Nichtzulassungsbeschwerde
Grundsatzrüge
Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus
- aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist.
2. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten
Entscheidung (sog. Breitenwirkung) dargelegt werden.
3. Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist.
4. Über die aufgeworfene Rechtsfrage müsste das Revisionsgericht also konkret-individuell sachlich entscheiden können.
5. Dies erfordert, dass der Kläger den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des
angefochtenen Urteils und damit insbesondere den Schritt darlegt, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten
Rechtsfrage notwendig macht.
Gründe:
I
Die Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts [SG] Regensburg vom 28.11.2012; Urteil
des Bayerischen Landessozialgerichts [LSG] vom 23.6.2016).
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache und Verfahrensmängel geltend. Eine zu klärende Rechtsfrage laute:
"Ist die Sachdienlichkeit der Änderung einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, der ein Verfahren nach § 44 SGB X beim beklagten Leistungsträger vorangegangen ist, gegen den beigeladenen Leistungsträger ausgeschlossen?"
Grundsätzlich bedeutsam sei des Weiteren die Frage, ob im Hinblick auf das - bei jeder Entscheidung über die Übernahme von
Fahrkosten zu prüfende - Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter
Menschen - [SGB IX]) diese nur allein deshalb zu verneinen sei, weil das Kfz überwiegend für Fahrten zu ambulanten Behandlern
und Therapeuten benutzt werden solle, mit der Konsequenz, dass diese Fahrten bei der Bedarfsermittlung von vornherein außer
Betracht bleiben müssten. Zudem stelle sich die Frage, ob für einen Anspruch auf Hilfe zur Beschaffung und Unterhalt eines
Kfz im Rahmen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) iVm §§ 8 Abs 1, 10 Abs 6 Eingliederungshilfe-Verordnung ausreichend sei, wenn die Eingliederungsziele überwiegend die Fahrten zu ambulanten Behandlern und Therapeuten seien.
Zu klären seien des Weiteren folgende Fragen:
"3.1. Eröffnet die Nichtnachholbarkeit einer Leistung, die zumindest teilweise existenzsichernd ist, eine Änderung der Klage,
die nach §
99 Abs
3 Nr
3 SGG nicht als solche anzusehen und somit ohne Weiteres zulässig ist?
3.2. Erlischt mit Zeitablauf, dh Eintritt der Nichtnachholbarkeit, insoweit vielmehr der Rechtsanspruch auf jegliche Leistung?
3.3. Ist ein Rechtsanspruch nur soweit gegeben, wie eine Nachholbarkeit im Rahmen der Ansparbeträge des Regelbedarfs bzw Regelsatzes
besteht?"
Zudem habe das LSG sein (des Klägers) rechtliches Gehör verletzt, weil es eine Klageänderung angenommen, ihre Sachdienlichkeit
verneint und deshalb nicht über seinen Hilfsantrag entschieden habe. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege auch darin,
dass beantragte Beweiserhebungen zur Ermittlung seines allgemeinen und besonderen Bedarfs nicht vorgenommen worden seien und
sich das LSG den Ausführungen des SG angeschlossen habe, ohne sich mit seinem Vorbringen im Berufungsverfahren auseinanderzusetzen. Eine Gehörsverletzung liege
darin, dass es den Antrag vom 14.6.2016 auf Verurteilung des jeweiligen Pflichtsäumigen zur Erbringung von 50 Euro je Tag,
bezogen auf den Bruchteil der Zeit des klagebefangenen Zeitraums mit der Begründung als unzulässig angesehen habe, der Antrag
sei nicht hinreichend bestimmt. Zudem habe das LSG gegen die Garantie des fairen Verfahrens verstoßen, indem es verspätet
Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren bewilligt habe.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und des Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen
Richter nach §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 3
SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus
- aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten
Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht; denn jedenfalls fehlt es an einer hinreichenden Darlegung
der Klärungsfähigkeit der gestellten Fragen. Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nämlich nur dann, wenn sie für den zu entscheidenden
Fall rechtserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Über die aufgeworfene Rechtsfrage müsste das Revisionsgericht also konkret-individuell sachlich entscheiden können
(BSG SozR 1500 § 160a Nr 39 und 53). Dies erfordert, dass der Kläger den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des
angefochtenen Urteils und damit insbesondere den Schritt darlegt, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten
Rechtsfrage notwendig macht (vgl dazu auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung
nicht gerecht. Es fehlt gänzlich an der Darlegung des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Es ist aber nicht Aufgabe des
Senats, sich im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde den für die Entscheidung notwendigen Sachverhalt selbst zu erarbeiten.
Der Kläger hätte den Streitgegenstand so schildern müssen, dass der Senat in die Lage versetzt würde zu prüfen, ob und wieso
es auf die aufgeworfenen Rechtsfragen ankommen wird. Die Schilderung des Klägers erschöpft sich jedoch in allgemeinen (Rechts-)Ausführungen,
ohne deren tatsächlichen Bezug bzw Hintergrund darzustellen.
Entsprechendes gilt, soweit der Kläger Verfahrensmängel, nämlich einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen
Gehörs (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 Grundgesetz) rügt. Wird das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend gemacht, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, so
müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst
die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargelegt werden (BSG SozR 1500 §
160a Nr 14, 24, 34 und 36; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist die Darlegung zu verlangen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht
des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36), es sei denn, es werden - was hier allerdings nicht der Fall ist - absolute Revisionsgründe gerügt, bei denen gemäß §
202 SGG iVm §
547 Zivilprozessordnung der Einfluss auf die Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird (BSGE 4, 281, 288; BSG SozR 1500 § 136 Nr 8). Auch hier fehlt es an einer nachvollziehbaren Darlegung des den vermeintlichen Verfahrensmängeln zugrundeliegenden
Sachverhalts; dies gilt für alle behaupteten Mängel.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.