Anspruch auf vorläufige Versorgung mit FFP2-Masken
Voraussetzung für einen unabweisbaren Bedarf im Einzelfall
Regelungen in Corona-Verordnungen zum Tragen von FFP2-Masken
Gründe
Die fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Oldenburg vom 8. März 2021 ist nicht begründet.
Der Senat geht mit dem SG davon aus, dass der für die Zulässigkeit einer Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 172 Abs. 3
Nr.
1 i. V. m. §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erforderliche Beschwerdewert von mehr als 750 € erreicht ist. Zwar ist die Rechtsmittelfähigkeit gerichtlicher Entscheidungen
auf das sachlich verfolgbare Prozessziel beschränkt (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rn. 7) und dieses besteht bei einem Abstellen auf die aktuelle Verordnungslage hinsichtlich der Maskenpflicht und
deren Finanzierung nur in dem Erlass einer einstweiligen Anordnung für den Zeitraum bis zum 28. März 2021. Denn mit Ablauf
dieses Tages tritt die Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische
Corona-Verordnung) vom 30. Oktober 2020 in der Fassung vom 12. März 2021 gemäß ihrem § 20 Abs. 1 außer Kraft und damit auch
das in § 3 Abs. 3 S. 3 dieser Verordnung angeordnete Tragen einer medizinischen Maske. Die Antragsteller haben aber in ihrer
Beschwerdebegründung zum Ausdruck gebracht, dass sie jedenfalls bis zur Zahlung des geplanten Einmalbetrags von 150 € für
Leistungsberechtigte nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) eine vorläufige gerichtliche Regelung hinsichtlich ihrer Versorgung mit medizinischen Masken in „einer bedarfsdeckenden
Anzahl“ anstreben, und in Ansehung der Entscheidung des SG Karlsruhe vom 11. Februar 2021 (S 21 AS 213/21 ER), mit dem monatliche Leistungen in Höhe von 129 € als Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II für Beschaffung von FFP2-Masken für einen Zeitraum von 21 Wochen zugesprochen worden sind, muss der Erlass einer einstweiligen
Anordnung mit diesem Inhalt als sachlich verfolgbares Prozessziel gewertet werden. Unter Berücksichtigung eines möglichen
Anordnungszeitraums von 21 Wochen und eines monatlichen Mehrbedarfs von 129 € für zwei Personen ist vorliegend – wie das SG
Oldenburg in dem angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt hat – der maßgebliche Beschwerdewert von mehr als 750 € erreicht.
Die danach zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach §
86b Abs.
2 S. 2
SGG zu verpflichten, die Antragsteller mit FFP2-Masken (Antragsschrift) oder medizinischen Schutzmasken (Schriftsatz vom 1. März
2021) zu versorgen oder ihnen Geldleistungen zur Beschaffung solcher Masken zu gewähren. Die in § 3 Abs. 3 S. 3 der Niedersächsischen
Corona-Verordnung (und gleichlautenden Bestimmungen anderer Bundesländer) geregelte Verpflichtung zum Tragen von medizinischen
Masken bis zum 28. März 2021 hat der Bundesgesetzgeber mit einem einmaligen, bis zum 6. März 2021 befristeten Anspruch der
Leistungsbezieher nach dem SGB II gegen die gesetzliche Krankenversicherung auf zehn Schutzmasken (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 2 Abs. 2a der Verordnung zum Anspruch auf Schutzmasken zur Vermeidung einer Infektion mit dem Coronavirus
SARS-CoV-2 – Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung – vom 14. Dezember 2020 in der Fassung vom 4. Februar 2021) flankiert. Angesichts
dieser Verordnungslage kommt eine vorläufige gerichtliche Regelung hinsichtlich der Versorgung der Antragsteller mit weiteren
Schutzmasken auf Kosten des Antragsgegners von vornherein nur für den Zeitraum bis zum Ende der Maskenpflicht (28. März 2021)
in Betracht. Es ist gegenwärtig offen, welche Maßnahmen der Verordnungsgeber für die Zeit ab dem 29. März 2021 zur Eindämmung
der Pandemie ergreifen wird. Bei einem weiteren Anstieg der Fallzahlen sind z. B. Ausgangsbeschränkungen nicht ausgeschlossen,
wodurch die Zahl benötigter Schutzmasken tendenziell reduziert würde. Zudem kann gegenwärtig nicht davon ausgegangen werden,
dass der Bundesgesetzgeber auf eine Verlängerung der Maskenpflicht nicht mit einem erneuten, ggf. ausgeweiteten Anspruch von
Leistungsbeziehern nach dem SGB II gegen die gesetzliche Krankenversicherung auf Versorgung mit Schutzmasken reagieren würde. Bei dieser Sachlage ist die Notwendigkeit
einer vorläufigen gerichtlichen Regelung für die Zeit ab dem 29. März 2021 nicht erkennbar.
Hinsichtlich des Zeitraum bis zum 28. März 2021 haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass in ihrem Einzelfall
ein unabweisbarer, besonderer Bedarf i. S. des § 21 Abs. 6 SGB II auf Versorgung mit medizinischen Masken über den gegen die gesetzliche Krankenversicherung bestehenden Leistungsanspruch
nach der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung hinaus besteht. Der Senat weist die Beschwerde nach eigener Sachprüfung aus den
in jeder Hinsicht zutreffenden und nicht ergänzungsbedürftigen Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück und sieht gemäß
§
142 Abs.
2 S. 3
SGG von einer weiteren Begründung ab. Weitere Ausführungen sind entbehrlich, da die Antragsteller sich zur Begründung ihrer Beschwerde
im Wesentlichen nur auf ihr erstinstanzliches Vorbringen bezogen haben.
Wie bereits das SG folgt der Senat nicht dem Beschluss des SG Karlsruhe vom 11. Februar 2021 (S 12 AS 213/21 ER) und den dort vertretenen (als abwegig zu bezeichnenden) Rechtsauffassungen, wonach Bürger über die Regelungen in den
Corona-Verordnungen hinaus zum Tragen von FFP2-Masken verpflichtet seien, da sie bei der Verwendung von sog. OP-Masken „zur
Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der (gefährlichen) Körperverletzung im Wege der Gesundheitsschädigung durch eine
Ansteckung in subjektiv bedingt vorsätzlicher Weise unmittelbar“ ansetzen würden (juris Rn. 60 und 79) und es anderseits –
offenbar ungeachtet der Pandemielage - verfassungsrechtlich geboten sein soll, die „infektionsbedingte Notwendigkeit zur sozialen
Distanzierung im größtmöglichen Ausmaß durch geeignete, auch kostspielige Maßnahmen abzumildern, um eine größtmöglichen Freiraum
für soziale Kontakte aufrechtzuhalten“ (juris Rn. 101).
Nach alledem kann dahinstehen, ob ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht ist. Soweit die Antragsteller indes in der Antragsschrift
explizit die Auffassung vertreten, dass weder Einkommensfreibeträge noch „möglicherweise vorhandene Sparguthaben o. ä.“ für
den Erwerb der Masken einzusetzen seien, trifft dies nicht zu (vgl. zur Berücksichtigung von Schonvermögen bei der Prüfung
des Anordnungsgrundes: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20. Mai 2020 – 1 BvR 2289/19 – juris Rn. 7 und zur Berücksichtigung von Erwerbstätigenfreibeträgen: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss
vom 21. Juli 2020 – L 7 AS 1014/20 B ER – juris Rn. 9).
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.