Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren nur noch darüber, ob die Beklagte oder das Gericht verpflichtet ist, festzustellen,
dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das dem weitgehend erfolgreichen Klageverfahren vorausgegangene Vorverfahren
notwendig war.
Die am 00.00.1947 geborene Klägerin beantragte am 06.04.2010 die Gewährung von Sozialhilfe bei der Beklagten. Die Beklagte
forderte die Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 06.04.2010 und vom 21.04.2010 auf, vollständig ausgefüllte Antragsformulare
sowie weitere Unterlagen bei ihr einzureichen, wobei sie im Schreiben vom 21.04.2010 nach einem Hinweis auf die §§
60 ff. Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) ankündigte, die Versagung der beantragten Leistung zu prüfen, wenn die angeforderten Unterlagen nicht bis zum 12.05.2010
bei ihr eingingen. Nach fruchtlosem Fristablauf versagte sie sodann mit Bescheid vom 17.05.2010 die Gewährung von Grundsicherungsleistungen
nach § 41 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) wegen unterbliebener Mitwirkung.
Mit Schreiben vom 31.12.2010 stellte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten einen "wiederholenden" Antrag auf Leistungen
nach dem SGB XII beim Sozialamt der Stadt T, der an die Beklagte weitergeleitet wurde. Diese übersandte dem Prozessbevollmächtigten
daraufhin mit Schreiben vom 14.01.2011 eine Kopie des Bescheides vom 17.05.2010.
Am 17.01.2011 legte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten gegen den Bescheid vom 17.05.2010 Widerspruch ein und
trug vor, sie habe weder den Bescheid vom 17.05.2010 noch die Mitwirkungsschreiben vom 06.04.2010 und vom 21.04.2010 erhalten.
Die Klägerin beantragte außerdem, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Personen wies der S-Kreis als Widerspruchsbehörde den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid
vom 16.02.2011 zurück und stellte fest, dass die Kosten des Verfahrens, die für das Verwaltungskosten nicht erhoben würden,
zu Lasten der Klägerin gingen. Zur Begründung führte er aus, der Widerspruch sei mangels fristgerechter Einlegung unzulässig.
Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten durch Empfangsbekenntnis am 09.03.2011 zugestellt.
Die Klägerin hat am 31.03.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Sie hat ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vorgetragen, es könne weder nach § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) noch aufgrund eines Anscheinsbeweises angenommen werden, dass sie den Bescheid vom 17.05.2010 und die Mitwirkungsschreiben
aus April 2010 erhalten habe. Sie hat zudem die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach § 63 Abs. 3 Satz 2 SGB X verpflichtet, die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für das Vorverfahren festzustellen. Insoweit sei die
Verpflichtungsklage die richtige Klageart, wobei das SG den Klageantrag nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung umzustellen habe, wenn es der Meinung sei, dass eine Feststellungsklage
insoweit einschlägig sei. Für die Verpflichtungsklage bestehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis, da ohne eine entsprechende Feststellung
der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für das Vorverfahren eine Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren
nicht möglich sei. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren sei hier, wie im Regelfall, notwendig gewesen.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
1. den Bescheid vom 17.05.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.02.2011 aufzuheben.
2. die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren notwendig
war.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 02.09.2011, das im Einverständnis der Beteiligte ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das SG den Bescheid vom 17.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.02.2011 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat es der Beklagten zu zwei Dritteln auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt,
die gegen den Bescheid vom 17.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.02.2011 gerichtete Anfechtungsklage
sei begründet. Die Beklagte habe den Widerspruch zu Unrecht als verfristet zurückgewiesen, da ein Zugang des Bescheids vom
17.05.2010 vor Januar 2011 nicht bewiesen sei. Der Bescheid vom 17.05.2010 sei unabhängig davon, ob die Klägerin die Mitwirkungsschreiben
von April 2010 erhalten habe, rechtswidrig, weil er keine Ermessenserwägungen enthalte. Soweit die Klägerin mit ihrer Klage
die Feststellung begehre, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren notwendig gewesen sei, sei die Klage unzulässig.
Gemäß §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG habe das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Zu
den außergerichtlichen Kosten, über die dem Grunde nach zu entscheiden sei, gehörten dabei auch die Kosten des Vorverfahrens
(Verweis auf Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Rn. 5a zu §
193 SGG). Über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren sei hingegen nicht in der Kostengrundentscheidung
im Urteil, sondern im Kostenfestsetzungsverfahren nach §
197 SGG durch den Urkundsbeamten zu entscheiden (Verweis auf Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Rn. 5b zu §
193 SGG).
Gegen dieses Urteil hat nur die Klägerin am 12.09.2011 Berufung eingelegt. Sie meint, das SG habe ihren Antrag zu 2.), den sie mit der Berufung weiterverfolge, zu Unrecht verworfen. Nach § 63 Abs. 3 Satz 2 SGB X sei de lege lata bereits im Vorverfahren eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten
zu treffen. Die funktionelle und sachliche Zuständigkeit für diese Entscheidung liege bei der Beklagten, und nicht beim Gericht
oder beim Kostenfestsetzungsbeamten. Dies habe das SG bei der materiell-rechtlichen Würdigung und auch bei der Kostenquotelung missachtet. Ohne die begehrte Entscheidung der Beklagten
fehlten die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung der Kosten für das Vorverfahren. Das SG hätte zudem nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz den Klageantrag umdeuten und auf eine Klageabweisung im Übrigen verzichten
müssen, wenn es der Ansicht gewesen sei, dass sich das mit dem Antrag zu 2.) gewollte Ergebnis inhaltlich aus seiner Kostengrundentscheidung
ergebe. Die Auffassung des SG sei jedoch weder mit § 63 Abs. 3 Satz 2 SGB X noch mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Einklang zu bringen. Im Verwaltungsprozess sei die Entscheidung
über die Zuziehung eines Bevollmächtigten gemäß §
162 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) eine durch gesonderten richterlichen Ausspruch zu treffende kostenrechtliche Nebenentscheidung und kein Bestandteil der
Kostengrundentscheidung. Da für den vorliegenden Rechtsstreit keine Gerichtskosten zu erheben seien, sei §
162 VwGO zudem nicht anwendbar, so dass die Entscheidungskompetenz nicht nach dieser Vorschrift auf das SG übergegangen sei, sondern gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 SGB X bei der Beklagten liege. Das SG habe zudem das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt und eine falsche Kostengrundentscheidung getroffen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 02.09.2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen festzustellen, dass die Hinzuziehung
eines Rechtsanwalts für das Vorverfahren notwendig war.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Mit Schreiben vom 29.03.2012 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass nach einer Vorberatung im Senat im Hinblick
auf §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 Abs.
4 SGG Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 05.04.2012 mitgeteilt,
dass sie die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Beklagte
als Ausgangsbehörde begehre. Es handele sich nicht um einen Angriff gegen die Kostengrundentscheidung, der allein nach §
144 Abs.
4 SGG ausgeschlossen sei. Mit Schriftsatz vom 26.04.2012 hat sie vorsorglich klargestellt, dass der Berufungsschriftsatz gegebenenfalls
in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten sei. Der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu. So verlange das Landessozialgericht
Nordrhein-Westfalen (Az.: L 19 AS 1538/11 B) im Tenor der Kostenentscheidung eine ausdrückliche Entscheidung über die "Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren
als notwendig". Hilfsweise beantragt die Klägerin,
den Urteilstenor der Entscheidung des SG dahingehend zu berichtigen, dass die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren in diesen aufgenommen
wird.
Zur Begründung dieses Antrags führt sie aus, es handele sich insoweit im Tenor des Urteils des SG um eine absichtliche Auslassung des begehrten Ausspruchs, der materiellrechtlich vom SG gleichwohl bejaht worden sei. Für die Berichtigung des Tenors der sozialgerichtlichen Entscheidung sei auch ein mit der Sache
betrautes Rechtsmittelgericht zuständig. Für den Fall, dass sich das LSG NRW gleichwohl für unzuständig halte, werde die Abgabe
der Sache an das SG beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die Prozessakte und die beigezogene Verwaltungsakte
des Beklagten Bezug. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat durfte trotz der Abwesenheit der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil diese in den ihnen
zugestellten Ladungen auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind. Ein Vertagungsantrag ist nicht gestellt worden.
I. Die Berufung ist aus mehreren Gründen unzulässig. Dies gilt unabhängig davon, ob die Klägerin ihr ursprüngliches und mehrfach
hervorgehobenes Begehren, die Beklagte gestützt auf § 63 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu verpflichten, die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für das dem Klageverfahren vorausgegangene und mit
dem Widerspruchsbescheid vom 16.02.2011 abgeschlossene Vorverfahren festzustellen, aufrecht erhalten hat, oder nach ihren
Ausführungen im Schriftsatz vom 26.04.2012 nunmehr zumindest hilfsweise eine entsprechende Feststellung unmittelbar durch
das Gericht begehrt, obwohl sie dem SG zuvor ausdrücklich die Kompetenz für eine solche Feststellung abgesprochen hat. Der Senat braucht dementsprechend auch nicht
entscheiden, ob das Begehren nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung deshalb in dem zuletzt genannten Sinne auszulegen ist,
weil die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter offensichtlich übersehen haben, dass die zur Begründung des ursprünglichen
Begehrens herangezogene Vorschrift des § 63 Abs. 3 Satz 2 SGB X nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur für ein sogenanntes isoliertes Vorverfahren gilt, das heißt für ein
Vorverfahren, dem kein Klageverfahren nachfolgt (vgl. BSG, Urt. v. 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R -, juris Rn. 20 f. m.w.N.).
1. Die Berufung ist zum Einen nach §
144 Abs.
4 SGG unzulässig. Nach dieser Vorschrift ist die Berufung ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt, wobei
mit "Verfahren" der laufende Rechtsstreit, d.h. das Gerichtsverfahren, gemeint ist (vgl. BSG, Urt. v. 29.01.1998 - B 12 KR
18/97 -, juris Rn. 14 m.w.N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl. 2012, §
144 Rn. 48).
a) Das im Berufungsverfahren verfolgte Begehren betrifft allein die Kosten des Verfahrens in diesem Sinne. Es ist seit Langem
höchstrichterlich geklärt, dass zu den Kosten des Verfahrens, über deren Erstattung das Gericht nach §
193 Abs.
1 SGG zu befinden hat, die gesamten (außergerichtlichen) Kosten des Rechtsstreits und daher nach §
193 Abs.
2 SGG auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen für ein dem Gerichtsverfahren
vorausgegangenes Vorverfahren, wie es hier vorliegt, gehören (vgl. BSG, Urt. v. 24.08.1976 - 12/1 RA 105/75 -, juris Rn. 7 ff.; Urt. v. 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R -, juris Rn. 21 m.w.N.). Die von der Klägerin begehrte Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten
für das Vorverfahren zielt allein darauf ab, dass die durch die Vertretung der Klägerin im Widerspruchsverfahren entstandenen
Rechtsanwaltskosten von der Beklagten übernommen werden. Dies ergibt sich daraus, dass ihr Prozessbevollmächtigter fortlaufend
die Auffassung vertritt, ohne eine entsprechende Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts
für das Vorverfahren sei eine Erstattung der im Vorverfahren entstanden Kosten nicht möglich.
b) §
144 Abs.
4 SGG steht der Zulässigkeit der Berufung auch dann entgegen, wenn man ausgehend von dem ursprünglichen Begehren berücksichtigt,
dass sich die Klägerin formal nicht gegen die Kostengrundentscheidung des SG richtet, sondern mit einem eigenständigen Hauptantrag die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der Notwendigkeit
der Hinzuziehung eine Rechtsanwalts für das Vorverfahren begehrt und auch das SG die Klage hinsichtlich dieses Begehrens in der Hauptsache abgewiesen hat. Nach dem Wortlaut des §
144 Abs.
4 SGG kommt es nicht darauf an, ob sich der Berufungskläger nur gegen die Kostengrundentscheidung richtet oder ob er vor dem SG einen vom SG abgewiesenen Hauptantrag gestellt hat, der sich ausschließlich auf die Kosten des Verfahrens im Sinne von §
193 SGG bezogen hat. Entscheidend ist allein, ob ausschließlich die Kosten des Verfahrens Gegenstand des Berufungsverfahrens sind.
Dies folgt auch aus dem Sinn und Zweck des §
144 Abs.
4 SGG. Die Vorschrift dient der Prozessökonomie und soll "stets" das Rechtsmittel ausschließen, wenn es sich "nur" um die Kosten
des Verfahrens handelt. Sie soll außerdem verhindern, dass das Rechtsmittelgericht die nicht angefochtene Hauptsacheentscheidung
zumindest inzident mit nachprüfen muss, weil davon letztlich auch die Kostenentscheidung abhängt (BSG, Beschl. v. 13.07.2004
- B 2 U 84/04 B -, juris Rn. 13; Frehse, in: Jansen,
SGG, 3. Aufl. 2009, §
144 Rn. 24; Knittel, in: Hennig,
SGG, Stand: Dez. 2011, §
144 Rn. 39). Danach kann die Berufung nicht dadurch zulässig werden, dass der Kläger vor dem SG einen auf die Kosten des Verfahrens im Sinne von §
193 SGG bezogenen Hauptantrag gestellt hat und das SG über diesen Antrag in der Hauptsache entschieden hat.
Soweit das BSG eine Anwendung von §
144 Abs.
4 SGG auf Rechtsstreitigkeiten, in denen in der Hauptsache über einen Kostenerstattungsanspruch gestritten wird, abgelehnt hat
(vgl. insoweit BSG, Urt. v. 29.01.1998 - B 12 KR 18/97 -, juris Rn. 18; Zeihe/Hauck,
SGG, Stand: Nov. 2010, §
144 Anm. 33a cc)), kann die Klägerin hieraus für den vorliegenden Rechtsstreit nichts für sich Günstiges herleiten. Die Rechtsprechung
des BSG betrifft vielmehr allein die Kosten für ein isoliertes Vorverfahren, dem - jedenfalls in der Hauptsache - kein gerichtliches
Verfahren folgt. In diesen Fällen stellen die Kosten für das Vorverfahren keine Verfahrenskosten im Sinne von §§
144 Abs.
4,
193 SGG dar, weil sich kein Gerichtsverfahren anschließt, sondern es ist eine Kostenentscheidung durch die Behörde nach § 63 SGB X zu treffen. Es handelt sich dann um die Kosten eines anderen Verfahrens und nicht um die Kosten des laufenden Rechtsstreits
(zum Ganzen BSG, Urt. v. 29.01.1998 - B 12 KR 18/97 -, juris Rn. 14 ff.; Urt. v. 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R -, juris Rn. 15, 20; Urt. v. 25.01.2011 - B 5 R 14/10 R -, juris Rn. 10; Urt. v. 27.09.2011 - B 4 AS 155/10 R -, juris Rn. 11). Hier geht es jedoch um die Kosten für ein dem Klageverfahren vorangegangenes und gerade nicht um ein
isoliertes Vorverfahren, so dass, wie eingangs bereits ausgeführt, auch § 63 SGB X nicht einschlägig ist. In diesem Fall folgt auch aus einem Umkehrschluss zu der zitierten Rechtsprechung des BSG, dass der
Berufungsausschluss nach §
144 Abs.
4 SGG eingreift. Dass die Klägerin unter Verkennung der ständigen Rechtsprechung des BSG meint, die Beklagt habe auch in ihrem
Fall eine Kostenentscheidung nach § 63 SGB X zu treffen, vermag die Zulässigkeit der Berufung nicht zu begründen, denn für die Frage, ob die Berufung statthaft ist, kommt
es auf den wirklichen Gegenstand der Berufung und nicht auf die irrtümliche Rechtsansicht des Rechtsmittelführers an.
c) Die Berufung ist nach §
144 Abs.
4 SGG auch dann ausgeschlossen, wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin nunmehr begehrt, dass das Gericht selbst eine Entscheidung
darüber treffen soll, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren notwendig war. In der oberverwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung wird zwar zum Teil vertreten, dass der Ausschluss der Berufung nach §
158 Abs.
1 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO), dem §
144 Abs.
4 SGG nachempfunden ist, nicht gelten soll, soweit das Verwaltungsgericht gemäß §
162 Abs.
2 Satz 2
VwGO die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt hat oder dies abgelehnt hat, da es sich um
eine die Kostenfestsetzung betreffende Entscheidung über den Umfang der Kostenerstattungspflicht und nicht um eine Kostenentscheidung
im Sinne von §
158 Abs.
1 VwGO handele (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 18.04.1996 - 2 S 928/96 -, juris Rn. 1 m.w.N. auch zur Gegenansicht). Abgesehen davon, dass das
SGG, von der Verweisung auf die
VwGO in §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG in gerichtskostenpflichtigen Streitigkeiten abgesehen, keine §
162 Abs.
2 Satz 2
VwGO entsprechende Regelung enthält, ist §
144 Abs.
4 SGG aber weiter formuliert als §
158 Abs.
1 VwGO. Während §
158 Abs.
1 VwGO ausdrücklich "die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten" ausschließt, ist nach §
144 Abs.
4 SGG die Berufung ausgeschlossen "wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt". Für den Ausschluss der Berufung nach §
144 Abs.
4 SGG ist danach maßgeblich, ob im Berufungsverfahren inhaltlich Kosten im Streit stehen, die zu den Kosten des Verfahrens im Sinne
von §
193 SGG gehören. Dies ist bei den Kosten eines dem Klageverfahren vorangegangenen Widerspruchsverfahrens, wie bereits ausgeführt,
unabhängig davon, wer die Entscheidung über die Notwendigkeit dieser Kosten zu treffen hat, der Fall.
2. Zum Anderen ist die Berufung unstatthaft und damit unzulässig, weil sie gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG der Zulassung bedarf, das SG die Berufung aber nicht zugelassen hat.
a) Nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts,
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten
Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt und die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr
als ein Jahr betrifft (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG). Diese Voraussetzungen liegen vor.
aa) Die im Berufungsverfahren weiterverfolgte Klage betrifft eine Geldleistung bzw. einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt,
denn es geht der Klägerin im Ergebnis darum, dass sie die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten für die Beauftragung
ihres Rechtsanwalts erstattet bekommt. Sie begehrt zwar lediglich die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines
Rechtsanwalts für das Vorverfahren, sei es durch die Beklagte oder das Gericht. Sie verfolgt dieses Begehren nach den Ausführungen
ihres Prozessbevollmächtigten aber allein deshalb, weil sie meint, ohne eine entsprechende Feststellung durch die Beklagte
könne sie die im Vorverfahren entstandenen Rechtsanwaltskosten nicht erstattet bekommen. Sie erstrebt damit eine Entscheidung,
die ihrer Auffassung nach eine Grundlage für die Entstehung des Anspruchs auf Kostenerstattung und damit eine Geldleistung
ist. §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG erfasst aber auch solche Klagen (vgl. BSG, Urt. v. 19.11.1996 - 1 RK 18/95 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Dies folgt auch aus dem Sinn und Zweck des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG, der die Berufungsgerichte von vermögensrechtlichen Streitsachen von geringem Wert (sog. Bagatellfälle) entlasten soll. Entscheidend
ist danach allein, ob die Berufung einen Rechtsstreit mit geringem Wert betrifft (vgl. BSG, Beschl. v. 06.10.2011 - B 9 SB 45/11 B -, juris Rn. 11), so dass §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG auch dann einschlägig ist, wenn nicht die konkrete Zahlung, sondern, wie hier, deren grundsätzliche Voraussetzung im Streit
steht (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl. 2012, §
144 Rn. 10a). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der begehrte Verwaltungsakt eigenständige Bedeutung hat (vgl. Leitherer,
aaO., Rn. 10b). Dies ist aber bei der begehrten Verpflichtung der Beklagten oder des Gerichts zur Feststellung, dass die Hinzuziehung
eines Rechtsanwalts für das Vorverfahren notwendig war, nicht der Fall. Die Bedeutung der begehrten Entscheidung erschöpft
sich darin, die aus Sicht der Klägerin notwendige formelle Voraussetzung für die Erstattung der im Vorverfahren entstandenen
Rechtsanwaltskosten herzustellen.
Eine Geldleistung bzw. ein hierauf gerichteter Verwaltungsakt stünde im Übrigen auch dann im Streit, wenn sich die Klägerin
auf § 63 SGB X stützen könnte, was sie auch, wie bereits ausgeführt, irrtümlich annimmt. Wenn über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens
gestritten wird, ist nach ganz herrschender Meinung §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG einschlägig (vgl. Leitherer, aaO., Rn. 9, 49). Eine nach Maßgabe des § 63 Abs. 1 SGB X zu treffende Kostenentscheidung, die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren
nach § 63 Abs. 2 SGB X und die sich daran anschließende Kostenfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 SGB X bilden dabei unter dem Gesichtspunkt der Erreichung des Berufungsstreitwertes eine Einheit, mit der Folge, dass die Beschränkung
der Berufung gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG jede dieser Entscheidungen erfasst (LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 03.08.2009 - L 10 AS 391/09 NZB -, juris Rn. 2; Sächs. LSG, Urt. v. 03.08.2011 - L 7 R 16/09 -, juris Rn. 19).
bb) Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den Betrag von 750,- Euro nicht. Auch wenn die genaue Höhe der Gebühren,
die der Prozessbevollmächtigte von der Klägerin für das Vorverfahren verlangen kann, nicht feststeht, ist es offensichtlich,
dass der Betrag von 750,- Euro nicht erreicht wird.
Ziffer 2400 der Anlage 1 (Vergütungsverzeichnis (VV)) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) sieht eine Höchstgebühr von 520,- Euro vor. Als Auslagen kommen regelmäßig die Post- und Telekommunikationspauschale in
Höhe von 20,- Euro (Ziffer 7002 VV RVG) und die Umsatzsteuer (Ziffer 7008 VV RVG) hinzu. Maximal ist daher eine Vergütung von 642,60 Euro denkbar.
In diesem Betrag sind zwar etwaige Auslagen für Ablichtungen und Ausdrucke gemäß Ziffer 7000 VV RVG nicht berücksichtigt. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Prozessbevollmächtigte im Widerspruchsverfahren entsprechende
Auslagen hatte. Der Betrag von 750,- Euro wäre zudem erst überschritten, wenn dem Prozessbevollmächtigten insoweit inklusive
Umsatzsteuer Auslagen in Höhe von mehr als 107,40 Euro entstanden wären. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Prozessbevollmächtigte
von mehr als 485 Seiten Ablichtungen und Abdrucke angefertigt hätte (50 Seiten zu je 0,50 Euro + 435 Seiten zu je 0,15 Euro
= 90,25 Euro + 19% Umsatzsteuer = 107,40 Euro). Dies ist aber offensichtlich ausgeschlossen, zumal die gesamte Verwaltungsakte
der Beklagten lediglich 42 Seiten umfasst.
Der vorstehend ermittelte maximale Vergütungsanspruch dürfte zudem aller Voraussicht nach nicht erreicht werden. Es spricht
viel dafür, dass der Prozessbevollmächtigte nach Maßgabe von § 14 Abs. 1 RVG lediglich eine Mittelgebühr geltend machen könnte, mit der Folge, dass die Geschäftsgebühr gemäß Ziffer 2400 Satz 2 VV RVG auf 240,- Euro gedeckelt wäre, da die Angelegenheit weder umfangreich noch schwierig war (vgl. zum Ganzen BSG, Urt. v. 01.07.2009
- B 4 AS 21/09 R -, juris Rn. 22 ff.).
b) Das SG hat die Berufung weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Es hat seiner Entscheidung lediglich die bei
zulässiger Berufung übliche Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Dies genügt jedoch nicht den Anforderungen an eine positive
Entscheidung über die Zulassung der Berufung (BSG, Beschl. v. 06.10.2011 - B 9 SB 45/11 B -, juris Rn. 12 m.w.N.). Die im Hinblick auf die Klägerin unzutreffende Rechtsmittelbelehrung hat lediglich zur Folge, dass
die Klägerin innerhalb eines Jahres nach Zustellung des Urteils des SG Nichtzulassungsbeschwerde erheben könnte (§
145 Abs.
1 Satz 2 i.V.m. §
66 Abs.
2 Satz 1
SGG).
c) Eine Umdeutung der Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde, wie sie die Klägerin in ihrem letzten Schriftsatz wohl hilfsweise
beantragt hat, scheidet aus (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urt. v. 20.05.2003 - B 1 KR 25/01 R -, juris Rn. 18 ff. m.w.N.). Der Senat hat aber das Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 26.04.2012 als Einlegung einer
Nichtzulassungsbeschwerde gewertet und insoweit die Eintragung eines neuen Verfahrens veranlasst. Das entsprechende Aktenzeichen
wird der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten in Kürze mitgeteilt werden. Die Klägerin ist allerdings insoweit gehalten
klarzustellen, ob die Nichtzulassungsbeschwerde unbedingt erhoben wird.
3. Im Hinblick auf die Ausführungen zu 1. und 2. kann dahinstehen, ob die Berufung auch deshalb unzulässig ist, weil sie sich
gegen die Beklagte als Ausgangsbehörde richtet, für die zumindest zunächst begehrte Entscheidung aber der S-Kreis als Widerspruchsbehörde
zuständig und deshalb richtiger Klagegegner wäre.
II. Der im Schriftsatz vom 26.04.2012 gestellte Antrag, den Urteilstenor der Entscheidung des SG dahingehend zu berichtigen, dass die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren in diesen aufgenommen
wird, ist abzulehnen.
Es ist bereits zweifelhaft, ob der Senat im vorliegenden Fall für eine Berichtigung des Tenors des sozialgerichtlichen Urteils
zuständig wäre. Die Beseitigung offenbarer Unrichtigkeiten eines angefochtenen Urteils nach §
138 SGG, wie sie hier begehrt wird, kann zwar auch durch das mit der Sache befasste Rechtsmittelgericht erfolgen (vgl. BSG, Urt.
v. 14.02.1978 - 7/12 Rar 73/76 -, juris Rn. 31; BGH, Beschl. v. 08.02.2007 - VII ZR 121/06 -, juris Rn. 2). Fraglich ist jedoch, ob dies auch dann gilt, wenn das Rechtsmittel, wie hier, unzulässig ist.
Die Frage der Zuständigkeit des Senats kann jedoch dahinstehen, denn der Tenor des SG, insbesondere die Kostenentscheidung, leidet nicht an einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne von §
138 Satz 1
SGG. Deshalb scheidet auch eine Abgabe der Entscheidung über den Berichtigungsantrag an das SG aus.
Die Unrichtigkeit im Sinne von §
138 Satz 1
SGG darf sich nicht auf die Richtigkeit der Entscheidung (Willensbildung), sondern muss sich auf einen Fehler im Ausdruck des
Willens beziehen. Erforderlich ist, dass die gewollte Entscheidung mit dem, was tatsächlich ausgesprochen wurde, nicht übereinstimmt
(Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl. 2012, § 138 Rn. 3). Eine Unrichtigkeit in diesem Sinne liegt nicht vor. Das SG hat bewusst davon abgesehen, die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren im Tenor festzustellen,
denn es hat in den Entscheidungsgründen ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass hierüber nicht im Urteil, sondern im Kostenfestsetzungsverfahren
nach §
197 SGG zu entscheiden sei. Die Kostenentscheidung und die Abweisung der Klage im Übrigen bringt dementsprechend genau das zum Ausdruck,
was das SG gewollt hat.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG. Für eine Änderung der Kostengrundentscheidung des SG bestand aufgrund der Unzulässigkeit der Berufung weder Raum noch Anlass.
IV. Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), liegen nicht vor.