Tatbestand:
Die Klägerinnen zu 1) und 2) begehren von dem Beklagten für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008 höhere Leistungen
für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II.
Die 1955 geborene, erwerbsfähige Klägerin zu 1) bezieht eine Witwenrente über 431,78 € monatlich sowie Arbeitsentgelt in Höhe
von 250 € netto monatlich. Seit 1983 bewohnt sie die in der Astr. B, Erdgeschoss, gelegene, etwa 111,58 m2 große Vier-Zimmer-Wohnung,
für die sie in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Mai 2007 abzüglich eines Mietnachlasses in Höhe von 50 € monatlich
eine Grundmiete über 425,53 € monatlich, Betriebskostenvorauszahlungen über 14,17 € monatlich sowie Vorauszahlungen für die
Wärmeversorgung in Höhe von 66,61 € monatlich (zusammen: 506,31 - 50 € = 456,31 €) zu zahlen hatte. Seit dem 1. Juni 2007
schuldet sie als Mietzins für die Wohnung abzüglich eines ihr bis zum 31. Dezember 2007 gewährten Mietnachlasses in Höhe von
50 € monatlich eine Grundmiete über 439,70 € monatlich, Betriebskostenvorauszahlungen über 2,66 € monatlich sowie Vorauszahlungen
für die Wärmeversorgung in Höhe von 80,88 € (zusammen: 523,24 € - 50 € [bis zum 31.12.2007] = 473,24 €).
Seit dem 1. Januar 2005 bezieht die Klägerin zu 1) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Spätestens
seit diesem Tage bewohnte sie die in der Astr. B, gelegene Wohnung allein. Zuvor hatten in dieser Wohnung auch ihr 1989 verstorbener
Ehemann und ihre drei Kinder gelebt, deren eines die am 19. August 1985 geborene Klägerin zu 2) ist, die seit dem 23. April
2007 wieder in dieser Wohnung wohnt und seit dem 1. Juli 2007 ein Arbeitsentgelt bezieht, das im Juli 2007 693,69 € netto
und im August 2007 sowie September 2007 683,37 € betrug und seit dem 1. Oktober 2007 688,52 € monatlich beträgt.
Bis zum 31. Januar 2007 berechnete der Beklagte den Bedarf der Klägerin zu 1) unter Anerkennung der von dieser für die in
der Astr. gelegene Wohnung tatsächlich zu zahlenden Kosten. Am 10. Juli 2006 verfasste er ein an die Klägerin zu 1) gerichtetes
Schreiben, aus dem hervorging, welche Kosten für Unterkunft und Heizung seiner Auffassung nach für einen Ein-Personen-Haushalt
angemessen seien. Ob dieses Schreiben an die Klägerin zu 1) gesandt wurde und dieser zuging, steht zwischen den Beteiligten
in Streit.
Mit Bescheid vom 30. Januar 2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1) für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli
2007 Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in Höhe von 186,69 €. Diese Leistungen hatte er berechnet, indem
er als angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung einen Betrag von 353,47 € zugrunde gelegt hatte, von dem er ein anzurechnenden
Einkommen der Klägerin zu 1) über 166,78 € abgezogen hatte. Den Widerspruch der Klägerin zu 1) gegen diesen Bescheid wies
er mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2007 als unbegründet zurück.
Am 25. April 2007 hat die Klägerin zu 1) Klage erhoben mit dem Antrag,
"den Bescheid vom 6. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. März 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten",
ihr "für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli 2007 Leistungen gemäß dem SGB II unter Anerkennung der tatsächlichen
Unterkunftskosten zu gewähren".
Mit Änderungsbescheiden vom 1. Juni 2007 und 28. August 2007 hat der Beklagte der Klägerin zu 2) Leistungen für Unterkunft
und Heizung nach dem SGB II für die Zeit vom 23. April 2007 bis zum 30. Juni 2007 in Höhe von 216,12 € monatlich und für die
Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. August in Höhe von 8,04 € monatlich bewilligt und die der Klägerin zu 1) im selben Zeitraum
bereits bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 23. April 2007 bis zum 30. Juni 2007 auf 216,12
€ monatlich und für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Juli 2007 auf 92,33 € monatlich festgesetzt. Mit Änderungsbescheid
vom 31. August 2007 hat der Beklagte der Klägerin zu 1) Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. August 2007
bis zum 31. August 2008 in Höhe von 99,16 € und für die Zeit vom 1. September 2007 bis zum 31. Januar 2008 in Höhe von 92,33
€ monatlich bewilligt. Mittels desselben Bescheids hat er der Klägerin zu 2) für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. August
2008 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 10,22 € monatlich und für die Zeit vom 1. September 2007 bis zum 31.
August 2008 in Höhe von 8,04 € monatlich bewilligt.
Gegen sämtliche genannten Bescheide haben die Klägerinnen zu 1) und 2) Widerspruch erhoben. Mit Änderungsbescheiden vom 17.
Dezember 2007 hat der Beklagte der Klägerin zu 1) für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. März 2007 Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem SGB II über 156,69 €, für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. April 2007 über 206,31 €, für
die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 über 278,56 €, für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Juli 2007 über 74,89
€, für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 30. September 2007 über 81,93 € und für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31.
Januar 2008 über 77,93 € bewilligt. Berechnet hat der Beklagte diese Leistungen unter Anerkennung eines Bedarfs der Klägerin
zu 1) an Leistungen für Unterkunft und Heizung über 353,47 € monatlich für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. März 2007,
über 322,79 € monatlich für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. April 2007 und über 222 € monatlich ab dem 1. Mai 2007.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 20. Dezember 2007 hat der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zu 1) gegen den Bescheid vom
1. Juni 2007 als unzulässig und den Widerspruch der Klägerinnen zu 1) und 2) gegen den Bescheid vom 25. Juli 2007 in der Fassung
des Änderungsbescheids vom 17. Dezember 2007 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit Änderungsbescheiden vom 16. Januar 2008 hat der Beklagte unter Abgabe eines Teilanerkenntnisses der Klägerin zu 1) Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. März 2007 über 276,46 €, für
die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. April 2007 über 294,67 €, für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 über 293,65
€ monatlich, für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Juli 2007 über 99,51 €, für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 30.
September 2007 über 81,93 € monatlich und für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Januar 2008 in Höhe von 77,93 € monatlich
bewilligt. Berechnet hat der Beklagte diese Leistungen unter Anrechnung eines Einkommens der Klägerin zu 1) über 541,78 €
monatlich auf einen Bedarf der Klägerin zu 1) über 818,24 € monatlich für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. März 2007
(345 € Regelleistung + 473,24 € KdU), über 763,03 € für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. April 2007 (345 € Regelleistung
+ 418,03 KdU), über 581,62 € monatlich für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 (345 € Regelleistung + 236,62 KdU),
über 583,62 € für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Juli 2007 (347 € Regelleistung + 236,62 KdU), über 569 € monatlich
für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008 (347 € Regelleistung + 222 € KdU).
Am 18. Januar 2008 hat auch die Klägerin zu 2) "im Wege der Parteierweiterung" Klage erhoben mit dem Antrag,
"den Änderungsbescheid vom 1. Juni 2007 [...] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007 aufzuheben"
und "den Beklagten zu verpflichten", ihr "für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli 2007 Leistungen in gesetzlicher
Höhe zu gewähren" .
Am 18. Januar 2008 haben die Klägerinnen zu 1) und 2) zugleich "im Wege der Klageerweiterung" beantragt,
"den Bescheid vom 25. Juli 2007, geändert durch den Änderungsbescheid vom 17. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 20. Dezember 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Klägerinnen zu 1) und 2) Leistungen gemäß dem SGB
II für die Zeit vom 1. August 2007 bis 31. Januar 2008 in gesetzlicher Höhe zu gewähren".
In der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2008 haben die Klägerinnen zu 1) und 2) - jeweils unter Annahme des Teilanerkenntnisses
des Beklagten und unter Klagerücknahme im Übrigen- ihre Anträge neu gefasst.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 29. Januar 2008 als zulässig aber unbegründet abgewiesen.
Beteiligte des Verfahrens seien neben der Klägerin zu 1) und dem Beklagten auch die Klägerin zu 2). Die Beteiligtenerweiterung
vom 18. Januar 2008 sei eine Klageänderung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl. 2005, §
99 Rn. 6.), die nach §
99 Abs.
1 und
2 SGG zulässig sei, da sich der Beklagte auf sie eingelassen habe, ohne ihr zu widersprechen. Gegenstand der Klage sei mit Rücksicht
auf das angenommene Teilanerkenntnis des Beklagten (vgl. §
101 Abs.
2 SGG) und die Klageteilrücknahme der Klägerinnen zu 1) und 2) nur noch die Antwort auf die Frage, ob die Klägerinnen zu 1) und
2) unter Abänderung der Bescheide vom 1. Juni 2007, 28. Juni 2007, 31. August 2007 und 17. Dezember 2007, des Widerspruchsbescheids
vom 20. Dezember 2007 und der Änderungsbescheide vom 16. Januar 2008 - die allesamt nach §
96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden seien - für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008 höhere Leistungen für
Unterkunft und Heizung beanspruchen könnten. Die Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Gewährung höherer Unterkunftskosten
sei zulässig, weil es sich bei der Verfügung über Unterkunfts- und Heizungskosten um eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides
handelt (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R, Rn. 18.).
Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die Klägerinnen zu 1) und 2) könnten nicht beanspruchen, dass ihnen der Beklagte unter
Abänderung der Bescheide vom 1. Juni 2007, 28. Juni 2007, 31. August 2007 und 17. Dezember 2007, des Widerspruchsbescheids
vom 20. Dezember 2007 und der Änderungsbescheide vom 16. Januar 2008 für die Zeit vom 1. August 2008 bis zum 31. Januar 2008
höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung gewähre. Der Beklagte habe diese Leistungen unter Berücksichtigung des Einkommens
der Klägerinnen zu 1) und 2) (§§ 11, 19 S. 3 SGB II) zutreffend berechnet (wegen der Berechnung im Einzelnen werde auf die
angegriffenen Bescheide des Beklagten entsprechend §
136 Abs.
3 SGG Bezug genommen).
Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen nur insoweit
erbracht, als diese angemessen seien. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die Angemessenheit der Wohnungskosten
in mehreren Schritten zu prüfen: Zunächst bedürfe es der Feststellung, welche Quadratmeterzahl die im Streitfall betroffenen
Wohnung aufweise. Bei der Wohnungsgröße sei die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zu
Grunde zu legen. Nach Feststellung der Wohnraumgröße sei als weiterer Faktor der Wohnungsstandard zu berücksichtigen.
Angemessen seien die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und
grundlegenden Bedürfnissen genüge und keinen gehobenen Wohnstandard aufweise. Die Wohnung müsse von daher hinsichtlich der
aufgeführten Kriterien, die als den Mietpreis bildende Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis ihren Niederschlag fänden,
im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab
bilde. Da es im Ergebnis allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers ankomme, könne dahinstehen, ob einzelne
Faktoren wie Ausstattung, Lage etc. isoliert als (un)angemessen anzusehen seien, solange der Grundsicherungsträger nicht mit
unangemessen hohen Kosten belastet werde. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei insoweit der sog. Produkttheorie
zu folgen, die abstelle auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlage.
Schließlich sei zu überprüfen, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes am Wohnort der Hilfebedürftige tatsächlich auch die
Möglichkeit habe, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können (Hinweis auf BSG,
Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/06 R).
Gemessen an diesen Kriterien seien die von den Klägerinnen zu 1) und 2) für Unterkunft und Heizung aufgewandten Kosten unangemessen.
Die von ihnen bewohnte Wohnung zähle neben Küche und Bad vier Zimmer. Dies seien mindestens zwei Zimmer zuviel. Denn nach
Ziffer 8 Abs. 1 der zur Umsetzung von § 5 WoFG erlassenen Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 sei im Falle der Klägerinnen zu
1) und 2) nur eine Zwei-Zimmer-Wohnung angemessen.
Die Wohnfläche der von den Klägerinnen bewohnten Wohnung betrage etwa 111,58 m2. Dies seien 51,58 m2 zuviel. Denn nach den
in Berlin geltenden Bestimmungen für den sozialen Wohnungsbau sowie den zur Umsetzung von §
5 WoBindG i.V.m. § 27 Abs. 1 bis 5 WoFG erlassenen Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau (WFB) vom 16. Juli 1990 (Amtsblatt für Berlin
1990, S. 1379 ff.) in der Fassung der Verwaltungsvorschriften zur Änderung der Richtlinien für den öffentlich geförderten
sozialen Wohnungsbau in Berlin (VV ÄndWFB) vom 13. Dezember 1992 (Amtsblatt für Berlin 1993, S. 98 f.) betrage die förderungswürdige
und damit nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II angemessene Wohnfläche für eine Zwei-Zimmer-Wohnung nur 60 m2 (Abschnitt II Ziffer
1 Buchstaben a. und c.] der Anlage 1 zur WFB 1990 iVm Zif 13 VVÄndWFB 1990).
Auch das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlage, sei im Falle der Klägerinnen
zu 1) und 2) unangemessen. Zur Bestimmung des angemessenen Mietzinses respektive Wohnstandards sei auf die durchschnittliche
Vergleichsmiete, die der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung herausgegebenen Berliner Mietspiegel vom 11. Juli 2007
(Amtsblatt für Berlin 2007, S. 1797 ff.) für Wohnungen, die in einfacher Wohnlage gelegen seien, vor 1990 gebaut worden seien,
mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestattet seien, ausweise, abzustellen. Für Wohnungen in einfacher Wohnlage, deren
Wohnflächen zwischen 40 m2 bis unter 60 m2 betrage und die vor 1999(0?) erbaut worden seien, liege nach dem Berliner Mietspiegel
die durchschnittliche Vergleichsmiete bei 4,54 €. Die angemessene Netto-Kaltmiete einer Wohnung mit einer Wohnfläche von 60
m2 liege demnach bei 272,40 €. Unter Zugrundelegung angemessener "warmer" Betriebskosten, die nach Auffassung des LSG Berlin-Brandenburg
für Berlin auf durchschnittlich 2,74 € pro m2 zu bestimmen seien (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.12.2006,
L 10 B 1091/06 AS, sowie Beschluss vom 20.11.2007, L 14 B 1650/07 AS ER.), ergäben sich sonach als angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung für eine Zwei-Zimmer-Wohnung 436,80 €. Dieser
Wert liege unter den Leistungen für Unterkunft und Heizung, die der Beklagte als im Falle der Klägerinnen zu 1) und 2) angemessen
angesehen habe (444 €). Zumindest zu diesen Leistungen hätten die Klägerinnen zu 1) und 2) angesichts der dem Gericht bekannten
entspannten Lage des Berliner Wohnungsmarkts auch eine neue Wohnung anmieten können.
Die Klägerinnen zu 1) und 2) könnten sich auch nicht mit Erfolg auf die Bestimmung des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II berufen. Danach
seien die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang überschritten,
als Bedarf des allein stehenden Hilfedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein
stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten sei, durch einen Wohnungswechsel,
durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Den Klägerinnen zu 1) und 2) sei es möglich und zuzumuten gewesen, durch einen Wohnungswechsel ihre Aufwendungen für Unterkunft
und Heizung zu senken. Sie hätten angesichts der Tatsache, dass sie die in der Astr., B, gelegene Wohnung anfangs zu fünft
bewohnt hätten, keine Zweifel dahingehend hegen dürfen, dass ihre Aufwendungen für diese Wohnung unangemessen seien. Spätestens
jedoch seit dem 1. August 2008 sei ihnen bekannt gewesen, dass ihre Aufwendungen für diese Wohnung unangemessen hoch seien
und sie verpflichtet seien, diese Aufwendungen unverzüglich zu senken. Dass ihnen wegen körperlicher und/oder seelischer Behinderungen
ein Umzug nicht möglich oder nicht zuzumuten gewesen sei, sei nicht ersichtlich. Das Sozialgericht hat weiter angenommen,
dass der Wert des Streitgegenstandes 175,44 Euro betrage. Die Klägerinnen zu 1) und 2) begehrten zusammen die Zahlung von
175,44 € [6 x (473,24 € - 444 €)]. Es hat die Berufung nicht zugelassen.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerinnen hat der Senat durch Beschluss vom 17. Juli 2009 die Berufung zugelassen.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2008 sowie die Bescheide des Beklagten vom 30. Januar 2007 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 29. März 2007 sowie in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 1. Juni 2007, 28. Juni 2007, 31.
August 2007, 17. Dezember 2007, des Widerspruchsbescheids vom 20. Dezember 2007 sowie der Änderungsbescheide vom 16. Januar
2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung (insgesamt 175,44 Euro)
für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Verwaltungsakten des Beklagten (2 Bände) sowie die Akten des Sozialgerichts S 131 AS 13626/08 haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die Berufung der Klägerinnen hat Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet an die Klägerinnen für die Monate August 2007 bis Januar
2008 weitere 175, 44 Euro (6 x (473,24 € - 444 €) zu zahlen.
Unzutreffend sind jedoch die Feststellungen des SG zur Höhe der nach der Produkttheorie des Bundessozialgerichts zugrunde zu legenden angemessenen Kosten einer auf 65 bis 80
m2 beschränkten Wohnung.
Bei der Ermittlung dieses Wertes sind auch die (kalten und warmen) Betriebskosten einzubeziehen. Der Senat bleibt bei seiner
Auffassung, hierfür mangels besserer Zahlen die Werte der Anlage I zum Mietspiegel heranzuziehen, auch wenn diese nicht amtlich
sind (vgl. Urteil des Senats vom 24. April 2009 aaO.) Der Mietspiegel enthält hierzu neben einem Mittelwert auch einen 4/5
Spannen-Oberwert. Letzterer ist zugrunde zu legen, damit auch insoweit von tatsächlich realistischen Kostenansätzen für anzumietende
Wohnungen ausgegangen werden kann. Angeführt im Mietspiegel sind nämlich nur die Betriebskosten des Jahres 2005 trotz steigender
Preise jedenfalls für Energie. Zwar ergibt sich aus dem Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes für 2007 ein Mittelwert
von 2,13 Euro/qm für Betriebskosten einschließlich Heizung, also deutlich weniger. Maßgeblich kann aber aus vorgenanntem Grund
(Unangemessenheit der jetzigen Miete nur soweit die konkrete zumutbare Alternative günstiger wäre) nicht ein bundesdeutscher
Mittelwert sein, sondern die zu schätzenden Betriebskosten für die mutmaßlich konkret anmietbare Wohnung speziell in Berlin
(a. A. 5. Senat, Urteil vom 16. Oktober 2008, aaO.).
Konkret ist hier nach dem Mietspiegel ein Wert von 4,75 Euro (Baujahre 1956-64, einfache Wohnlage, 60 m²bis 90 m2) + 2,59
(2007: 3,55) Euro kalte Betriebs- sowie 1,15 (2007: 1,75) Euro Heizkosten pro m², insgesamt (8,49 x 80) 679,20 Euro anzusetzen.
Der Mietspiegel weist allerdings auch Kosten für Warmwasser aus. Nach der mittlerweile als gefestigt zu bezeichnenden Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts ist jedoch im Regelsatz nach § 20 Abs. 1 SGB II bereits ein gewisser Betrag für Haushaltsenergie
enthalten. Dieser beträgt bei einem Regelsatz von 345,- Euro hier konkret 6,22 Euro (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008
- B 14/11b AS 15/07 R -) Der Beklagte muss Kosten der Unterkunft und Heizung demnach für den streitgegenständlichen Zeitraum bis zu 679,20 Euro
abzüglich (2 x 6,22) 12,44 Euro = 676,76 Euro übernehmen. Demzufolge sind die von den Klägerinnen zu tragenden tatsächlichen
Kosten von Unterkunft und Heizung in Höhe von 473,24 € angemessen und von dem Beklagten zu tragen.
Die Art und Weise der Ermittlung der Kosten der Unterkunft in Berlin anhand des Berliner Mietspiegels sowie der Ermittlung
der warmen und kalten Betriebskosten hat grundsätzliche Bedeutung, sie ist zwischen den Senaten des Landessozialgerichts streitig
(vgl. Urteil des 28. Senats des LSG vom 7. Mai 2009 L 28 AS 848/08 - www.sozialgerichtsbarkeit.de -).