Arbeitslosengeld
Anwartschaftsbegründendes Beschäftigungsverhältnis
Beginn der Rahmenfrist
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) über den 27.06.2015 hinaus für die Dauer von weiteren 180 Kalendertagen.
Am 19.02.2015 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Hierzu gab sie im
Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 26.02.2015 an, nur noch 25 bis 30 Stunden pro Woche arbeiten zu wollen. Anlässlich
der Anhörung zu einer Sperrzeit machte die Klägerin geltend, Alg sei ab dem 19.02.2015 zu zahlen. In der Zeit von März 2013
bis März 2014 habe die Klägerin - nach eigenen Angaben - eine selbständige Tätigkeit ausgeübt, ohne jedoch die Begründung
eines Versicherungspflichtverhältnisses gemäß §
28a Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) beantragt zu haben. Das zum 01.04.2014 mit der Fa. T. begründete Arbeitsverhältnis sei zum 31.03.2015 gekündigt worden.
Einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 21.01.2015 zufolge hatten die Klägerin und ihr Arbeitgeber vereinbart, das Arbeitsverhältnis
habe aufgrund arbeitgeberseitiger (betriebsbedingter) Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 31.03.2015 geendet
(Ziffer 1 des Vergleichs). Die Klägerin werde unbezahlt und unwiderruflich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung
freigestellt, wobei eventuelle Zeitguthaben und Urlaub bereits eingebracht seien (Ziffer 2 des Vergleiches). Der Arbeitgeber
verpflichtete sich, auf Basis einer Bruttomonatsvergütung von 3.075,00 EUR bis 31.03.2015 die Sozialabgaben zu entrichten
(Ziffer 3 des Vergleiches).
Hierauf bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 26.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2015
für die Zeit ab dem 19.02.2015 Alg in Höhe von 22,85 EUR täglich (bzw. ab 01.03.2015 in Höhe von 18,16 EUR täglich und ab
01.06.2015 in Höhe von 18,77 EUR täglich). Die Anspruchsdauer betrage (bis zum voraussichtlichen Ende des Leistungsanspruches
am 27.06.2015) 134 Tage.
Die ausgewiesene Anspruchsdauer von 134 Tagen (abzüglich einer Minderung von sieben Tagen wegen des Eintritts einer Sperrzeit
im Zeitraum vom 01.12.2014 bis 07.12.2014 infolge einer verspäteten Arbeitssuchendmeldung; Bescheid vom 26.03.2015) beruhte
hierbei auf einem Restanspruch der Klägerin aus einer zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft von 269 Tagen, nachdem die Klägerin
hieraus in der Zeit vom 12.10.2012 (Bewilligungsbescheid vom 24.10.2012 idG des Widerspruchbescheides vom 30.11.2012) bis
25.02.2013 (Aufhebungsbescheid vom 25.02.2013 idG des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2013) für die Dauer von 135 Tagen Alg
bezogen hatte. Dem Leistungssatz (22,85 EUR täglich/ Steuerklasse I) lag ein Bemessungsentgelt von 53,96 EUR (= 3/4 aus 71,95
EUR) zugrunde, das sich aus einem ungekürzten Bemessungsentgelt von 71,95 EUR ergab, welches noch auf Zeiten einer abhängigen
Beschäftigung der Klägerin in den Zeiträumen vom 01.08.2008 bis 31.12.2008 (40 Wochenstunden) und 12.10.2009 bis 14.12.2009
(40 Wochenstunden) beruhte, sowie dem Umstand, dass die Klägerin mit ihrer Arbeitslosmeldung ihre Bereitschaft, eine versicherungspflichtige
Beschäftigung aufzunehmen, dahingehend eingeschränkt hatte, eine Tätigkeit mit einer Wochenarbeitszeit von allenfalls 30 Stunden
aufnehmen zu wollen. Zudem rechnete die Beklagte aus einer geringfügigen Beschäftigung der Klägerin (450,00 EUR brutto monatlich
- nach Abzug der dargelegten Werbungskosten und dem Freibetrag von 165,00 EUR; Aufnahme der Tätigkeit am 01.12.2013) für die
Zeit ab dem 01.03.2015 einen täglichen Betrag von 4,69 EUR (Zahlbetrag: 18,16 EUR) sowie für die Zeit ab dem 01.06.2015 einen
täglichen Betrag von 4,08 EUR (Zahlbetrag: 18,77 EUR) als zu berücksichtigendes Einkommen auf den Leistungssatz von 22,85
EUR an.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Anspruchsdauer sei unter Berücksichtigung der versicherungspflichtigen
Beschäftigung bei der Fa. T im Zeitraum vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 zu berechnen. Faktisch sei sie erst ab dem 01.04.2015
arbeitslos. Nach dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 21.01.2015 habe sie Anspruch auf ein Bruttoarbeitsentgelt von 3.075,00
EUR gehabt, das der Bemessung zugrunde zu legen sei. Die Sozialabgaben hierfür habe der Arbeitgeber entrichtet, so dass sich
aus dem sozialversicherungspflichtigen Einkommen von zwölf Monaten ein neuer Anspruch ergebe. Zudem seien die berücksichtigungsfähigen
Werbungskosten in unzutreffender Weise ermittelt.
Den Widerspruch wies die Beklagte der Klägerin hinsichtlich der Höhe des Bemessungsentgeltes (W 1716/15) mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015 sowie bezüglich des anzurechnenden Nebeneinkommens (W 1885/15) mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015 zurück.
Mit einem weiteren (gesonderten) Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015 wies die Beklagte das Widerspruchsvorbringen in Bezug
auf die Anspruchsdauer (W 1715/15) ebenfalls zurück. Der Klägerin seien lediglich Leistungen aus dem Restanspruch der zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft
zu bewilligen. Unter Beachtung der Arbeitslosmeldung zum 19.02.2015 habe die Klägerin in der danach maßgeblichen Rahmenfrist
(19.02.2013 bis 18.02.2015) lediglich für die Dauer von 244 Tagen versicherungspflichtige Zeiten zurückgelegt, denn nur in
der Zeit vom 01.04.2014 bis 30.11.2014 sei eine der Versicherungspflicht unterliegende Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt
ausgeübt worden.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben (S 1 AL 151/15). Das Arbeitsverhältnis habe zwölf Monate angedauert und die Sozialversicherungsbeiträge seien vom Arbeitgeber entrichtet
worden, so dass ein Versicherungspflichtverhältnis bestanden habe, aus dem ein neuer Anspruch für die Dauer von 180 Tagen
auf Alg resultiere. Zusammen mit dem Restanspruch sei ihr für die Dauer von insgesamt 314 Tagen Alg zu zahlen.
Das SG hat die auf eine längere Anspruchsdauer gerichtete Klage mit Urteil vom 27.08.2015 abgewiesen. Anwartschaftsbegründende Zeiten
einer versicherungspflichtigen Beschäftigung innerhalb der Rahmenfrist (19.02.2013 bis 18.02.2015) seien nur im Umfang von
244 Tagen (01.04.2014 bis 28.11.2014) zurückgelegt worden. Ab dem 29.11.2014 sei die Klägerin nicht gegen Entgelt in dem Arbeitsverhältnis
beschäftigt gewesen, so dass diese Zeiten nicht als Zeiten der Versicherungspflicht zu werten seien. Die Dauer des Restanspruches
habe die Beklagte zutreffend ermittelt.
Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. In der Zeit vom 01.04.2014 bis
31.03.2015 habe ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden und die Sozialversicherungsbeiträge seien vom Arbeitergeber
abgeführt worden. Bereits hieraus ergebe sich ein weiterer Anspruch auf Alg für die Dauer von 180 Tagen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.08.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26.03.2015
in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2015 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015 dem Grunde
nach zu verurteilen, Arbeitslosengeld über den 27.06.2015 hinaus für die Dauer von 180 Tagen - nach Maßgabe der gesetzlichen
Vorschriften - in Höhe von 38,36 EUR täglich zu zahlen
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Das SG habe in Bezug auf die Anspruchsdauer zutreffend entschieden.
In Bezug auf die Höhe des zu berücksichtigenden Bemessungsentgeltes (W 1716/15 - Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015) und des anzurechnenden Nebeneinkommens (W 1885/15 - Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015) hat die Klägerin gleichfalls Klagen zum SG erhoben (W 1716/15 = S 1 AL 188/15 bzw. W 1885/15 = S 1 AL 183/15), die das SG mit weiteren Urteilen vom 27.08.2015 abgewiesen hat. Auch gegen diese Urteile hat die Klägerin jeweils Berufung beim LSG
eingelegt (S 1 AL 188/15 = L 10 AL 249/15 bzw. S 1 AL 183/15 = L 10 AL 248/15), die sie am 25.02.2016 im Hinblick auf die Zusage der Beklagten für erledigt erklärt hat, im Falle eines rechtskräftigen
Unterliegens im Verfahren L 10 AL 247/15 über die Streitgegenstände in Bezug auf die Verfahren L 10 AL 248/15 und L 10 AL 249/15 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erneut rechtsbehelfsfähig zu entscheiden.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerechte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtgesetz -
SGG), in der Sache aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 26.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2015 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015 ist in Bezug auf die Anspruchsdauer rechtmäßig und verletzt die Klägerin
nicht in ihren Rechten. Nach der Erfüllung ihres Restanspruches aus der zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft mit Ablauf
des 27.06.2015 hat die Klägerin mangels hinreichender Zeiten eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses keinen
Anspruch auf Zahlung von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015.
Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit hat, wer arbeitslos ist, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die
Anwartschaftszeit erfüllt hat (§
137 Abs
1 SGB III). Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§
143) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§
142 Abs
1 Satz 1
SGB III).
Eine Anwartschaftszeit in diesem Sinne hatte die Klägerin zuletzt mit ihrer Arbeitslosmeldung zum 12.10.2012 erfüllt, in deren
Folge die Beklagte mit bestandskräftigem Bewilligungsbescheid vom 24.10.2012 idG des Widerspruchbescheides vom 30.11.2012
der Klägerin Alg für eine Anspruchsdauer von 269 Tagen bewilligt hat. Dieser Anspruch beruhte auf einer versicherungspflichtigen
selbstständigen Tätigkeit (Zeiten der Versicherungspflicht vom 01.03.2011 bis 11.10.2012) sowie einem zum 12.10.2012 noch
bestehenden Restanspruch von 29 Tagen aus einer zum 31.07.2010 erworbenen Anwartschaft. Diesen Anspruch von 269 Tagen hat
die Beklagte auf der Grundlage des Bescheides vom 24.10.2012 durch Zahlung von Alg an die Klägerin für den Zeitraum vom 12.10.2012
bis 25.02.2013 für 135 Tage erfüllt, so dass sich der zum 12.10.2012 erworbenen (Rest-) Anspruch gemäß §
148 Abs
1 Nr.
1 SGB III auf 134 Tage gemindert hatte, als sich die Klägerin zum 19.02.2015 arbeitslos gemeldet und die Zahlung von Alg begehrt hat.
Allein aus diesem (Rest-) Anspruch, den die Klägerin noch vor dem Ablauf der für diesen Anspruch gemäß §
161 Abs
2 SGB III maßgeblichen (vierjährigen) Verfallfrist, dem 11.10.2016, geltend gemacht hat, konnte sie die Zahlung von Alg verlangen.
Diesen Anspruch hat die Beklagte mit Bescheid vom 26.03.2015 idF des Bescheides vom 30.03.2015 bewilligt und für die Dauer
von 127 Tagen (134 Tage abzüglich einer bestandskräftig festgestellten Minderung von sieben Tagen wegen einer verspäteten
Meldung der Arbeitssuche; Bescheid vom 26.03.2015 idG des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015) im Zeitraum vom 19.02.2015
bis 27.06.2015 durch Zahlung von Alg zwischenzeitlich erfüllt, wobei auch Zahlungen für den Zeitraum vom 19.02.2015 bis 31.03.2015
zu Recht erfolgt sind, denn es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der arbeitsgerichtlich vereinbarten Zahlung
einer Vertragsstrafe sowie den damit in Zusammenhang stehenden Abwicklungsmodalitäten (Ziffern 6 bis 9 des arbeitsgerichtlichen
Vergleiches vom 21.01.2015) um die Abgeltung von Arbeitsentgelt gehandelt hat, das zum Ruhen des Anspruches auf Alg geführt
hätte.
Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf weitere Zahlungen von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015, denn die Klägerin hat allein
unter Beachtung ihres Arbeitsvertrages mit der Fa. T im Zeitraum vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 keine anspruchsbegründende
Anwartschaftszeit erfüllt.
Nach §
142 Abs
1 Satz 1
SGB III hat die Anwartschaftszeit zurückgelegt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate (360 Tage, §
339 Satz 1
SGB III) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß §
143 Abs
1 SGB III zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg.
Für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin unter Beachtung des mit der Fa. T bis 31.03.2015 fortdauernden Arbeitsvertrages
eine neue Anwartschaft erworben hat, kann vorliegend dahinstehen, dass sich die Klägerin bereits am 19.02.2015 arbeitslos
gemeldet und ab diesem Zeitpunkt Leistungen aus dem Restanspruch der zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft bezogen hat, denn
allein der Bezug von Alg und die damit verbundene Beschäftigungslosigkeit im Sinne der gesetzlichen Vorschriften stehen nicht
grundsätzlich der Möglichkeit entgegen, dass zeitgleich ein anwartschaftsbegründendes Beschäftigungsverhältnis besteht (vgl.
BSG, Urteil vom 26.11.1985 - 12 RK 51/83; Urteil vom 04.07.2012 - B 11 AL 16/11 R - [...]). Ausgehend vom 19.02.2015 konnte die Klägerin - dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - allein unter Beachtung
der vorhergehenden Zeiten der Versicherungspflicht keine Anwartschaftszeit erfüllen, denn nach ihren Angaben war sie nach
ihrer Abmeldung aus dem Leistungsbezug zum 25.02.2013 in der Zeit vom 26.02.2013 bis 31.03.2014 zwar selbständig tätig, jedoch
- entgegen vorhergehenden Zeiten der Selbständigkeit - nicht auf Antrag gemäß §
28a SGB III versicherungspflichtig. Unter Beachtung dieses Umstandes konnte die Klägerin bei Beginn einer Rahmenfrist am 19.02.2015 in
der Zeit seit dem 01.04.2014, d.h. seit der Aufnahme der Tätigkeit bei der Fa. T, die allein als anwartschaftsbegründende
Zeiten der Versicherungspflicht in Rede stehen, bereits deshalb keine Anwartschaftszeit erfüllen, aus der Leistungen zu zahlen
gewesen wären, weil der Zeitraum vom 01.04.2014 bis 19.02.2015 offenkundig weniger als 360 Tage der Versicherungspflicht umfasst
hätte.
Für das vorliegende Verfahren ist allein darauf abzustellen, ob ausgehend von dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin behauptet,
alle Voraussetzungen für die Entstehung eines (neuen) Anspruches erfüllt zu haben, nämlich ab dem 01.04.2015, innerhalb der
dann maßgeblichen Rahmenfrist hinreichende Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachzuweisen sind, die geeignet
sind, eine Anwartschaftszeit iSd §
142 Abs
1 Satz 1
SGB III zu erfüllen. Soweit sich nämlich ein Versicherter arbeitslos meldet, bevor die Anwartschaftszeit erfüllt ist, beginnt die
Rahmenfrist erst dann, wenn auch die Anwartschaftszeit als Voraussetzung für den Anspruch auf Alg erfüllt ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.06.2004 - B 11 AL 70/03 R - [...]).
Ausgehend von diesen rechtlichen Vorüberlegungen ist aber auch für die Zeit ab dem 01.04.2015 die Erfüllung einer Anwartschaftszeit,
aus der die Klägerin weitere Zahlungen von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015 erhalten könnte, nicht nachgewiesen. Soweit
die Klägerin geltend macht, sie habe in der Zeit vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 in einem Arbeitsverhältnis gestanden und es
seien für den gesamten Zeitraum Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden, rechtfertigt dies allein keinen Anspruch
auf Alg.
Nach §
142 Abs
1 Satz 1
SGB III hat die Anwartschaftszeit zurückgelegt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis
iSd §
24 SGB III gestanden hat. Diese Voraussetzungen erfüllen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig
sind (§
24 Abs
1 SGB III). Für Beschäftigte beginnt das Versicherungspflichtverhältnis mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis (§
24 Abs
2 Satz 1
SGB III) und endet mit dem Tag des Ausscheidens (§
24 Abs
4 SGB III). Als Beschäftigte sind gemäß §
25 Abs
1 Satz 1
SGB III versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige
Beschäftigung) sind. Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs
1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV), dessen sachlicher Anwendungsbereich sich auch auf das Arbeitsförderungsrecht erstreckt (§
1 Abs
1 Satz 2
SGB IV), die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Hieraus folgt aber nicht, dass ein Versicherungspflichtverhältnis iS des §
142 Abs
1 Satz 1
SGB III i.V.m. §
24 Abs
1 SGB III stets dann vorliegt, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse. So müssen
bei faktischer Beschäftigungslosigkeit Arbeitgeber wie Arbeitnehmer den Willen zur (wenn auch künftigen) Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses
dokumentieren. Besteht ein solcher Fortsetzungswille nicht, endet auch bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses das eine Anwartschaftszeit
begründende Versicherungspflichtverhältnis iS des §
142 Abs
1 Satz 1
SGB III mit dem tatsächlichen Ende der Beschäftigung, also dann, wenn Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt tatsächlich nicht mehr erbracht
werden und der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet oder seine (arbeitsrechtliche) faktische Verfügungsmöglichkeit
nicht wahrnimmt (vgl. BSG, Urteil vom 04.07.2012 aaO mwN).
Unter Beachtung dieser rechtlichen Überlegungen und der tatsächlichen Verhältnisse ist zumindest für die Zeit ab dem 21.01.2015
ein die Versicherungsplicht auslösendes Beschäftigungsverhältnis nicht mehr festzustellen. Der Klägerin wurde spätestens ab
diesem Zeitpunkt weder Arbeitsentgelt gezahlt noch hatte sie Anspruch hierauf, nachdem das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich
nicht mehr ausgeübt wurde und die Parteien des Arbeitsvertrages auch nicht den Willen hatten, das Beschäftigungsverhältnis
fortzusetzen. Ausgehend hiervon hat die Klägerin in der Rahmenfrist vom 01.04.2013 bis 31.03.2015 damit allenfalls an 296
Tagen (01.04.2014 bis 21.01.2015) in einem Pflichtversicherungsverhältnis gestanden, so dass eine Anwartschaftszeit iSd §
142 Abs
1 Satz 1
SGB III nicht erfüllt ist.
Soweit kann dahinstehen, ob die Klägerin nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses und dem tatsächlichen Ausscheiden aus
dem Betrieb ihres Arbeitsgebers zum 29.11.2014 infolge eines Annahmeverzuges des Arbeitgebers und geschuldeten Arbeitsentgeltes
eventuell noch als versicherungspflichtige Beschäftigte anzusehen wäre. Ausweislich des arbeitsgerichtlichen Vergleiches vom
21.01.2015 haben die Klägerin und ihr Arbeitgeber vereinbart, die Klägerin werde unbezahlt und unwiderruflich bis zum Ende
des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt, wobei sich die Beteiligten darüber einig waren, dass eventuelle
Zeitguthaben und Urlaub bereits eingebracht seien. Damit war das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne spätestens
mit Ablauf des 21.01.2015 beendet, wollte man zugunsten der Klägerin annehmen, der arbeitsgerichtliche Vergleich beziehe sich
lediglich auf die Zeit ab der Vereinbarung bis zum 31.03.2015, dem regulären Ende des befristeten Arbeitsvertrages. Es fehlt
damit zumindest für die Zeit ab dem 22.01.2015 an den elementaren Voraussetzungen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses.
Die Klägerin war ab diesem Zeitpunkt bei ihrem Arbeitgeber tatsächlich nicht mehr beschäftigt und den Parteien des Arbeitsvertrages
fehlte es an dem Willen, das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin über den 21.01.2015 hinaus fortzusetzen. Zum einen hat
der Arbeitgeber mit der unwiderruflichen Freistellung der Klägerin auf die Ausübung seines Direktionsrechtes bis zum Ende
des Arbeitsvertrages verzichtet, womit der dokumentiert, die Klägerin nicht mehr beschäftigen zu wollen. Anderseits hat aber
auch die Klägerin mit dem Vergleich klargestellt, sie wolle trotz Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zumindest zukünftig,
d.h. vom 22.01.2015 bis 31.03.2015, für ihren Arbeitgeber nicht mehr tätig werden, obwohl weder Urlausansprüche noch Zeitguthaben
vorhanden waren. Allein der aus dem Arbeitsvertrag resultierender Beschäftigungsanspruch wäre mit einem Anspruch auf Zahlung
von Arbeitsentgelt verbunden gewesen, der eine Versicherungspflicht gemäß §
25 SGB III hätte auslösen können. Hiervon hat die Klägerin jedoch mit dem Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleiches am 21.01.2015
Abstand genommen und damit zum Ausdruck gebracht, weder die Beschäftigung wieder aufnehmen noch Arbeitsentgelt für die Zeit
bis 31.03.2015 erhalten zu wollen.
Soweit es der Klägerin anlässlich des Vergleiches vom 21.01.2015 ersichtlich darum gegangen war, durch die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge
eine Anwartschaftszeit nach dem
SGB III zu erfüllen, verkennt sie, dass allein eine Versicherung wegen der tatsächlichen Entrichtung von Beiträgen dem deutschen
Recht der Arbeitslosenversicherung seit jeher fremd ist (vgl. hierzu eingehend: BSG, Urteil 06.02.1992 - 7 RAr 134/90 - [...]).
Mangels eines Anspruches auf Zahlung von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015 hat der erkennende Senat damit weder über die
Höhe des Bemessungsentgeltes noch über das anzurechnende Nebeneinkommen zu befinden. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt aus dem Unterliegen der Klägerin.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs
2 Nr.
1 und
2 SGG liegen nicht vor.