Beschwerde gegen Streitwertfestsetzungsbeschluss
Festsetzung eines fiktiven Streitwertes, da der konkrete Streitwert nicht bezifferbar war (hier Streit über die Festsetzung
der Jobsharing-Obergrenze)
Klagehäufung
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung des Streitwerts auf 10.000,00 EUR durch das Sozialgericht (SG) Detmold in seinem Urteil vom 10.07.2013.
Mit ihrer am 12.05.2010 erhobenen Klage wandte sich die Klägerin gegen zwei Beschlüsse vom 27.01.2010 (BA-Nr. 594/2009 und
BA Nr. 798/2009), mit denen der Beklagte feststellte, dass die Widersprüche der Klägerin gegen die Beschlüsse vom 24.06.2009
und 30.09.2009 jeweils als zurückgenommen gälten, weil die Widerspruchsgebühr nicht fristgerecht entrichtet worden sei. Mit
diesen Beschlüssen hatte der Zulassungsausschuss die Jobsharing-Obergrenzen für die Quartale III/2009 und IV/2009 geändert.
Das SG hat in seinem Urteil vom 10.07.2013 den Streitwert endgültig auf 10.000,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausführt,
dass die Streitwertentscheidung auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) beruhe und den Umstand berücksichtige, dass die Klägerin jeweils gegen die Beschlüsse vom 27.01.2010 Klage erhoben habe.
Dagegen richtet sich die am 09.09.2013 eingelegte Beschwerde der Klägerin. Zur Begründung trägt sie vor, dass das SG aus der einheitlichen Klage zwei Klagen gemacht habe. Das widerspreche § 36 Abs. 2 GKG. Deshalb dürfe der Streitwert maximal 5.000,00 EUR betragen. Außerdem dürfe der Streitwert nur nach dem Gegenstand des Rechtsstreits
berechnet werden. Hier sei aber nicht in der Sache entschieden worden, vielmehr seien allein verfahrensrechtliche Vorfragen
streitig gewesen. Selbst wenn § 52 Abs. 2 GKG anwendbar wäre, sei ein ganz erheblicher Abschlag von dem Ausgangsbetrag von 5.000,00 EUR zu machen. Angemessen sei ein Streitwert
von 2.000,00 EUR.
Demgegenüber vertritt der Beklagte die Auffassung, das SG habe den Streitwert zutreffend festgesetzt. Gegen seine beiden Beschlüsse seien zwei Klagen erhoben worden. Der Wert einer
jeden könne nicht in einem konkreten Betrag beziffert werden. Deshalb sei für jede Klage der Auffangstreitwert von je 5.000,00
EUR festzusetzen.
II.
Die Streitwertbeschwerde ist gemäß § 68 GKG zulässig.
Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Berufsrichtern. Die Ausnahmevorschriften der §§ 68 Abs. 2 Satz 7, 66 Abs. 6 Satz 1 GKG, wonach über die Streitwertbeschwerde der Einzelrichter entscheidet, sind im sozialgerichtlichen Verfahren nicht anzuwenden
(Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.12.2009 - L 11 B 7/09 KA -)
Zunächst liegt ein beschwerdefähiger Streitwertfestungsbeschluss vor. Unschädlich ist, dass die Streitwertfestsetzung in dem
Tenor und den Entscheidungsgründen des Urteils des SG vom 10.07.2013 enthalten war (Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage, 2014, § 63 Rdn. 26). Dies bedeutet jedoch nicht, dass das SG die Streitwertfestsetzung fehlerhaft durch Urteil vorgenommen hat. Zwar ist zutreffend, dass die Festsetzung des Streitwerts
nicht durch Urteil erfolgen darf (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.11.2008 - L 9 KR 119/08 -). Allerdings kann im Tenor des Urteils auch eine Streitwertfestsetzung aufgenommen werden. Es liegt nämlich auch dann ein
Beschluss vor, wenn das Gericht eine Festsetzung in die Urteilsformel oder in die Entscheidungsgründe des Urteils aufgenommen
hat. Nicht erforderlich ist, dass Urteil und Beschluss unterschiedliche Rubren und Entscheidungssätze haben und nacheinander
abgesetzt werden müssen (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.03.2009 - L 1 AL 35/09 B -). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. z.B. Urteile vom 28.02.2007 - B 3 KR 12/06 R -; 24.09.2008 - B 12 R 10/07 R -; 18.09.2008 - B 3 KS 1/08 R -; 16.07.2008 - B 6 KA 57/07 R -; 05.02.2008 - B 2 U 3/07 R -). Ausreichend ist, wenn ein eindeutiger Wille des Gerichts zu erkennen ist, gerade den Streitwert endgültig festzusetzen
(LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O.). Dies war vorliegend der Fall. Das SG hat im Tenor und in den Gründen des Urteils deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es eine endgültige Entscheidung über die
Festsetzung des Streitwerts getroffen hat.
Die Streitwertbeschwerde ist jedoch unbegründet.
Nach § 52 Abs. 2 GKG bestimmt sich die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend
ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens (std. Rspr. des Senats, vgl. Beschlüsse vom
26.03.2012 - L 11 KA 134/11 B -, 17.10.2011 - L 11 KA 123/10 -, 29.08.2011 - L 11 KA 27/11 B -). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen.
Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass dem Klageverfahren zwei Streitgegenstände zugrunde lagen. Die Klage richtete sich gegen den Beschluss
der Beklagten vom 27.01.2010 mit der Nr. BA-Nr. 594/2009 und gegen den Beschluss vom 27.01.2010 mit der BA Nr. 798/2009. Dass
es sich dabei nicht um einen, sondern um zwei Beschlüsse gehandelt hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass sich die Beschlüsse
auf zwei verschiedene Quartale beziehen, aus den zwei getrennten Aktenzeichen und wird auch dadurch deutlich, dass die Beschlüsse
in zwei verschiedenen Dokumenten ergangen sind. Die Formulierung der Klageschrift "hiermit erheben wir Klage gegen den Beschluss
des Berufungsausschusses BA-Nr. 594-2009 " und "ebenso erheben wir Klage gegen den Beschluss des Berufungsausschusses BA-Nr.
798-2009" sowie "Die Klagen begründen wir." macht deutlich, dass auch die Klägerin selbst bei Klageerhebung zwei Klagen erheben
wollte. Demzufolge handelt es sich um eine Klagehäufung i. S. d. §
260 Zivilprozessordnung, die es ohnehin rechtfertigt, das Verfahren nach §
113 SGG zu trennen (vgl. hierzu auch LSG Hessen, Beschluss vom 23.02.2002 - L 4 KA 71/09 u.a. -).
Auch war der Streitwert für jeden der beiden Streitgegenstände gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf den Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 EUR festzusetzen. Bei dem Betrag von 5.000,00 EUR handelt es sich um einen
fiktiven Streitwert. Er tritt immer und nur dann ein, soweit und solange eine individuelle Bemessung nicht möglich ist, weil
hinreichende Anhaltspunkte fehlen (Hartmann, a.a.O., § 52 Rdn. 21). Vorliegend ist ein konkreter Streitwert nicht bezifferbar.
In der Sache wandte sich die Klägerin gegen die Festsetzung der Jobsharing-Obergrenze. Ihr Interesse am Ausgang des Verfahrens
war also die höhere Vergütung, die sie ohne die Änderung der Jobsharing-Obergrenze hätte erhalten können. Bislang gibt es
keine Anhaltspunkte zur Höhe dieser Summe. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin handelt es sich bei dem Klageverfahren
auch nicht um eine bloße Vorfrage. Denn die Beklagte hat in den angegriffenen Beschlüssen festgestellt, dass die Widersprüche
gegen die Beschlüsse des Zulassungsausschusses als zurückgenommen gelten. Demzufolge wären die angegriffenen Beschlüsse bestandskräftig
und die Klägerin könnte für die Quartale III/2009 und IV/2009 dauerhaft keine höhere Vergütung aufgrund einer Änderung der
Jobsharing-Obergrenze erhalten.
Soweit sich die Klägerin auf § 36 Abs. 2 GKG beruft, greift dies nicht. Hiernach gilt: "Sind von einzelnen Wertteilen in demselben Rechtszug für gleiche Handlungen Gebühren
zu erheben, darf nicht mehr erhoben werden, als wenn die Gebühr von dem Gesamtbetrag der Wertteile zu berechnen wäre". Der
Regelungsgehalt der Norm bezieht sich auf "Wertteile" und "gleiche Handlungen." Hierdurch wird bestimmt, dass die Gesamtgebühr
für gleichartige gebührenerzeugende Handlungen nicht höher sein darf als nach dem betroffenen Streitwert (Hartmann, a.a.O.,
§ 36 Rdn. 5). Immer muss es dabei um einen Streitgegenstand innerhalb einer Klage gehen, was im Übrigen aus der Normüberschrift
"Teile des Streitgegenstandes" folgt. Darum geht es nicht. Vorliegend ist der Streitwert für zwei mittels Klagehäufung anhängig
gemachte Streitgegenstände zu bestimmen. Maßgebend hierfür ist § 39 Abs. 1 GKG. Danach sind die Werte mehrerer Streitgegenstände in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug zusammenzurechnen, soweit
nichts anderes bestimmt ist. Letzteres ist nicht der Fall. Demzufolge hat das SG den Streitwert zutreffend als zwei Streitgegenstände gebildet und mit 10.000,00 EUR festgesetzt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§§ 68 Abs. 2 Satz 6, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).