeten Vertragsbezeichnung und weiteren Begrifflichkeit kommt zwar der Wille der Vertragsparteien zum Ausdruck, eine
selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin zu begründen, jedoch enthält dieser Vertrag vielfältige arbeitsvertragstypische
Regelungen.
Vereinbart war ein Dauerschuldverhältnis; der Vertrag war unbefristet und enthielt Regelungen zu seiner Beendigung durch ordentliche
oder außerordentliche Kündigung (§ 7 VBfrM).
Entgegen der Bezeichnung als "Vertrag über eine Beratungstätigkeit als freier Mitarbeiter (Honorarkraft)" erschöpfte sich
der vereinbarte Aufgabenbereich des Beigeladenen zu 1) nicht in einer beratenden Tätigkeit, sondern umfasste im Wesentlichen
die Durchführung der einzelnen Aufgaben im Bereich der Organisation des Schulbetriebes und der Marktbearbeitung (§ 1 VBfrM).
Hinsichtlich dieser Aufgabenbereiche unterlag der Beigeladene zu 1) der umfassenden Weisungsbefugnis der Klägerin. Nach §
1 Abs. 1 VBfrM war die Durchführung jeder von ihm auszuführenden Maßnahme von der "Abstimmung" mit der Geschäftsführung (GF)
der Klägerin abhängig. Diese hatte daher die Rechtsmacht, ausnahmslos jede Maßnahme des Beigeladenen zu 1) inhaltlich zu beeinflussen,
was im Ergebnis einem arbeitgeberseitigen Weisungsrecht im Wesentlichen entspricht (§ 106 Satz 1 Gewerbeordnung [GewO], §
315 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Dass die Klägerin hiervon in der Vertragspraxis auch Gebrauch gemacht hat, belegt u.a. die Erteilung der Handlungsvollmacht
gem. § 54 Handelsgesetzbuch (HGB). Zuvor war dem Beigeladenen zu 1) bereits von der GF die Vollmacht zur Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern sowie
eine Kontovollmacht erteilt worden, die - ebenso wie die Handlungsvollmacht - jederzeit gem. §
168 Sätze 2 und 3
BGB widerrufen werden konnten. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren führte der Beigeladene zu 1)
"auf der Grundlage der mit dem Geschäftsführer durchgeführten Beratungen" faktisch die Niederlassung allein und "selbstständig".
Diese Handlungsfreiheiten bestanden daher nur aufgrund der Zustimmung, d.h. also der unternehmerischen Entscheidung der GF
der Klägerin. Schließlich erfolgte die konkrete Festlegung der Aufgabenbereiche des Niederlassungsleiters in E durch die Klägerin
in Form einer Stellen-/Aufgabenbeschreibung, wie sie für die Zeit ab 1.11.2008 vorliegt.
Hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort bestanden nur vordergründig Freiheiten des Beigeladenen zu 1). Zum einen hatte die
GF die Rechtsmacht, über die Festlegung der Inhalte der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) (z.B. Einforderung der "Beratung"
und "Abstimmung" der durchzuführenden Arbeiten) die Arbeitszeit und den Arbeitsort zu beeinflussen. Das Recht des Beigeladenen
zu 1), die zeitliche Lage seiner Tätigkeit frei zu bestimmen, bestand auch ausdrücklich nur grundsätzlich (§ 1 Abs. 2 VBfrM).
Bei betrieblichen Erfordernissen hatte der Beigeladene zu 1) aber sehr wohl zeitliche Bindungen zu beachten. In der tatsächlichen
Ausgestaltung hat es nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin auch Einflussnahmen auf den Beigeladenen zu 1) hinsichtlich
seiner Arbeitszeit gegeben. So führte sie im Verwaltungsverfahren aus, dass längere Abwesenheitszeiten zwischen dem Beigeladenen
zu 1) und der GF zur "Gewährleistung des organisatorischen Geschäftsbetriebs" abgestimmt wurden. Hierin ist qualitativ nichts
anderes als die Genehmigung des Urlaubs des Beigeladenen zu 1) durch die GF zu sehen. Schließlich war der Beigeladene zu 1)
gem. § 3 VBfrM verpflichtet, der Klägerin sämtliche Dienstverhinderungen, auf welche Gründe sie auch immer zurückzuführen
waren, umgehend der Gesellschaft, soweit dies möglich war, telefonisch anzuzeigen.
Die Auslegung des VBfrM nach §§
133,
157 BGB ergibt zudem, dass der Beigeladene zu 1) zum Einsatz seiner Arbeitskraft im Sinne einer Vollzeitbeschäftigung für die Klägerin
verpflichtet war. Dies ergibt sich bereits aus der Höhe der - im Übrigen arbeitsvertragstypisch erfolgsunabhängig vereinbarten
- monatlichen Vergütung von 7.000,00 DM (für die ersten 6 Monate) und später weiter ansteigenden Beträgen bis 4.848,24 Euro
(= 9.482,33 DM). Die Höhe der Vergütung korrespondiert mit Umfang und Anforderungen der übertragenen Aufgabenbereiche "Organisation
des Schulbetriebes" und "Marktbearbeitung" sowie der am 31.10.2005 erteilten Handlungsvollmacht gem. § 54 HGB. Schließlich kommt hinzu, dass von dem Beigeladenen zu 1) "sämtliche" Dienstverhinderungen der Klägerin anzuzeigen waren
(§ 3 VBfrM). Unzutreffend geht die Klägerin daher in ihrer Berufungsbegründung davon aus, dass der Beigeladene zu 1) aufgrund
eigener Entscheidung und Verfügungsmacht seine Arbeitskraft "(anscheinend) überwiegend" für die Klägerin eingesetzt hat.
Die Regelungen zur Schweigepflicht in § 4 VBfrM, zur Aufbewahrung und Rückgabe von Unterlagen in § 5 VBfrM und zum Urheberrecht
in § 6 VBfrM finden sich in ähnlicher Form typischerweise in Arbeitsverträgen.
Eine etwaige abweichende Vertragspraxis, für die nichts ersichtlich ist, hätte schließlich im Hinblick auf die qualifizierte
Schriftformklausel gem. § 8 VBfrM nicht zu einer konkludenten Vertragsänderung führen können.
(2) Auf dieser vertraglichen Grundlage war der Beigeladene zu 1) in einem für ihn fremden Betrieb, nämlich dem der Klägerin
eingegliedert und - wie bereits oben dargelegt - im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am fremden Arbeitsprozess
weisungsgebunden tätig. Alleinige Unternehmensträgerin war die Klägerin in der Rechtsform einer gGmbH, einer juristischen
Person des Privatrechts.
Der Beigeladene zu 1) war in der Betriebsstätte der Klägerin mit ihren Betriebsmitteln tätig, war Vorgesetzter ihrer Mitarbeiter,
arbeitete mit diesen und ihrer Geschäftsführung zusammen. Dies hat u.a. die erstinstanzliche Vernehmung der Zeugen N und D
ergeben. Von der Eingliederung in ihren Betrieb ging die Klägerin auch selbst aus. So erfolgte die Erteilung der Handlungsvollmacht
gem. § 54 HGB durch den damaligen Geschäftsführer L S der Klägerin am 31.10.2005 ausdrücklich u.a. aufgrund der "langjährigen Betriebszugehörigkeit"
des Beigeladenen zu 1). Die Klägerin fasste die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) damit als Teil ihrer betrieblichen Organisation
auf. Diese Eingliederung des Beigeladenen zu 1) kommt auch u.a. darin zum Ausdruck, dass er aufgrund der ihm eingeräumten
Vollmachten im Namen der Klägerin mit Wirkung für diese Rechtsgeschäfte vorgenommen hat. Er stellte Mitarbeiter ein und entließ
sie, war ihr Vorgesetzter und erteilte ihnen Weisungen. Seine Zusammenarbeit mit Mitarbeitern beschränkte sich damit entgegen
dem Berufungsvorbringen nicht auf eine solche eines Unternehmerberaters. Wie bereits ausgeführt, hatte er im Wesentlichen
die zur Leitung der Niederlassung in E erforderlichen Maßnahmen der Organisation des Schulbetriebes und der Marktbearbeitung
selbst durchzuführen. Hierzu hatte er sich überdies mit der GF der Klägerin abzustimmen.
(3) Wesentliche Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechen und im Rahmen der gebotenen
Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind zur Überzeugung des
Senats nicht festzustellen.
(a) Die streitgegenständliche Tätigkeit verrichtete der Beigeladene zu 1) im Wesentlichen in der Betriebsstätte und mit den
Betriebsmitteln der Klägerin. Eine eigene Betriebsstätte des Beigeladenen zu 1), auf die er im Rahmen der hier streitigen
Auftragsbeziehung als Geschäftsführer der Klägerin zurückgegriffen hat, ist nicht ersichtlich.
(b) In Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit unterlag der Beigeladene zu 1) auch keinem maßgeblichen unternehmerischen Risiko.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des
Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich
ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: jurisPK-
SGB IV, 3. Auflage, §
7 Rdnr. 94). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko
auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen
(vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12, juris).
(aa) Eine solche Ungewissheit ist zunächst nicht festzustellen, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Beigeladenen
zu 1) geht. Denn er erhielt pro Monat ein erfolgsunabhängiges Entgelt in Höhe der im Tatbestand genannten Beträge, so dass
er insoweit seine Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt hat. Dieses Entgelt wurde zudem im Urlaubs- und
Krankheitsfall fortgezahlt. Das durch ihn getragene Insolvenzrisiko der Klägerin entspricht dem Risiko, welches auch ein Arbeitnehmer
gegenüber seinem Arbeitgeber trägt.
(bb) Ein nennenswerter Kapitaleinsatz des Beigeladenen zu 1) ist nicht ersichtlich.
(c) Der Beigeladene war auch nicht in der Gestaltung seiner Tätigkeit und der Bestimmung seiner Arbeitszeit im Wesentlichen
frei (Rechtsgedanke des § 84 HGB). Im Ergebnis waren seine Freiheiten diejenigen eines leitenden Angestellten unterhalb der GF-Ebene und nicht die eines Selbständigen.
Art und Inhalt seiner Tätigkeit waren durch die Regelungen zum Aufgabengebiet gem. § 1 VBfrM und die Abstimmungen mit der
GF der Klägerin im Wesentlichen vorgegeben. Dasselbe gilt für Arbeitsort und Arbeitszeit, die durch die Ausgestaltung der
Tätigkeit in inhaltlicher Hinsicht im Wesentlichen bestimmt sind. Die in der tatsächlichen Ausgestaltung der Auftragsbeziehung
etablierte Lockerung der Weisungsdichte ist bei Arbeitnehmern, die - wie der mit Leitungs- und Vertretungsaufgaben betraute
Beigeladenen zu 1) - Dienste höherer Art ausüben, nicht ungewöhnlich.
(d) Das dem Beigeladenen zu 1) gezahlte Honorar spricht auch nicht vor dem Hintergrund des durch das BSG zwischenzeitlich entwickelten Kriteriums der Eigenfürsorge für eine selbständige Tätigkeit (BSG, Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, juris). Denn der unstreitig bei der Klägerin abhängig beschäftigte Leiter des Bildungszentrums C, Herr T1, erhielt ein
Arbeitsentgelt in etwa derselben Höhe wie der Beigeladene zu 1): ab dem 1.7.2000 in Höhe von 7.600,00 DM brutto monatlich
und ab dem 1.10.2000 in Höhe von 8.000,00 DM brutto monatlich, dazu u.a. eine Sonderzahlung im November eines Jahres in Höhe
des monatlichen Bruttoentgelts. Diese Beträge verringerten sich zwar noch infolge des Beitragsabzugs nach §
28g SGB IV, jedoch musste der Beigeladene zu 1) die Aufwendungen für seine soziale Absicherung sogar vollständig selbst tragen. Dementsprechend
kann der Senat offen lassen, ob nicht bereits dogmatische Erwägungen gegen die Anwendung dieses Kriterium sprechen (vgl. dazu
noch: BSG, Urteil v. 19.6.2001, B 12 KR 44/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 18, Rdnr. 23).
(e) Ob die Zusammenarbeit zwischen den an dem Auftragsverhältnis Beteiligten von dem (ursprünglichen) Willen eines der oder
sogar beider Vertragsparteien getragen war, ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht begründen zu
wollen, kann letztlich offenbleiben und das Vorbringen der Klägerin, der Beigeladene zu 1) habe darauf gedrungen, selbständig
tätig zu sein, als wahr unterstellt werden, sodass es einer entsprechenden, von der Klägerin angeregten Beweisaufnahme nicht
bedurfte. Diesem Willen kommt nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung nämlich nur zu, wenn er den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich
widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für
eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 38; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge 2008, 333 ff. juris Rdnr. 16).
Nach diesen Maßstäben kommt einem etwaigen, auf die Begründung eines freien Mitarbeiterverhältnisses zielenden Willen der
an dem Auftragsverhältnis beteiligten Personen schon deshalb keine Indizwirkung zu, weil überwiegende Gesichtspunkte zugunsten
eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechen. In einem solchen Fall unterliegt der sozialversicherungsrechtliche
Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss v. 20.5.1996,
1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur Disposition
der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder
Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (Segebrecht in: jurisPK, a.a.O., § 7 Rdnr. 93). Der besondere
Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich
aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen
hierüber zu entscheiden (BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01, a.a.O.; Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 13/14 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 12, Rdnr. 57).
Dementsprechend ist es statusrechtlich ebenfalls nicht relevant, wenn der Beigeladene zu 1) in einem gegen ihn gerichteten
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren die Rechtsauffassung vertrat, im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin im
Streitzeitraum selbständig gewesen zu sein.
(f) Unerheblich für die Statusbeurteilung ist der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit bei der Klägerin zu
deren Vermögensschädigung in beträchtlicher Höhe genutzt hat. Dass er hierzu in erheblichem Umfang in der Lage war, könnte
vielmehr - ohne dass es hierauf entscheidend ankäme - Folge seiner umfassenden Eingliederung in und daraus folgender Kenntnisse
über die Betriebsorganisation der Klägerin sein als Ausdruck von Selbstständigkeit im Rechtssinne.
(g) Keine statusrechtliche Bedeutung hat ferner der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) seine Rechnungen unter verschiedenen
Firmen wie "M", "S Unternehmensberatung", "S T Aus- und Weiterbildung" etc. gestellt hat. Denn Vertragspartner der Klägerin
war allein er. Dementsprechend ist ebenfalls ohne jede statusrechtliche Relevanz die etwaige Eigenschaft des Beigeladenen
zu 1) als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft. Denn die Klägerin kontrahierte allein mit dem Beigeladenen zu 1) als
natürliche Person, jedoch nicht mit einem anderen Rechtsträger.
Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) der Klägerin seine Vergütung in Rechnung stellte ist kein für Selbständigkeit sprechendes
Indiz, sondern Folge der rechtsfehlerhaften statusrechtlichen Beurteilung der Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem
Beigeladenen zu 1) durch diese.
(h) Das Urteil des ArbG E v. 12.10.2010 (7 Ca 6237/09), in dem dieses den Beigeladenen zu 1) als arbeitnehmerähnlichen Selbständigen angesehen hat, ist weder für die Gerichte
der Sozialgerichtsbarkeit bindend, noch rechtfertigt es aus den oben dargestellten Gründen eine abweichende Beurteilung. Das
ArbG geht selbst von einer Einbindung des Beigeladenen zu 1) in die betriebliche Organisation der Klägerin aus. Die Weisungsgebundenheit
sei geringer als bei einem Arbeitnehmer. Eine geringere Weisungsgebundenheit iSe funktionsgerecht dienenden Teilhabe am fremden
Arbeitsprozess, die bei einem leitenden Angestellten typisch ist, ist bei der Statusbeurteilung im Rahmen des §
7 SGB IV allerdings ein für eine Beschäftigung sprechendes Merkmal, wenn eine - wie hier - vollständige Eingliederung in eine fremde
Arbeitsorganisation gegeben ist.
(4) Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Insgesamt zeigt die Bewertung und
Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale unter Berücksichtigung der durch den Senat festgestellten, tatsächlich praktizierten
Rechtsbeziehung, dass diese im gesamten Streitzeitraum im Wesentlichen der einer abhängigen Beschäftigung entsprach, wogegen
Aspekte, die für eine selbständige Tätigkeit stehen, nicht vorhanden waren.
c) Die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) erfolgte auch gegen Entgelt (§
14 Abs.
1 SGB IV).
d) Tatbestände, die zur Versicherungsfreiheit des am 17.3.1960 geborenen Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Renten- und
Arbeitslosenversicherung führen könnten, sind nicht ersichtlich.
e) Die Voraussetzungen eines späteren Beginns der Versicherungspflicht gem. §
7a Abs.
6 SGB IV liegen nicht vor. Die Antragstellung erfolgte nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit, die zum 1.4.1996
erfolgte, sondern erst am 27.4.2011, also ca. 15 Jahre später.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.
Der Streitwert ist gem. §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz auf 5.000,00 Euro festzusetzen (vgl. Senat, Beschluss v. 12.4.2007, L 8 R 104/17 B, juris).