Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger bereits in der Zeit vom 01.02.2008 bis 30.04.2009 gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten war.
Der 1961 geborene Kläger leidet unter einer Leberzirrhose Stadium B. Bis einschließlich 28.02.2007 erhielt er Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der (damaligen)
Arbeitsgemeinschaft L (ARGE) und war bei der Beklagten nach §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V gegen Krankheit versichert. Nachdem die ARGE am 03.01.2007 festgestellt hatte, dass bei dem Kläger eine volle Erwerbsminderung
vorliegt, hob sie die Bewilligung von Arbeitslosengeld II mit Wirkung vom 01.03.2007 auf und meldete den Kläger zum 17.01.2007
bei der Beklagten ab (Bescheid vom 12.01.2007).
Der Kläger zeigte der Beklagten daraufhin am 16.01.2007 für die Zeit ab 01.03.2007 schriftlich seinen Beitritt zur freiwilligen
Versicherung an. Unter Vorlage einer vom Kläger unterzeichneten Vollmacht nahm die Mutter des Klägers im Rahmen einer persönlichen
Vorsprache bei der Beklagten den "Antrag auf freiwillige Versicherung ab 01.03.2007" wieder zurück. Sie teilte in diesem Zusammenhang
mit, dass sich der Kläger seit Anfang Februar in Thailand aufhalte und eine Rückkehr zur Zeit nicht geplant sei.
Nach Rückkehr am 23.05.2007 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches
des Sozialgesetzbuches (SGB XII) bei der beigeladenen Stadt L. In der Antragsbegründung gab er an, sich überwiegend in Thailand
aufzuhalten, sich jedoch aufgrund aufgetretener Gesundheitsprobleme am 23.05.2007 wieder nach L begeben zu haben. Mangels
vorhandener eigener Einkünfte könne er seinen Lebensunterhalt nicht selbst sicherstellen. Die Beigeladene bejahte einen Anspruch
auf Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 23.05.2007 und zahlte - nach Auskehrung eines Abschlages von 150,00 Euro am 08.06.2007
- entsprechende Leistungen an den Kläger aus. Nachdem der Kläger am 03.07.2007 das Bundesgebiet wieder verlassen hatte, stellte
die Beigeladene die Leistungsgewährung mit Ablauf des 31.07.2007 ein.
Am 01.02.2008 reiste der Kläger abermals in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 07.02.2008 bei der Beigeladenen
die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Beigeladene bewilligte ihm durch schriftlichen Bescheid vom 25.02.2008 für
den Monat März 2008 Hilfe zum Lebensunterhalt i.H.v. 278,00 Euro und teilte in diesem Zusammenhang mit, dass - sofern kein
Enddatum festgesetzt worden sei - die Leistungen bei gleich bleibenden Verhältnissen durch Zahlung weiter bewilligt würden.
Zuvor hatte die Beigeladene bereits am 07.02.2008 für den Monat Februar 2008 Hilfe zum Lebensunterhalt i.H.v. 278,00 Euro
an den Kläger ausgezahlt.
Am 11.02.2008 zeigte der Kläger der Beklagten an, dass er gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V pflichtversichertes Mitglied sei. Er teilte mit, dass er am 01.02.2008 aus Thailand zurückgekehrt sei und Hilfe zum Lebensunterhalt
beziehe. Die Beigeladene erklärte gegenüber der Beklagten, dass sie Beiträge "zur freiwilligen Krankenversicherung" übernehme
(Mitteilung vom 19.02.2008). Im Rahmen einer telefonischen Unterredung teilte die Beigeladene der Beklagten ferner mit, dass
der Kläger seit dem 01.02.2008 Hilfe zum Lebensunterhalt erhalte (Vermerk vom 29.04.2008). In einer Bescheinigung vom 27.06.2008
bestätigte die Beigeladene dem Kläger u.a., dass er seit dem 01.02.2008 Hilfe zum Lebensunterhalt beziehe.
Die Beklagte lehnte die Durchführung einer Pflichtversicherung ab und führte zur Begründung aus, dass der Kläger als Bezieher
von Sozialhilfe nicht der Versicherungspflicht unterliege (Bescheid vom 20.05.2008). Die Beigeladene lehnte im Folgenden die
Gewährung von Hilfe bei Krankheit mit der Begründung ab, dass der Kläger seit dem 01.02.2008 versicherungspflichtiges Mitglied
der Beklagten sei (Bescheid vom 29.05.2008). Widerspruch hiergegen legte der Kläger nicht ein. Eine Anfrage der Beklagten
vom 16.07.2008, ob sie für die Zeit ab 17.01.2007 eine freiwillige Versicherung durchführen solle, ließ der Kläger unbeantwortet.
Den gegen den Bescheid vom 20.05.2008 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück. Sie führte aus, dass der Kläger seit
seiner erneuten Einreise in das Bundesgebiet ab 01.02.2008 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des
SGB XII beziehe. §
5 Absatz
8a Satz 2
SGB V schließe jedoch die Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V für diesen Personenkreis aus. Aus der gesetzlichen Konzeption der Pflichtversicherung nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V folge eine Durchbrechung der in §
2 SGB XII niedergelegten Nachrangigkeitsgrundsätze, da die Auffangpflichtversicherung wiederum gegenüber zahlreichen anderen
Absicherungen im Krankheitsfall nachrangig sei (Widerspruchsbescheid vom 27.11.2008).
Im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (L 5 B 88/08 KR ER) haben sich die Beteiligten auf Vorschlag des Senats dahin verständigt, dass die Beklagte in der Zeit ab 15.09.2009
vorläufig bis zur Beendigung der laufenden Widerspruchsverfahrens und des sich ggf. anschließenden Klageverfahrens Versicherungsschutz
gemäß §
264 Abs.
2 SGB V zu Lasten der Beigeladenen gewährt. Die Beklagte führte den Kläger daraufhin in der Zeit ab 01.05.2009 bis 09.06.2009 - nach
ihrer Einschätzung versehentlich - als Mitglied (Bescheid vom 29.09.2009). Diesen Bescheid nahm sie durch Bescheid vom 16.11.2009
mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.
Im Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht: Der Ausschlusstatbestand sei nicht erfüllt, da er zum maßgeblichen Zeitpunkt
der Einreise am 01.02.2008 nicht Empfänger laufender Leistungen nach dem SGB XII gewesen sei. Hilfe zum Lebensunterhalt nach
dem SGB XII habe er zwar am 07.02.2008 für die Zeit ab dem 01.02.2008 beantragt, jedoch weder bewilligt noch ausgezahlt erhalten.
Es sei insoweit auf den Tag des möglichen Beginns der Mitgliedschaft nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V abzustellen, also auf den ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland. Dies sei der
01.02.2008 gewesen.
Der Kläger und die Beigeladene haben beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2008 zu verurteilen,
bei dem Kläger ab 01.02.2008 die Krankenversicherung nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V durchzuführen.
Die Beklagte haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den angefochtenen Bescheid gestützt.
Durch Urteil vom 28.04.2010 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen darauf abgestellt, dass Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V nicht eingetreten sei, weil der Kläger seit dem 01.02.2008 als Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt laufende Leistungen
nach dem Dritten Kapitel des SGB XII erhalte.
Gegen das ihm am 08.06.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.07.2010 Berufung eingelegt und an seiner erstinstanzlich
vertretenen Auffassung festgehalten.
Nachdem die Beklagte den Bescheid vom 16.11.2009 aufgehoben hat und sich der Kläger und die Beklagte außergerichtlich dahingehend
geeinigt haben, dass die Beklagte für die Zeit ab 01.05.2009 Versicherungspflicht gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V auf Dauer annimmt, macht der Kläger im Berufungsverfahren noch geltend:
Versicherungspflicht sei bereits am 01.02.2008 eingetreten. Er habe die laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt lediglich
rückwirkend ab 01.02.2008 bezogen. Bereits nach dem Wortlaut des Gesetzes könne eine rückwirkende Leistungsbewilligung nicht
den Eintritt von Versicherungspflicht hindern. Ungeachtet dessen sei die Bewilligung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt
ab 01.02.2008 auch zu Unrecht erfolgt, weil er diese Leistungen erst am 07.02.2008 beantragt habe. Dementsprechend hätte die
Beigeladene Hilfeleistungen auch erst für die Zeit ab 07.02.2008 zuerkennen dürfen.
Der Kläger und die Beigeladene beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.04.2010 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 20.05.2008 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2008 festzustellen, dass er in der Zeit vom 01.02.2008 bis 30.04.2009 versicherungspflichtiges
Mitglied der Beklagten war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass in dem noch streitigen Zeitraum Versicherungspflicht nicht eingetreten sei.
Die Beigeladene schließt sich der Rechtsauffassung des Klägers an.
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten und Beigeladenen
sowie der beigezogenen Streitakten.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers, die nach Abschluss des außergerichtlichen Vergleichs zwischen dem Kläger und der Beklagten lediglich
noch die Feststellung der Versicherungspflicht in dem Zeitraum vom 01.02.2008 bis 30.04.2009 betrifft, ist unbegründet. Das
SG hat die Klage zu Recht abgewiesen Denn der Kläger war in dem streitigen Zeitraum nicht versicherungspflichtig gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V.
Nach §
5 Abs
1 Nr.
13 SGB V sind seit dem 01.04.2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen
Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert (Buchst. a) oder bisher nicht gesetzlich
oder privat krankenversichert waren, es sei denn, sie gehören zu den in §
5 Abs.
5 SGB V genannten hauptberuflich Selbstständigen oder zu den nach §
6 Abs.
1 oder 2
SGB V versicherungsfreien Personen oder hätten bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland zu ihnen gehört (Buchst. b).
Gemäß §
5 Abs.
8a SGB V ist nach Abs.
1 Nr.
13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Abs. 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert
ist (Satz 1). Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten
Kapitel des Zwölften Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (Satz 2). Satz
2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird (Satz 3). §
186 Abs.
11 SGB V regelt den Beginn der Mitgliedschaft bei Personen, die nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V versicherungspflichtig sind. Nach Satz 1 beginnt deren Mitgliedschaft mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf
Absicherung im Krankheitsfall im Inland.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze scheidet eine Versicherungspflicht des Klägers aus, weil er in der Zeit ab 01.02.2008 Hilfe
zum Lebensunterhalt nach Maßgabe der §§ 27 ff. SGB XII bezogen hat und somit Empfänger "laufender Leistungen" nach dem Dritten
Kapitel des SGB XII war. Im Sinne des §
5 Abs.
8a Satz 2
SGB V "empfangen" werden laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt, wie sie der Kläger in dem streitigen Zeitraum erhalten
hat, in dem Zeitraum, für den sie durch Verwaltungsakt des Sozialhilfeträgers zuerkannt werden. Für den Eintritt bzw. Ausschluss
der Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V ist nicht entscheidend, ob solche Leistungen - im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt - tatsächlich erbracht, also ausgekehrt
bzw. tatsächlich bezogen werden, sondern ob sie - in diesem Zeitpunkt - beansprucht werden können. Mit der vom Sozialhilfeträger
getroffenen Bestimmung über den Beginn des Leistungsanspruchs steht gleichzeitig fest, ob Versicherungspflicht nach §
5 Abs
1 Nr.
13 SGB V eintritt oder ausgeschlossen ist. Es kommt somit nicht darauf an, wann der Träger der Sozialhilfe solche Leistungen durch
Verwaltungsakt zuerkennt oder zu welchem Zeitpunkt er sie tatsächlich erbringt und der Leistungsempfänger diese erhält (vgl.
ausführlich BSGE 107, 26 = SozR 4-2500 § 5 Nr. 12, Rdn. 17, 20 ff.).
Die Beigeladene hat zwar durch schriftlichen Bescheid vom 25.02.2008 erst für den Monat März 2008 Hilfe zum Lebensunterhalt
bewilligt und in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass - sofern kein Enddatum festgesetzt worden sei - die Leistungen bei gleich
bleibenden Verhältnissen durch Zahlung weiter bewilligt würden. Daraus kann jedoch nicht die Schlussfolgerung gezogen werden,
dass die Beigeladene erst für die Zeit ab 01.03.2008 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt durch Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bewilligt hat. Denn sie hat gegenüber der Beklagten - z.B. anlässlich der telefonischen Unterredung am 29.04.2008 sowie
schriftlich unter dem 19.02.2008 und 27.06.2008 - bestätigt, dass der Kläger seit dem 01.02.2008 Hilfe zum Lebensunterhalt
beziehe. Dies hat sie auch in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt. In dem Erstbericht und der Leitverfügung vom
12.02.2008 wie auch in weiteren Protokollen hat die Beigeladene dementsprechend vermerkt, dass ein Anspruch auf Hilfe zum
Lebensunterhalt ab 01.02.2008 bestehe. Bereits durch die tatsächliche Auszahlung der Hilfe zum Lebensunterhalt an den Kläger
anlässlich der Antragstellung am 07.02.2008 hat die Beigeladene - wie bei sog. "Schalterakten" - ihren Regelungswillen gegenüber
dem Kläger dahingehend zum Ausdruck gebracht, dass sie einen Leistungsanspruch bereits ab 01.02.2008 annimmt. Dies hat die
Beigeladene vor allem durch die ungeminderte - den gesamten Monat Februar 2008 betreffende - Auszahlung des damaligen Regelsatzes
von 278,00 Euro nach der Regelbedarfsstufe 3 der Anlage zu § 28 SGB XII (der Kläger führte keinen eigenen Haushalt) deutlich
gemacht.
Entgegen der vom Kläger und der Beigeladenen vertretenen Auffassung kommt es nicht darauf an, ob er möglicherweise erst ab
dem Zeitpunkt der Antragstellung am 07.02.2008 Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt hatte (§ 18 Abs. 1 SGB XII - Kenntnisgrundsatz).
Denn sowohl andere Verwaltungsträger als auch die Gerichte sind - wie etwa bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld II und
die sich daraus ergebende Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V (BSG SozR 4-2500 §
9 Nr.
3, juris Rdn. 11) - an den Bewilligungsbescheid im Sinne einer Tatbestandswirkung gebunden. Das bedeutet, dass sowohl die Gerichte
der Sozialgerichtsbarkeit als auch andere Sozialleistungsträger im Rechtsstreit die Tatsache hinzunehmen haben, dass ein Verwaltungsakt
über die Bewilligung einer Sozialleistung erlassen wurde. Sie haben seinen Inhalt als gegeben zugrundezulegen und in diesem
Sinne den Verwaltungsakt zu beachten, selbst wenn er rechtswidrig sein sollte, es sei denn, er ist nichtig (BSG SozR 4-2500
§ 9 Nr. 3, juris Rdn. 11).
Die Begründung von Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beigeladene gegenüber dem Kläger durch Bescheid vom 28.05.2008 die Gewährung von
Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII bestandskräftig abgelehnt hat. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Empfänger laufender
Hilfe zum Lebensunterhalt gegen den Träger der Sozialhilfe gemäß §
48 Satz 2 SGB XII i.V.m. §
264 Abs.
2 SGB V Anspruch auf Krankenhilfe haben (BSG SozR 4-2500 §
5 Nr.
10, Rdn. 16). Obwohl noch nicht abschließend geklärt ist, wie die Frage nach dem Eintritt von Versicherungspflicht im Fall des
Empfangs der in §
5 Abs.
8a Satz 2
SGB V genannten laufenden Leistungen ohne korrespondierenden Anspruch auf Hilfe bei Krankheit bzw. ohne die Übernahme von Krankenbehandlung
nach §
264 Abs.
2 SGB V zu beantworten ist (vgl. BSGE 107, 26 = SozR 4-2500 § 5 Nr. 12, Rdn. 28), konnte hier der Ablehnungsbescheid vom 29.05.2008 letztlich nicht zum Eintritt von Versicherungspflicht
führen. Bei anderer Betrachtungsweise hätte es ein Sozialhilfeträger in der Hand, trotz Empfangs laufender Hilfe zum Lebensunterhalt
durch schlichte Ablehnung von Hilfe zur Krankheit die Begründung von Versicherungspflicht durch eigenes Handeln zu steuern
und hierdurch das gesetzliche Regelungskonzept zu umgehen. Derartige Steuerungsmöglichkeiten sollen nach der Rechtsprechung
des BSG jedoch gerade vermieden werden (BSGE 107, 26 = SozR 4-2500 § 5 Nr. 12, Rdn. 24).
Abgesehen davon hat die Beigeladene ersichtlich nur Krankenhilfe nach § 48 Satz 1 SGB XII (bestandskräftig) abgelehnt, nicht
aber Krankenbehandlung nach §
264 Abs.
2 Satz 1
SGB V, die keine Leistung nach dem SGB XII darstellt (BSG SozR 4-1300 § 44 Nr. 22, Rdn. 19) und für die die Beigeladene keine Regelungszuständigkeit
hatte. Nach §
264 Abs.
2 Satz 1
SGB V sind Krankenkassen selber verpflichtet, Empfängern von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt Leistungen der GKV zu gewähren.
Hilfeempfänger sind damit leistungsrechtlich, jedoch nicht mitgliedschaftsrechtlich mit Versicherten der GKV gleichgestellt
(Pfohl in: Becker/Kingreen,
SGB V, 2. Aufl. 2011, §
264, Rdn. 4 m.w.N.). Leistungsansprüche gegen den Sozialhilfeträger bestehen nicht (vgl. Böttiger in: Krauskopf, §
264 SGB V, Rdn. 43 ff. m.w.N.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hatte der Kläger dem Grunde nach einen mit seinem Leistungsbezug korrespondierenden Anspruch
auf Leistungen der GKV ab 01.02.2008. Angesichts des Umstandes, dass es sich bei Krankenbehandlung gemäß §
264 Abs.
2 Satz 1
SGB V nicht um einen sozialhilferechtlichen Anspruch handelt, kann nicht dahin argumentiert werden, dass Krankenhilfe aufgrund
des Kenntnisgrundsatzes (§ 18 SGB XII) erst ab Antragstellung am 07.02.2008 hätte geleistet werden dürfen, der Kläger somit
trotz laufenden Sozialhilfebezuges jedenfalls in der Zeit ab 01.02.2008 bis 06.02.2008 ohne korrespondierenden Anspruch auf
Absicherung im Krankheitsfall gewesen und diese "Lücke" durch Annahme einer Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V zu schließen ist (a.A. für Konstellationen der vorliegenden Art wohl LSG NRW, Beschluss v. 15.03.2011 - L 20 SO 7/11 B ER.
juris Rdn. 43; 46 ff.).
Der Kläger hat schließlich nicht mit Wirkung vom 01.03.2007 eine die Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V ausschließende (vgl. §
5 Abs.
8a Satz 1
SGB V) freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten begründet. Die Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V endete entgegen der Ansicht der Beklagten nicht bereits im Januar 2007, sondern erst mit Ablauf des 28.02.2007, nachdem die
ARGE den Arbeitslosengeld II-Bewilligungsbescheid erst zu diesem Zeitpunkt aufgehoben hatte, wobei jedoch die Zeit seit der
Feststellung der Erwerbsminderung vom 03.01.2007 bis zum 28.02.2007 gemäß §
9 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 HS 2
SGB V nicht bei der Ermittlung der Vorversicherungszeit zu berücksichtigen ist. Bereits am 16.01.2007 hat der Kläger schriftlich
(§
188 Abs.
3 SGB V) seinen Beitritt angezeigt. Die Mutter des Klägers hat jedoch die Anzeige unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht des
Klägers wieder "zurückgenommen". Wenngleich es sich bei der Beitrittsanzeige um eine einseitige öffentlich-rechtliche Willenserklärung,
die mit dem Zugang bei der gewählten Krankenkasse wirksam wird (Baier in: Krauskopf, §
9 SGB V, Rdn. 29), handelt, ist zu berücksichtigen, dass eine Rücknahme oder ein Widerruf der Anzeige erst dann nicht mehr möglich
ist, wenn die Krankenkasse (bestandskräftig) über den Beitritt entschieden hat (Gerlach in: Hauck/Haines,
SGB V, §
9 Rdn. 84; Wollschläger in: Wannagat,
SGB V, §
9, Rdn. 22). Die Beklagte hat eine (positive) Entscheidung über die Begründung einer freiwilligen Mitgliedschaft bis zum Zeitpunkt
der "Rücknahme" der Beitrittsanzeige durch die bevollmächtigte Mutter des Klägers nicht getroffen, so dass der Senat bei dem
hier gegebenen Sachverhalt davon ausgeht, dass die "Rücknahme" der Beitrittsanzeige wirksam erklärt wurde und nicht in die
Kündigung einer bereits bestehenden Mitgliedschaft umgedeutet werden muss.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG).