Tatbestand
Der Kläger begehrt Insolvenzgeld (Insg) für die Zeit vom 01.12.2009 bis 28.02.2010.
Am 01.02.2005 wurde über das Vermögen des Arbeitgebers des Klägers, der Firma C. GmbH (Betreibung eines Sägewerkes), das Insolvenzverfahren
eröffnet und nach Bestätigung des vorgelegten Insolvenzplans am 07.04.2006 aufgehoben. Mit der Überwachung der Planerfüllung
war der (vom SG gehörte) Zeuge X. Q. beauftragt (Insolvenzplan XXX). Der 1966 geborene Kläger erhielt im Zeitraum vom 01.11.2004 bis 31.01.2005
Insolvenzgeld.
Der gestaltende Teil (§
221 InsO) des Insolvenzplanes XXX sah u.a. vor, dass auf die Forderungen der ungesicherten Gläubiger eine Quote von 10 % gezahlt wird
und die Auszahlung auf der Grundlage des vom Insolvenzverwalters erstellten Verteilungsverzeichnisses zu den Fälligkeitsterminen
31.05.2006, 30.11.2006, 31.05.2007, 30.11.2007, 31.05.2008 und 31.11.2008 erfolgt. Weiter war ein Besserungsschein vorgesehen,
wonach weitere Ausschüttungen an die Gläubiger erfolgen sollten, sofern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens
in den Jahren 2007 bis 2010 besser entwickelten, wobei von den in den Jahren 2007 bis 2010 erwirtschafteten Gewinnen (nach
Steuern) 50 % an die Gläubiger ausgeschüttet werden sollten.
Vor Aufhebung der Überwachung des Insolvenzplans stellte der Geschäftsführer der Firma C. GmbH am 15.02.2010 erneut einen
Insolvenzantrag. Er führte aus, 2005 sei bereits durch ein Insolvenzplanverfahren eine erste Krise des Unternehmens überwunden
worden. Die Löhne seien bis einschließlich November 2009 vollständig gezahlt worden. Für die Monate Dezember und Januar sei
in erheblichem Umfang Kurzarbeit in Anspruch genommen worden. Für den Monat Dezember sei den Arbeitnehmern auch schon das
von der Bundesagentur gezahlte Geld überwiesen worden. Der Geschäftsbetrieb habe zuletzt unter anderem unter der schlechten
Witterung zu leiden gehabt. Dringend benötigte Hölzer seien nicht mehr geliefert worden.
Der Kläger kündigte mit Schreiben vom 26.02.2010 aufgrund der Lohnrückstände aus den Monaten Dezember 2009 und Januar sowie
Februar 2010 sein Arbeitsverhältnis zum 28.02.2010 fristlos und stellte am 01.03.2010 bei der Beklagten erneut einen Antrag
auf Insolvenzgeld. Mit Beschluss vom 22.03.2010 des Amtsgerichts B wurde das Insolvenzverfahren (xxx) eröffnet.
Mit Bescheid vom 26.04.2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Die Voraussetzungen des §
183 des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III) seien nicht erfüllt. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Insolvenzgeld, da nach der Eröffnung des ursprünglichen Insolvenzverfahrens
im Zeitpunkt des erneuten Insolvenzantrages nicht von einer wiederhergestellten Zahlungsfähigkeit des Arbeitgebers des Klägers
ausgegangen werden könne, insbesondere da die Überwachung der Planerfüllung durch den Insolvenzverwalter angeordnet worden
sei und bis zum erneuten Insolvenzantrag noch angedauert habe.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte aus, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Insolvenzgeld
seiner Auffassung nach gegeben seien, da das erste Insolvenzverfahren aufgehoben worden sei und nunmehr ein neues Insolvenzverfahren
vorliege. Damit sei dem §
183 SGB III genüge getan. Es könne nicht darauf abgestellt werden, dass ein Insolvenzplan bestanden habe, da vor Planerfüllung bereits
die vollständige Zahlungsfähigkeit wiederhergestellt worden sei und der Insolvenzplan lediglich noch nicht hinsichtlich des
Besserungsscheines erfüllt worden sei. Die vom Bundessozialgericht im Urteil vom 29.05.2008 (B 11a AL 57/06 R) entwickelten
Grundsätze seien somit nicht anwendbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Das ursprüngliche Insolvenzverfahren
sei zwar nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans aufgehoben worden. Gegenstand des Insolvenzplanes sei dabei unter
anderem ein Forderungsverzicht der ungesicherten Gläubiger i.H.v. 90 % sowie eine Quote von 10 % mit Besserungsschein gewesen.
Der Besserungsschein habe abhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens in den Jahren 2007 bis 2010 unter
bestimmten Voraussetzungen weitere Ausschüttungen an die Gläubiger vorgesehen. Sobald es dann aber vor Ablauf der Planüberwachung
zu einer erneuten Insolvenz komme, würden alle Forderungen wieder aufleben. Daher sei vor Ablauf der im Insolvenzplan vorgesehenen
Überwachung lediglich bei vollständiger vorzeitiger Befriedigung der Ansprüche der Gläubiger von einer allgemeinen Zahlungsfähigkeit
auszugehen. Die vom Kläger benannte Rechtsprechung sei einschlägig.
Der Kläger hat am 18.06.2010 beim Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben und im Wesentlichen die Gründe aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 26.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
ihm für die Zeit vom 01.12.2009 bis 28.02.2010 Insolvenzgeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die getroffene Entscheidung für rechtmäßig.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 13.05.2011 den Insolvenzverwalter X. Q. als Zeugen hinsichtlich der Überwachung des
Insolvenzplanes vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom selben Tag verwiesen.
Mit Urteil vom 13.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht die Bewilligung von Insolvenzgeld
abgelehnt. Die Voraussetzungen des §
183 Abs.
1 Nr.
1 SGB III seien nicht gegeben. Aus Anlass der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts B vom 01.02.2005 habe
der Kläger bereits Insolvenzgeld erhalten. Mit dem erneuten Insolvenzantrag vom 15.02.2010 und dem anschließenden neuerlichen
Insolvenzverfahren, das am 22.03.2010 eröffnet worden sei, könne der Kläger keinen neuen Anspruch auf Insolvenzgeld herleiten,
da die Sperrwirkung der Insolvenzeröffnung durch den Beschluss des Amtsgerichts B vom 01.02.2005 einem solchen Anspruch entgegenstehe.
Wie das Bundessozialgericht im Urteil vom 29.05.2008 (B 11a AL 57/06 R) in fortgeführter Rechtsprechung zum Konkursausfallgeld
(Kaug) und zum Insolvenzgeld ausgeführt habe, trete ein neues Insolvenzereignis nicht ein und könne folglich auch keinen Anspruch
auf Insolvenzgeld auslösen, solange die auf einem bestimmten Insolvenzereignis beruhende Zahlungsfähigkeit (richtig: Zahlungsunfähigkeit)
des Arbeitgebers andauere. Von andauernder Zahlungsunfähigkeit sei solange auszugehen, wie der Gemeinschuldner wegen eines
nicht nur vorübergehenden Mangels an Zahlungsmitteln nicht in der Lage sei, seine fälligen Geldschulden im Allgemeinen zu
erfüllen. Dabei sei die Fortdauer einer aus Anlass des früheren Insolvenzereignisses eingetretenen Zahlungsunfähigkeit jedenfalls
dann anzunehmen, wenn die im Insolvenzplan vorgesehene Überwachung der Planerfüllung andauere. Denn in diesem Fall werde trotz
Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß §
258 der
Insolvenzordnung (
InsO) der weiter gegebene Zusammenhang mit dem einmal eröffneten Insolvenzverfahren dadurch dokumentiert, dass Aufgaben und Befugnisse
des Insolvenzverwalters und gegebenenfalls des Gläubigerausschusses sowie die Aufsicht des Insolvenzgerichts fortbestehe.
In einer solchen Situation komme die Wiedererlangung der Fähigkeit des Schuldners, seine fälligen Geldschulden im Allgemeinen
zu erfüllen, nicht in Betracht.
Die Unfähigkeit des Arbeitgebers zur Begleichung seiner Verpflichtungen im Allgemeinen werde auch im vorliegenden Verfahren
durch Aufstellung des Insolvenzplans mit gerichtlicher Bestätigung und Anordnung der Planüberwachung sowie die nachfolgende
erneute Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor endgültigem Abschluss der Planüberwachung belegt. Nachdem die Masseverbindlichkeiten
aus dem ersten Insolvenzverfahren erfüllt worden seien und der Insolvenzplan rechtskräftige Bestätigung gefunden habe, sei
der Arbeitgeber des Klägers wieder zahlungsfähig im Sinne der
Insolvenzordnung gewesen, mit der Folge, dass das Unternehmen wieder selbst verantwortlich gewesen sei und für seine Verbindlichkeiten habe
eintreten müssen. Dieses lasse aber keine Rückschlüsse darauf zu, ob das Unternehmen auch zahlungsfähig im Allgemeinen gewesen
sei. Wie auch der Zeuge Q. ausgeführt habe, seien zwar die im Insolvenzplan vorgesehenen Quoten erfüllt worden, gleichzeitig
seien aber weiter, zum Teil erhebliche, Verluste erwirtschaftet worden. Wie es um die Firma C. GmbH während der Planerfüllung
tatsächlich finanziell bestellt gewesen sei, dafür könne die Erfüllung der Quote kein Indiz sein, da das Unternehmen alles
getan haben werde, um jedenfalls die Befriedigung der Quote sicherzustellen und so eine erneute Insolvenz zu vermeiden. Im
Zeitpunkt der Stellung des erneuten Insolvenzantrages sei die Firma C. GmbH jedenfalls soweit herunter gewirtschaftet gewesen,
dass keine Liquidität mehr zur Verfügung gestanden habe. Dieser Zustand sei keinesfalls von jetzt auf gleich eingetreten.
Wenn der Kläger im Übrigen vortrage, dass der Insolvenzplan nur noch nicht hinsichtlich des Besserungsscheines erfüllt worden
sei und der Besserungsschein kein wichtiger Bestandteil des Insolvenzplanes gewesen sei, könne das SG diese Auffassung nicht teilen. Es sei davon auszugehen, dass die Gläubiger dem Insolvenzplan gerade auch wegen des darin
enthaltenen Besserungsscheines zugestimmt hätten, da zunächst die Hoffnung bestanden habe, die Firma C. GmbH wieder gewinnbringend
am Markt zu etablieren. Gleichzeitig würden gemäß §
255 InsO bei einem vorzeitigen Ende der Planüberwachung die Forderungen der Gläubiger in ihrer Gänze wieder aufleben, so dass vor
diesem Hintergrund auch gerade der Besserungsschein für die Gläubiger von erheblichem Interesse gewesen sei und damit nicht
nur einen unerheblichen, zu vernachlässigenden Bestandteil des Insolvenzplans darstelle.
Gegen das ihm am 06.06.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.06.2011 Berufung eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung,
dass dem Anspruch auf Insolvenzgeld, der sich nach seinen Angaben wegen ausgefallener Arbeitsentgeltansprüche auf ca. 2.500,00
Euro belaufe, nicht die Sperrwirkung eines früheren Insolvenzverfahrens entgegenstehe. Der Rechtsansicht des SG, die sich auf das Urteil des BSG vom 29.05.2008 stütze, sei nicht zu folgen, da es dieses Urteil rechtsfehlerhaft auslege. Das Urteil sei auf den vorliegenden
Fall nicht anzuwenden. Vielmehr erfordere die Einheit der Rechtsordnung eine Gleichbehandlung sowohl in insolvenzrechtlicher
als auch in sozialrechtlicher Hinsicht. Fakt sei, dass das erste Insolvenzverfahren aus dem Jahre 2005 nach rechtskräftiger
Bestätigung des Insolvenzplanes vom 05.01.2006 durch Beschluss des Amtsgerichts B vom 07.04.2006 aufgehoben worden sei. Die
Zahlungsunfähigkeit sei durch einstimmig ausgesprochene Forderungsverzichte der Gläubiger eindeutig beseitigt worden. Mit
Aufhebung nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplanes habe somit die Firma C. GmbH ihre Zahlungsfähigkeit zweifelsfrei
wiedererlangt. Das erste Insolvenzverfahren sei dadurch endgültig beendet gewesen. Für die Wiedererlangung der Zahlungsfähigkeit
spreche auch, dass die Firma C. GmbH für einen beträchtlichen Zeitraum und zwar in den Jahren 2006 und 2007 bis Mitte des
Jahres 2008 sämtliche Verbindlichkeiten erfüllt habe. Die monatlichen Raten seien im Rahmen der Erbringung der Quoten bis
zum Zeitpunkt der Fälligkeit der letzten Rate am 30.11.2008 vollständig ausgezahlt worden. Auch der Zeuge Q. sehe in seinem
Schreiben vom 28.04.2010 die Zahlungsunfähigkeit eindeutig als beseitigt und die Zahlungsfähigkeit als zweifelsfrei wiedererlangt
an. Es liege folglich ein neues Insolvenzereignis im Sinne von § 183 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 vor. Der Insolvenzplan sei vollständig
erfüllt gewesen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitgebers hätten sich so weit gebessert, dass die damals vorliegende
Insolvenz beseitigt gewesen und erst durch spätere Ereignisse erneut herbeigeführt worden sei. Wäre dem nicht so gewesen,
hätte der Geschäftsführer entsprechend seiner Verpflichtung aus dem GmbH-Gesetz sogleich wieder Insolvenzantrag stellen müssen. Allein aufgrund der etwaigen noch andauernden Überwachung der Planerfüllung
könne nicht gefolgert werden, dass damit auch die Zahlungsunfähigkeit automatisch noch andauere. Die diesbezüglich ablehnende
Begründung des erstinstanzlichen Gerichts, es sei davon auszugehen, dass die Gläubiger dem Insolvenzplan gerade auch wegen
des darin enthaltenen Besserungsscheines zugestimmt hätten, da zunächst die Hoffnung bestanden habe, die Firma C. GmbH wieder
gewinnbringend am Markt zu orientieren, gehe fehl.
Dem stehe auch nicht die weitere Überwachung der Planerfüllung durch den Insolvenzverwalter bezüglich des Besserungsscheines
entgegen. Es handele sich hierbei lediglich um einen nachgelagerten Tatbestand, der für die Beurteilung der Frage, ob das
erste Insolvenzereignis das zweite Insolvenzereignis bedinge, ohne Bedeutung sei. Der Besserungsschein löse für sich genommen
noch keine weiteren Zahlungspflichten aus, sondern lediglich dann, wenn auch tatsächlich Gewinne erzielt würden. Es sei somit
durch den Insolvenzverwalter lediglich zu überwachen gewesen, ob die Gläubiger an den Gewinnen partizipieren könnten. Aus
diesen Gründen sei auch unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des BSG von einer Wiedererlangung der Fähigkeit des Schuldners auszugehen, seine fälligen Geldschulden im Allgemeinen erfüllen zu
können.
Soweit das BSG in dem Urteil ausführe, dass die im ersten Insolvenzverfahren eingetretene Zahlungsunfähigkeit nach Aufhebung des ersten
Insolvenzverfahrens aufgrund der Bestätigung eines Insolvenzplans jedenfalls solange nicht beseitigt worden sei, wie noch
eine Planüberwachung angeordnet sei, sei dem aus insolvenzrechtlicher Sicht nicht zu folgen. Weder das BSG noch das SG hätten überzeugend darlegen können, wann und unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber im Hinblick auf die Annahme der
Zahlungsunfähigkeit nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Verbindlichkeiten im Allgemeinen zu erfüllen.
Die Auffassung des SG sei allein aus Gründen der Rechtssicherheit und dem aus Art.
20 GG erwachsenden Sozialstaatsprinzip nicht haltbar. Nach der
Insolvenzordnung bestehe neben der Gläubigerbefriedigung durch Liquidation des schuldnerischen Vermögens die Möglichkeit der Befriedigung
im Wege der übertragenen Sanierung und der Sanierung durch Insolvenzplan. Für die Sanierung eines angeschlagenen Unternehmens
sei der Erhalt der Arbeitsplätze von absoluter Priorität, da das Unternehmen gerade durch und mit der Arbeitskraft des Stammpersonals
saniert werden solle. Durch den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 07.04.2006 auf Aufhebung des Insolvenzplanverfahrens sei
ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Der insoweit tätige Arbeitnehmer sei besonders schutzwürdig, denn es sei das Ziel
des Gesetzgebers, die Arbeitnehmer dem Betrieb zu erhalten, um den Sanierungsplan mit Erfolg umsetzen zu können. Die Rechtsauffassung
des SG habe zur Folge, dass sich insbesondere junge und qualifizierte Arbeiter nach einer anderen Arbeitsstelle umsähen. Das Ziel
des Gesetzgebers, einen Betrieb zu sanieren, sei hierdurch von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Die Rechtsauffassung des
SG habe zur Folge, dass gerade das "schwächste Glied in der Kette", nämlich der Arbeitnehmer, mit dessen maßgeblicher Hilfe
der Insolvenzplan bis zum vollständigen Ausgleich der Quote und Erfüllung der Verbindlichkeiten bis zur Aufhebung des Planverfahrens
erst vollständig erfüllt werde könne, völlig schutzlos gestellt werde. Es handele sich damit zweifelsfrei nicht um dasselbe
Insolvenzverfahren, welches durch den Insolvenzplan beendet worden sei, sondern vielmehr eindeutig um ein neues Insolvenzverfahren,
was schon aus dem Aktenzeichen ersichtlich sei. Allein durch eine vollumfängliche Erfüllung der Quote sei von einer uneingeschränkten
zwischenzeitlichen Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit der Arbeitsgeberin auszugehen. Hier seien die "besonderen Umstände"
im Sinne des Urteils des BSG, die bereits vor Planerfüllung zur Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit mit Aufhebung des damaligen Insolvenzplanverfahrens
wieder hergestellt.
Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber auch vollständig die Insolvenzumlage gezahlt habe, mit der Folge, dass
den Arbeitnehmern im Falle der Insolvenz als aus dem Sozialstaatsprinzip erwachsenden Äquivalent das Insolvenzgeld auch im
Falle eines zweiten Insolvenzereignisses zustehen müsse.
Schließlich sei §
183 SGB III a.F. europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass auch ein nachfolgendes formelles Insolvenzereignis trotz fortbestehender
Insolvenz ausreiche, um einen Anspruch auf Insolvenzgeld auszulösen. Dies folge daraus, dass der nationale Gesetzgeber von
der ihm durch das europäische Richtlinienrecht (Richtlinie 2008/94 ER vom 22.10.2008) über den Schutz der Arbeitnehmer bei
Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers eingeräumten Möglichkeit der Zusammenfassung mehrerer Insolvenzverfahren zu einem Gesamtverfahren
keinen Gebrauch gemacht habe. In diesem Zusammenhang verweist der Kläger auf das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.05.2012
(S 16 AL 4404/10).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.05.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.04.2010
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2010 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.12.2009 bis zum 28.02.2010
Insolvenzgeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie entnehme der Formulierung im Urteil des BSG vom 29.05.2008, "von einer Fortdauer der aus Anlass der früheren Insolvenzeröffnung eingetretenen Zahlungsunfähigkeit ist
jedenfalls dann auszugehen, wenn die im Insolvenzplan vorgesehene Überwachung der Planerfüllung andauere", dass hier kein
neuer Insolvenzgeldanspruch entstanden sei. Dem sei das erstinstanzliche Gericht gefolgt. Der Auffassung des Insolvenzverwalters,
der sich in seinem Schreiben vom 28.04.2010 ausdrücklich gegen die Rechtsprechung des BSG vom 29.05.2008 ("Dem kann aus insolvenzrechtlicher Sicht überhaupt nicht gefolgt werden.") gewandt habe, folge sie (die Beklagte)
nicht. Nicht der Forderungsverzicht, sondern die Forderungserfüllung sei ein Indiz für die Zahlungsfähigkeit. Hier sei allerdings
nur die Quote an die Gläubiger gezahlt worden. Der Insolvenzplan sei gerade nicht erfüllt, weil der Besserungsschein nicht
erfüllt sei. Solange keine Gewinnausschüttung habe erfolgen können, liege auch keine Planerfüllung vor. Die BSG-Rechtsprechung gebe keinen Spielraum für die Annahme "besonderer Umstände". Im Übrigen gehe der Insolvenzverwalter in seinem
Anschreiben vom 24.05.2013 ebenfalls davon aus, dass der Insolvenzplan aus vorstehenden Gründen nicht vollständig erfüllt
sei. Ergänzend weise sie darauf hin, dass es sich bei dem vorliegenden Verfahren um ein Musterverfahren handele. Es seien
noch weitere Verfahren anhängig bzw. anhängig gewesen.
Der Senat hat unter dem 11.04.2013 eine ergänzende Stellungnahme von dem Zeugen Q. im Zusammenhang mit dem von ihm im Insolvenzverfahren
über die Firma C. GmbH xxx erstellten Schlussbericht vom 23.05.2012 eingeholt, in dem er u.a. von einer negativen wirtschaftlichen
Entwicklung der Firma in den Jahren 2008 und 2009 berichtet, eingeholt. Hierzu hat der Zeuge unter dem 24.05.2013 Stellung
genommen und zusammenfassend ausgeführt, die C. GmbH habe in den Jahren 2006 und 2007 noch sämtliche Verbindlichkeiten erfüllt,
Rückstände hätten sich erst ab Juli 2008 ergeben. Seiner Stellungnahme hat er ein Doppel des Insolvenzplanes (XXX) sowie seines
an die Agentur für Arbeit gerichteten Schreibens vom 28.04.2010 beigefügt. Auf die vorgenannte Stellungnahme nebst Anlagen
wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen
Verwaltungsakte der Beklagten und der Insolvenz-Akte des Amtsgerichts B (Kopien) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen ist.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 13.05.2011 die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Insg für die Zeit vom 01.12.2009
bis 28.02.2010. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung der Beklagten ist rechtmäßig.
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG tritt ein neues Insolvenzereignis nicht ein und kann folglich auch keinen Anspruch auf Insg auslösen, solange die auf einem
bestimmten Insolvenzereignis beruhende Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers andauert. Von andauernder Zahlungsunfähigkeit
ist solange auszugehen, wie der Gemeinschuldner wegen eines nicht nur vorübergehenden Mangels an Zahlungsmitteln nicht in
der Lage ist, seine fälligen Geldschulden im Allgemeinen zu erfüllen. Dabei ist die Fortdauer einer aus Anlass des früheren
Insolvenzereignisses eingetretenen Zahlungsunfähigkeit jedenfalls dann anzunehmen, wenn die im Insolvenzplan vorgesehene Überwachung
der Planerfüllung andauert (BSG, Urteil vom 29.05.2008, B 11a AL 57/06 R, Rn. 14 [...]).
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Beurteilung. Soweit der Kläger unter Verweis auf
die Ausführungen des Zeugen Q. die Auffassung vertritt, dass aus insolvenzrechtlicher Sicht dem BSG nicht gefolgt werden könne, weil mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplanes
die C. GmbH ihre Zahlungsfähigkeit zweifelsfrei wiedererlangt habe, entspricht diese Auffassung nicht den in der Rechtsprechung
des BSG entwickelten Grundsätzen. Sie lässt unberücksichtigt, dass der Gesetzgeber mit den §§
183 ff.
SGB III nicht die Ziele der
InsO verfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.2012, B 11 AL 11/11 R, Rn. 25, [...] mit Hinweis auf BSGE 90,157, 160 f). Die mit der Einführung von Insolvenzplanverfahren verfolgten Zielsetzungen
rechtfertigen es nicht, allein aufgrund der Bestätigung des Plans und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens eine erneute Inanspruchnahme
der Insg-Versicherung zu eröffnen (BSG, Urteil vom 21.12.2002, B 11 AL 35/02 R, Rn. 19 [...]). Der Insolvenzplan ist seiner gesetzlichen Konzeption nach ein Instrument zur Verwirklichung der Privatautonomie
im Insolvenzfall. Die Konkurrenz von regulärem Insolvenzverfahren und Insolvenzplanverfahren schließt es aus, allein das Insolvenzplanverfahren
dadurch zu begünstigen, dass den Gläubigern durch die wiederholte Zuerkennung von Insg-Ansprüchen ein Sondervorteil verschafft
wird. Zwar würde dies die bereits in §
1 Satz 1
InsO erwähnte weitere Zielsetzung des Insolvenzplans, den Erhalt des Unternehmens zu fördern, unterstützen. Die letztgenannte
Erwägung führt jedoch nicht zu einer anderen Bewertung, denn der Gesetzgeber verfolgt, wie das BSG bereits zum Kaug entschieden hat, mit den §
183 ff.
SGB III nicht die Ziele der
InsO, sondern begründet lediglich eine Sicherung bestimmter Lohnforderungen in der Insolvenz des Arbeitsgebers.
Zwar verkennt der Senat nicht, dass im Gegensatz zu dem vom BSG im Urteil vom 29.05.2008 (a.a.O.) entschiedenen Fall die Quote vollständig gezahlt worden und der Insolvenzplan (lediglich)
hinsichtlich des Besserungsscheines, der erst bei Gewinnen weitere Zahlungspflichten auslöste, noch nicht erfüllt war. Auch
unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte geht der Senat nicht von einer (wiedererlangten) Zahlungsfähigkeit des Arbeitgebers
des Klägers aus. Denn bei andauernder Planüberwachung wird deutlich, dass insbesondere im Hinblick auf die fortbestehenden
Befugnisse des Insolvenzverwalters von einer Wiedererlangung der Fähigkeit, fällige Geldschulden im Allgemeinen zu erfüllen,
keine Rede sein kann (vgl. Urteile des BSG vom 06.12.2012, B 11 AL 10/11 R und B 11 AL 11/11 R).