Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen
Behinderung als wesentliche Ursache für die Notwendigkeit der Gleichstellung
Gleichstellung unkündbarer Arbeitnehmer
Drohender Verlust des Arbeitsplatzes
Tatbestand:
Beim Kläger ist auf dessen Antrag vom 7. Oktober 2008 mit Bescheid des Landesamtes für Soziales und Vorsorge vom 11. bzw.
19. November 2008 aufgrund einer Sehbehinderung links ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt worden.
Der am1959 geborene, in N wohnende Kläger ist als Polizeihauptmeister bei der Bundespolizeiinspektion P als Kontroll/Streifenbeamter
tätig. Der Kläger ist Beamter auf Lebenszeit.
Zum 1. März 2008 trat eine Neuorganisation der Bundespolizei in Kraft. Zur personellen Umsetzung der Neuorganisation wurde
zwischen dem Bundesminister des Innern und dem Bundespolizei-Hauptpersonalrat am 28. Mai 2008 eine Dienstvereinbarung geschlossen,
die hierzu mehrere Schritte - u. a. ein sogenanntes Setzungsverfahren - vorsah, bei dem Sozialpunkte des Bediensteten bei
Gleichstellung als Schwerbehinderter vorgesehen waren.
Sein Dienstherr teilte dem Kläger mit Bescheid vom 6. August 2009 mit, dass die für ihn ermittelten Dienstpunkte (neun) unter
Zugrundelegung des Tagespendelbereiches für eine Setzung auf einen Dienstposten innerhalb der Bundespolizeiinspektion P nicht
ausreichten.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 22. Juni 2009 die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach §
2 Abs.
3 SGB IX. Zur Begründung führte er an, dass eine Umsetzung in bis zu 900 km entfernte Dienststellen geplant sei und er bei Gleichstellung
als schwerbehinderter Mensch eine höhere Anzahl an Sozialpunkten erhalten könne, um eine Umsetzung zu vermeiden.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Dienstherrn sowie einer Stellungnahme des örtlichen Personalrates und der der Schwerbehindertenvertretung
lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gleichstellung mit Bescheid vom 9. September 2009 ab, da der Arbeitsplatz des
Klägers nicht aus behinderungsbedingten Gründen gefährdet und er als Beamter zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes nicht auf
den Schutz der Gleichstellung angewiesen sei.
In dem dagegen erhobenen Widerspruch vom 30. September 2009 führte der Kläger zur Begründung an, dass auch das "Sicherermachen"
eines Arbeitsplatzes unter die Vorschrift des §
2 Abs.
3 SGB IX falle. Die Stellungnahme des Schwerbehindertenvertreters habe deutlich gemacht, dass mit einer Gleichstellung als Schwerbehinderter
der vom Kläger innegehabte Arbeitsplatz sicherer gemacht werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie an, dass eine
behinderungsbedingte Gefährdung des Arbeitsplatzes nicht gegeben sei. Die Regelung der Gleichstellung bezwecke den Schutz
eines Behinderten vor einer ihm ungünstigen Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt. Diese trete nur dann ein, wenn der Arbeitsplatz
verloren und der Behinderte auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ausweichen müsse. Der Kläger als Beamter sei einer derartigen
Konstellation nicht ausgesetzt. Ausnahmefälle, für die die Gleichstellung eines Beamten auf Lebenszeit mit einem schwerbehinderten
Menschen in Betracht zu ziehen sei, seien nicht gegeben, da dem Kläger weder aufgrund seiner Behinderung eine Versetzung in
den Ruhestand drohe noch mit einer etwaigen Versetzung eine Herabstufung der Besoldung einhergehe.
Dagegen hat der Kläger am 20. Mai 2010 Klage zum Sozialgericht Neuruppin erhoben und sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Die Neuorganisation der Bundespolizei werde noch im ersten Halbjahr 2013 abgeschlossen. Er könne nach dem anzuwendenden Sozialpunktekatalog
nur durch die Zuerkennung der Gleichstellung nach dem
SGB IX weitere Sozialpunkte erhalten und nur bei einer höheren Anzahl von Sozialpunkten bei der Setzung in der Bundespolizeiinspektion
P berücksichtigt werden.
Zur Bekräftigung seines Vorbringens hat der Kläger u. a. die Dienstvereinbarung zur personellen Umsetzung der Neuorganisation
der Bundespolizei, den Sozialkriterienkatalog sowie einen Auszug aus der Rahmenvereinbarung zur Integration schwerbehinderter
Menschen sowie der Dienstvereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern und dem Bundespolizei-Hauptpersonalrat zur
Umsetzung der Neuorganisation der Bundespolizei für Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte vom 18. Oktober 2010 zur Gerichtsakte
gereicht.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Dienstherrn des Klägers eingeholt. In dieser wird ausgeführt:
zu 1.: Ja. PHM S nimmt die Aufgaben eines Kontroll- und Streifenbeamten in der Bundespolizeiinspektion P seit dem 1. Juli
1998, unterbrochen durch Abordnung zu anderen Dienststellen innerhalb der Bundespolizei, wahr. Einschränkungen sind nur insofern
gegeben, dass er nicht als Kraftfahrer verwendet werden kann.
zu 2.: Im Rahmen der Neuorganisation der Bundespolizei konnte dem PHM S bislang keine Anschlussverwendung im Standort P ermöglicht
werden. Eine diesbezügliche Entscheidung an einen anderen Dienstort der Bundespolizei steht noch aus. Eine Verwendung als
Kontroll- und Streifenbeamter wird an jedem anderen Dienstort im Bereich der Bundespolizei darstellbar sein.
zu 3.: Es ist nicht beabsichtigt, PHM S aufgrund seiner Sehbehinderung wegen Polizeidienstunfähigkeit in den Ruhestand zu
versetzen.
Mit Urteil vom 19. April 2012 hat das Verwaltungsgericht G die Klage des Klägers auf Setzung auf einen Dienstposten bei der
Bundespolizeiinspektion P abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Entscheidung über die Nichtsetzung
bzw. Umsetzung des Klägers ermessensfehlerfrei ergangen sei und die der Entscheidung zugrunde gelegten Sozialkriterien nicht
gegen höherrangiges Recht verstießen.
Mit Urteil vom 7. März 2013 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 9. September 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 22. April 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung
des Gerichtes neu zu bescheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Gleichstellung begründet sein könne, um eine
Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz zu verhindern. Dies sei vorliegend der Fall, da der Kläger ohne die Gleichstellung
seinen Arbeitsplatz in P verlieren und an einem weiter entfernten Dienstort seinen Dienst verrichten müsse.
Gegen das der Beklagten am 9. April 2013 zugestellte Urteil hat diese am 3. Mai 2013 Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
eingelegt und ausgeführt, dass eine Gleichstellung des Klägers mit einem schwerbehinderten Menschen nicht erfolgen könne,
da die vom Sozialgericht angenommene Gefährdung des Arbeitsplatzes des Klägers nicht auf die Behinderung des Klägers, sondern
auf die Umorganisation der Bundespolizei zurückzuführen sei. Voraussetzung für eine Gleichstellung sei jedoch, dass das Nichtbehalten
bzw. die Nichterlangung eines Arbeitsplatzes gerade durch die Behinderung bedingt bzw. eine Folge davon sein müsse. Soweit
andere Gründe, wie z. B. Strukturveränderungen oder allgemeine Rationalisierungsmaßnahmen, die Ursache seien, komme eine Gleichstellung
nicht in Betracht. Denn in diesen Fällen liege kein Ausgleich behinderungsbedingter Benachteiligung vor. Nichtbehinderte Kollegen
seien gleichermaßen von der bevorstehenden Strukturveränderung betroffen. Durch die Gleichstellung erhielte der Kläger eine
bevorrechtigte Stellung gegenüber nichtbehinderten Kollegen. Dies sei jedoch nicht Sinn und Zweck der Gleichstellung, mit
der behinderungsbedingte Nachteile ausgeglichen werden sollen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Er habe aufgrund der behinderungsbedingten Einschränkungen Setzungsnachteile,
die durch eine Gleichstellung auszugleichen seien. Eine konkrete Arbeitsplatzgefährdung sei für eine Gleichstellung nicht
erforderlich.
Der Senat hat die Personalakte des Klägers beigezogen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Danach war der Kläger u.a. in
den Jahren 2010 bis 2013 nach K, F und R zur personellen Unterstützung abgeordnet.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichts-
und Verwaltungsakte sowie die beigezogene Personalakte des Klägers. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Eine Berufungsbeschränkung nach §
144 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) liegt nicht vor, weil die Klage keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft.
Der Dienstherr des Klägers war nicht notwendig beizuladen, weil ihm gegenüber eine Entscheidung nicht ergeht, §
75 Abs.
2, 1. Alternative
SGG. Denn ein Arbeitgeber kann nicht geltend machen, durch die Gleichstellung eines Arbeitnehmers mit einem schwerbehinderten
Menschen in eigenen Rechten verletzt zu sein (vgl. BSGE 89, 119 ff.).
Die Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Neubescheidung verurteilt. Die zulässige Anfechtungs-
und Verpflichtungsklage (§§
54 Abs.
1 Satz 1,
56 SGG) bleibt ohne Erfolg.
Nach §
2 Abs.
3 des
Neunten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IX) in der Fassung vom 19. Juni 2001 sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens
30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatz 2 der Vorschrift vorliegen, mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt
werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des §
73 SGB IX nicht erlangen oder behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Die Gleichstellung "soll" nach §
2 Abs.
3 SGB IX erfolgen, ist also nicht in das freie Ermessen der Bundesagentur für Arbeit gestellt, sondern durch die Soll Vorschrift gebunden.
Damit besteht ein Anspruch auf die Gleichstellung und sie muss vorgenommen werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben
sind. An den weiteren Grundvoraussetzungen einer Gleichstellung, einer Behinderung an sich im Sinne von §
2 Abs.
3 SGB IX sowie des Vorliegens der Voraussetzungen des §
2 Abs.
2 SGB IX hat der Senat keine Zweifel. Insoweit wird auf die Feststellungen im Tatbestand verwiesen.
Eine Gleichstellung kann aber nach den tatbestandlichen zwingenden Voraussetzungen nur bewirkt werden, wenn sie notwendig
ist. Sie dient dem in §
2 Abs.
3 letzter Halbsatz
SGB IX aufgeführten Zweck, dass der Behinderte infolge seiner Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz
nicht erlangen oder nicht behalten kann. Vorgesehen ist entweder eine Erlangungs- oder Behaltensfunktion, ein Vermittlungs-
oder ein Sicherungserschwernis. Bei Letzterem ist die Gleichstellung eine Maßnahme, die dem behinderten Menschen in einer
ungünstigen Konkurrenzsituation an seinem Arbeitsplatz helfen soll. Je schlechter diese Situation ist, desto eher und notwendiger
muss danach die Hilfe zur Gleichstellung einsetzen.
Die überwiegende Meinung in Literatur und Rechtsprechung geht davon aus, dass Beamte und Richter, die behindert sind und sich
im Dienst befinden, für die Gleichstellung ausscheiden, da ihnen der Arbeitsplatz gesichert ist (vgl. LSG Rheinland Pfalz
vom 10. November 1995, ZfS 1996 S. 375; LSG Nordrhein-Westfalen vom 23. Mai 2002 - L 9 AL 241/01; OVG Münster vom 23. April 2004 Behinderten R 205 S. 26; Warnicke, Soz Fortschritt 1965 S. 91; Knettel § 2 Rn. 155; Gigant
Dallichau § 2 Rn. 66 f.; KSW Kalkerung § 2 Rn. 8; anderer Auffassung GK Schimanski § 2 Rn. 279 ff. wegen Versetzung; Mrozynski § 2 Rn. 58 wegen beruflicher Entfaltung).
Allerdings scheidet die Gleichstellung unkündbarer Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht generell
wegen deren Unkündbarkeit aus. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 1. März 2011 (Az.: B 7 AL 6/10 R, Rn. 12 ff, zitiert nach Juris) ausgeführt:
"Dies zeigt schon der Wortlaut des §
2 Abs.
3 SGB IX in seiner Bezugnahme auf §
73 SGB IX, der den Begriff des Arbeitsplatzes als Stelle definiert, auf der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Beamte und Beamtinnen,
Richter und Richterinnen sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden. Auch
Sinn und Zweck der Gleichstellung lassen nicht den Schluss zu, dass Beamte nicht dem Anwendungsbereich des §
2 Abs.
3 SGB IX unterfallen. Die Gleichstellung dient dazu, die ungünstige Konkurrenzsituation des Behinderten am Arbeitsplatz und auf dem
Arbeitsmarkt zu verbessern und somit den Arbeitsplatz sicherer zu machen oder seine Vermittlungschancen zu erhöhen BSGE 86,
10, 14f SozR 3-2870 § 2 Nr. 1 S 6 f) Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen zwei Alternativen, nämlich der Gleichstellung zum
Erhalt des Arbeitsplatzes (Alternative 2) sowie der Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes iS des §
73 SGB IX (Alternative 1), die kumulativ, aber auch nur alternativ vorliegen können BSGE 86, 10, 14f = SozR 3-3870 § 2 Nr. 1 S 6 f) Die Gleichstellung zum Erhalt des Arbeitsplatzes diene dazu, bei einer Arbeitsplatzgefährdung
den Arbeitsplatz sicherer zu machen. Deshalb bedürfe es einer besonderen Prüfung bei Personengruppen mit einem "sicheren Arbeitsplatz",
wie bei Beamten, Richtern auf Lebenszeit und Arbeitnehmern mit besonderem Kündigungsschutz Backendorf/Ritz in Bihr/Fuchs/Krauskopf/Ritz,
SGB IX, 2006, §
68 RdNr. 39) Bei diesen Personengruppen können die allgemeinen Voraussetzungen der Gleichstellung wegen Arbeitsplatzgefährdung
zwar vorliegen, es bedarf aber einer besonderen Begründung, warum trotz Kündigungsschutz der Arbeitsplatz nachvollziehbar
unsicherer ist als bei einem nichtbehinderten Kollegen. Dies ist bei einem Beamten beispielsweise der Fall, wenn behinderungsbedingt
die Versetzung in den Ruhestand LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.5.2002 - L 9 AL 241/01LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom
10.11.1995 - L 6 AR 159/94ZfS 1996, 375 ff.Luthe in jurisPraxiskommentar
SGB IX, 2010, §
2 RdNr 102; Backendorf/Ritz, aaO., RdNr. 39 oder die behinderungsbedingte Versetzung oder Umsetzung auf einen anderen nicht
gleichwertigen Arbeitsplatz droht Backendorf/Ritz aaO.; Luthe aaO.) Einen Gleichstellungsanspruch wegen Arbeitsplatzgefährdung
nehmen Rechtsprechung und Literatur daneben auch dann an, wenn die Behörde aufgelöst wird (LSG Nordrhein-Westfalen aaO.; Luthe
aaO.; Cramer, Schwerbehindertengesetz, 5. Aufl 1998, § 2 RdNr 5), obwohl in einem solchen Fall der Arbeitsplatz nicht (nur) gefährdet ist, sondern tatsächlich wegfällt und auch nicht
zu erkennen ist, weshalb bei der Auflösung einer Behörde der Arbeitsplatz nachvollziehbar unsicherer ist als bei einem nichtbehinderten
Kollegen. Hier wäre - wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes - eher an eine Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten
(neuen) Arbeitsplatzes zu denken."
Umstände, die trotz des bestehenden Kündigungsschutzes den Arbeitsplatz des Klägers nachvollziehbar unsicherer machen als
bei einem nichtbehinderten Kollegen, liegen zur Überzeugung des Senates nicht vor. Für den eigentlich vom Kläger verfolgten
Zweck, eine höhere Punktzahl und damit Vorteile im Setzungsverfahren zu erreichen bzw. eine Umsetzung zu vermeiden, sieht
das
SGB IX keine Gleichstellung vor.
Grundsätzlich muss die Behinderung nämlich eine wesentliche Ursache für die Notwendigkeit der Gleichstellung sein (" infolge
der Behinderung "). Sind die Arbeitsmarktprobleme unabhängig vom Vorliegen einer Behinderung jedoch auf allgemeine qualifikationsbedingte
oder altersbedingte Leistungsschwächen der Person oder einen etwaigen Verlust ihrer Einsatzfähigkeit allein als Folge betrieblicher
Umstrukturierungsmaßnahmen zurückzuführen, von denen in gleicher Weise auch andere Betriebsangehörige betroffen sind, ist
der Ursachenzusammenhang zu verneinen. Denn die Gleichstellung kann nicht vor allen denkbaren Risiken des Arbeitslebens schützen
und insbesondere nicht vorbeugend (für den Fall der Fälle) zuerkannt werden. Dies gilt namentlich in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit,
die grundsätzlich "alle trifft". Der erforderliche Ursachenzusammenhang ist insbesondere dann zu verneinen, wenn die Arbeitsmarktprobleme
auf andere Gründe als dem Vorliegen einer Behinderung zurückzuführen sind, denn die Gleichstellung kann nicht vor allen denkbaren
Risiken des Arbeitslebens schützen.
Gleichwohl kann sich eine Behinderung gerade bei hohem Angebot von Arbeitskräften als besonders nachteilig auswirken und eine
Gleichstellung erfordern. Ob die Behinderung ihrer Art und Schwere nach eine wesentliche Ursache ist oder ob die Behinderung
im Sinne einer "überholenden Kausalität" durch andere allgemeine Arbeitsplatzrisiken so überlagert wird, dass die Behinderung
im Vergleich dazu nicht mehr als wesentliche Ursache angesehen werden kann, ist anhand der Verhältnisse des Einzelfalls zu
bewerten. Eine bloß abstrakte Gefährdung des Arbeitsverhältnisses genügt nicht (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IX, 2. Aufl. 2015, §
2 SGB IX, Rn. 142).
Ob die Gleichstellung zur Erhaltung des Arbeitsplatzes erforderlich ist, beurteilt sich danach, ob bei wertender Betrachtung
in der Behinderung, also gerade in ihrer Art und Schwere, die Schwierigkeit der Erhaltung des Arbeitsplatzes begründet liegt.
Geschützt ist jedoch nicht ein bestimmter, sondern nur ein geeigneter Arbeitsplatz. Ebenso wenig kommt es wegen des allein
maßgeblichen Arbeitsplatzbezuges darauf an, ob der Behinderte behinderungsbedingt die erforderliche Wegstrecke zum Arbeitsplatz
zurücklegen kann. Die Behinderung muss eine wesentliche Ursache für eine mögliche Arbeitsplatzgefährdung sein; bei der anzustellenden
Prognose der Arbeitsplatzgefährdung als solcher aber ist absolute Sicherheit nicht gefordert (Luthe, a.a.O., Rn. 166).
Sinn der Gleichstellung zur Sicherung eines Arbeitsplatzes ist der Schutz des Behinderten vor einer für ihn ungünstigen Konkurrenzsituation
auf dem Arbeitsmarkt. Eine solche ist dann gegeben, wenn der bisherige Arbeitsplatz verloren zu gehen droht und der Behinderte
in diesem Fall auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Konkurrenz mit gesunden Arbeitnehmern treten muss. Dies ist bei Beamten
auf Lebenszeit oder bei ordentlicher Unkündbarkeit (auch von Betriebsratsmitgliedern und Vertrauenspersonen) im Normalfall
nicht gegeben. Gleichwohl scheidet die Möglichkeit der Gleichstellung bei Beamten nicht grundsätzlich wegen deren Unkündbarkeit
aus.
Ein Ausnahmefall kann dann vorliegen, wenn die Behörde aufgelöst wird, die Umsetzung auf einen neuen, indes schlechter entlohnten
Arbeitsplatz droht, der Dienstherr ein Verfahren auf Zur-Ruhe-Setzung einleiten will oder dieser (etwa aus Kostengründen)
bestimmte Fürsorgeleistungen (Arbeitsplatzausstattung, Hilfsmittel) nicht erbringt, die er für schwerbehinderte und ihnen
gleichgestellte Personen an sich erbringen müsste, wenn sein Unterlassen zu einer Verschlechterung ihrer Arbeitssituation
und zu einer Arbeitsplatzgefährdung führt (Luthe, a.a.O., Rn. 170).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist laut Auskunft des Dienstherrn eine Arbeitsplatzgefährdung des Klägers nicht gegeben.
Trotz der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen, die insoweit Berücksichtigung finden, als der Kläger nicht als Kraftfahrer
verwendet werden kann, besteht eine uneingeschränkte Verwendungsmöglichkeit des Klägers als Kontroll- und Streifenbeamter
an jedem Dienstort als Bundesbeamter im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Eine Versetzung in den Ruhestand wegen
Polizeidienstunfähigkeit ist laut Auskunft des Dienstherrn nicht beabsichtigt. Der Dienstherr hat sowohl im Verwaltungs- als
auch im erstinstanzlichen Verfahren erklärt, dass der Arbeitsplatz des Klägers aufgrund behinderungsbedingter Auswirkungen
nicht gefährdet sei. Ebenso wenig drohe eine Versetzung auf einen nicht gleichwertigen Arbeitsplatz. Auch eine Auflösung der
Behörde ist vorliegend nicht gegeben. Die Umbenennung des Bundesgrenzschutzes (BGS) in Bundespolizei mit Wirkung zum 1. Juli
2005 ändert hieran nichts. Am Dienstverhältnis des Klägers änderte sich dadurch nichts Wesentliches, wie sich aus seiner zum
Verfahren beigezogenen Personalakte ergibt. Lediglich der Zusatz der Amtsbezeichnung "im Bundesgrenzschutz" entfiel.
Der Kläger ist nach seiner Ernennung zum Polizeihauptmeister im (damaligen) BGS mit Wirkung vom 15. September 1999 durch den
Bundesminister des Innern vom Bundesgrenzschutzamt R am 30. September 1999 belehrt worden, dass im Zuge der Umstrukturierung
des BGS weiterhin die Grundidee vorherrsche, das vorhandene BGS-Personal so nah wie möglich an den Ort der täglichen Aufgabenstellungen
zu bringen und es einen "Reise-BGS" auf Dauer nicht geben könne. Mit der vom Kläger eigenhändig unterschriebenen Belehrung
hat er zugleich bestätigt, dass ihm bekannt sei, dass die jetzige Ernennung von der Dienststelle in der Erwartung vollzogen
werde, dass er bei späterer Umsetzung des Umstrukturierungsprozesses auch die notwendige Mobilität zeige. Der Kläger hat nicht
den Verlust seines Arbeitsplatzes überhaupt zu gegenwärtigen, sondern mit seinem Begehren um Gleichstellung als schwerbehinderter
Mensch geht es ihm letztlich darum, seine Tätigkeit in der für ihn noch wohnortnah gelegenen Dienststelle in P täglich ausüben
zu können/wollen. Hierfür steht der Schutz der Gleichstellung indessen nicht zur Verfügung. Dem Kläger kann trotz seiner Behinderung
ein gleichwertiger Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden. Die Behinderung des Klägers ist nicht ursächlich für dessen
beabsichtigte Umsetzung. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Behinderung des Klägers und dessen Umsetzung ist nicht
gegeben. Das Schwerbehindertenrecht hat mit der Gleichstellung das Ziel vor Diskriminierung zu schützen, darf aber nicht zu
einer Bevorzugung von Schwerbehinderten oder Gleichgestellten führen; (vgl. in diesem Zusammenhang zur Möglichkeit der Versetzung
eines einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellten Arbeitnehmers: LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. Mai 2007, Az.:
19 Sa 406/07, zitiert nach juris).
Die Stellungnahme des Schwerbehindertenvertreters führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Ausführungen beziehen sich nicht
auf den möglichen behinderungsbedingten Verlust des Arbeitsplatzes, sondern schildern die sich ergebende Verbesserung der
Situation des Klägers im damals noch nicht abschließend geklärten Setzungsverfahren bei einer Gleichstellung als schwerbehinderter
Mensch.
Der Berufung war nach alledem stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG) sind nicht ersichtlich.