Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Erforderlichkeit einer Eingliederungsvereinbarung für eine Absenkung wegen Verweigerung
der Aufnahme einer zumutbaren Tätigkeit
Tatbestand:
Streitig sind zwei Sanktionen wegen Meldeversäumnissen, eine Sanktion wegen einer unterlassenen Bewerbung, ein Eingliederungsverwaltungsakt
nach § 15 Abs. 1 Satz 6 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sowie - erst im Berufungsverfahren geltend gemacht - die Förderung
einer Ausbildung.
Der 1975 geborene Kläger verfügt über einen Hauptschulabschluss, jedoch nicht über einen Berufsabschluss. Er hat einen Staplerschein
(Gabelstaplerfahrer). Zuletzt bezog er bis Januar 2009 Arbeitslosengeld nach
SGB III in Höhe von monatlich 488,40 Euro. Er beantragte im Juni 2009 erstmals Arbeitslosengeld II beim Beklagten. Er wohnte mietfrei
bei seinen Eltern. Mit Folgebescheid vom 24.06.2010 wurde Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 in
Höhe von monatlich 405,- Euro bewilligt. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus 359,- Euro für den Regelbedarf und 46,- Euro
befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II.
Der Kläger wurde mit Schreiben vom 02.08.2010 (S. 79) zu einem Meldetermin für den 16.08.2010 eingeladen, um die berufliche
Situation zu besprechen. Der Bescheidtext enthält eine konkrete Rechtsfolgenbelehrung zur Absenkung um 10 % der Regelleistung
und zum Wegfall des Zuschlags.
Der Kläger antwortete hierauf mit Schreiben vom 04.08.2010, dass er nicht kommen werde, weil in der Vergangenheit keine sinnvolle
mündliche Einigung möglich gewesen sei. Er bitte darum, sich schriftlich mit ihm in Verbindung zu setzen. Sofern dies nicht
möglich sei, sei ihm dies umgehend schriftlich begründet mitzuteilen. Dies sei als Zeichen seines guten Willens zu sehen,
seine berufliche Situation zu verbessern. In einem weiteren Schreiben des Beklagten wurde auf die Meldepflicht hingewiesen
und dass der Termin auf den 19.08.2010 verschoben wurde.
Der Kläger erschien nicht zum Meldetermin am 19.08.2010. Mit Bescheid vom 07.09.2010 erfolgte deswegen eine Absenkung um 10
% der Regelleistung und unter Wegfall des befristeten Zuschlags für die Monate Oktober, November und Dezember 2010. Der dagegen
erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2010 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 24.08.2010 wurde der Kläger zum Meldetermin am 07.09.2010 eingeladen. Das Schreiben enthält im Text die
konkrete Rechtsfolgenbelehrung zur Absenkung von insgesamt 20 %. Die vorhergehende Absenkung bleibe davon unberührt. Auch
dies lehnte der Kläger in einem Schreiben ab. Das Amt versuche "mit krimineller Energie die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen".
Diese Entwicklung sei "asozial".
Der Kläger erschien nicht zum Meldetermin. Mit Bescheid vom 17.11.2010 erfolgte deswegen eine Absenkung um 20 % der Regelleistung
für die Monate Dezember 2010 sowie Januar und Februar 2011. Die vorherige Absenkung bleibe gültig, im Dezember werde die Regelleistung
aber insgesamt nur um 20 % abgesenkt. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2010 zurückgewiesen.
Mit Änderungsbescheid vom 10.02.2011 wurde diese Absenkung auf 10 % der Regelleistung reduziert. Zum Zeitpunkt des Meldeversäumnisses
am 07.09.2010 sei der Sanktionsbescheid über das erste Meldeversäumnis vom 07.09.2010 noch nicht bekannt gegeben worden. Es
handle sich deshalb nicht um eine wiederholte Pflichtverletzung.
Eine weitere Absenkung wegen Nichterscheinen zum Meldetermin am 28.09.2010 (Bescheid vom 30.11.2010, um 30 % der Regelleistung
im Januar, Februar und März 2011) wurde wegen fehlerhafter Rechtsfolgenbelehrung mit Bescheid vom 08.02.2011 aufgehoben.
Mit Bescheid vom 17.12.2010 wurde Arbeitslosengeld II bewilligt für die Zeit von 01.01.2011 bis 31.03.2011 in Höhe von 251,30
Euro (Regelleistung 359,- Euro minus 30 % Absenkung von je 107,70 Euro) und für die Zeit von 01.04.2011 bis 30.06.2011 in
Höhe der Regelleistung von 359,- Euro. Nach dem vorgenannten Aufhebungsbescheid vom 08.02.2011 und dem Änderungsbescheid vom
10.02.2011 verblieb eine Absenkung von jeweils 10 % im Januar und Februar 2011.
Mit Schreiben vom 15.11.2010 wurde dem Kläger ein Vermittlungsvorschlag als Gabelstaplerfahrer bei der Firma O. unterbreitet
und er aufgefordert, sich umgehend zu bewerben. Das Schreiben enthält in der Anlage eine Rechtsfolgenbelehrung zur Absenkung
von 30 % der Regelleistung.
Der Kläger bewarb sich nicht und wurde zu der Absenkung angehört. Er äußerte sich nicht. Mit Bescheid vom 17.01.2011 erfolgte
deswegen eine Absenkung um 30 % der Regelleistung für die Monate Februar, März und April 2011. Der dagegen erhobene begründungslose
Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2011 zurückgewiesen.
Mit Änderungsbescheid vom 14.02.2011 wurden folgende Leistungen festgelegt.
- Januar 323,10 Euro (Absenkung 10 %),
- Februar 215,40 Euro (Absenkung 40 %),
- März und April 251,30 Euro (Absenkung 30 %) und
- Mai und Juni 359,- Euro (keine Absenkung).
Bereits mit Bescheid vom 23.12.2010 ersetzte der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt. Dieser
gelte für die Zeit vom 23.12.2010 bis 22.06.2011. Der Beklagte biete eine Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung
bei der DAA an. Der Kläger werde verpflichtet in der Zeit vom 10.01.2011 bis 04.03.2011 an der Maßnahme teilzunehmen. Die
Unterrichtszeiten und der Inhalt der Maßnahme wurden im Einzelnen beschrieben. Es handelte sich im Wesentlichen um ein Bewerbertraining.
Der Kläger erhob dagegen Widerspruch. Der Bescheid sei "kriminell und verfassungswidrig" und allenfalls ein Zeugnis für "Willkür
und stupide Bürokratie". Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2011 zurückgewiesen. Eine Sanktion aus der
Nichtteilnahme an der Maßnahme ist nicht ersichtlich.
Der Kläger erhob am 07.02.2011 Klage gegen die zwei Absenkungen wegen Meldeversäumnissen. Er verwies auf bisherige Streitigkeiten
und Unstimmigkeiten. Er wolle eine ordentliche Ausbildung bekommen, weil er nahezu null Qualifikation habe. Er habe kein Vertrauen
in die Behörde. Er wolle nur einen schriftlichen Kontakt zu Behörde. Er habe bereits Strafanzeigen erstattet.
Der Kläger erhob am 15.02.2011 auch Klage gegen die Widerspruchsbescheide vom 08.02.2011 (Nichtbewerbung) und 09.02.2011 (Eingliederungsverwaltungsakt).
Er verwies erneut auf Strafanzeigen, die er gestellt habe. Die Strafanzeigen blieben laut Kläger folgenlos.
Das Sozialgericht München hob mit Gerichtsbescheid vom 11.12.2011 den Bescheid vom 17.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 08.02.2011 (Absenkung 30 % im Februar, März und April 2011) auf und wies die Klage im Übrigen ab.
Der Sanktionsbescheid vom 07.09.2010 (10 % der Regelleistung im Oktober, November und Dezember 2010 sowie Wegfall des Zuschlags)
sei nicht zu beanstanden. Es liege ein Meldeversäumnis für den Termin am 19.08.2010 vor. Ein wichtiger Grund hierfür bestehe
nicht. Hierfür reiche die subjektive Einstellung des Klägers nicht aus. Schriftverkehr könne eine Meldung nicht ersetzen.
Die Rechtsfolgenbelehrung sei konkret, verständlich und richtig entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gewesen.
Beginn und Berechnung der Sanktion sei zutreffend.
Die zweite Sanktion durch Bescheid vom 17.11.2010, geändert durch Änderungsbescheid vom 10.02.2011 (10 % der Regelleistung
im Dezember 2010 und Januar und Februar 2011) sei nicht zu beanstanden. Insoweit werde auf die vorstehende Begründung verwiesen.
Die dritte Sanktion durch Bescheid vom 17.01.2011 (30 % der Regelleistung im Februar, März und April 2011 wegen Nichtbewerbungen)
sei aufzuheben, weil für alle in § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II vorgesehenen Absenkungen eine Eingliederungsvereinbarung erforderlich
sei (so BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 20/09 R). Ein Eingliederungsverwaltungsakt genüge nicht.
Der Eingliederungsverwaltungsakt vom 23.12.2010 habe sich durch Zeitablauf erledigt. Ein besonderes Feststellungsinteresse
für die Fortführung der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage sei nicht ersichtlich. Es fehle insbesondere an einer Wiederholungsgefahr.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 21.12.2011 zugestellt.
Der Kläger hat am 18.01.2012 Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt. Er sei für die Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer
nicht geeignet gewesen. Es seien Expertenkenntnisse erforderlich gewesen und ein Pkw-Führerschein sei wünschenswert gewesen.
Es werde nur die Verantwortung hin- und hergeschoben. Er werde stets nur belogen und betrogen. In einem weiteren Schreiben
hat der Kläger ausgeführt, dass es in der Hauptsache um die Notwendigkeit einer Ausbildung gehe, die Rechtmäßigkeit von Angeboten
durch den Beklagten, mehrere Sanktionsentscheidungen, die Rechtmäßigkeit mehrerer Eingliederungsverwaltungsakte, die Rechtmäßigkeit
von Einladungen und um Kostenerstattung. Der Beklagte hat den Klageänderungen ausdrücklich widersprochen.
Der Beklagte hat am 23.01.2012 ebenfalls Berufung eingelegt. Für die Sanktion wegen der Nichtbewerbung sei nicht erforderlich,
dass eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen wurde. Dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm und der Begründung
des Gesetzgebers.
Der Beklagte übermittelte einen Abdruck eines Eingliederungsverwaltungsaktes vom 06.03.2012, in dem ebenfalls eine Maßnahme
zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung bei der DAA festgelegt wurde.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 11.12.2011 abzuändern und den Bescheid vom 07.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.01.2011
und den Bescheid vom 17.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2011 aufzuheben sowie festzustellen, dass der
Eingliederungsverwaltungsakt vom 23.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2011 rechtswidrig war.
Der Kläger beantragt weiter, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und ihm eine Ausbildung nach seinen Möglichkeiten zu
gewähren.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 11.12.2010 aufzuheben, soweit der Bescheid vom 17.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
08.02.2011 aufgehoben wird und die Klage insoweit abzuweisen. Der Beklagte beantragt ferner, die Berufung des Klägers zurückzuweisen
und widerspricht der Klageänderung im Berufungsverfahren.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Berufungsgerichts
verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß §
144 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne gesonderte Zulassung zulässig. Es geht unter anderem um einen Eingliederungsverwaltungsakt.
Die Berufung des Beklagten ist nur als Anschlussberufung zulässig, weil diese lediglich die Absenkung um 30 % der Regelleistung
wegen der Nichtbewerbung (Bescheid vom 17.01.2011) betrifft und den Berufungsgrenzwert von 750,- Euro nicht überschreitet.
Diese ist nicht fristgebunden (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig,
Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, §
143 Rn. 5f).
Zulässiger Streitgegenstand sind die drei Absenkungen der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der
Eingliederungsverwaltungsakt.
Die vom Kläger im Berufungsverfahren erhobene Klage auf Verpflichtung des Beklagten, ihm eine Ausbildung nach seinen Möglichkeiten
zu gewähren ist unzulässig. Sie wird weder von §
96 SGG noch von §
99 Abs.
3 SGG erfasst. Der Beklagte hat in die Klageänderung nicht nach §
99 Abs.
1 SGG eingewilligt. Es liegt auch keine rügelose Einlassung des Beklagten nach §
99 Abs.
2 SGG vor, weil der Beklagte dieser Klageänderung umgehend widersprochen hat. Die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich nach
§
99 Abs.
1 SGG. Es besteht weder ein enger sachlicher Zusammenhang zum sonstigen Streitstoff noch liegt zur gewünschten Ausbildung ein Verwaltungsakt
vor.
1. Absenkungen
Für alle Absenkungen gilt § 31 SGB II in der bis 31.03.2011 anwendbaren Fassung, weil § 77 Abs. 12 SGB II dies für Pflichtverletzungen,
die vor dem 01.04.2011 begangen worden sind, so anordnet.
Die drei strittigen Absenkungen entsprechend weit überwiegend dem Gesetz und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Lediglich für den Monat Dezember 2010 ist die zweite Absenkung (Bescheid vom 17.11.2010) aufzuheben, soweit darin eine Absenkung
für weitere 10 % des Regelbedarfs erfolgte.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R, Rn. 26) ist bei einer Absenkung Streitgegenstand die Höhe der Leistung in den Absenkungsmonaten. Die Höhe ist durch eine
bestandskräftige vorherige Bewilligung begrenzt. Wenn eine Absenkung vom Gericht nicht aufgehoben wird, ist nach Auffassung
des BSG der Anspruch dem Grunde und der Höhe nach vollständig zu überprüfen, ob sich nicht aus einem anderen Grund eine zwar
abgesenkte, aber doch höhere Leistung ergibt.
Dieser Streitgegenstandsbegriff ergibt sich aus der Auffassung des BSG, dass es sich bei einer Absenkung um einen Änderungsbescheid
nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) handelt. Damit lehnt das BSG die angesichts des Wortlauts von § 31 Abs. 6 Satz SGB II in der bis 31.03.2011 gültigen Fassung (" ... Verwaltungsakt, der die Absenkung oder den Wegfall der Leistung
feststellt ...") ebenfalls vertretbare alternative Ansicht ab. Nach dieser Ansicht prüft oder verfügt die Behörde den Leistungsanspruch
nicht, sondern sie stellt nur eine Absenkung fest und kürzt den bisherigen Leistungsanspruch um einen gesetzlich vorgegebenen
Betrag.
Entsprechend dem Streitgegenstandsbegriff des BSG ist zunächst der tatsächliche Leistungsanspruch festzustellen. Der Kläger
hat Anspruch auf die Regelleistung und bis 31.12.2010 Anspruch auf einen Zuschlag. Dieser Bedarf wurde den Bewilligungen und
Änderungsbescheiden zutreffend zugrunde gelegt.
a) Erste Absenkung
Dem Kläger wurde zunächst mit Folgebescheid vom 24.06.2010 Arbeitslosengeld II auch für die Monate Oktober, November und Dezember
2010 zutreffend bewilligt (Regelbedarf und Zuschlag). Auf die konkrete Höhe des Zuschlags kommt es dabei nicht an, weil die
erste Absenkung rechtmäßig ist.
Mit Bescheid vom 07.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.01.2010 wurde das Arbeitslosengeld II unter Wegfall
des Zuschlags um 10 % der Regelleistung abgesenkt. Diese Absenkung entspricht §
31 Abs.
2 SGB II. Insoweit wird gemäß §
153 Abs.
2 SGG auf die zutreffende Begründung des Sozialgerichts verwiesen und die Berufung des Klägers aus den dortigen Gründen als unbegründet
zurückgewiesen.
b) Zweite Absenkung
Mit Bescheid vom 17.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2010 und des Änderungsbescheids vom 10.02.2011
wurde für die Monate Dezember 2010 sowie Januar und Februar 2011 zuletzt nur noch eine Absenkung um 10 % der Regelleistung
verfügt.
Auch diese Absenkung beruht auf § 31 Abs. 2 SGB II. Der Kläger hat den Meldetermin am 07.09.2010 ohne wichtigen Grund nicht
wahrgenommen. Die aus Anlass der Einladung vom Kläger geäußerten haltlosen Vorwürfe stellen keinen derartigen Grund dar. Die
Rechtsfolgenbelehrung mit Schreiben vom 24.08.2010 (Absenkung in Höhe von 20 %) war zum damaligen Zeitpunkt zutreffend und
konkret. Es war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkennbar, dass die vorhergehende Absenkung bis zum zweiten Meldetermin noch
nicht zugegangen war. Eine Rechtsfolgenbelehrung ist dann konkret und zutreffend, wenn die Behörde der Rechtsfolgenbelehrung
den bis dahin bestehenden Sachverhalt zutreffend zugrunde legt. Es handelt sich hierbei nicht um eine ansonsten unzulässige
geltungserhaltende Reduktion der Rechtsfolgenbelehrung. Höhe, Beginn und Dauer der Sanktion entsprechen § 31 Abs. 2 und Abs.
6 Satz 1 und 2 SGB II.
Soweit für den Monat Dezember - neben der ersten Absenkung - eine weitere Absenkung um 10 % verfügt wurde, ist diese aufzuheben.
Das BSG hat im Urteil vom 09.11.2010, B 4 AS 27/10 R, Rn. 21 dargelegt, dass keine gleich hohen Absenkungen nebeneinander vollzogen werden können:
"Der das Meldeversäumnis vom 17.10.2007 betreffende Bescheid kann auch nicht etwa mit einer Minderung des Alg II um 20 vH
der Regelleistung als rechtmäßig angesehen werden, weil dies das gesetzgeberische Konzept einer stufenweisen Minderung umgehen
würde. Liegt ein (weiteres) wiederholtes Meldeversäumnis nicht vor, scheidet auch eine (weitere) Erhöhung des Minderungsbetrags
durch eine zeitgleiche Absenkung mittels zweier gesonderter Minderungsbescheide mit gleichem Absenkungsbetrag aus, die im
Ergebnis zu einer Minderung des Alg II im gleichen oder sogar höheren Umfang führen würden ..."
Dies bedeutet zunächst nicht, dass der Beklagte die zweite Absenkung nicht verfügen durfte. Er konnte ja nicht wissen, ob
die erste Absenkung, die noch nicht bestandskräftig war, Bestand hatte. Er durfte die Leistung im Überlappungszeitraum Dezember
2010 nur nicht zweimal kürzen. Weil nun zugleich über die erste und die zweite Absenkung entschieden wird, ist die zweite
Absenkung um weiter 10 % für Dezember 2010 entgegen der Auffassung des Sozialgerichts München deshalb zu beanstanden und insoweit
aufzuheben.
Die Bewilligung vom 17.12.2010 wurde mit Änderungsbescheid vom 14.02.2011 ersetzt, der die Leistungen (hier für Januar und
Februar 2011) - unter Berücksichtigung der dritten Absenkung (siehe unten) - zutreffend festsetzte.
c) Dritte Absenkung
Mit Bescheid vom 17.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.02.2011 wurde die Leistung in den Monaten Februar,
März und April 2011 um 30 % der Regelleistung abgesenkt, weil sich der Kläger nicht auf die angebotenen Stelle als Gabelstapler
beworben hatte.
Die Voraussetzungen einer Absenkung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c SGB II liegen vor. Die Einwände des Klägers zur fehlenden
Qualifikation verfangen nicht. Er hatte einen Staplerschein, gesucht wurde ein Gabelstaplerfahrer. Ein Führerschein wurde
im Stellenangebot nur als wünschenswert bezeichnet. Er hätte sich zumindest bewerben müssen. Insoweit wird gemäß §
153 Abs.
1 i.V.m. §
136 Abs.
3 SGG auf die zutreffenden und umfassenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 08.02.2011 verwiesen.
Ergänzend wird ausgeführt, dass entgegen der Ansicht des Sozialgerichts für die Absenkung keine Eingliederungsvereinbarung
erforderlich ist. Es ist zwar richtig, dass das BSG zunächst im Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 20/09 R, forderte, dass eine Eingliederungsvereinbarung nötig sei. Diese Ansicht hat das BSG aber im Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R, zu Recht wieder aufgegeben. Dort ging es um zwei Vermittlungsangebote und es gab keine Eingliederungsvereinbarung. Eine
andere Rechtsauffassung wäre auch - wie der Beklagte zu Recht vorbringt - mit der historischen Entwicklung der Vorschrift
und der Gesetzesbegründung nicht vereinbar.
§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c SGB II lautete in seiner 2005 gültigen Fassung:
...wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert,
a) eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit aufzunehmen oder fortzuführen,
b) ...
Es gab also von vornherein nicht Notwendigkeit einer Eingliederungsvereinbarung für diese Sanktion der Weigerung eine zumutbare
Arbeit aufzunehmen.
Insoweit ist das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und der Berufung des Beklagten stattzugeben.
Die Bewilligung vom 17.12.2010 wurde mit Änderungsbescheid vom 14.02.2011 ersetzt, der die Leistungen (hier für Februar bis
April 2011) - unter Berücksichtigung der zweiten Absenkung - zutreffend festsetzte.
2. Eingliederungsverwaltungsakt
Mit Bescheid vom 23.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2011 ersetzte der Beklagte die nicht zustande gekommene
Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II.
Statthaft ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG. Der Eingliederungsverwaltungsakt hat sich durch sanktionslosen Zeitablauf nach § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts besteht ein berechtigtes Interesse an der Fortsetzungsfeststellungsklage.
Wie der neue, auf ein fast identisches Bewerbertraining bei der DAA gerichtete Eingliederungsverwaltungsakt vom 05.03.2011
zeigt, besteht eine Wiederholungsgefahr.
Die Klage und Berufung gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 23.12.2010 ist im Ergebnis gleichwohl zurückzuweisen. Der
Verwaltungsakt entspricht den Vorgaben des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II und ist nicht zu beanstanden.
Eine Eingliederungsvereinbarung kam nicht zu Stande, weil der Kläger sich weigerte, zu einem der Meldetermine zu erscheinen.
Eine persönliche Besprechung dient gerade dem Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung.
Die Eingliederungsvereinbarung enthält auch die Inhalte nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Die Maßnahme wurde klar und deutlich
beschrieben. Die Inhalte der Maßnahme waren sehr wohl für den Kläger zutreffend und zumutbar (vgl. § 10 Abs. 3 SGB II). Er
ist seit Jahren arbeitslos und er kann keine eigenen Bemühungen, geschweige denn erfolgreiche Bemühungen, um einen Arbeitsplatz
nachweisen. Dass der Kläger bevorzugen würde, eine Berufsausbildung zu erhalten, macht den Inhalt des Eingliederungsverwaltungsaktes
nicht rechtswidrig.
Aufgrund des lediglich geringfügigen Obsiegens des Klägers sind ihm weder für das Klageverfahren noch für das Berufungsverfahren
Kosten zu erstatten (§
193 SGG),
Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.