Höhe des Erstattungsanspruchs der Bundesagentur für Arbeit gegen den Rentenversicherungsträger nach der Bewilligung einer
Rente wegen Erwerbsunfähigkeit anstelle einer bisherigen Rente für Bergleute
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe eines Erstattungsanspruchs.
Der Beigeladene bezog von der Beklagten ab 1.1.1992 eine (umgewertete und angepasste) Rente für Bergleute (Bescheid vom 19.11.1992).
Auf Grund eines vor dem SG Altenburg - S 14 KN 2002/00 - erklärten Anerkenntnisses bewilligte die Beklagte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 14.12.2001 ab 27.1.2000 "anstelle"
der Rente für Bergleute eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. In dem Bewilligungsbescheid teilte die Beklagte mit, dass die
laufende Rente ab 1.2.2002 beginne und sich für die Zeit vom 27.1.2000 bis 31.1.2002 eine Nachzahlung von 19 133,96 Euro ergebe.
Diese werde einbehalten, weil zunächst die bekannt gewordenen Ansprüche anderer Stellen, die im Nachzahlungszeitraum ebenfalls
Zahlungen geleistet hätten, abschließend zu klären seien.
Die Barmer Ersatzkasse (BEK) meldete mit Schreiben vom 5.11.2000 unter Hinweis auf gezahltes Krankengeld einen Erstattungsanspruch
gemäß § 103 SGB X an. Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 2.2.2001 ebenfalls einen Erstattungsanspruch gemäß § 103 SGB X an und teilte hierzu mit, dass dem Beigeladenen ab 26.12.2000 Anspruch auf Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von 960
Tagen zustehe. Der wöchentliche Leistungssatz betrage ab 26.12.2000 402,08 DM und ab 1.1.2001 415,31 DM.
Mit Schreiben vom 4.1.2002 informierte die Beklagte beide Leistungsträger über die rückwirkende Bewilligung der Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit ab 27.1.2000, den Beginn der laufenden Rente ab 1.2.2002, den Gesamtbetrag der nachzuzahlenden EU-Rente
für die Zeit vom 27.1.2000 bis 31.1.2002 in Höhe von 24 166,85 Euro und den nach Abzug der Rente für Bergleute verbleibenden
Nachzahlungsbetrag von 19 133,96 Euro.
Die BEK machte mit Schreiben vom 15.1.2002 für die Zeit vom 27.1. bis 25.12.2000 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 8 619,75
Euro geltend. Die Klägerin teilte der Beklagten mit mehreren Schreiben vom 15.1.2002 mit, sie beanspruche die Erstattung des
für die Zeit vom 26.12.2000 bis 31.1.2002 geleisteten Arbeitslosengeldes in Höhe von 12 203,31 Euro sowie die hierauf geleisteten
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 2 521,32 Euro. Die Beklagte erstattete der Klägerin die geltend gemachten
Beiträge und zahlte aus der einbehaltenen Rentennachzahlung 8 619,75 Euro an die BEK sowie 10 514,21 Euro an die Klägerin
aus, wobei sie dieser mitteilte, dass der Erstattungsanspruch auf die monatlich zur Verfügung stehenden Beträge begrenzt worden
sei.
Nachdem die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Befriedigung des angemeldeten Erstattungsanspruchs in voller Höhe aufgefordert
hatte, hat sie am 7.11.2003 Klage beim SG München erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu einer weiteren Erstattung von 1
689,09 Euro zu verurteilen. Mit Urteil vom 17.1.2006 hat das SG München der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung
der Beklagten hat das Bayerische LSG mit Urteil vom 23.4.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Erstattungsanspruch der Klägerin richte sich nach der Höhe des Zahlbetrags der den Erstattungsanspruch begründenden Rente
wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Ansicht der Beklagten, der Erstattungsanspruch der Klägerin könne nur in Höhe der Differenz
zwischen dem monatlichen Zahlbetrag der rückwirkend bewilligten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und dem monatlichen Zahlbetrag
der hierdurch ersetzten Rente für Bergleute bestehen, stehe im Widerspruch zur Regelung des §
89 Abs
1 Satz 1
SGB VI. Nach dieser Vorschrift werde, wenn für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung bestünden,
nur die höchste Rente geleistet. Ab dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherte vom Rentenversicherungsträger erstmals monatliche
Zahlungen aus dem Stammrecht der im Zahlbetrag höheren Rente verlangen könne, könne er einen zeitgleichen Zahlungsanspruch
aus dem fortbestehenden Stammrecht der im Zahlbetrag niedrigeren Rente nicht mehr geltend machen. Auf den Zeitpunkt der Bewilligung
der höheren Rente komme es dabei nicht an, sodass bei einer rückwirkenden Bewilligung der monatliche Zahlungsanspruch auf
die niedrigere Rente rückwirkend entfalle. Die bis dahin auf die niedrigere Rente geleisteten Zahlungen gälten als zu Unrecht
erfolgt. Dementsprechend habe die Beklagte im Bescheid vom 14.12.2001 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit ab 27.1.2000
ausdrücklich anstelle der bis dahin geleisteten Rente für Bergleute bewilligt und damit für den Beigeladenen erkennbar und
hinreichend bestimmt die Bewilligung monatlicher Zahlungen aus dem Stammrecht dieser Rente rückwirkend zum 27.1.2000 aufgehoben.
Die im streitigen Zeitraum zur Erfüllung der Zahlungsansprüche des Beigeladenen aus dem Stammrecht auf Rente für Bergleute
geleisteten Zahlungen gälten nicht kraft Gesetzes als Leistungen aus dem Stammrecht auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Erfülle
der Versicherte die Anspruchsvoraussetzungen mehrerer in §
89 Abs
1 SGB VI genannter Renten, so entstünden jeweils eigenständige, nebeneinander bestehende Ansprüche (Stammrechte). Das daraus resultierende
Konkurrenzverhältnis der aus den Stammrechten abzuleitenden Zahlungsansprüche regle §
89 Abs
1 SGB VI im Sinne eines ausschließlichen Vorrangs des jeweils höchsten monatlichen Zahlungsanspruchs. Eine Erfüllungswirkung der auf
niedrigere Renten geleisteten Zahlungen für zeitgleich geleistete höhere Renten sehe das Gesetz nicht vor. Eine der Erfüllungswirkung
des § 107 SGB X vergleichbare Regelung enthalte das
SGB VI ebenfalls nicht. Eine Regelungslücke liege insoweit nicht vor. Der Rentenversicherungsträger könne in diesen Fällen die Bewilligung
der monatlichen Zahlungsansprüche auf die niedrigere Rente gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X rückwirkend aufheben und mit dem daraus nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X entstehenden Rückforderungsanspruch gegen den Zahlungsanspruch des Versicherten auf höhere Rente aufrechnen (§
51 Abs
1 SGB I), um eine Doppelleistung und im Regelfall auch eine Überzahlung zu vermeiden. Die Beklagte sei daher auf Grund der im Bescheid
vom 14.12.2001 erfolgten Bewilligung verpflichtet gewesen, dem Beigeladenen ab 27.1.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in
voller monatlicher Höhe zu zahlen. Der Zahlungsanspruch des Beigeladenen und die Zahlungsverpflichtung der Beklagten hätten
sich nicht auf monatliche Teilleistungen in Höhe der Differenz zu den monatlichen Zahlbeträgen der bisher geleisteten Rente
für Bergleute beschränkt. Allerdings sei die Beklagte dem Grunde nach berechtigt gewesen, den ihr nach Aufhebung der Bewilligung
monatlicher Zahlungsansprüche aus dem Stammrecht auf Rente für Bergleute zukommenden Erstattungsanspruch gegenüber dem Beigeladenen
geltend zu machen und diesen Erstattungsanspruch gegen den Anspruch des Beigeladenen auf monatliche Zahlungen aus dem Stammrecht
auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aufzurechnen. Ob die Beklagte im Bescheid vom 14.12.2001 eine Aufrechnung erklären wollte,
irrtümlich eine Erfüllungswirkung der bereits auf den Anspruch auf Bergmannsrente geleisteten Zahlungen angenommen habe oder
eine gesetzlich nicht zulässige Umwidmung dieser Zahlungen vornehmen wollte, sei dem Bescheid nicht zu entnehmen. Dies könne
aber letztlich dahinstehen. Auch wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt würde, dass der Bescheid vom 14.12.2001 eine wirksame
Aufrechnungserklärung enthalte, könne sich die Beklagte im Erstattungsverhältnis zur Klägerin auf die Wirksamkeit der Aufrechnung
nicht berufen. Denn ihr sei vor Bekanntgabe dieses Bescheides positiv bekannt gewesen, dass und in welcher Höhe der Beigeladene
von der Klägerin seit Dezember 2000 Arbeitslosengeld bezogen habe. Da bei monatsweiser Gegenüberstellung der Zahlbetrag der
Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den zutreffenden Berechnungen der Beklagten im streitigen Zeitraum stets höher als der
Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes gewesen sei, sei mit Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides vom 14.12.2001 ein Erstattungsanspruch
der Klägerin in Höhe des vollen monatlichen Zahlbetrages des Arbeitslosengeldes entstanden mit der Folge, dass der Anspruch
des Beigeladenen gegen die Beklagte in Höhe des ihm bereits von der Klägerin geleisteten Arbeitslosengeldes als erfüllt gelte
(§ 107 Abs 1 SGB X).
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte insbesondere eine Verletzung des §
89 SGB VI, §
51 SGB I, §
125 Abs
3 SGB III, §
142 Abs
1 Nr
3 und Abs
2 Nr
2 SGB III und § 103 SGB X. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts habe sie weder in Widerspruch zum §
89 SGB VI gehandelt, noch habe sie die Rente für Bergleute mit der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit iS des §
51 SGB I aufgerechnet. §
89 SGB VI lege fest, dass bei einem Zusammentreffen von mehreren Leistungen allein die höhere Leistung zu zahlen sei. Die Vorschrift
enthalte keine Aussage darüber, wie ein Zusammentreffen von Renten in der Vergangenheit geregelt sei. §
89 Abs
1 Satz 1
SGB VI bewirke, dass das Stammrecht beider konkurrierenden Renten nebeneinander bestehen bleibe. Nur die Auszahlung des monatlich
fällig werdenden Einzelanspruchs der niedrigeren Rente werde "gesperrt". Dies führe jedoch nicht dazu, dass der Bescheid über
die Rente für Bergleute aufzuheben gewesen sei. Die Rente für Bergleute sei in der Vergangenheit zu Recht gezahlt worden.
§
89 SGB VI solle allein verhindern, dass der Berechtigte, der mehrere Ansprüche inne habe, über diese Ansprüche kumulativ verfügen könne.
Da zwei Rentenansprüche für die Vergangenheit nebeneinander bestünden, wovon der eine rückschauend betrachtet nach §
89 SGB VI nicht zu zahlen gewesen sei, müsse sich der Betrag der höheren Rente um den Betrag der niedrigeren bereits gezahlten Rente
mindern. Andernfalls würden für den Beigeladenen im Ergebnis tatsächlich zwei parallele Zahlungsansprüche realisiert. § 107 SGB X sei entsprechend anwendbar. Damit stehe für eine Erstattung nur der Betrag aus der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zur Verfügung,
der sich nach der Minderung der zu Recht gezahlten Rente für Bergleute ergebe. Einer Bescheidaufhebung bedürfe es gerade nicht,
da durch die Anwendung des §
89 SGB VI ein interner Ausgleichsanspruch entstanden sei. Im Übrigen sei ein Ausgleich der Forderung nach § 103 SGB X iVm §
125 Abs
3 SGB III nur in der Höhe vorzunehmen, in der auch tatsächlich Beträge zur Erfüllung der Forderung zur Verfügung stünden. Der Umfang
des Erstattungsanspruchs richte sich gemäß § 103 Abs 2 SGB X nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Somit könne die Klägerin ihre Forderung nicht
in unbegrenzter Höhe geltend machen, sondern sei an die Höhe der Nachzahlung gebunden. Mit der Geltendmachung eines über diesen
Betrag hinausgehenden Erstattungsanspruchs handele die Klägerin zudem entgegen ihrer eigenen Dienstanweisung.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. April 2008 und des Sozialgerichts München vom 17. Januar 2006 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
II
Die Revision ist unbegründet.
LSG und SG haben zu Recht einen Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe von weiteren 1 689,09 Euro bejaht.
Der Erstattungsanspruch der Klägerin richtet sich nach §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III. Nach dieser Vorschrift steht der Bundesagentur ein Erstattungsanspruch entsprechend § 103 SGB X zu, wenn dem Arbeitslosen von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen Erwerbsminderung zuerkannt
wird. Gemäß § 103 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB X entsteht die Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers nur, soweit dieser nicht bereits geleistet hat, bevor er von
der Leistung der Bundesagentur Kenntnis erlangt hat.
Die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs sind erfüllt.
Die Beklagte hat dem Beigeladenen, der im hier maßgeblichen Zeitraum vom 26.12.2000 bis 31.1.2002 arbeitslos gemeldet war
und Arbeitslosengeld bezogen hat, mit Bescheid vom 14.12.2001 rückwirkend ab 27.1.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt.
Hierbei handelt es sich um eine Rente iS von §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III.
Zwar könnte der Wortlaut "Rente wegen Erwerbsminderung" dafür sprechen, dass das Gesetz hierunter nur eine Rente wegen Erwerbsminderung
iS des §
43 SGB VI in der ab 1.1.2001 geltenden Fassung versteht. Denn dieser Terminus ist in §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III mit Wirkung ab 1.1.2001 durch Art 3 Nr 3b des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) eingefügt worden, um
die Begriffe der Vorschrift an die im
SGB VI geänderten Begriffe "redaktionell" anzupassen (BT-Drucks 14/4230 zu Art 3 Nr 3 S 31).
Eine über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Anwendung des Gesetzes kann jedoch durch Sinn und Zweck der Vorschrift gerechtfertigt
sein (BGH NJW 2003, 290, 291 mwN). Diese ist hier auch zulässig und geboten, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Gesetzgeber mit der
Änderung des §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit das Regelungsziel verfolgte, den nach bisherigem
Recht bestehenden Erstattungsanspruch der Bundesagentur gegen den Rentenversicherungsträger bei zeitgleicher Gewährung von
Arbeitslosengeld und Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu beseitigen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch in den Fällen,
in denen nach Inkrafttreten des §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III nF vom Rentenversicherungsträger noch rückwirkend Renten wegen Erwerbsunfähigkeit zu bewilligen waren (vgl §
300 Abs
2 SGB VI), der Erstattungsanspruch der Bundesagentur trotz des geänderten Wortlauts weiterhin besteht, soweit zeitgleich Arbeitslosengeld
an den Versicherten gezahlt worden ist, und die dem entgegenstehende Begrifflichkeit auf einer Unachtsamkeit bei der Formulierung
des Gesetzes beruht (vgl noch einmal BGH NJW 2003, 290, 291).
Eine auf sachliche Änderung der bisherigen Rechtslage gerichtete Regelungsintention lässt sich auch nicht aus §
435 SGB III ableiten, der bestimmt, dass bei Anwendung verschiedener Normen des
SGB III "die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, deren Beginn vor dem 1. Januar 2001 liegt, als Rente wegen voller Erwerbsminderung"
gilt bzw bei deren Anwendung "an die Stelle der Feststellung der Erwerbsunfähigkeit ... die Feststellung der Erwerbsminderung"
tritt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Regelungen abschließend sein sollten und daher bei Anwendung des §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III, für den §
435 SGB III keine entsprechende Übergangsregelung enthält, eine Gleichstellung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit der Rente wegen
Erwerbsminderung nicht gewollt ist.
Sinn und Zweck des §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III ist mithin nach wie vor, die Bundesagentur durch Gewährung eines Erstattungsanspruchs gegen den Rentenversicherungsträger
vor einem finanziellen Nachteil auch dann zu bewahren, wenn dem Arbeitslosen für einen Zeitraum Rente wegen Erwerbsunfähigkeit
zuerkannt wird, für den er bereits Arbeitslosengeld bezogen hat. Eine Rückforderung des Arbeitslosengeldes vom Arbeitslosen
kommt nicht in Betracht, da dessen Anspruch auf Arbeitslosengeld erst ab Beginn der laufenden Rentenzahlung ruht (§
142 Abs
1 Nr
3, Abs
2 Nr
2 iVm §
435 Abs
4 SGB III), was bedeutet, dass das zuvor gezahlte Arbeitslosengeld rechtmäßig gezahlt worden ist und damit grundsätzlich nicht zurückverlangt
werden kann (vgl Winkler in Gagel, Kommentar zum
SGB III, §
125 RdNr
54, Stand: Juni 2006). Ohne den Erstattungsanspruch nach §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III stünde der Bundesagentur kein Erstattungsanspruch zu, denn die Voraussetzungen der allgemeinen Erstattungsansprüche nach
§§ 102 ff SGB X liegen nicht vor.
Die Anwendung des §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III auch in Fällen der vorliegenden Art vermeidet gleichzeitig Ergebnisse, die im Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art
3 Abs
1 GG) problematisch sein könnten.
Würde die Norm keine Anwendung finden, wenn eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem 31.12.2000 mit Wirkung ab einem Zeitpunkt
vor dem 1.1.2001 gewährt wird, könnte ein Versicherter, der bereits Arbeitslosengeld bezogen hat, zusätzlich für denselben
Zeitraum vom Rentenversicherungsträger die Zahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente verlangen. Ein Erstattungsanspruch der Bundesagentur
nach den §§ 102 ff SGB X und damit ein Eingreifen der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 SGB X kämen nicht in Betracht. Ist einem Versicherten dagegen vor dem 31.12.2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für einen
Zeitraum gewährt worden, in dem er schon Arbeitslosengeld erhalten hat, steht der Bundesagentur ein Erstattungsanspruch gemäß
§
125 Abs
3 Satz 1
SGB III aF zu, mit der Folge, dass der Anspruch des Versicherten gegen den Rentenversicherungsträger gemäß § 107 Abs 1 SGB X insoweit als erfüllt gilt. Dieselben Rechtsfolgen treten nach §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III nF iVm § 107 Abs 1 SGB X ein, wenn der Rentenversicherungsträger einem Arbeitslosen nach dem 31.12.2000 Rente wegen Erwerbsminderung zuerkannt hat.
Versicherte, denen eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vor dem 31.12.2000 oder Rente wegen Erwerbsminderung nach diesem Zeitpunkt
zuerkannt worden ist, können daher neben Arbeitslosengeld keine Rente erhalten, während Versicherte, denen eine Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit nach dem 31.12.2000 mit Wirkung ab einem Zeitpunkt vor dem 1.1.2001 gewährt worden ist, Arbeitslosengeld
und Rente beziehen könnten. Für eine derart unterschiedliche Behandlung der beiden zuerst genannten Versichertengruppen im
Verhältnis zur letzten Versichertengruppe sind sachlich gerechtfertigte Gründe nicht zu erkennen. Sie wäre vielmehr willkürlich.
Die weitere Voraussetzung des §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III iVm § 103 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB X ist ebenfalls erfüllt. Eine Leistung der Beklagten an den Beigeladenen mit befreiender Wirkung iS dieser Norm ist schon deshalb
nicht erfolgt, weil die Beklagte keine Zahlungen aus der EU-Rente an den Beigeladenen erbracht hat.
Der Höhe nach steht der Klägerin ein Erstattungsanspruch auf das gesamte gezahlte Arbeitslosengeld im streitigen Zeitraum
bis zur Höhe des Zahlbetrags der EU-Rente zu (vgl zu diesen zwei Obergrenzen: BSGE 58, 128, 133 = SozR 1300 § 103 Nr 4 S 20 mwN; BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 45).
Gemäß §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III iVm § 103 Abs 2 SGB X entsprechend richtet sich der Umfang der Erstattungsansprüche nach den für die Beklagte geltenden Rechtsvorschriften und
damit den Bestimmungen des
SGB VI.
Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich aus §
89 Abs
1 Satz 1
SGB VI eine Begrenzung des Erstattungsanspruchs der Klägerin auf den Differenzbetrag zwischen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und
Rente für Bergleute nicht herleiten.
Bestehen für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, wird gemäß §
89 Abs
1 Satz 1
SGB VI nur die höchste Rente geleistet. Da die Vorschrift lediglich hinsichtlich der Rentenleistung eine Regelung trifft, bezieht
sie sich nur auf den Rentenzahlanspruch und lässt damit den Anspruch auf Rente dem Grunde nach unberührt. Dies bedeutet, dass
bei konkurrierenden Rentenansprüchen iS des §
89 Abs
1 Satz 1
SGB VI beide Rentenansprüche dem Grunde nach bestehen bleiben, der Zahlungsanspruch der niedrigeren Rente während der Dauer des
Bezugs der höheren Rente aber nicht entsteht (BSG SozR 3-2600 § 101 Nr 2 S 5 f) bzw bei rückwirkender Bewilligung einer höheren
Rente nachträglich entfällt.
Die Beklagte hat dem Beigeladenen mit Bescheid vom 14.12.2001 rückwirkend ab dem 27.1.2000 anstelle der bisherigen Rente für
Bergleute Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt mit der Folge, dass der ursprünglich in dieser Zeit bestehende niedrigere
monatliche Zahlungsanspruch aus der Rente für Bergleute nachträglich entfallen ist.
Wie zur Vermeidung einer Doppelzahlung in einer solchen Situation zu verfahren ist, ist in §
89 SGB VI nicht geregelt. Insbesondere enthält die Norm keine Bestimmung, nach der der Anspruch auf Zahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente
in Höhe der bereits geleisteten niedrigeren Rente als erfüllt gilt. Die Annahme einer solchen Erfüllungsfiktion rechtfertigt
sich auch nicht unter Berücksichtigung allgemeiner Erwägungen.
Bei dem Anspruch auf Rente für Bergleute und dem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit handelt es sich um verschiedene
selbstständige Ansprüche (ua mit unterschiedlichen Versicherungsfällen und Versicherungszielen) und nicht etwa um ein einziges
Recht auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit; ein solches gibt es nicht. Beide Rechte dienen vor allem der Sicherung
verschiedener Schutzgüter gegen das Risiko gesundheitsbedingter Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Während Schutzgut
der Rente für Bergleute das spezielle berufliche Leistungsvermögen des Versicherten im Bergbau ist, ist Schutzgut der Rente
wegen Erwerbsunfähigkeit das allgemeine Leistungsvermögen, also die Fähigkeit des Versicherten, sich durch Erwerbstätigkeit
überhaupt unterhalten zu können. Entsprechend dieser unterschiedlichen Schutzfunktionen entfalten beide Renten auch unterschiedliche
Sicherungsfunktionen. So soll die Rente für Bergleute den durch Krankheit oder Behinderung bedingten Lohnabfall ausgleichen,
den der Versicherte dadurch erleidet, dass er die von ihm bisher ausgeübte knappschaftliche, dh bergmännische Beschäftigung
nicht mehr ausüben kann (vgl Gürtner in Kasseler Kommentar, §
45 SGB VI RdNr 2, Stand: Juli 2010). Erwerbsunfähigkeitsrente ist demgegenüber zu gewähren, wenn das Leistungsvermögen derart gemindert
ist, dass es nur noch eine geringfügige Erwerbstätigkeit erlaubt, die zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreicht.
Im Hinblick auf ihre unterschiedliche Schutz- und Sicherungsfunktionen entstehen beide Ansprüche jeweils unabhängig voneinander
bei Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalles und Vorliegens der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen (vgl BSG SozR 3-2600
§ 101 Nr 2 S 5).
Als selbstständige, unabhängig voneinander bestehende Ansprüche begründen sie selbstständige Leistungsverhältnisse. Tritt
eine Leistungsstörung - zB auf Grund des späteren Wegfalls des Rechtsgrundes der Leistung - ein, ist das Leistungsverhältnis
rückabzuwickeln, in dem die Störung entstanden ist. Das andere Leistungsverhältnis bleibt Kraft seiner Selbstständigkeit von
dieser Störung unberührt.
Ein anderes Ergebnis rechtfertigt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Urteile des BSG vom 18.12.1963 (3 RK 40/63 - BSGE 20, 140 = SozR Nr 9 zu § 183
RVO) und vom 17.4.1970 (3 RK 75/69 - SozR Nr 50 zu § 183
RVO). Diese Entscheidungen, die bei gleichzeitigem Bezug von Krankengeld und Berufsunfähigkeitsrente sowie der rückwirkenden
Bewilligung von höherem Altersruhegeld bzw höherer Erwerbsunfähigkeitsrente nur den Differenzbetrag zwischen Berufsunfähigkeitsrente
und nachfolgend zuerkannter Rente als erstattungsfähig beurteilt haben, weil die Zahlungen auf die Berufsunfähigkeitsrente
als Teilzahlungen der später anerkannten Rente anzusehen seien, sind zu den Vorschriften der
RVO und vor allem vor Erlass des SGB X ergangen und schon deshalb für die heutige Rechtslage nicht maßgeblich. Abgesehen davon war in dem der Entscheidung vom 18.12.1963
(aaO) zu Grunde liegenden Sachverhalt die Rente wegen Berufsunfähigkeit rückwirkend in ein Altersruhegeld umgewandelt worden.
Im maßgeblichen Zeitraum existierten damit - anders als im vorliegenden Fall - nicht zwei konkurrierende selbstständige Rentenansprüche,
sondern bestand Kraft Umwandlung nur ein einziger Rentenanspruch, dem Rentenzahlungen zugeordnet werden konnten bzw mussten.
Soweit der 3. Senat des BSG in der Entscheidung vom 17.4.1970 (aaO) ausgeführt hat, dass bei späterer rückwirkender Gewährung
einer Erwerbsunfähigkeitsrente die bereits gezahlte Berufsunfähigkeitsrente dem Versicherten verbleibe, weil mit der Zahlung
"die Rentenschuld" erloschen sei, geht er davon aus, dass nur ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit besteht.
Dem ist aus den oben dargelegten Gründen indes nicht zu folgen (s auch BSG SozR 3-2600 § 101 Nr 2).
Entsprechend der heutigen materiellen Rechtslage hat die Beklagte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 14.12.2001 "anstelle"
der "bisherigen Rente" rückwirkend ab 27.1.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt und damit sinngemäß den Bescheid
vom 19.11.1992 über die (umgewertete und angepasste) Rente für Bergleute aufgehoben, soweit der Bescheid einen Zahlungsanspruch
begründet. Rechtsgrundlage der Aufhebung ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht § 45 Abs 1 SGB X, sondern § 48 Abs 1 SGB X (vgl auch BSG SozR 3-2600 § 101 Nr 2 S 5). Denn in den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 19.11.1992 vorgelegen haben, ist durch den Hinzutritt
einer weiteren Rente mit Wirkung zum 27.1.2000 eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Beklagte war auch gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X berechtigt, den Bescheid vom 19.11.1992 mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (vgl Niesel aaO
§
89 SGB VI RdNr 11, Stand: Dezember 2007), da der Beigeladene ab 27.1.2000 Einkommen erzielt hat, das zum Wegfall seines Anspruchs auf
Zahlung der Rente für Bergleute geführt hat.
Da die Beklagte für die Zeit ab 27.1.2000 Rente für Bergleute gezahlt hat, sind die erbrachten Leistungen vom Beigeladenen
gemäß § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X zu erstatten (vgl auch Niesel aaO). Hiervon unabhängig ist die Erwerbsunfähigkeitsrente auf Grund des Bewilligungsbescheides
vom 14.12.2001 ab 27.1.2000 an den Beigeladenen bzw soweit ein Erstattungsanspruch der Klägerin besteht an diese zu zahlen,
wodurch der Anspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte als erfüllt gilt (§ 107 Abs 1 SGB X; vgl zur Anwendbarkeit der Norm hinsichtlich aller im Sozialgesetzbuch geregelten Erstattungsansprüche der Leistungsträger
untereinander auch BT-Drucks 9/95 S 24 re Spalte).
Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich aus § 107 Abs 1 SGB X eine Minderung des für die Klägerin zur Verfügung stehenden Betrags nicht herleiten.
§ 107 Abs 1 SGB X begründet keinen Anspruch der Beklagten gegen sich selbst auf Erstattung der dem Beigeladenen geleisteten Rente für Bergleute
mit der Folge, dass in Höhe dieser Rentenzahlung sein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit als erfüllt gilt. § 107 Abs 1 SGB X gehört ausweislich der Überschrift des Zweiten Abschnitts des Dritten Kapitels des SGB X, die Teil des Gesetzestextes ist, zu den Normen, die die "Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander" betreffen.
Da diese schon nach dem Wortlaut der genannten Überschrift eine Mehrheit von Leistungsträgern (§
12 Satz 1
SGB I) voraussetzen (vgl auch BT-Drucks 9/95 S 24 li Spalte: "... ein anderer Leistungsträger ..."), die sich jeweils als Anspruchsteller
und Anspruchsgegner gegenüberstehen, kommt eine unmittelbare Anwendung auf das Innenverhältnis der Beklagten als Adressatin
mehrerer parallel bestehender Rentenansprüche dem Grunde nach von vornherein nicht in Betracht (so bereits BSG, Urteil vom
21.6.1983 - 4 RJ 29/82 - Juris; offen gelassen von BVerwG DVBl 1994, 426 ff = Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr 22).
Ebenso wenig ist § 107 Abs 1 SGB X im vorliegenden Fall analog anwendbar.
Eine analoge Anwendung im Sinne der Rechtsauffassung der Beklagten, wonach der Anspruch des Beigeladenen auf Erwerbsunfähigkeitsrente
ohne weiteres als erfüllt gelten soll, soweit er bereits Zahlungen aus der Rente für Bergleute erhalten hat, scheidet aus.
Denn bei diesem Verständnis wird nur die Rechtsfolge des § 107 Abs 1 SGB X übernommen; der Tatbestand der Norm, das Bestehen eines Erstattungsanspruchs, der Voraussetzung für die angeordnete Rechtsfolge
ist, bleibt dagegen völlig unberücksichtigt.
Eine analoge Anwendung des § 107 Abs 1 SGB X auf einen Erstattungsanspruch eines Sozialleistungsträgers gegen sich selbst (bejahend BVerwG aaO im Fall der Zuständigkeit
desselben Leistungsträgers für das Erbringen von Sozialhilfeleistungen einerseits und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz andererseits) kommt jedenfalls bei dem hier vorliegenden Sachverhalt mangels Bestehens einer gesetzlichen Regelungslücke
(vgl zu dieser Voraussetzung einer Analogie exemplarisch BFH NJW 2006, 1837) nicht in Betracht. Mit §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III iVm § 103 SGB X, § 107 Abs 1 SGB X und §
142 Abs
1 Nr
3 iVm Abs
2 Nr
2 SGB III liegt ein vollständiges Normprogramm zur Belastung des nach der gesetzlichen Wertung letztlich verpflichteten Leistungsträgers
vor.
Nach §
125 Abs
3 Satz 1
SGB III hat die Arbeitsverwaltung einen Erstattungsanspruch entsprechend § 103 SGB X, wenn ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung dem Arbeitslosen eine Rente wegen Erwerbsminderung zuerkannt hat. Gemäß
§ 107 Abs 1 SGB X gilt der Anspruch des Arbeitslosen gegen die Rentenversicherung auf Zahlung der Erwerbsminderungsrente als erfüllt, soweit
der Erstattungsanspruch besteht. Gilt aber der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente bereits wegen des Erstattungsanspruchs
der Arbeitsverwaltung als erfüllt, kann er in Anbetracht des vom Gesetzgeber gewählten Normprogramms nicht zusätzlich wegen
Zahlung einer niedrigeren Rente durch die Rentenversicherung als (teilweise) erfüllt angesehen werden. Die Rechtsauffassung
der Beklagten würde überdies bei Fallkonstellationen der vorliegenden Art zu einer Verschiebung der gesetzlichen Risikoverteilung
führen. Ist dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt,
ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß §
142 Abs
1 Nr
3 iVm Abs
2 Nr
2 SGB III erst von Beginn der laufenden Zahlung der Rente an. Dies bedeutet - wie bereits oben dargelegt -, dass das vorher gezahlte
Arbeitslosengeld rechtmäßig gezahlt worden ist und damit von der Arbeitsverwaltung grundsätzlich nicht zurückverlangt werden
kann (vgl Winkler aaO). Stünde nur der Differenzbetrag zwischen Erwerbsminderungsrente und der gezahlten niedrigeren Rente
für den Erstattungsanspruch zur Verfügung und übersteigt das gewährte Arbeitslosengeld diesen, fiele die Arbeitsverwaltung
mit einem Teil ihrer Erstattungsforderung aus, ohne den Fehlbetrag vom Arbeitslosen zurückfordern zu können. Gerade diesem
Umstand trägt der ungeminderte gesetzliche Erstattungsanspruch Rechnung und berücksichtigt damit, dass die rückwirkende Bewilligung
der Erwerbsminderungsrente allein darauf beruht, dass der Rentenversicherungsträger den später als rechtens anerkannten Rentenanspruch
ursprünglich verneint hat.
Die Beklagte kann dem streitigen Erstattungsanspruch auch keine Gegenrechte aus dem Sozialleistungsverhältnis zwischen ihr
und dem Beigeladenen entgegenhalten.
Zwar kann wegen der inhaltlichen Abhängigkeit und untrennbaren Verknüpfung der Erstattungsansprüche mit dem Sozialleistungsanspruch
des Leistungsberechtigten der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger diejenigen Einwendungen gegenüber dem Erstattungsanspruch
erheben, die ihm gegenüber dem Leistungsberechtigten zustehen (ua BSGE 70, 99 = SozR 3-1500 § 54 Nr 15 mwN). Grundlagen derartiger Einwendungen sind hier indessen nicht feststellbar.
Insbesondere hat die Beklagte auch nach ihrem eigenen Vortrag ihre Erstattungsansprüche iS von § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht gemäß §
51 SGB I gegen den Anspruch des Beigeladenen auf rückwirkende Zahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente aufgerechnet. Die Erklärung einer
derartigen Aufrechnung ist dem Bescheid vom 14.12.2001 nicht zu entnehmen. Dem Bescheid fehlen nach den Feststellungen des
LSG schon jedwede Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen überhaupt eines Erstattungsanspruchs
wegen zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen berühmt. Die Beklagte hat nach dem Berufungsurteil im Bescheid vom 14.12.2001
monatsweise für verschiedene Zeiträume eine "Nachzahlung" in Höhe der jeweiligen Erwerbsunfähigkeitsrentenzahlbeträge aufgeführt,
diesen die in denselben Zeiträumen auf die Rente für Bergleute gezahlten Beträge gegenübergestellt und den Saldo als verbleibende
"Nachzahlung" bezeichnet. Dass die Beklagte Erstattungsansprüche in Höhe der gezahlten Rente für Bergleute geltend machen
will, ergibt sich aus diesem Rechenvorgang nicht. Vielmehr behandelt dieser die geleisteten Zahlungen auf die Rente für Bergleute
als Zahlungen auf die Erwerbsunfähigkeitsrente, die den Nachzahlungsbetrag entsprechend mindern und geht insoweit von einer
teilweisen Erfüllung des Anspruchs auf Erwerbsunfähigkeitsrente durch die auf die Rente für Bergleute entrichteten Zahlungen
aus. Eine solche Erfüllungswirkung entfalten diese aber aus den oben genannten Gründen nicht.
Ebenso wenig ergibt sich eine Beschränkung des geltend gemachten Erstattungsanspruchs auf den Differenzbetrag zwischen Erwerbsunfähigkeitsrente
und Rente für Bergleute dadurch, dass die Beklagte diesen im Bescheid vom 14.12.2001 als (zur Verfügung stehenden) Nachzahlungsbetrag
aufgeführt hat. Die Bindungswirkung des Rentenbescheids nach §
77 SGG, die auch dem Erstattungsanspruch entgegengehalten werden kann (vgl BSGE 58, 119, 126 = SozR 1300 § 104 Nr 7), erstreckt sich nicht auf die darin enthaltene Mitteilung über eine Rentennachzahlung, wenn
der Nachzahlungsbetrag wegen bislang nicht geklärter Erstattungsansprüche noch nicht endgültig festgesetzt ist (BSG, Urteil
vom 21.6.1983 - 4 RJ 29/82 - Juris mwN). Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat im Bescheid vom 14.12.2001 darauf hingewiesen, dass der Nachzahlungsbetrag
in Höhe von 19 133,96 Euro einbehalten werde, weil zunächst die bekannt gewordenen Ansprüche anderer Stellen (zB Krankenkasse,
Arbeitsamt), die im Nachzahlungszeitraum bereits Zahlungen geleistet hätten, abschließend zu klären seien.
Die Beklagte kann schließlich auch nichts zu Gunsten ihres Rechtsstandpunkts aus der Dienstanweisung der Klägerin herleiten.
Zum einen äußert sich diese lediglich zur Geltendmachung des Unterschiedsbetrages zwischen Voll- und Teilrente, wenn bereits
Teilrente bezogen worden ist, und trifft damit keine Aussage zur Höhe des Erstattungsanspruchs, wenn dem Versicherten zunächst
eine Rente mit niedrigeren Zahlbeträgen geleistet und ihm später rückwirkend eine Rente anderer Art mit höheren Zahlbeträgen
zuerkannt worden ist. Zum anderen kann die Dienstanweisung der Klägerin mangels Gleichrangigkeit der Rechtsquellen nicht einen
sich aus formellem Gesetz ergebenden Anspruch reduzieren.
Da nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des LSG im streitigen Zeitraum bei monatsweiser Gegenüberstellung
der Zahlbetrag der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit stets höher als der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes gewesen ist (vgl zur
Ermittlung des Erstattungsbetrages auf diesem Weg BSGE 58, 128, 133 = SozR 1300 § 103 Nr 4), ist der Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe der vollen monatlichen Zahlbeträge des Arbeitslosengeldes
entstanden. Bei insgesamt geleistetem Arbeitslosengeld in Höhe von 12 203,31 Euro abzüglich bereits erstatteter 10 514,21
Euro steht der Klägerin der geltend gemachte weitere Erstattungsbetrag von 1 689,09 Euro zu.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach §
197a Abs
1 Satz 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 47 Abs 1, § 52 Abs 1 und 3 GKG.