Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte beim Kläger weitere Folgen eines Arbeitsunfalls anzuerkennen hat und ihm
deswegen eine höhere Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht.
Der 1963 geborene Kläger erlitt am 30.06.2011 gegen 12.30 Uhr während seiner Tätigkeit als Monteur bei der Firma "N GmbH"
in M einen Arbeitsunfall, als er beim Montieren einer Markise von der Leiter fiel. Um 14.14 Uhr traf er bei dem Durchgangsarzt,
dem Chirurgen Dr. T1, ein. Dort berichtete er, aus einer Höhe von ca. 1,60 m von der Leiter gestürzt und auf das Gesäß gefallen
zu sein. Er habe seitdem zunehmende Schmerzen in der Lendenwirbelsäule (LWS) sowie auch im linken Handgelenk. Dr. T1 diagnostizierte
nach Röntgen des linken Handgelenks und der LWS eine LWS-Prellung sowie eine Prellung des linken Handgelenks. Eine Computertomographie
(CT) des Beckens incl. der unteren LWS vom 30.06.2011 im I-Klinikum T ergab keinen Nachweis einer Fraktur, weder im Bereich
des Beckens noch im Bereich der unteren LWS. Anlässlich einer Kernspintomographie des Handgelenks und des distalen Unterarms
links vom 02.11.2011 in der radiologischen Gemeinschaftspraxis Bad I wurde ein traumatischer Diskusschaden am linken Handgelenk
festgestellt, der im Dezember 2011 operiert wurde.
In der Folgezeit machte der Kläger noch Angstzustände geltend. Sein behandelnder Arzt, der Neurologe und Psychiater Dr. T,
teilte mit Schreiben vom 30.04.2012 mit, er habe den Kläger erstmals am 20.03.2012 und zuletzt am 30.04.2012 untersucht. Der
Kläger habe berichtet, er leide auch nach der Operation am linken Handgelenk weiterhin unter Schmerzen und habe außerdem psychische
Beschwerden. Er könne nicht schlafen. Er bekomme direkt Panik, wenn er denke, er dürfe keine schwere Arbeit machen. Er habe
immer das Bild im Kopf, wie er von der Leiter gefallen sei. Er sehe sich unten auf dem Boden, wie er Schmerzen habe. Er habe
auch eine gewisse Angst, wenn er jetzt auf die Leiter steige. Eine Kopfverletzung habe es nicht gegeben. Bei dem Sturz habe
er allerdings eingenässt. Er habe aber noch nie einen epileptischen Anfall gehabt. Dr. T stellte einen neurologisch- und elektrophysiologisch
regelrechten Befund fest, diagnostizierte aber eine Anpassungsstörung (nach ICD-10-F43.2) mit wechselnden Ängsten, eine Leiter
zu besteigen und mit Verunsicherung und gesteigerter gesundheitlicher Besorgnis bei einem primär leistungsmotivierten, am
ehesten moderat narzisstisch strukturierten Montagearbeiter, bei dem eine psychische Erkrankung oder Suchterkrankung ganz
offensichtlich nicht bekannt sei. Die Mitteilung, er habe eingenässt, lasse an die Möglichkeit eines hirnorganischen Anfallereignisses
denken. Es fehlten aber sonstige Zeichen, die zu einem epileptischen Anfall passen könnten. Am 25.07.2012 teilte der Chefarzt
des N Krankenhauses C, Handchirurgie, Dr. S, mit, der Kläger sei arbeitsfähig. Es bestehe auch keine MdE. Am 29.10.2012 berichtete
Dr. T ergänzend, die zunächst nach dem chirurgischen Eingliederungsplan vorgesehene vollschichtige Aufnahme der Tätigkeit
sei nicht erreicht worden. Der Kläger sei erst ab 16.07.2012 wieder vollschichtig im Dienst, aber unter Rücksichtnahme des
Arbeitgebers mit Schonung der linken Hand und des linken Unterarms. Bis auf die Schmerzschonung finde sich an der linken Hand
ein Normalbefund. Der Kläger sei allerdings psychisch angespannt, nervös, ängstlich und besorgt.
Im Zuge ihrer weiteren Ermittlungen beauftragte die Beklagte nach entsprechender Gutachterauswahl durch den Kläger den Facharzt
für Neurologie und Psychiatrie Dr. T sowie den Facharzt für Chirurgie Dr. X vom Medizinischen Versorgungszentrum in Bad I
mit der Erstattung von Gutachten.
In seinem Gutachten vom 08.07.2013 diagnostizierte Dr. T eine ängstlich depressiv gefärbte Anpassungsstörung, die in eine
anhaltende, reaktiv ausgelöste leicht depressive Episode übergegangen sei. Alternativ könne von einer ängstlich-depressiven
Entwicklung nach ICD-10-F42.1 gesprochen werden. Ein körperlich neurologisch fassbarer Folgeschaden, insbesondere eine periphere
Nervenschädigung, könne ausgeschlossen werden. Für die beschriebenen psychischen Veränderungen sei das Unfallereignis vom
30.06.2011 als unersetzliche und wesentliche Teilursache anzusehen. Die unfallbedingte neuropsychiatrische MdE betrage ab
Wegfall der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit am 23.07.2012 20 v.H.
Das von der Beklagten in Auftrag gegebene chirurgische Gutachten vom 10.01.2014 war nicht von Dr. X, sondern von Dr. X1, ebenfalls
vom Medizinischen Versorgungszentrum Bad-I, unterschrieben. Dr. X1 beschrieb in seinem Gutachten als Unfallfolge eine erhebliche
Gebrauchsminderung des linken Handgelenks und der linken Hand, die aus einer leichtgradigen Schwellung, vor allem jedoch aus
einer hochgradigen Bewegungseinschränkung, insbesondere für die Beuge- und Streckbewegung des Handgelenks und einer deutlichen
Kraftminderung und Belastungsminderung infolge Schmerzhaftigkeit bestehe. Hierdurch werde eine MdE von 20 v.H. hervorgerufen.
Die Gutachten ließ die Beklagte von mit ihr vertraglich verbundenen Beratungsärzten auswerten. Der Neurologe und Psychiater
Prof. Dr. T2 vertrat in seiner Stellungnahme vom 15.01.2014 die Auffassung, das Gutachten von Dr. T sei nicht verwertbar.
Der von diesem konstruierte Krankheitsverlauf sei fachwissenschaftlich nicht nachvollziehbar. Die behaupteten psychischen
Störungen seien nicht objektiviert. Ungeachtet dessen bestünde zwischen ihnen und dem Unfall ohnehin kein rechtlich wesentlicher
Ursachenzusammenhang. Die nach Auffassung Dr. Ts verbliebene und mit einer MdE von 20 v.H. bewertete "ängstlich depressive
Entwicklung" sei als Diagnose weder in der ICD-10 noch in der DSM-IV aufgeführt. Die Codierung durch den Gutachter mit F42.1
nach ICD-10 sei nicht erklärbar und falsch, da diese Codierung Zwangsstörungen betreffe, die im vorliegenden Fall gar nicht
zur Diskussion stünden. Verletzungen des peripheren und/oder zentralen Nervensystems lägen nicht vor; ebenso wenig zu berücksichtigen
seien außergewöhnliche Schmerzen als Ausdruck und Folge einer neuropathischen Schmerzstörung. Eine unfallbedingte MdE lasse
sich somit nicht begründen. Der Chirurg Dr. O führte in seiner Stellungnahme vom 27.01.2014 aus, er teile die Einschätzung
des Orthopäden Dr. X1.
Mit Bescheid vom 18.02.2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls eine Rente auf unbestimmte
Zeit nach einer MdE von 20 v.H. ab 23.07.2012. An Unfallfolgen erkannte sie an: Bewegungseinschränkung des Handgelenks in
allen Ebenen, Einschränkung der Unterarmdrehbewegung, deutliche Kraftminderung der Hand sowie belastungsabhängige Schmerzen
nach operativ versorgtem Riss des Diskus Triangularis (dreieckige Knorpel-Band-Struktur). Eine Ulna Plus Variante der Handgelenke
erkannte sie explizit nicht als Unfallfolge an. Sie stützte ihre Entscheidung auf die Gutachten der Dres. X1 und T.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, den er auch nach Akteneinsicht nicht begründete. Mit Widerspruchsbescheid
vom 10.04.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 12.05.2014 vor dem Sozialgericht Köln (SG) Klage erhoben. Er hat beanstandet, dass die Beklagte sein Gutachterauswahlrecht verletzt habe. Denn sie habe kein Gutachten
von dem von ihm ausgewählten Arzt Dr. X eingeholt. Die Ärzte Dr. X1 und Prof. Dr. T2 seien von ihm nicht ausgewählt worden.
In dem angefochtenen Bescheid seien die Folgen des Unfalls nicht vollständig festgestellt worden. Über die bereits festgestellten
Unfallfolgen hinaus seien ein Karpaltunnelsyndrom rechts sowie die depressive Erkrankung anzuerkennen. Die Taubheit der Fingerkuppen
der linken Hand und die ängstlich depressive Entwicklung seien bereits durch das Gutachten des Dr. T nachgewiesen. Die MdE
ergebe sich aus dem neuropsychiatrischen Gutachten des Dr. T, der schon für die auf psychiatrischem Fachgebiet liegenden Unfallfolgen
eine MdE von 20 v.H. angenommen habe. Das noch einzuholende Gutachten durch Dr. X werde auch nachweisen, dass die Unfallfolgen
auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet ebenfalls eine MdE von 20 v.H. bedingten und in einer Gesamtschau dann eine Gesamt-MdE
von mindestens 40 v.H. anzunehmen sei, zumal ganz verschiedene Funktionsbereiche betroffen seien.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2014 zu verurteilen,
als weitere Folgen des Unfalls vom 30.06.2011 ein Karpaltunnelsyndrom rechts sowie die depressive Erkrankung anzuerkennen
und ihm ab dem 23.07.2012 eine Verletztenrente nach einer MdE von 40 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Entscheidung für zutreffend gehalten und nach wie vor die Ansicht vertreten, dass die psychischen Beeinträchtigungen
des Klägers nicht auf den Unfall zurückzuführen und damit auch nicht von ihr zu entschädigen seien. Sie räume ein, dass die
Begutachtung möglicherweise durch Dr. X1 statt durch den von ihr beauftragten Dr. X vorgenommen worden sei. Der Kläger habe
dies allerdings bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht gerügt. Die erst im Klageverfahren vorgetragene Rüge sei
zu spät und könne nicht mehr beachtet werden. Entgegen der Ansicht des Klägers stelle die Äußerung von Prof. Dr. T2 kein Gutachten
dar; dieser habe lediglich als vertraglich tätiger Beratungsarzt das Gutachten von Dr. T auf Schlüssigkeit hin überprüft.
Der Vorwurf des Klägers, im Rahmen des durchgeführten Widerspruchsverfahrens sei die vorgeschriebene Abhilfeprüfung nicht
erfolgt, gehe ins Leere, da der Widerspruch überhaupt nicht begründet worden sei. Intern sei geprüft worden, ob die Widerspruchsschrift
Gesichtspunkte beinhaltete, die Veranlassung hätten geben können, eine Abhilfe durch den Rentenausschuss herbeizuführen. Diese
hätten nicht vorgelegen, sodass die Angelegenheit direkt im Widerspruchsausschuss zur Entscheidung vorgelegt worden sei.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. W. Dr. W ist in seinem Gutachten
vom 05.11.2014 aufgrund einer ambulanten Befragung und Untersuchung des Klägers und unter Berücksichtigung der Aktenunterlagen
zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet als Folgen des Unfalls vom 30.06.2011 keine
Gesundheitsstörungen festzustellen seien. Dementsprechend liege auch keine unfallbedingte MdE ab dem 23.07.2012 vor. Die von
Dr. T beschriebenen Verunsicherungen und die erhöhte Angstbereitschaft bzgl. der Stabilität des Arbeitsplatzes seien nachzuvollziehen.
Nach den Angaben des Klägers bei seiner Untersuchung komme dieser aber allen beruflichen Anforderungen ohne Einschränkungen
nach, offenbar genieße er bei Kollegen und Vorgesetzten eine hohe Anerkennung. Er würde bei seiner Montagetätigkeit auch weiterhin
mit den schwierigsten Aufgaben betraut. Die nachvollziehbar beschriebenen Schwankungen in den affektiven Reaktionen könnten
nicht auf die Folgen des Unfalls zurückgeführt werden. Dr. T habe zu Unrecht eine depressiv gefärbte Anpassungsstörung festgestellt.
Es habe sich kein ausreichender Anhalt gefunden, dass unfallbedingt körperliche oder sonstige Funktionsstörungen vorliegen,
welche die vom Kläger auch heute geschilderten, zeitweiligen Verunsicherungen und Beeinträchtigungen der Stimmungslage begründen
könnten. Es liege zwar ein leichtgradiges Karpaltunnel-Syndrom rechtsseitig vor. (distale Latenzzeit des Nervus medianus rechts
4,9 m/s, links 3,5 m/s). Dies sei aber unfallunabhängig.
Der Kläger hat der Verwertung des Gutachtens von Dr. W widersprochen. Er hat die Auffassung vertreten, Dr. W habe für sein
Gutachten unzulässigerweise das objektiv irreführend mit "beratungsärztliche Stellungnahme" überschriebene Gutachten des Prof.
Dr. T2 vom 15.01.2014 ausgewertet und seiner Entscheidung mit zugrundegelegt. Das Gutachten sei aber auch inhaltlich nicht
nachvollziehbar. Zum Beleg hat er einen Befundbericht des Dr. T vom 13.10.2014 sowie eine Stellungnahme des Dr. T vom 01.12.2014
zu dem Gutachten des Dr. W vorgelegt, in der Dr. T ausgeführt hat, der Kläger leide weiterhin an einer leichtgradigen Depressivität
mit ängstlicher Färbung im Zusammenhang des belastungsabhängigen Schmerzsyndroms und der funktionellen unfallbedingten Einschränkung
des linken Handgelenks. Hierdurch ergebe sich eine psychiatrische MdE von 20 v.H., während zusätzlich in neurologischer Hinsicht
als Unfallfolgeschaden nunmehr auch durch das Gutachten des Dr. W ein Karpaltunnelsyndrom rechts nachweisbar sei. Die psychiatrische
Einschätzung stehe nicht im Widerspruch zur Beobachtung Dr. Ws, der mehrfach erhebliche Auffälligkeiten des Klägers beschrieben
und lediglich eine tiefergehende Depressivität ausgeschlossen habe. Dies sei mit der Annahme einer leichten unfallbedingten
Depressivität zwanglos vereinbar. In psychiatrischer sowie neurologischer Hinsicht habe Dr. W die Mindeststandards einer Zusammenhangbegutachtung
nicht eingehalten, weswegen sein Gutachten auch in psychiatrischer wie neurologischer Hinsicht zu unzutreffenden Kausalitätseinschätzungen
gelangt sei. So habe er z.B. im Rahmen der elektrophysiologischen Zusatzdiagnostik ein ausgeprägtes Karpaltunnelsyndrom rechts
festgestellt; im Beurteilungsteil hingegen habe er lediglich ein leichtes Karpaltunnelsyndrom rechts konstatiert und dieses
ohne weitere Begründung für eine unabhängige Gesundheitsstörung gehalten. Unter Aspekten der Zusammenbegutachtung müsse man
bei dem jetzt diagnostizierten Karpaltunnelsyndrom rechts aber eindeutig einen sekundären Unfallschaden anerkennen, da der
ursprüngliche Linkshänder wegen der belastungsabhängigen Beschwerden des linken Handgelenks seit Wideraufnahme seiner Tätigkeit
im Juli 2012 in der Hauptsache die rechte Hand einsetzen müsse. Dr. W habe auch weder die Erhebung einer biographischen Anamnese
unter tiefenpsychologischen Gesichtspunkten vorgenommen noch sich mit der Frage eines Vorschadens auseinandergesetzt.
Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Dr. W eingeholt. Dieser ist in seiner Stellungnahme vom 17.01.2015 bei seiner
Auffassung geblieben. Zu der Stellungnahme des Dr. T hat er ausgeführt, er könne dessen Annahme, dass es sich wegen der linksseitig
unfallbedingt fortbestehenden Beschwerden um einen Überlastungsschaden an der rechten Hand handele, nicht folgen. Die körperferne
Teilstörung des rechten Nervus medianus sei nicht als unfallbedingt einzuschätzen. Er verweise darauf, dass körperferne Störungen
des Nervus medianus häufig seien, in der Regel auch ohne vorangegangene direkte traumatische Schädigung oder besondere Umstände
der Überlastung aufträten. Außerdem habe sich bei seiner Untersuchung gezeigt, dass auch an der linken Hand eine deutlich
ausgeprägte Beschwielung vorgelegen habe und im Bereich der Unterarme wesentliche Seitendifferenzen der Muskulatur nicht bestanden
hätten. Somit könne nicht von einer außergewöhnlichen Schonung der linken Hand bei der Berufstätigkeit ausgegangen werden.
Auch die Auffassung des Dr. T, beim Kläger liege wegen anhaltender beruflicher Überforderung eine leichtgradige bis grenzwertig
mittelgradige depressive Ausgestaltung vor, könne nicht nachvollzogen werden. Beim Kläger liege unter Berücksichtigung einer
primär gesteigerten empfindsamen und sehr leistungsstrebigen, auf exakte Pflichterfüllung ausgerichteten Wesensart erhöhte
Verunsicherung bzgl. möglicherweise bei der Berufsausübung auftretender Leistungsdefizite vor. Beim Kläger habe keine Veränderung
seiner Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit stattgefunden. Er habe selbst darauf verwiesen, dass er sich psychisch in von persönlichen
oder sozialen Konflikten nicht belasteten Phasen gut fühle, sodass depressive Verstimmungen als anhaltende Störung nicht feststellbar
seien. Die wegen fortbestehender Beschwerden am verletzten Arm vorliegenden Verunsicherungen seien unter Berücksichtigung
der Primärpersönlichkeit als nachvollziehbar, keinesfalls aber als abnorm oder krankheitswertig einzuschätzen. Es sei normal,
dass an einem im Vorfeld verletzten Arm bei Belastung bei schwerer körperlicher Arbeit auftretende Beschwerden in aller Regel
auch eine psychische Reaktion, beispielsweise Bedauern oder Missstimmung, auftrete. Entsprechende Reaktionen könnten jedoch
nicht in dem Sinne interpretiert werden, dass eine die Reaktionsweise des Betreffenden verändernde psychische Störung eingetreten
sei. Er verweise noch einmal darauf, dass der Kläger seiner anspruchsvollen und auch seitens der Chefin geschätzten Berufstätigkeit
mit Zuweisung besonders anspruchsvoller Aufgaben weiterhin vollschichtig nachgehe. Auch während seiner Untersuchung habe der
Kläger keine Hinweise auf eine tiefergehende, anhaltende depressive Verstimmung geboten. Eine MdE von 20 v.H. sei auf neurologisch-psychiatrischem
Fachgebiet nicht zu begründen.
Am 03.12.2014 hat der Kläger beantragt, Dr. W und Dr. T zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden zwecks Erläuterung
ihrer Gutachten um ihm zu gestatten, Fragen zu den Beweisthemen der Beweisanordnung an die beiden Sachverständigen unmittelbar
zu stellen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 02.10.2015 hat der Kläger erklärt, die das Gutachten von Dr. X1 betreffende Rüge nicht
mehr aufrechtzuerhalten und mit einer MdE von 20 v.H. für die Schäden auf orthopädischem Gebiet am linken Handgelenk einverstanden
zu sein. Er sei jedoch der Ansicht, dass aufgrund der psychischen Schäden eine Gesamt-MdE von 40 v.H. gerechtfertigt sei.
Die Gutachten des Prof. Dr. T2 und Dr. W halte er nicht für verwertbar. Den Antrag vom 03.12.2014 hat der Kläger nicht wiederholt.
Mit Urteil vom 02.10.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. W gestützt. Der Einschätzung des
Dr. T könne nicht gefolgt werden. Das Gutachten von Dr. W sei auch nicht unverwertbar, weil ihm die von der Beklagten veranlasste
beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. T2 vorgelegen habe. Denn bei der beratungsärztlichen Stellungnahme des Prof.
Dr. T2 vom 15.01.2014 handele es sich nicht um ein Gutachten. Prof. Dr. T2 habe lediglich zu dem zuvor eingeholten Gutachten
von Dr. T Stellung genommen und dieses auf Schlüssigkeit hin überprüft. Im Übrigen habe der Kläger weder im Verwaltungsverfahren
noch im anschließenden Widerspruchsverfahren gerügt, er sei in seinem Gutachterauswahlrecht verletzt gewesen. Soweit dies
erstmals während des Klageverfahrens geschehen sei, sei dies verspätet. Bezüglich des erstmals im Klageverfahren geltend gemachten
Karpaltunnelsyndroms rechts sei zu beachten, dass die Beklagte über einen möglichen Unfallzusammenhang dieser nunmehr erstmals
angesprochenen Gesundheitsstörung noch keine Entscheidung getroffen habe. Abgesehen davon, sei bei dem Unfall ausschließlich
die linke Hand des Klägers in Mitleidenschaft gezogen worden. Die rechte Hand sei vielmehr vor Jahren bei einem Sportunfall
verletzt worden. Schließlich hätten sich auch keine Hinweise darauf ergeben, dass eine extreme Schonung der linken Hand, die
zur Überlastung der rechten Hand führen würde, vorliege. Der Vortrag des Klägers, der Rentenausschuss der Beklagte habe keine
Abhilfe vorgenommen, führe nicht zur formellen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Die Behörde leite die Sache
bei zulässigem Widerspruch an die Widerspruchsstelle weiter, die dann entscheide. Eine Unterrichtung des Klägers hierüber
sei nicht erforderlich. §
85 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) sei nicht zu entnehmen, dass nach einem eingelegten Widerspruch eine Abhilfeprüfung durch den Rentenausschuss zu erfolgen
habe.
Gegen das ihm am 15.10.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.11.2015 (Montag) Berufung eingelegt. Er begehrt weiterhin
die Anerkennung eines Karpaltunnelsyndroms rechts und einer depressiven Erkrankung als Folgen des Unfalls vom 30.06.2011 sowie
die Gewährung einer höheren Rente. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren
und aus dem sozialgerichtlichen Verfahren. Ergänzend trägt er vor, der angefochtene Bescheid sei auch deshalb formell rechtswidrig,
weil ihm die vorgeschriebene Begründung fehle. Die Beklagte hätte den Bescheid zumindest mit einer Begründung dafür versehen
müssen, dass und warum sie die im Zusatzgutachten von Dr. T als Folgen des Arbeitsunfalls bezeichneten Gesundheitsstörungen
nicht als Folgen des Arbeitsunfalls anerkenne. Dieser Begründungsmangel sei im gerichtlichen Verfahren keiner Heilung zugänglich.
Die Ausführungen des SG, wonach dem Gesetz nicht zu entnehmen sei, dass eine Abhilfeprüfung durch den Rentenausschuss zu erfolgen habe, seien unzutreffend.
Der angefochtene Bescheid sei aber auch materiell rechtswidrig. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. T, der die bei
ihm vorliegenden psychischen Leiden auf den Arbeitsunfall zurückgeführt habe. Das Gutachten des Dr. W vermöge nicht zu überzeugen,
selbst wenn es verwertbar sein sollte. Dr. W sei in seinem Gutachten unzutreffend davon ausgegangen, dass er seine Berufstätigkeit
mit besonders anspruchsvollen Tätigkeiten im Unfallbetrieb weiterhin vollschichtig ausübe. Vielmehr habe er sein Arbeitsverhältnis
längst selbst gekündigt und sich eine andere Stelle gesucht, da die durch den damaligen Betriebsinhaber vermittelte Unzufriedenheit
wegen seiner verminderten Belastbarkeit der oberen Extremitäten stets Auslöser für psychische Anspannung und Konflikte gewesen
sei. Das SG habe auch verfahrensfehlerhaft dem im Schriftsatz vom 03.12.2014 gestellten Antrag, u.a. Dr. W zum Termin zur mündlichen
Verhandlung zu laden und ihm die Ausübung des Rechts, Fragen an den Sachverständigen in mündlicher Verhandlung unmittelbar
zu stellen, nicht entsprochen. Diesen Antrag halte er nun im Berufungsverfahren aufrecht. Entgegen den Ausführungen des SG seien auch die Auswirkungen des Karpaltunnelsyndroms rechts als Unfallfolge zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus dem
Gutachten des Dr. T, der im Gegensatz zu Dr. W festgestellt habe, dass die Muskulatur des linken Unterarmes in Folge der unfallbedingten
Schonung der linken Extremität geringer ausgeprägt sei als rechts. Die MdE betrage insgesamt auf neuropsychiatrischem und
orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet 40 v.H.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 02.10.2015 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 18.02.2014
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2014 zu verurteilen, als weitere Folgen des Unfalls vom 30.06.2011 ein
Karpaltunnelsyndrom rechts und eine depressive Erkrankung anzuerkennen und ihm ab dem 23.07.2012 eine Rente nach einer Minderung
der Erwerbsfähigkeit von 40 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß §
109 SGG Gutachten eingeholt von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S und von dem Facharzt für Chirurgie Dr. N.
Dr. S ist in seinem Gutachten vom 13.02.2017 aufgrund einer neurologisch-psychiatrischen Untersuchung des Klägers vom 08.02.2017
und unter Berücksichtigung der Verwaltungs- und Gerichtsakten genau wie Dr. W zu der Einschätzung gelangt, dass bei dem Kläger
auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine Erkrankungen vorliegen. Das Fehlen einer peripheren Nervenläsion am linken
Arm sei vorbekannt und aktenkundig, dies sei durch seine eigenen neurologischen und elektrophysiologischen Untersuchungen
nochmals bestätigt worden. Am verletzungsbedingt nicht betroffenen rechten Arm finde sich ein subklinisches Karpaltunnelsyndrom
ohne dafür typische Beschwerden. Die im engeren Sinne neurologischen Befunde bezüglich einer eventuellen Nervenläsion am linken
Arm stimmten mit den Messungen Dr. Ws überein (normale distale Latenz des Nervus medianus links, 3,5 m/s; ein etwas weniger
verzögerter Wert rechts, 4,4 m/s). Es bleibe spekulativ, ob ein sogenanntes subklinisches Karpaltunnelsyndrom rechts bei dem
primär linkshändigen Kläger dadurch entstanden sei, dass er die verletzte linke Hand entlastet habe. Bei einer Reihenuntersuchung
beschwerdefreier Menschen hätte davon ein merklicher Prozentsatz subklinische Karpaltunnelsyndrome, also verzögerte Messwerte
des Nervus medianus am Handgelenk, dies ohne dazu passende klinische Beschwerden. Dieser Befund sei in keiner Weise relevant,
auch nicht beim Kläger. Auch eine psychische Erkrankung liege nicht vor. Bei einer psychischen Krankheit handele es sich um
eine Störung, die den Betreffenden erheblich schädige, sein Wohlergehen über die Maßen beeinträchtige und zu einer merklichen
Dysfunktion in dessen Alltag führe, insbesondere im Hinblick auf Kognition, Emotionsregulation oder Verhalten. All dies treffe
für den Kläger in keiner Weise zu. Er habe normalpsychologisch verständliche Ängste, sein Gesamtverhalten unterscheide sich
in keiner Weise vom Durchschnitt eines Menschen seines Kulturkreises, seine Emotionsregulation sei regelrecht. Die von ihm
beschriebenen Ängste seien lebenstypisch und in keiner Weise krankhaft. Auch ein subjektiv bedeutsames Leiden sei nicht festzustellen.
Der Kläger arbeite weiter im Beruf des Markisenmonteurs (Arbeitgeber gewechselt). Er führe ein normales Privatleben. Die Kriterien
einer psychischen Krankheit seien weder nach dem ICD-10 und auch nicht nach dem DSM-V erfüllt. Bei dem Kläger seien Durchhaltefähigkeit,
Ausdauer und Widerstandsfähigkeit als Grundvoraussetzungen einer normalen Teilhabe aus psychischen Gründen in keiner Weise
beeinträchtigt. Auch die Kontaktfähigkeit und Gruppenfähigkeit sei rein geistig bzw. psychisch in keiner Weise eingeschränkt.
Die Beeinträchtigung bestehe lediglich aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigung am linken Arm, weswegen er wahrscheinlich
bei der Arbeit etwas mehr Pausen einlegen müsse als ein völlig gesunder Markisenmonteur. Das Gutachten des Dr. T leide schon
daran, dass dieser Behandler des Klägers gewesen sei. Nach den üblichen Kriterien für eine medizinische Begutachtung handele
es sich hierbei um eine klare Interessenskollision. Man solle als psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandler keine Gutachten
in engerem Sinne über einen Patienten erstatten. Das Gutachten enthalte auch insoweit einen Fehler, als Dr. T eine ängstlich
depressive Entwicklung nach ICD-10 mit F42.1 klassifiziere. Hierbei handele es sich nämlich um eine Zwangsstörung. An dem
Gutachten des Dr. T sei auch zu beanstanden, dass dieser keinen Beschwerdenvalidierungstest durchgeführt habe. Überraschend
sei außerdem, dass er bei dem Kläger im sogenannten DemTect einen Punktwert von 10 festgestellt habe. Bei diesem Test handele
es sich um einen Demenztest. In erster Linie werde man sich fragen, ob der Kläger dabei alles verstanden habe, da Deutsch
nicht seine Muttersprache sei. Die aktuelle Begutachtung habe belegt, dass bei dem Kläger keinerlei kognitive Störungen festzustellen
seien. Auch der Hinweis des Dr. T, Prof. Dr. T2 habe keine biographische Anamnese unter tiefenpsychologischen Gesichtspunkten
erhoben, gehe ins Leere. Denn die psychiatrische Lehrmeinung erfordere bei psychiatrischen Gutachten nicht zwingend eine biographische
Anamnese unter tiefenpsychologischen Gesichtspunkten. Er, Dr. S, habe nun aber eine biographische Anamnese erhoben. Der Auffassung
Dr. Ws, der Kläger habe durch eine leistungsstrebige und eine auf exakte Pflichterfüllung ausgerichtete Wesensart erhöhte
Verunsicherung erfahren, stimme er nicht zu. Bei der Untersuchung durch ihn sei der Kläger als "normaler Mann" erschienen,
der in jeder Hinsicht normale, normal-psychologisch verständliche Ängste im Hinblick auf seine berufliche Zukunft habe. Aktuell
sei weder eine depressive Entwicklung noch eine depressiv-ängstliche Entwicklung zu verzeichnen.
Dr. N gelangte in seinem Gutachten vom 28.02.2017 aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 14.11.2016 und unter Berücksichtigung
der Verwaltungs- und Gerichtsakten zu dem Ergebnis, dass sich beim Kläger eine erhebliche Gebrauchsminderung des linken Handgelenks
und der linken Hand finde. Diese bestehe aus einer hochgradigen Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit links und einer
verminderten Beweglichkeit des linken Daumens sowie einer deutlichen Kraftminderung und Belastungsminderung infolge Schmerzhaftigkeit.
Die unfallbedingte MdE hierfür betrage 20 v.H. Rechtsseitig befinde sich ein leichtes Karpaltunnelsyndrom bei elektroneurographisch
leicht veränderter Latenzzeit ohne klinische Relevanz und ohne Einfluss auf die MdE. Auch sei diese Veränderung als unfallunabhängig
einzustufen.
Mit Richterbrief vom 22.05.2017, der dem Klägerbevollmächtigten am 31.05.2017 zugestellt wurde, ist der Kläger darauf hingewiesen
worden, dass der Senat in Erwägung zieht, die Berufung gemäß §
153 Abs.
4 SGG durch Beschluss zurückzuweisen. In demselben Schreiben ist der Kläger auf die Aussichtslosigkeit der Fortführung des Rechtsstreits
wegen des eindeutigen Ergebnisses der Beweisaufnahme im sozialgerichtlichen Verfahren und im Berufungsverfahren und die Möglichkeit
der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten
der Beklagten verwiesen. Ihre Inhalte sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.
Demnach gibt es außer Dr. T, dessen Gutachten - wie bereits ausgeführt - nicht gefolgt werden kann, keinen einzigen Arzt,
der die geltend gemachten Ansprüche des Klägers bestätigt.