Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Leistungsausschluss für behinderte Menschen mit Anspruch auf Ausbildungsgeld;
Nichtberücksichtigung des Mehrbedarfs gemäß § 21 Abs. 4 SGB II bei der fiktiven Bedarfsermittlung
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die vorläufige Gewährung von Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum ab 24.07.2013.
Die 1990 geborene Antragstellerin absolviert vom 01.09.2011 bis 31.08.2014 eine Berufsausbildung zur Verkäuferin. Die Bundesagentur
für Arbeit bewilligte der Antragstellerin mit Bescheid vom 21.02.2013 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§
112 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) für den Zeitraum vom 01.03.2013 bis 31.08.2014 i.H.v. monatlich 572,00 EUR sowie Reisekosten i.H.v. monatlich 39,50 EUR.
Der Antragsgegner bescheinigte der Antragstellerin mit Bescheid vom 02.04.2012, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung
für die Wohnung B in D (Bruttokaltmiete i.H.v. 260,00 EUR = Nettomiete i.H.v. 210,00 EUR sowie Betriebskostenvorschuss i.H.v.
50,00 EUR) angemessen seien.
Die Antragstellerin beantragte am 26.04.2012 beim Antragsgegner einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft und
Heizung für Auszubildende. Sie wohne in der 35 qm großen Ein-Zimmer-Wohnung in D, für die eine monatliche Gesamtmiete i.H.v.
310,00 EUR zu begleichen sei.
Der Antragsgegner lehnte dies mit Bescheid vom 18.06.2012 ab. Anspruch auf Zuschuss bestehe, wenn Auszubildende Berufsausbildungsbeihilfe
oder Ausbildungsgeld nach dem
SGB III oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bezögen (§ 27 SGB II). Da die Antragstellerin mit dem von ihr nachgewiesenen Einkommen ihre Bedarfe für Unterkunft und Heizung ausreichend mit
eigenen Mittel bestreiten könne, habe sie keinen Anspruch auf Zuschuss.
Den erneuten Antrag der Antragstellerin auf Gewährung eines Zuschusses zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft und Heizung
vom 05.03.2013 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 20.03.2013 mit gleicher Begründung ab. Hiergegen richtete sich der
Widerspruch der Antragstellerin vom 15.04.2013. Ihr stünden Leistungen nach dem SGB II und nicht lediglich ein Zuschuss gemäß § 27 SGB II zu. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II betreffe nicht Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die sie erhalte. Selbst wenn Leistungen nach § 27 SGB II in Rede stünden, werde bei der fiktiven Bedarfsdeckung der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II außer Betracht gelassen.
Die Antragstellerin hat ihr Begehren mit dem am 16.05.2013 zum Sozialgericht Dresden erhobenen Antrag auf einstweiligen Rechtschutz
weiter verfolgt.
Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 27.05.2013 abgelehnt. Der Antragstellerin mangele es an einem Anordnungsgrund.
Sie habe entgegen der Aufforderung des Gerichts ihre finanzielle Notlage nicht glaubhaft gemacht. Das Sozialgericht habe sie
mit Schreiben vom 17.05.2013 aufgefordert, die Kontoauszüge der letzten drei Monate bis zum 24.05.2013 vorzulegen. Dieser
Aufforderung sei sie nicht nachgekommen. Darüber hinaus fehle es auch an der Glaubhaftmachung des anwaltlichen Vortrags.
Gegen den am 28.05.2013 aus dem Statistikdatensatz des Sozialgerichts ausgetragenen Beschluss hat sie am 01.07.2013 beim Sozialgericht
Beschwerde eingelegt, die am 04.07.2013 beim Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) eingegangen ist. Die Antragstellerin
habe einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und nicht lediglich auf einen Zuschuss gemäß § 27 Abs. 3 SGB II. Leistungen nach § 27 SGB II erhalte nur, wer von dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II umfasst sei. Die Antragstellerin erhalte weder Berufsausbildungsbeihilfe noch Leistungen nach dem BAföG, sondern Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diese Leistungen seien nicht vom Ausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II umfasst. Die Antragstellerin erziele folgendes Einkommen: Sie erhalte Ausbildungsgeld i.H.v. monatlich 572,00 EUR und Kindergeld
i.H.v. monatlich 184,00 EUR. Ihre Miete betrage monatlich 310,00 EUR. Der fiktive Bedarf der Antragstellerin nach dem SGB II bemesse sich wie folgt: Der Regelsatz betrage monatlich 382,00 EUR. Daneben stehe ihr ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II i.H.v. 133,70 EUR zu. Die Kosten der Unterkunft und Heizung beträgen 310,00 EUR. Der Gesamtbedarf der Antragstellerin liege
bei 825,70 EUR monatlich. Die Antragstellerin erziele Einkommen i.H.v. 756,00 EUR. Nach Abzug der Versicherungspauschale verbleibe
ein anrechenbares Einkommen i.H.v. 726,00 EUR. Für den Fall, dass das erkennende Gericht zu der Auffassung gelangen sollte,
dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II auch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben anzuwenden sei, verbleibe ein Anspruch der Antragstellerin nach § 27 Abs. 3 SGB II. Denn auch in diesem Falle versäume es der Antragsgegner bei der fiktiven Einkommensberechnung nach den §§ 27 Abs. 3, 19 Abs. 3 SGB II den Zuschlag nach § 21 Abs. 4 SGB II einzubeziehen. Bei der Antragstellerin liege eine Notlage vor. Sie habe keinerlei finanzielle Rücklagen. Auch Vermögen sei
nicht vorhanden. Sie sei nicht in der Lage, ihre Miete zu begleichen.
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 27.05.2013 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig
im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin für den Zeitraum ab 24.07.2013 Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts, hilfsweise Leistungen nach § 27 Abs. 3 SGB II zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner erachtet den erstinstanzlichen Beschluss für zutreffend. Ein Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 SGB II sei bei der Bewilligung des Zuschusses gemäß § 27 SGB II nicht zu berücksichtigen. Ohne diesen Mehrbedarf sei der Bedarf der Antragstellerin durch das von ihr erzielte Einkommen
- auch nach der Berechnung der Antragstellerin - gedeckt.
Dem Senat liegen die Akten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens sowie die Akte des Antragsgegners vor.
II. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht mit Beschluss
vom 27.05.2013 den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Der Antragstellerin steht weder ein Anspruch auf vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II noch auf vorläufige Gewährung eines Zuschusses gemäß § 27 Abs. 3 SGB II zu.
Nach §
86 b Abs.
2 Satz 2
SGG können die Gerichte auf Antrag, der gemäß §
86 b Abs.
3 SGG bereits vor Klageerhebung zulässig ist, zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist gemäß
§
86 b Abs.
2 Satz 4
SGG i. V. m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch
der Grund, weshalb die Anordnung ergehen und dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung der Hauptsache gesichert werden
soll (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen. Gem. §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG ist §
929 ZPO entsprechend anzuwenden.
1. Der Antragstellerin steht ein Anordnungsanspruch auf vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nicht zu.
Gemäß § 7 Abs. 5 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§
51,
57 und
58 SGB III dem Grunde nach förderfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Der Senat, der sich zur Frage des Leistungsausschlusses für behinderte Menschen mit Anspruch auf Ausbildungsgeld bisher nicht
abschließend geäußert hat (vgl. Beschluss vom 06.09.2010 - L 7 B 633/08 AS-ER, Juris), schließt sich nach eigener Prüfung der geänderten Rechtsauffassung des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.04.2013
(L 2 AS 951/12 B ER, RdNrn. 21 bis 24) an. Dieses hat für den Senat überzeugend ausgeführt: "Das SG hat auch zutreffend festgestellt, dass die Antragstellerin während der Teilnahme an der Berufsausbildung zur Bürokauffrau
keinen Anspruch auf Alg II hat, weil dieser Anspruch nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen ist. Der Senat gibt die gegenteilige Auffassung, wonach dieser Leistungsausschluss nicht für behinderte Menschen
mit Anspruch auf Ausbildungsgeld nach dem
SGB III gilt (so noch der Senat im Beschluss vom 6. Dezember 2011 - L 2 AS 438/11 B ER - veröffentlicht in Juris) auf. Der Senat geht nunmehr davon aus, dass die Antragstellerin gemäß § 7 Abs. 5 SGB II - die Voraussetzungen für die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 6 SGB II liegen hier nicht vor - von dem Anspruch auf Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen ist. Nach § 7 Abs. 5 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§
60 bis
62 SGB III dem Grunde nach förderfähig ist, über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Diese Vorschrift findet für den Fall der Antragstellerin Anwendung, die eine Ausbildung zur Bürokauffrau absolviert. Damit
befindet sie sich in einer Ausbildung, die dem Grunde nach im Rahmen der §§
60 bis
62 SGB III förderungsfähig ist. Im §
60 SGB III werden die persönlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf BAB geregelt und die §§
60,
61 SGB III enthalten Regelungen zur Höhe des jeweiligen Bedarfs. § 7 Abs. 5 SGB II stellt mit der Formulierung 'dem Grunde nach förderungsfähig' nicht darauf ab, dass im Einzelfall die Voraussetzungen für
eine Förderung mit BAB vorliegen, sondern darauf, dass die Ausbildung an sich mit BAB gefördert werden kann. Dies ist bei
der von der Antragstellerin absolvierten Ausbildung der Fall. Nach §
57 Abs.
1 SGB III (vor dem 1. April 2012: §
60 Abs.
1 SGB III) ist eine Berufsausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Bei der Ausbildung
zur Bürokauffrau handelt es sich um einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf. Die Anwendung des § 7 Abs. 5 SGB II ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragstellerin keinen Anspruch auf BAB hat, sondern auf Ausbildungsgeld, einer
Leistung der Teilhabe am Arbeitsleben (§§
112 ff
SGB III) für behinderte Menschen. Denn alleine die Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach ist Vorraussetzung für die
Rechtsfolge des § 7 Abs. 5 SGB II und damit den Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Es kommt auf die sog. abstrakte Förderfähigkeit
an (ständige Rspr. des Bundessozialgerichts (BSG), u.a. Urteil vom 6. September 2007, B 14/7b AS 28/06 R; Urteil vom 22. März 2012 m.w.N., B 4 AS 102/11 R, jeweils zitiert nach juris). Der Senat hält nicht mehr an der auch von anderen Landessozialgerichten vertretenen Rechtsausfassung
(vgl. u.a. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Januar 2012, L 26 AS 2360/11 B ER m. w. Nachweisen; anderer Auffassung u. a.: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 4. Juli 2012, L 15 AS 168/12 B, jeweils zitiert nach juris) fest, dass § 7 Abs. 5 SGB II bei einer Förderung mit Ausbildungsgeld keine Anwendung findet. Diese Rechtsauffassung hatte der Senat hauptsächlich damit
begründet, dass es sich bei den für behinderte Menschen mit Ausbildungsgeld geförderten beruflichen Ausbildungen oder berufsvorbereitenden
Bildungsmaßnahmen um ein 'aliud' im Vergleich zu den entsprechenden Ausbildungen und Maßnahmen für nichtbehinderte Menschen
handele (Beschluss des Senats vom 6. Dezember 2011 - L 2 AS 438/11 B ER). Der Senat hält es nach wie vor für offensichtlich, dass behinderte Menschen insbesondere in Berufsförderungswerken
unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Bedürfnisse anders ausgebildet werden als nichtbehinderte Menschen. Dies dürfte
allerdings nichts daran ändern, dass auch die Ausbildung behinderter Menschen dann, wenn sie auf den Abschluss in einem anerkannten
Ausbildungsberuf abzielt, im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II eine grundsätzlich mit Berufsausbildungsbeihilfe förderbare Ausbildung bleibt. Die hiervon abweichende vom Senat vormals
vertretene Auffassung ist auch schwerlich mit der Gesamtsystematik des SGB II vereinbar, wie sie sich nun aktuell aufgrund verschiedener Gesetzesänderungen darstellt. Die nachträglichen - nicht konkret
auf § 7 Abs. 5 SGB II bezogenen - Änderungen des SGB II gebieten zwar nicht zwingend eine bestimmte Auslegung dieser Norm. Denn für die Rechtsanwendung ist die konkrete Norm bis
zu einer Änderung durch den Gesetzgeber unter Heranziehung der anerkannten Auslegungsmethoden ausgehend von dem Rechtszustand
bei ihrem Inkrafttreten auszulegen (siehe dazu die Ausführungen im Beschluss des Senats 6. Dezember 2011 - L 2 AS 438/11 B ER - veröffentlicht in Juris). Gleichwohl können auch nachträgliche Gesetzesänderungen anderer Vorschriften beachtlich
sein. Von einer solchen Beachtlichkeit geht der Senat aus, wenn sich für eine bestimmte Norm noch keine feste, die Rechtsanwendung
durchgängig prägende Rechtsprechung herausgebildet hat und wenn bei mehreren grundsätzlich möglichen Auslegungen dieser Norm
eine bestimmte Auslegung besser gewährleistet, dass im Zusammenhang stehende Regelungen sinnvoll und ohne erkennbare Widersprüche
angewandt werden können. Ein solcher Fall liegt hier vor. Gemäß der mit Wirkung zum 1. April 2011 vorgenommenen Neufassung
des § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I 2011, 453) findet Absatz 5 keine Anwendung auf Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, nach § 66 Abs. 1 (jetzt: § 62 Abs. 1) oder §
106 Abs.
1 Nr.
1 (jetzt: §
124 Abs.
1 Nr.
1)
SGB III bemisst. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Neufassung des § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II klarstellen, dass auch behinderte Menschen, die mit Anspruch auf Ausbildungsgeld eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme
besuchen und im Haushalt der Eltern untergebracht sind, Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld (unter Anrechnung
des Ausbildungsgeldes) haben (vgl. BT-Drucks. 17/3404, S. 93). Der Gesetzgeber hat die Fördermöglichkeiten mit Ausbildungsgeld
damit ausdrücklich in Bezug genommen und ausschließlich für den Fall des §
106 Abs.
1 Nr.
1 SGB III (jetzt: §
124 Abs.
1 Nr.
1 SGB III) in Anlehnung an die bereits zuvor in § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II vorgesehenen Fälle des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG und des §
62 Abs.
1 SGB III (jetzt: §
64 Abs.
1 SGB III) eine Leistungsberechtigung nach dem SGB II vorgesehen. Im Übrigen ist er für die weiteren Fälle eines Bezuges von Ausbildungsgeld von einem Leistungsausschluss nach
§ 7 Abs. 5 SGB II ausgegangen. Zudem setzt die Regelung in § 27 Abs. 3 SGB II (früher: § 22 Abs. 7 SGB II) über die Leistungen für die vom SGB II ausgeschlossenen Auszubildenden erkennbar voraus, dass der Gesetzgeber auch in Fällen einer Förderung mit Ausbildungsgeld
von Anwendungsfällen des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II jedenfalls dann ausgeht, wenn - wie hier - die streitige Ausbildung ebenso im Rahmen des BAföG oder der §§
51,
57 und
58 SGB III gefördert werden könnte, sofern nicht die in § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II genannte Konstellation vorliegt. Anders dürfte es sich dagegen beispielsweise dann verhalten, wenn es sich bei der streitigen
Ausbildung um eine Maßnahme handelt, die - aufgrund ihrer behinderungsspezifischen Besonderheiten - schon von vornherein nicht
als 'Ausbildung' im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II mit Berufsausbildungsförderung oder Berufsausbildungsbeihilfe gefördert werden kann (vgl. hierzu die Entscheidungen des BSG vom 16. Februar 2012, B 4 AS 94/11 R zur Teilnahme an einem Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung vom 30. August 2010, B 4 AS 97/09 R, und zur Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung, jeweils zitiert nach Juris)." (ebenso: LSG Niedersachsen-Bremen,
Beschluss vom 04.07.2012 - L 15 AS 168/12 B, RdNrn. 17ff; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.01.2013 - L 34 AS 2968/12 B ER, RdNrn. 17 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.07.2010 - L 6 AS 587/10 B ER, RdNrn. 20 ff.; vgl. auch Hölzer, info also 2013, S. 165; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.01.2012 - L 26 AS 2360/11 B ER, RdNrn. 10 ff.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.12.2011 - L 2 AS 438/11 B ER, RdNrn. 14 ff; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.12.2011 - L 7 AS 1235/11 B, RdNrn. 16 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.07.2012 - L 7 AS 898/12 B ER; RdNr. 4)
Der Senat erachtet diese Auffassung gerade unter Berücksichtigung des Wortlautes von und des Regelungszusammenhangs mit den
§§ 7 Abs. 6 Nr. 2 und 27 Abs. 3 SGB II für überzeugender, weil nur bei dieser Rechtsauffassung von einer geschlossenen und in sich nachvollziehbaren Systematik
zwischen den §§ 7 Absätze 5 und 6 Nr. 2 sowie 27 Abs. 3 SGB II auszugehen ist.
Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lediglich möglichen summarischen Prüfung liegen auch bei der Antragstellerin
des zu entscheidenden Verfahrens die Voraussetzungen des § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II nicht vor. Bei der Verkäuferin handelt es sich ebenfalls um einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf. Ein Berufsausbildungsvertrag
wurde abgeschlossen. Der Vertrag wurde in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen. Diese Eintragung
entfaltet Tatbestandswirkung (BSG, Urteil vom 18.08.2005 - B 7a/7 AL 100/04 R).
2. Der Antragstellerin steht auch kein Anordnungsanspruch auf Leistungen gem. § 27 Abs. 3 SGB II zu.
Nach § 27 Abs. 1 SGB II erhalten Auszubildende im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der folgenden Absätze. Die Leistungen für Auszubildende gelten
nicht als Arbeitslosengeld II. Gemäß § 27 Abs. 2 SGB II werden Leistungen in Höhe der Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 2, 3, 5 und 6 SGB II in Höhe der Leistungen nach § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB II erbracht, soweit die Mehrbedarfe nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gedeckt sind. Nach § 27 Abs. 3 SGB II erhalten sie, sofern Auszubildende Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem
SGB III oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten oder sie diese nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten und sich
deren Bedarf nach § 61 Abs. 1, § 62 Abs. 2, § 116 Abs. 3, §
123 Abs.
1 Nr.
1 und 4, §
124 Abs.
1 Nr.
2 SGB III oder nach §
12 Abs.
1 Nr.
2 und Abs. 2, § 13 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BAföG bemisst, einen Zuschuss zu ihren angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II), soweit der Bedarf in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 3 SGB II ungedeckt ist. Satz 1 gilt nicht, wenn die Berücksichtigung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen ist.
Im Rahmen der fiktiven Bedarfsberechnung nach § 27 Abs. 3 i.V.m. § 19 Abs. 3 SGB II ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - der Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 SGB II nicht zu berücksichtigen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.01.2013 - L 34 AS 2968/13 B ER, RdNr. 26; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.01.2012 - L 26 AS 2360/11 B ER, RdNr. 14; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.07.2010 - L 6 AS 587/10 B ER, RdNr. 23; ebenso: Bernzen in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 27 RdNr. 42; Thie in LPK-SGB II, 4. Auflage 2012, § 27 RdNr. 4). Das ergibt sich aus § 27 Abs. 2 SGB II, der Mehrbedarfe für Auszubildende regelt und für letztere einen Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 4 SGB II gerade nicht vorsieht, und wird durch die Gesetzesmaterialen (BT-Drucksache 17/3404, Seite 103) bestätigt:
"Mit Absatz 2 [des § 27 SGB II - Anmerkung des Senats] wird der Anspruch Auszubildender auf Mehrbedarf zum Lebensunterhalt erstmalig gesetzlich geregelt.
Ein Anspruch besteht nicht auf den Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4, da dieser nur erbracht wird, wenn gleichzeitig ein Anspruch
auf Teilhabeleistungen nach §
33 SGB IX besteht. Dieser Mehrbedarf ist somit ausbildungsgeprägt. Soweit behinderte erwerbsfähige Auszubildende ausbildungsgeprägt
Mehrbedarfe haben, werden diese durch andere, besondere Teilhabeleistungen gedeckt".
Angesichts dessen ist die vom Antragsgegner ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfs gem. § 21 Abs. 4 SGB II vorgenommene Berechnung nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden (vgl. zur Berechnung: BSG, Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 39/09 R, RdNr. 34). Ein ungedeckter Bedarf der Antragstellerin i.S.d. § 27 Abs. 3 SGB II bleibt nach dieser Berechnung nicht.
Eine Bewilligung von Leistungen als Darlehen gemäß § 27 Abs. 4 SGB II kommt ebenfalls nicht in Betracht. Gemäß § 27 Abs. 4 SGB II können Leistungen als Darlehen für Regelbedarfe, Bedarfe für Unterkunft und Heizung und notwendige Beiträge zur Kranken-
und Pflegeversicherung erbracht werden, sofern der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II eine besondere Härte bedeutet. Die genannte Norm sieht die darlehnsweise Bewilligung lediglich für bestimmte, ausdrücklich
genannte Bedarfe vor. Eine Bewilligung von Leistungen als Darlehen ist für Mehrbedarfe bereits nicht vorgesehen. Zudem bestehen
Anhaltspunkte für eine besondere Härte angesichts des den Bedarf der Antragstellerin i.S.d. § 27 Abs. 3 SGB II übersteigenden Einkommens nicht.
Nach alledem war die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §
193 SGG.
Der Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.