Höhere Erstattung von Kosten für Tätigwerden im Widerspruchsverfahren
Gesetzlicher Betreuer im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren
Keine Kürzung der Geschäftsgebühr
Personenidentität
Tatbestand
Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht eine höhere Erstattung von Kosten für ihr Tätigwerden im Widerspruchsverfahren
nach § 63 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X).
Die Klägerin ist Rechtsanwältin und mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) P vom 17.09.2013 zur vorläufigen gesetzlichen Betreuerin
für Frau M bestellt worden, die zunächst in P lebte. Frau M zog am 22.09.2013 in das Frauenhaus der Arbeiterwohlfahrt in C
ein, woraufhin die Klägerin am 24.09.2013 die Übernahme der hierdurch entstehenden Kosten bei der Beklagten beantragte. In
diesem Schreiben wies die Klägerin darauf hin, dass sie durch das AG P zur gesetzlichen Betreuerin für Frau M u.a. mit dem
Aufgabenkreis der Wahrnehmung von Vermögensangelegenheiten und Behördenangelegenheiten bestellt worden sei. Ferner reichte
sie die Bestellungsurkunde ein.
Die Beklagte übernahm mit Bescheid vom 11.12.2013 zwar die Kosten für die Unterbringung im Frauenhaus, nicht jedoch die Kosten
für die bisherige Wohnung in P.
Die Klägerin legte hiergegen mit Schreiben vom 16.12.2013 auch in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin Widerspruch ein. Diesen
begründete sie damit, dass auch die Unterkunftskosten für die Wohnung in P zu übernehmen seien. Frau M habe ihre Wohnung nur
vorübergehend verlassen und sei nach einiger Zeit wieder dorthin zurückgekehrt. Die Überschneidungskosten seien unvermeidbar
gewesen, so dass ausnahmsweise doppelte Unterkunftskosten zu übernehmen seien.
Die Beklagte half dem Widerspruch der Frau M mit Bescheid vom 08.01.2014 dergestalt ab, dass sie für den Monat Oktober 2013
auch die Miete für die Wohnung in P übernahm.
Die Klägerin reichte am 03.02.2014 ihre Kostenrechnung für das o.a. Widerspruchsverfahren bei der Beklagten ein und beantragte
Kostenerstattung in Höhe von insgesamt 309,40 EUR. Dabei machte sie eine Geschäftsgebühr in Höhe von 240,00 EUR geltend. Zuvor
ließ sie sich den Kostenfestsetzungsanspruch von Frau M mündlich abtreten.
Die Beklagte setzte die Kosten für das Widerspruchsverfahren mit Bescheid vom 27.02.2014 auf insgesamt 202,30 EUR fest. Dabei
ging sie von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 300,00 EUR aus. Darauf sei nach der Vorbemerkung 2.3 des Vergütungsverzeichnisses
zum RVG (VV RVG) die aufgrund der vorangegangenen Tätigkeit im Verwaltungsverfahren entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte anzurechnen. Es
verbleibe daher für das Widerspruchsverfahren noch eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG in Höhe von 150,00 EUR; zuzüglich der Nebenkosten (Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR und 19% MwSt.: 32,30 EUR) ergebe sich der festgesetzte Gesamtbetrag von 202,30 EUR.
Die Klägerin legte hiergegen am 25.03.2014 Widerspruch ein und begründete ihn damit, dass sie im Rahmen der Antragstellung
als Betreuerin für Frau M tätig geworden sei. Erst im nachfolgenden Widerspruchsverfahren sei sie erstmalig anwaltlich tätig
geworden. Es sei daher für das Antragsverfahren keine Geschäftsgebühr nach dem RVG entstanden, die auf die Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren angerechnet werden könne. Sie bitte daher um Überweisung
des fehlenden Betrages von 150,00 EUR zzgl. 19% Mehrwertsteuer i.H.v. 28,50 EUR, also insgesamt 178,50 EUR.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie
aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer Tätigkeit als Betreuerin bereits vor der Widerspruchserhebung mit dem Sachverhalt vertraut
gewesen sei. Diese Vertrautheit mit dem Sachverhalt habe ihr die Bearbeitung des Widerspruchsverfahrens erleichtert, so dass
hier eine Anrechnung der Geschäftsgebühr gerechtfertigt sei.
Die Klägerin hat hiergegen am 11.04.2014 Klage bei dem Sozialgericht Detmold erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass eine
Anrechnung von im Verwaltungsverfahren entstandenen Gebühren auf die Gebühren des Widerspruchsverfahrens nicht zulässig sei.
Sie habe den Antrag auf Kostenübernahme für das Frauenhaus nicht als Anwältin, sondern als Betreuerin für Frau M gestellt.
Dementsprechend seien im Antragsverfahren gar keine Rechtsanwaltsgebühren entstanden, die im Widerspruchsverfahren hätten
angerechnet werden könnten.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 27.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
für das Widerspruchsverfahren weitere Kosten in Höhe von 178,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Die Klägerin sei bereits im Antragsverfahren für Frau
M tätig geworden, so dass es hier gerechtfertigt sei, die im Verwaltungsverfahren entstandenen Gebühren zur Hälfte auf die
Gebühren des Widerspruchsverfahrens anzurechnen.
Mit Urteil vom 05.07.2016, das im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das Sozialgericht
die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
Die zulässige Klage sei unbegründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten sei rechtmäßig, da die nach Abtretung des Anspruchs
aus § 63 SGB X aktivlegitimierte Klägerin keinen Anspruch auf Festsetzung höherer Kosten für das Widerspruchsverfahren habe. Nach Nr. 2302
des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) in der hier anwendbaren, ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung betrage die Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten,
in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), 50,00 bis 640,00 EUR. Eine Gebühr von mehr als 300,00 EUR könne nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder
schwierig gewesen sei. Diese Voraussetzungen lägen im vorliegenden Verfahren nicht vor, sodass maximal die sog. Schwellengebühr
in Höhe von 300,00 EUR festgesetzt werden könne.
Auf diese Schwellengebühr sei jedoch aufgrund des Tätigwerdens der Klägerin im Antragsverfahren die insoweit entstandene Geschäftsgebühr
zur Hälfte anzurechnen, so dass für das Widerspruchsverfahren lediglich eine Gebühr in Höhe von 150,00 EUR verbleibe. Dies
ergebe sich aus der Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 zum Abschnitt 3 VV RVG. Danach werde eine Geschäftsgebühr, die wegen desselben Gegenstandes für eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren entstanden
sei, zur Hälfte auf eine Geschäftsgebühr für eine Tätigkeit im weiteren Verwaltungsverfahren, das der Nachprüfung des Verwaltungsaktes
diene, angerechnet. Diese Voraussetzungen lägen nach Auffassung der Kammer vor, denn die Klägerin sei schon im Antragsverfahren
für Frau M tätig geworden. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass sie zugleich Betreuerin der Frau M gewesen sei und den
Antrag in dieser Funktion gestellt haben wolle. Dann hätte sie auch den Widerspruch für Frau M als Betreuerin einlegen müssen
mit der Folge, dass überhaupt keine Kosten für das Widerspruchsverfahren zu erstatten gewesen wären. Die Klägerin könne sich
nach Auffassung der Kammer nicht die jeweilige Funktion aussuchen, in der sie auftrete, um dadurch ihre Gebühren zu optimieren.
Nach dem Sinn und Zweck der Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 zum Abschnitt 3 VV RVG sei eine Anrechnung der Gebühr auf die Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren jedenfalls gerechtfertigt, denn dieser
bestehe darin, die Arbeitserleichterung, die bei einer Vorbefassung mit der Angelegenheit eintrete, bei der Gebührenfestsetzung
entsprechend zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung, wonach der durch die vorangegangene Tätigkeit
gesparte Aufwand ausschließlich durch die nunmehr vorgeschriebene Anrechnung berücksichtigt werden solle und nicht nochmals
bei der konkreten Bestimmung der Gebühr für das nachfolgende Verfahren. Die Arbeitserleichterung aufgrund der Vorbefassung
läge im vorliegenden Verfahren auf der Hand und werde auch von der Klägerin nicht bestritten.
Gegen dieses ihr am 18.07.2016 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 02.08.2016 eingelegten und von dem Sozialgericht
zugelassenen Berufung, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet:
Entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts sei in ihrem Fall die Anrechnung einer vorangegangenen Tätigkeit im Verwaltungsverfahren
auf die Geschäftsgebühr im Anschluss an das Urteil des HessLSG vom 25.07.2012 - L 4 SO 296/11 - nicht zulässig. Sie habe für
Frau M dem Sozialhilfeantrag, wie bei allen Betreuten, natürlich in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Betreuerin gestellt.
Dass ein solch einfacher Antrag durch einen Rechtsanwalt gestellt werde, sei vollkommen unüblich. Allerdings sei es durchaus
üblich, dass für die Einlegung eines Widerspruchs ein Rechtsanwalt bemüht werde. Hier handele es sich um eine typische anwaltliche
Tätigkeit, die nach RVG abzurechnen sei. Denn ein anwaltlich Betreuter solle nicht bessergestellt sein als ein nicht anwaltlich Betreuter. Auch ein
ehrenamtlicher Betreuer oder ein Vereinsbetreuer stelle zunächst den Sozialhilfeantrag selbst und beauftrage einen Anwalt
mit der Prüfung des ablehnenden Bescheides und ggfs. Durchführung des Widerspruchs- und Klageverfahrens für seinen Betreuten,
weil er sich rechtlich nicht auskenne. Dass hier die jeweilige Funktion ausgesucht werde, um Gebühren zu optimieren, sei noch
nicht einmal von der Gegenseite vorgetragen worden und werde bestritten.
Die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene Klägerin beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 05.07.2016 abzuändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 27.02.2014
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2014 zu verurteilen, für das Widerspruchsverfahren weitere Kosten in Höhe
von 178,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Synergieeffekte aus der vorangegangenen Tätigkeit im Rahmen der Antragstellung
rechtfertigten eine Anrechnung auf die Geschäftsgebühr. Ein Anwalt, der sich erst im Rahmen des Widerspruchsverfahrens in
den Sachverhalt einarbeiten müsse, habe einen höheren Arbeitsaufwand. Auch wenn die Prozessbevollmächtigte den Antrag in ihrer
Funktion als Betreuerin gestellt haben will, sei sie bei Einlegung des Widerspruchs bereits mit dem Sachverhalt vertraut gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten
Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte den Rechtsstreit auch in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden, weil sie in der ihr zugestellten
Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (s. §
110 Abs.
1 Satz 2 des
Sozialgerichtsgesetzes -
SGG).
Die zulässige, insbesondere nach Zulassung durch das Sozialgericht statthafte und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin
gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold ist überwiegend begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen,
soweit die Klägerin von der Beklagten die Erstattung weiterer Kosten in Höhe von 178,50 EUR begehrt. Denn die Klage ist insoweit
begründet (unter 1.), im Übrigen - was den Zinsanspruch anbelangt - unbegründet (unter 2.).
1.) Der Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten vom 27.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2014 ist
rechtswidrig und beschwert die Klägerin insoweit i.S.d. §
54 Abs.
2 SGG, als sie der Klägerin die Erstattung weiterer Kosten von 178,50 EUR verweigert hat. Sie kann von der Beklagten insbesondere
eine ungekürzte Geschäftsgebühr in Höhe von 300,00 EUR beanspruchen. Für eine Kürzung dieser Gebühr um die Hälfte fehlt es
in der vorliegenden Fallkonstellation an einer Rechtsgrundlage.
a) Dem Anspruch der nach Abtretung durch die eigentliche Anspruchsinhaberin Frau M aktivlegitimierten Klägerin auf Erstattung
ihrer Aufwendungen gemäß § 63 SGB X, dessen Umfang sich nach Maßgabe der §§ 3, 14, § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. der Anlage 1 (zu § 2 Abs. 2) RVG (VV RVG) bemisst, steht nicht entgegen, dass die Klägerin in offensichtlicher Verkennung des anwendbaren Rechts in ihrem Schreiben
vom 31.01.2014 noch die bis 31.07.2013 geltende, "alte" Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG in Form der Schwellengebühr von 240,00 EUR geltend gemacht hat. Zum einen ist die Beklagte in ihrem Kostenfestsetzungsbescheid
vom 27.02.2014 selbst von der seit dem 01.08.2013 geltenden Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV RVG in Höhe der sog. Schwellengebühr (300,00 EUR) ausgegangen. Zum anderen hat die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 25.03.2014
den ihrer Auffassung nach zu beanspruchenden Betrag von weiteren 150,00 EUR zzgl. 19% Mehrwertsteuer, also insgesamt weitere
178,50 EUR, geltend gemacht und diesen Anspruch im Klageverfahren weiterverfolgt. Sie hat folglich nicht nur die ursprünglich
beantragten 309,40 EUR, sondern insgesamt 380,08 EUR geltend gemacht (Geschäftsgebühr: 300,00 EUR +Auslagenpauschale: 20,00
EUR + MwSt.: 60,08 EUR = 380,80 EUR).
b) Die Beklagte hat zu Unrecht im Rahmen des dem Grunde nach bestehenden Kostenerstattungsanspruchs den nach Maßgabe der §§
3, 14, § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. der Anlage 1 (zu § 2 Abs. 2) RVG (VV RVG) zu bestimmenden Umfang der zu erstattenden Aufwendungen lediglich auf insgesamt 202,30 EUR festgesetzt. Sie hat dabei insbesondere
rechtswidrig - ausgehend von der hier maßgebenden und zwischen den Beteiligten insoweit unstreitigen sog. Schwellengebühr
von 300,00 EUR - eine um die Hälfte verminderte Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG i.V.m. der Vorbemerkung 2.3. Abs. 4 zum Abschnitt 3 VV RVG, also 150,00 EUR, zu Grunde gelegt. Danach gilt: Soweit wegen desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr für eine Tätigkeit
im Verwaltungsverfahren entstanden ist, wird diese Gebühr zur Hälfte auf eine Geschäftsgebühr für eine Tätigkeit im weiteren
Verwaltungsverfahren, das der Nachprüfung des Verwaltungsakts dient, angerechnet.
Zwar war die Klägerin sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im anschließenden Widerspruchsverfahren betreffend die Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts für Frau M während ihres Aufenthalts im Frauenhaus in C einschließlich der Kosten der Unterkunft
zur Sicherung ihrer Wohnung in P tätig und insoweit mit dem identischen Verfahrensgegenstand befasst. Der Kürzung der Geschäftsgebühr
Nr. 2302 VV RVG um die Hälfte steht jedoch entgegen, dass die Klägerin mit der ursprünglichen Beantragung von Sozialhilfeleistungen keine
anwaltliche Tätigkeit i.S.d. § 1 Abs. 1 RVG, sondern eine solche im Rahmen der gesetzlichen Betreuung ausgeübt hat. Im Anschluss an die Ausführungen des HessLSG (Urt.
v. 25.07.2012 - L 4 SO 296/11 -, [...] Rn. 40 ff.) steht einer Berücksichtigung dieser Tätigkeit des Rechtsanwalts in seiner
Funktion als gesetzlicher Betreuer im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren bereits § 1 Abs. 2 Satz 2 RVG entgegen, wonach das RVG u.a. nicht für eine Tätigkeit als Betreuer gilt. Damit kann unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik mit der Tätigkeit
im (vorausgegangenen) Verwaltungsverfahren alleine die anwaltliche Tätigkeit gemeint sein (HessLSG, Urt. v. 25.07.2012 - L
4 SO 296/11 -, [...] Rn. 41). Auch kommt es auf die konkreten Unterschiede zwischen der Tätigkeit eines Betreuers und eines
Rechtsanwalts und die Frage, ob sich bei Personenidentität von Rechtsanwalt im Vorverfahren und Betreuer im vorausgegangenen
Verwaltungsverfahren tatsächlich Synergieeffekte ergeben, unter Berücksichtigung der typisierenden Regelung der Vorbemerkung
2.3. Abs. 4 zum Abschnitt 3 VV RVG nicht an (s. HessLSG, Urt. v. 25.07.2012 - L 4 SO 296/11 -, [...] Rn. 42 zu Nr. 2401 VV RVG a.F.). Diese strikt formalisierte Trennung zwischen der Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers einerseits und eines Rechtsanwalts
andererseits gibt das Gesetz folglich auch bei Personenidentität vor. Da Bezugspunkt für die Gebührenfestsetzung gemäß § 14 RVG eben allein die anwaltliche Tätigkeit ist (vgl. BSG, Urt. v. 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R -, [...] Rn. 29), kann etwa auch der auf die Betreuertätigkeit entfallende Aufwand nicht gebührensteigernd berücksichtigt
werden (Senat, Beschl. v. 09.03.2017 - L 9 SO 625/16 B -, [...] Rn. 7). Umgekehrt kann dann die erstmalige Tätigkeit als Rechtsanwalt
im Vorverfahren nicht zu einer hälftigen Kürzung der Geschäftsgebühr führen, wenn der Rechtsanwalt (ausschließlich) als gesetzlicher
Betreuer im Verwaltungsausgangsverfahren tätig gewesen ist.
2.) Die Klage ist jedoch unbegründet, soweit die Klägerin einen Zinsanspruch geltend macht. Denn es fehlt hierfür an einer
Rechtsgrundlage. So verweist (auch nur) bei der PKH-Kostenfestsetzung § 55 Abs. 5 Satz 1 RVG lediglich auf §
104 Abs.
2 ZPO, nicht aber §
104 Abs.
1 ZPO, der den Zinsanspruch enthält (vgl. nur BayLSG, Beschl. v. 08.05.2013 - L 15 SF 104/12 B -, [...] Rn. 22). Auch ist eine entsprechende Anwendung des §
104 Abs.
1 Satz 2
ZPO über §
202 SGG wegen der insoweit grundsätzlichen Unterschiede beider Verfahrensarten ausgeschlossen (HessLSG, Urt. v. 25.07.2012 - L 4
SO 296/11 -, [...] Rn. 43 m.w.N.).
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG und berücksichtigt das Obsiegen der Klägerin hinsichtlich des Hauptanspruchs. Von einer Kostenteilung im Umfang des Unterliegens
bezogen auf den Zinsanspruch als Nebenforderung hat der Senat nach dem Rechtsgedanken des §
92 Abs.
2 Nr.
1 ZPO abgesehen.
4.) Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG) bestehen nicht.