Rückerstattung von Zuschüssen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung
Rechtswegzuständigkeit
Erstattungsanspruch als actus contrarius der Kehrseite des Leistungsanspruchs
Ausschluss des Entreicherungseinwands
Gründe:
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Rückerstattung von Zuschüssen
der klagenden Arbeitgeberin zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung der Beklagten.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen LSG vom 30.10.2014 ist gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG in entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl
BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
1. Die Klägerin beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 3.2.2015 auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem
Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
Die Klägerin wirft auf Seite 12 der Beschwerdebegründung folgende Fragen auf:
"1. Ist im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen bereicherungsrechtlichen
Regelungen der §§
812 ff und damit auch auf die zivilrechtliche Vorschrift der Entreicherung in §
818 Abs.
3 BGB auch dann ausgeschlossen, wenn kein Versicherungsträger oder eine sonstige Einrichtung der öffentlichen Hand, sondern zwei
Privatrechtsubjekte um die Rückzahlung einer ohne Rechtsgrund erbrachten Leistung miteinander streiten?
2. Kann bei einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, wenn keine Verwaltungsbehörde, insbesondere kein Versicherungsträger
oder eine sonstige Einrichtung der öffentlichen Hand, sondern zwei Privatrechtssubjekte um die Rückzahlung einer ohne Rechtsgrund
erbrachten Leistung miteinander streiten, direkt auf das Kondiktionsrecht der §§
812 ff
BGB abgestellt werden und bedarf es in einem solchen Fall eines Rückgriffs auf das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruches nicht mit der Folge, dass eine Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften über die Entreicherung in
§
818 Abs.
3 BGB nicht von vornherein ausgeschlossen ist?"
Sie führt ergänzend ua aus: Im Rahmen des im öffentlichen Recht seit langem anerkannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
scheide ein Rückgriff auf zivilrechtliche Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch
reiche (Hinweis auf BSGE 38, 46, 47). Dies gelte namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche
Wertungszusammenhänge entgegenstünden (Hinweis auf BSGE 45, 38, 46; BVerwGE 71, 85, 88; BVerwGE 112, 351, 353 f). Mit der grundsätzlichen Frage, ob §
818 Abs
3 BGB im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entsprechend heranzuziehen sei, weil sich - wie vorliegend -
Arbeitgeber und Arbeitnehmer gewissermaßen "gleichrangig" gegenüberstünden, habe sich das BSG bislang noch nicht befasst. Verschiedene instanzgerichtliche Entscheidungen und die herrschende Meinung in der rechtswissenschaftlichen
Literatur verneinten dies. Mangels Anwendbarkeit von §
818 Abs
3 BGB habe das LSG prüfen müssen, ob vertrauensschutzrechtliche Gründe einer Rückforderung entgegengestanden hätten. Dies sei zu
verneinen. Das Berufungsurteil sei widersprüchlich. Einerseits bejahe das LSG, dass grundsätzlich der hier im Streit stehende
Anspruch öffentlich-rechtlicher Natur sei und den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs unterliege,
andererseits werde dies vom LSG wieder verneint und eine unmittelbare Anwendung der §§
812 ff
BGB bejaht. Wenn es sich um die unmittelbare Anwendung der §§
812 ff
BGB handeln würde, läge gerade kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch mehr vor, sondern der Anspruch hätte von vornherein
zivilrechtlich und zivilgerichtlich überprüft werden müssen. Dieser Auffassung seien aber weder das SG noch das LSG gewesen.
Den Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen - ihre Qualität als hinreichend konkrete,
in einem späteren Revisionsverfahren prüfbare Rechtsfragen unterstellt - genügt die Klägerin damit nicht. Die Klägerin zeigt
nicht auf, inwieweit die von ihr aufgeworfenen Fragen vor dem Hintergrund der auch von ihr zum Teil zitierten höchstrichterlichen
Rechtsprechung klärungsbedürftig geblieben oder neu klärungsbedürftig geworden sind. Der GmSOGB hat bereits entschieden, dass
Streitigkeiten aus § 405
RVO (Arbeitgeberzuschuss zur Krankenversicherung) keine bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
aus dem Arbeitsverhältnis, sondern öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung sind (GmSOGB
BSGE 37, 292 = SozR 1500 § 51 Nr 2). Das BSG hat ua geurteilt, dass nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ein Erstattungsanspruch als actus contrarius die Kehrseite des
Leistungsanspruchs darstellt (vgl BSG SozR 4-5910 § 92c Nr 2 RdNr 14 mwN; BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2). Auch hat das BSG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerwG schon entschieden, dass im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
ua der Einwand der Entreicherung nach §
818 Abs
3 BGB ausgeschlossen ist (vgl BSGE 115, 247 = SozR 4-7610 §
812 Nr 7, RdNr 27 mwN). Die Beschwerdebegründung legt nicht hinreichend dar, inwieweit - losgelöst von dem Berufungsurteil und
dessen konkreter Begründung - vor dem Hintergrund der og höchstrichterlichen Rechtsprechung erneut Klärungsbedarf im Hinblick
auf die von ihr formulierten Fragen entstanden ist.
Im Kern ihres Vorbringens rügt die Klägerin nur die vermeintliche Fehlerhaftigkeit des LSG-Urteils, indem es einerseits das
Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs bejahe, andererseits aber §
818 Abs
3 BGB angewandt habe. Deutlich wird dies auf Seite 16 der Beschwerdebegründung, wo die Klägerin die rechtliche Bewertung durch
das LSG ausdrücklich für "widersprüchlich" hält. Damit macht die Klägerin aber lediglich einen Rechtsanwendungsfehler des
LSG in ihrem konkreten Fall geltend. Hierauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.