Tatbestand:
Im Streit steht ein Prüfbescheid der Beklagten. Konkret geht es um die Frage, ob die Beigeladene zu 3) L P ihre Tätigkeit
für die Klägerin in der Zeit vom 1. Februar 2001 bis 31. Dezember 2003 in abhängiger Beschäftigung ausgeübt hat.
Die Klägerin produziert und vertreibt Süßwaren. Die Beigeladene war im streitgegenständlichen Zeitraum auf der Grundlage eines
"Servicevertrages" vom 30. Januar 2001 bzw. des Servicevertrages vom 7. Januar 2003 in zwei Supermärkten als Regalauffüllerin
bzw. Platziererin tätig. Diese liegen an der d- Grenze und werden hauptsächlich von frequentiert.
Nach Nummer 1 des Vertrages bestätigte die Beigeladene - in den Serviceverträgen mit "Agentur" bezeichnet -, dass sie ein
rechtlich selbständiges Unternehmen sei, das seine Dienstleistungen neben der Klägerin auch anderen Kunden anbiete bzw. für
andere Kunden tätig sei. Die Beigeladene habe die nachfolgenden Leistungen zu erbringen: Preisauszeichnung und Platzierung
der gesamten gelieferten Ware am Tage der Lieferung oder am Folgetag unter Beachtung des FIFO-Prinzips (Ziffer 2 des ersten
Servicevertrages) bzw. Platzierung der gesamten gelieferten Ware im Regal am Tag der Lieferung oder am Folgetag, Aufbau von
Displays und Dekomaterialien, Pflege vorhandener Kassenplatzierungen (Ware vorziehen und nachpacken), Sicherstellung von Ordnung
und Sauberkeit im Regal, an den Kassen und auf den Displays, Umpacken von Displayware in das Regal nach Promotionende, sofern
erforderlich, Preisauszeichnung der Ware, sofern erforderlich, Kontrolle und Ergänzung der Preisetiketten, Aussortieren von
Bruch und Ware mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum (zweiter Servicevertrag). Als Vergütung wurde 2,2 % vom Nettoumsatz
vereinbart sowie für Sonderleistungen 15,-- DM bzw. 7,67 Euro pro Stunde zuzüglich Umsatzsteuer. Die Beigeladene stellte der
Klägerin die geleistete Servicearbeit monatsweise in Rechnung. Die Rechnungsbeträge beliefen sich beispielsweise für den Monat
2002 auf 144,03 Euro, für April 2002 auf 220,69 Euro und für Mai 2002 auf 391,74 Euro. Ähnliche Service- bzw. Platzierungsverträge
schloss die Beigeladene mit sechs weiteren Unternehmen.
Im Mai 2004 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum 1. Januar 2001 bis 31. März 2003
durch. Die Klägerin teilte ihr im Rahmen dieses Verfahrens mit, die Serviceagentur sei lediglich beauftragt, jeweils definierte
Serviceleistungen zu erbringen. Die Leistungen müssten nicht persönlich erbracht werden. Die Auftragnehmer dürften selbst
entscheiden, ob sie Vertreter oder Hilfskräfte hinzuzögen. Der Umfang der zu erbringenden Serviceleistungen sei vertraglich
fixiert. Es gebe allgemeine Vorgaben zur Ordnung und Sauberkeit, der Geltung des First-In-First-Out-Prinzips bei der Regalpflege,
der Beschreibung des Regalspiegels und Hinweise zu Sonderplatzierungsflächen. Einzelanweisungen würden hingegen nicht erteilt.
Die Überprüfung der Leistungen erfolge durch eigene Mitarbeiter des Außendienstes. Diese Außendienstmitarbeiter hätten ansonsten
andere Aufgaben. Bei der Beigeladenen handele es sich um eine auf einen bestimmten Nischenmarkt spezialisierte Unternehmerin,
die für sich die volle unternehmerische Freiheit habe. Sie habe das unternehmerische Risiko im Hinblick auf die von ihr einzusetzenden
Betriebsmittel, insbesondere ihr Kraftfahrzeug.
Die Beklagte erließ nach vorangegangener Anhörung am 30. März 2005 den hier streitgegenständlichen Bescheid. Die Prüfung habe
die Feststellung ergeben, dass die Beigeladene als Regalauffüllerin/Platzierungshilfe eine abhängige Beschäftigung ausgeübt
habe. Nachgefordert wurden 2.138,90 Euro, einschließlich 386,12 Euro Säumniszuschläge nach §
24 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV). Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Beigeladene habe eine abhängige Beschäftigung nach §
7 Abs.
1 SGB IV ausgeübt. Der Arbeitsort und die Arbeitszeit seien von der Klägerin vorgegeben. Die Arbeitszeit werde dadurch geregelt, dass
die Ware am Liefertag, spätestens am folgenden Tag platziert und ausgezeichnet werden müsse. Die vertraglich vereinbarten
Tätigkeiten seien typische Arbeitnehmertätigkeiten. Durch die Vorgabe der Einsatzorte und der Zeiten sei eine Eingliederung
in den Betriebsablauf gegeben. Auch sei ein typisches Unternehmerrisiko der Beigeladenen nicht zu erkennen. Die Voraussetzungen
für eine Beitragspflicht erst ab Bekanntgabe der Entscheidung nach §
7 b SGB IV in der bis Ende 2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1999 (
SGB IV alte Fassung =
SGB IV a. F.) lägen nicht vor. Die Klägerin sei zumindest grob fahrlässig von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen. Die Klägerin
hätte aufgrund der Vertragsgestaltung und der tatsächlichen Verhältnisse erhebliche Zweifel an der Selbständigkeit haben und
sich an die zuständige Einzugstelle wenden müssen. Für die streitgegenständliche Zeit liege jedoch geringfügige Beschäftigung
nach §
8 SGB IV vor. Säumniszuschläge entstünden nach §
24 Abs.
1 SGB IV für jeden angefangenen Monat der Säumnis, soweit der Arbeitgeber nicht unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht
gehabt habe. Solche hätte die Klägerin hier zumindest haben müssen. Die Zusammenstellung der nachgeforderten Beiträge sowie
eine Berechnung der Säumniszuschläge waren dem Bescheid als Anlage beigefügt.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Die Beigeladene habe keinem umfassenden Weisungsrecht unterlegen. Bei einer einfachen Tätigkeit
- wie hier - spreche ein faktisch begrenztes Weisungsrecht für Selbständigkeit. Es seien zu keiner Zeit konkrete Einzelanweisungen
erteilt worden. Die Klägerin habe sich auch kein "Direktionsrecht per Servicevertrag" vorbehalten. Es habe vielmehr kein einseitiges
Bestimmungsrecht, sondern die Notwendigkeit einer Vertragsergänzung, kombiniert mit einer Vergütungspflicht der Klägerin bestanden.
Auch habe die Beigeladene unter Einhaltung einer nur zweiwöchigen Kündigungsfrist die Bereitschaft zur Übernahme zusätzlicher
Sonderleistungen jederzeit verweigern können. Anders als für Arbeitnehmer hätten für die Beigeladene keine regelmäßige Arbeits-
und Anwesenheitszeiten gegolten. Sieben von acht der geschuldeten Leistungen - z. B. Aufbau von Displays und Dekomaterialien
- hätte keinerlei zeitlichen Vorgaben unterlegen. Entsprechend dem Interesse des Einzelhandels an einer Lieferung "Just-in-time"
habe lediglich gelieferte Ware am Tag der Lieferung oder am Folgetag eingeräumt werden müssen. Die Beigeladene habe autonom
entscheiden können, ob sie die Arbeiten morgens, mittags oder abends am Liefertag oder am Folgetag habe ausführen wollen.
Die Klägerin habe der Beigeladenen auch keine direktionsähnlichen Weisungen hinsichtlich des Arbeitsortes erteilt. Natürlich
habe die Arbeit bei den Handelsunternehmen und nirgendwo sonst ausgeübt werden müssen. Insoweit unterscheide sich die Beigeladene
in keiner Weise von Handelsvertretern. Soweit die Beklagte die Tätigkeiten der Beigeladen wie Auspacken, Regelpflege, Aussortieren
und Preisauszeichnungen usw. als typische Arbeitnehmertätigkeiten bezeichne, sei dies viel zu pauschal und ein gänzlich unbrauchbares
Abgrenzungskriterium. Ein wichtiger Aspekt für Selbständigkeit sei schließlich, dass die Beigeladene die Leistungen nicht
persönlich zu erbringen gehabt habe, sondern eigene Mitarbeiter habe beschäftigen können. Das Argument der Beklagten, die
Beigeladene habe keinen Einfluss auf die Preisgestaltung der Produkte nehmen und die zur Verfügung gestellte Verkaufsfläche
nicht nach eigenen Geschäftsinteressen nutzen können, sei abwegig. Kein Dienstleister sei in seiner Preisgestaltung frei.
Entscheidend sei allein, dass die Beigeladene im Vertrag auf die Höhe der Provision Einfluss habe nehmen können. Nach Auffassung
von Rechtsprechung und Literatur sei es ferner ein wesentlicher Anhaltspunkt für einer selbständige Tätigkeit, wenn -wie hier-
mehrere Auftraggeber vorhanden seien, wie dies auch aus §
7 Abs.
4 SGB IV a. F. zu folgern sei. Hier sei die Beigeladene sogar auch für die größten Wettbewerber der Klägerin tätig gewesen.
Keinesfalls habe sich die Klägerin schließlich grob fahrlässig im Sinne des §
7 b Nr. 3
SGB IV a. F. verhalten und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in einem besonders hohen Maße außer Acht und dasjenige unbeachtet
gelassen, was für jedermann einleuchtend gewesen sei. Sie habe sich vielmehr auf den im Beurteilungszeitraum geltenden Katalog
des §
7 Abs.
4 SGB IV a. F. verlassen dürfen. Danach habe die Vermutung für eine abhängige Beschäftigung bestanden, wenn mindestens drei der im
§
7 Abs.
4 SGB IV a. F. aufgeführten fünf Merkmale vorgelegen hätten. Dies sei nicht der Fall gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend zum
Bescheid aus, die Weisungsgebundenheit sei bezüglich Arbeitszeit und Arbeitsort nicht gelöst gewesen. Die Aufgaben seien in
einem gewissen zeitlichen Rahmen auszuführen gewesen, der sich nach der Kundennachfrage (Liefertage) und den Geschäfts- und
Öffnungszeiten der jeweiligen Supermärkte gerichtet habe. Bei der Art der von der Beigeladenen auszuführenden Arbeiten sei
eine Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers eher anzunehmen als bei gehobenen Tätigkeiten.
Die Klägerin hat hiergegen am 18. August 2006 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Sie hat zur Begründung ihr Vorbringen wiederholt und vertieft. In der Verhandlung am 4. März 2009 vor dem SG ist die Beigeladene angehört worden; auf die Niederschrift wird insoweit Bezug genommen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Es überwögen die Merkmale abhängiger Beschäftigung nach §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV. Die Beigeladene sei als Glied eines fremden Betriebes anzusehen gewesen und habe nicht im Mittelpunkt eines eigenen Unternehmens
gestanden. Sie sei in das Vertriebssystem der Klägerin integriert gewesen. Nennenswerte eigene Entscheidungsbefugnisse habe
sie nicht gehabt. Ihr sei im Einzelnen vorgegeben gewesen, wo und wie sie die Ware einzusortieren und zu behandeln gehabt
habe. Für Nichtselbständigkeit spräche ferner das Fehlen eines echten unternehmerischen Risikos. Flexible Arbeitszeitgestaltungen
gebe es auch im Rahmen von Arbeitsverhältnissen, ebenso wie Mehrfachbeschäftigung (Bezugnahme auf Urteil des Hessischen LSG,
Urteil vom 12. Juli 2007 - L 8/14280/04 -). §
7 b SGB IV a. F. sei nicht einschlägig. Die Beigeladene habe weder dem verzögerten Eintritt der Versicherungspflicht zugestimmt, noch
könne sie eine ausreichende Altersvorsorge aufweisen, wie sich aus ihrer Erklärung im Verhandlungstermin ergeben habe. Rechtsgrundlage
für die Erhebung der Säumniszuschläge sei §
24 SGB IV.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin.
Auf Ersuchen des Senats hat das SG Lübeck am 8. Juni 2011 den (ehemaligen) Außendienstmitarbeiter der Klägerin H B als Zeugen
vernommen. Auf die Vernehmungsniederschrift wird Bezug genommen.
Zur Berufungsbegründung hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, nach dem maßgeblichen relevanten Gesamtbild sei von dem vertraglich
vereinbarten Verhältnis auszugehen, soweit die tatsächlichen Verhältnisse dem nicht offensichtlich widersprächen und sie durch
weitere Aspekte geschützt seien (Bezugnahme auf Bundessozialgericht - BSG - Urt. v. 12.02.2004 (- B 12 KR 26/02 R -, juris Rdnr. 23). Hier habe die Vertragspraxis keinesfalls der entsprechenden Benennung im Vertrag eines Servicevertrages
widersprochen. Das SG sei blind der von ihm angeführten Entscheidung des LSG Hessen gefolgt, obgleich dieser ein in wesentlichen Punkten anders
gelagerter Sachverhalt zugrunde gelegen habe und es zum Vertragstypus Regalservice auch anders lautende Gerichtsentscheidungen
gäbe (Bezugnahme auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. August 2007 - L (8) R 196/05 -). Bestimmte Berufe bzw. Dienstleistungen
könnten je nach Ausgestaltung der Vertragsbeziehung sowohl im Rahmen abhängiger Beschäftigung als auch selbständig ausgeübt
werden. Die Beigeladene sei allenfalls in die betriebliche Organisation der beiden Supermärkte eingegliedert gewesen, jedoch
nicht in die der Klägerin. Sie habe z. B. nicht an Mitarbeiterbesprechungen und -schulungen, Betriebsratwahlen etc. teilgenommen
und habe nicht auf Weisung der Betriebsleitung an bestimmten Tagen zu bestimmten Zeiten bei bestimmten Kunden bestimmte Leistungen
auszuführen gehabt. Die Freiheit der Beigeladenen habe sich deutlich in ihren Einlassungen im Verhandlungstermin vor dem SG gezeigt. So sei sie beispielsweise auch sonntags in die Läden gefahren und haben die Leistungen durch ihren Ehemann und ihre
Kinder erbringen lassen.
Es habe keine Verpflichtung der Beigeladenen gegeben, den seinerzeitigen Außendienstmitarbeiter B aufzusuchen. Treffen mit
diesem seien zufällig geschehen oder nur nach Vereinbarung vor Ort im Markt. Für den Fall ihrer Verhinderung habe es keine
von ihr einzuhaltenden festen Regeln gegeben. Sie sei nicht in die Organisation der angestellten Außendienstmitarbeiter eingebunden
gewesen. Der Außendienstmitarbeiter habe ihr keine Weisungen erteilt, sondern sich lediglich einen Eindruck davon verschafft,
ob die Beigeladene ihre Dienstleistung vertragsgemäß erbringe. Die Klägerin ist der Auffassung, der Zeuge B habe ihre Sicht
einer lediglich lockeren, für die Zusammenarbeit mit selbständigen typische Geschäftsbeziehung geschildert. So habe er bestätigt,
keine Treffen bzw. Besprechungen angeordnet zu haben. Es sei bei den Zusammenkünften in den Märkten darauf angekommen, ob
im Markt alles in Ordnung sei oder die Beigeladene irgendetwas über Beschwerden oder ähnliches mitbekommen habe. Soweit der
Zeuge bekundet habe, dass er vor Einschaltung der Serviceagenturen Aufträge und Weisungen an Personen erteilt haben wolle,
werde nicht ansatzweise ersichtlich, welche Aufträge bzw. Weisungen dies im Einzelnen gewesen sein sollten. Es sei davon auszugehen,
dass er letztlich nur habe beschreiben wollen, für die Klägerin die Vertragsgestaltung zu regeln, ähnlich wie ein Auftraggebers
eines Malers diesen auch nach Vertragsabschluss noch anweisen könne, anders als zunächst vereinbart zu verfahren. Dass der
Zeuge nicht die Begriffe im juristischen Sinne verwendet habe, werde aus der Bezeichnung seiner eigenen Arbeitnehmertätigkeit
für die Klägerin als "Handelsvertreter" deutlich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. März 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 30. März 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Dem haben sich die Beigeladenen zu 1) und 2) angeschlossen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat verweist zur Vermeidung bloßer Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen
im angegriffenen Urteil (§
153 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Der angefochtene Prüfbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Ermächtigungsgrundlage ist §
28 p Abs.
1 Satz 1 und 5
SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten
und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen,
ordnungsgemäß erfüllen. Sie setzen insoweit auch Beiträge durch Verwaltungsakt fest. Bemessungsgrundlage für die Höhe der
Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- sowie Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt
des Beschäftigten, §
226 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) §
75 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch i. V. m. §
226 Abs.
1 Satz 1
SGB V, §
162 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, §
342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist.
Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist
und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet.
Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend,
welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 -12 RK 72/92- NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG Beschluss vom 23. Februar 1995 -12 BK 98/94- juris; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen.
Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung
zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem
Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist.
Ausgangspunkt der Prüfung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr 17; Urteil vom 25. Januar 2006, B 12 KR 30/04 R, Die Beiträge, Beil 2006, 149; jeweils m. w. N.) zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den
von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu
ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf
die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht aber der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt,
dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (so insgesamt weitgehend
wörtlich BSG, Urteil vom 24. Januar 2007, aaO., RdNr 22, m. w. N.). Maßgeblich ist also die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird,
und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - "Freelancer" Rdnr. 17; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zuletzt Urteil vom 15. Juli 2011 -L 1 KR 206/09- Juris Rdnr. 131ff).
Das SG hat hier richtig entschieden, dass die Vereinbarung eines Servicevertrages auf selbstständiger Basis hier nur formal vereinbart
wurde. Nach den tatsächlichen Verhältnissen war die Beigeladene nicht Subunternehmerin der Klägerin, sondern abhängig Beschäftigte.
Die Tätigkeit der Beigeladenen erfolgte nicht weisungsfrei im rechtlich relevanten Sinne. Bei den Regaleinräumarbeiten hat
es sich um einfache Arbeiten gehandelt, für die umfangreiche praktische Weisungen nicht erforderlich gewesen sind. Die Arbeitsergebnisse
sind von der Klägerin durch ihren Außendienstmitarbeiter kontrolliert worden.
Dass die Beigeladene die Arbeit durch andere an ihrer Stelle hat ausführen dürfen und sich konkret gelegentlich durch ihren
Ehemann und ihre Kinder helfen ließ, ist kein relevantes Indiz für Selbständigkeit. Die Befugnis, Arbeiten an andere zu delegieren
steht nicht zwingend der Annahme eine Beschäftigungsverhältnisses entgegen (Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 - L 1 KR 315/08 - juris Rdnr. 51 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 19. August 2003 - B 2 U 38/02 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 1).
Es gibt Beschäftigungsverhältnisse, bei denen es nicht unbedingt auf die persönliche Arbeitsleistung ankommt, sondern eine
Vertretung durch Familienangehörige oder Dritte möglich und üblich ist (so zutreffend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.
Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 -).
Die Eingliederung in die betriebliche (Vertriebs-)Organisation ergibt sich zur Überzeugung des Senats ergänzend aus den Aussagen
des Zeugen B. Auch wenn der Zeuge die Begriffe "konkreter Aufträge" und "Weisungen" nicht im sozialversicherungsrechtlichen
Sinne verstanden hat, hat er sich zur Überzeugung des Senats befugt gesehen, konkret auf die Beigeladene einzuwirken.
Die Annahme, dass dabei in jedem Falle der Servicevertrag mündlich abgeändert wurde, ist eher fern liegend:
Der Zeuge hat zwar zunächst ausgesagt, der Beigeladenen konkret keine Weisungen und Aufträge erteilt zu haben. Aus seinen
nachfolgenden Äußerungen wird aber deutlich, dass sich diese Aussage nur auf die Funktion der Beigeladenen zu einem späteren
Zeitpunkt bezog, von dem an die Klägerin ausschließlich Serviceagenturen beauftragt hat und die Beigeladene bei diesen beschäftigt
gewesen ist. Im Einzelnen hat er nämlich erklärt, prinzipiell einmal in der Woche Kontakt zur Beigeladenen gehabt zu haben,
und zwar stets am Montag, so dass es keiner konkreten Verabredungen bedurft habe. Er habe der Beigeladenen selbst keine Aufträge
oder Weisungen erteilt, weil die Klägerin konkrete Aufträge und Weisungen der jeweils eingeschalteten Agentur erteilt habe.
Die Serviceagentur wiederum habe dann ihre Beschäftigten mit konkreten Weisungen und Aufträgen beauftragt. Für die Zeit vor
der Einschaltung der Serviceagenturen sei es so gewesen, dass er - der Zeuge - die Aufträge und Weisungen denjenigen Personen
erteilt habe, mit denen die Klägerin direkt kooperiert habe. Diesen Personen, die - wie hier die Beigeladene - seinerzeit
ja noch selbst Rechnungen gestellt hätten, habe er früher Weisungen und Aufträge erteilt.
Angesichts der Einfachheit der Tätigkeit bestand kein Bedarf für konkrete Weisungen. Die Beigeladene hatte zudem kein relevantes
Unternehmerrisiko.
Die Voraussetzungen des §
7 b SGB IV in der Fassung vom 20. Dezember 1999 (a. F. = a. F.) liegen - wie das SG richtig ausgeführt hat - bereits ungeachtet der Frage grober Fahrlässigkeit nicht vor. Die von der Beklagten festgesetzten
Beiträge und die Höhe der Säumniszuschläge sind zutreffend berechnet.