Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Leistungen mindestens nach Pflegestufe I des Elften
Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB XI).
Der 1964 geborene Kläger erlitt im Juli 1998 einen Autounfall mit der Folge einer schmerzhaften Funktionseinschränkung des
Bewegungsapparates. Er beantragte am 20.07.2007 die Gewährung von Leistungen nach dem
SGB XI in Form von Kombinationsleistungen aus häuslicher Pflegehilfe und Pflegegeld. Daraufhin ließ die Beklagte den Kläger durch
den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Bayern begutachten. In dem Gutachten vom 14.09.2007 kam die Pflegefachkraft
T. zum Ergebnis, dass beim Kläger ein täglicher Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 26 Minuten (Körperpflege 18 Minuten,
Ernährung 0 Minuten, Mobilität 8 Minuten) sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von täglich 45 Minuten bestehe.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 17.09.2007 Leistungen ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. In einem
weiteren Gutachten des MDK vom 12.10.2007 nach Aktenlage erging Widerspruchsbescheid vom 30.11.2007, mit dem der Widerspruch
zurückgewiesen wurde.
Hiergegen erhob der Kläger am 21.12.2007 Klage beim Sozialgericht Darmstadt (SG). Der Kläger legte ein Pflegetagebuch über den Zeitraum 25.04.2008 bis 08.05.2008 vor. In dem vom SG Darmstadt in Auftrag
gegebenen Pflegegutachten vom 07.09.2008 nach Hausbesuch kam der Pflegesachverständige A. L. zum Ergebnis, der Kläger habe
einen Hilfebedarf bei der Körperpflege von 35 Minuten, bei der Ernährung von 0 Minuten und bei der Mobilität von 37 Minuten.
Mit Beschluss vom 16.04.2009 erklärte sich das SG Darmstadt für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das SG
Würzburg. Das SG zog die Schwerbehindertenakte des Klägers beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Würzburg bei sowie ärztliche Unterlagen
des behandelnden Hausarztes Dr. von M ... Im Anschluss daran wurde der Internist und Sozialmediziner Dr. G. mit der Erstattung
eines Gutachtens beauftragt. Er kam am 01.02.2010 zum Ergebnis, dass beim Kläger eine kombinierte Persönlichkeitsstörung,
eine posttraumatische Belastungsstörung, ein chronisches Schmerzsyndrom ohne sichere organische Grundlage und ein Verdacht
auf Schmerzmittel- und Beruhigungsmittelabusus vorlägen. Der Hilfebedarf des Klägers betrage 33 Minuten täglich, wobei für
die Körperpflege 24 Minuten und für die Mobilität 9 Minuten anzusetzen seien. Eindeutige und schwerwiegende Beeinträchtigungen
seitens des Bewegungsapparates bestünden nicht.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.04.2010 wies daraufhin das SG die Klage ab.
Hiergegen hat der Kläger am 09.06.2010 Berufung eingelegt. Der Sachverständige Dr. G. sei nicht in der Lage, die Hilfebedürftigkeit
aufgrund psychischer Beeinträchtigungen zu beurteilen. Hierfür sei ein weiteres Gutachten erforderlich. Mit Beschluss vom
09.09.2010 hat der Senat Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung bewilligt und Dr. C. zur gerichtlichen Sachverständigen bestellt.
Diese hat in ihrem Gutachten vom 20.10.2010 ausgeführt, dass im Bereich der Körperpflege ein Bedarf von 12 Minuten, im Bereich
der Ernährung von 4 Minuten und im Bereich der Mobilität von 23 Minuten - insgesamt also ein Grundpflegebedarf von 39 Minuten
- bestehe. Für die Körperpflege würden Ganzkörperwäsche 7 Minuten und Teilwäsche 4 Minuten täglich angerechnet sowie für die
Intimhygiene 1 Minute. Für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung viermal täglich falle ein Bedarf von 4 Minuten an. Für
die Mobilität beim An- und Auskleiden seien 6 Minuten anrechenbar, beim Stehen und Transfer zur Dusche 1 Minute. Bei der Ermittlung
des Hilfebedarfes seien die Angaben des Klägers und der Pflegeperson, soweit nachvollziehbar, berücksichtigt. Eine Inkontinenz
bestehe nicht.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 26.04.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.09.2007 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2007 aufzuheben und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach Pflegestufe
I ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Würzburg die Klage abgewiesen. Da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen
Entscheidung zurückweist, wird gemäß §
153 Abs.2
SGG auf eine weitere Darstellung der Entscheidungsgründe verzichtet.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich auch aus dem Vorbringen im Berufungsverfahren keine neuen Gesichtspunkte ergeben.
Das Gutachten der Frau Dr. C. hat den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg voll umfänglich bestätigt. Dr. C. weist
darauf hin, dass die Angaben zum Hilfebedarf häufig widersprüchlich und aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen nicht
nachvollziehbar sind. Sie führt aus, dass Psychopharmaca und Schmerzmittel in höchster Dosierung oder überdosiert genommen
werden. Diese haben starke Nebenwirkungen, welche mit den beschriebenen Beschwerden des Klägers übereinstimmen. Zwar können
auch psychische Störungen Fähigkeitsstörungen bewirken und zu Symptomen führen, so dass objektiv vorhandene körperliche Fähigkeiten
nicht genutzt werden können. Dies ist beim Kläger nicht anzuerkennen, da er beim Hausbesuch der Sachverständigen gezeigt hat,
dass er noch über ausreichend körperliche Fähigkeiten verfügt. Es liegt keine Feststellung eines Nervenarztes oder Psychiaters
vor, dass aufgrund der bestehenden psychischen Störungen eine massive Motorikstörung bzw. Versorgungsunfähigkeit bestehe.
Selbst wenn eine solche Handlungsunfähigkeit bestehen würde, so wäre sie nur als vorübergehend zu sehen und würde nicht zu
einem regelmäßigen, dauerhaften Hilfebedarf führen. Im Vordergrund stünden erst die Therapiemaßnahmen. Diese Einschätzung
bestätigt das Gutachten des Dr. G., das vom SG eingeholt worden war.
Das abweichende Gutachten des Herrn L., das vom SG Darmstadt in Auftrag gegeben worden war, kann zu keiner anderen Beurteilung
führen. Er kam zu seinem Ergebnis von 80 Pflegeminuten dadurch, dass er das Wechseln von Windeln mit 42 Minuten veranschlagte.
Für die Notwendigkeit für das Wickeln des Klägers gibt es jedoch keinen Nachweis. Es wurde in keinem späteren Gutachten bestätigt.
Die Sachverständige Dr. C. verneinte in ihrem Gutachten eine Inkontinenz ausdrücklich. Der Gutachter L. hat in einer ergänzenden
Stellungnahme zu seinem Gutachten vom 05.01.2009 selbst ausgeführt, dass der angegebene Hilfebedarf durch Wickeln nicht nachvollziehbar
ist. Auch der Hilfebedarf von 20 Minuten für "Gehen" ist nicht nachvollziehbar. Der Sachverständige L. stützte diese Einschätzung
auf die Schilderungen des Klägers in Bezug auf die Gehfähigkeit. In seiner ergänzenden Stellungnahme zweifelt er dies selber
an, da die Beine keinen Muskelschwund aufwiesen, wie dies bei stark eingeschränkter Mobilität zu erwarten wäre. Die Schilderungen
des Klägers wiesen somit hier einen starken Unterschied in den vorhandenen Ressourcen auf. Dr. G. und Dr. C. konnten ebenfalls
keinen Hilfebedarf beim Gehen feststellen. Dr. C. beschreibt weiterhin, dass der Kläger selbständig langsam gehen kann. Auch
das Treppensteigen beim Verlassen der Wohnung gelingt.
Die Berufung ist deshalb mit der Kostenfolge des §
193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.2 Nrn.1 und 2
SGG liegen nicht vor.