Kostenübernahme bzw. Erstattung von Fahrtkosten für ambulante Behandlungen
Zwingende medizinische Notwendigkeit
Hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenübernahme bzw. Erstattung von Fahrkosten.
Bei dem 1966 geborenen und bei der Beklagten krankenversicherten Kläger wurde im Jahr 2002 eine Nierentransplantation im Transplantationszentrum
I. durchgeführt. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70, ohne Anerkennung von Nachteilsausgleichen.
Am 12. November 2010 beantragte der Kläger Fahrkostenersatz für Fahrten zu regelmäßigen Untersuchungen seiner Niere bei der
Ärztin Frau Dr. J., Ärztin für Innere Medizin/Nephrologie in K ... Der Kläger legte hierzu eine Bescheinigung des Nephrologischen
Zentrums Niedersachsen, I., Ltd. Arzt Prof. Dr. L. vom 24. November 2010 vor. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme
für Fahrten zur ambulanten Behandlung mit Bescheid vom 29. November 2010 ab.
Hiergegen legte der Kläger am 26. Dezember 2010 Widerspruch ein. Er führte aus, er leide als Träger eines Nierentransplantats
unter anderem an Niereninsuffizienz, essentieller Hypertonie, renaler Anämie, sekundärer Hyperparathyreoidismus und chronischer
Verschlechterung des Nierentransplantats. Er verwies hierzu auf eine Bescheinigung der Arztpraxis Dres. J. vom 1. Dezember
2010. Die Summe der Krankheiten, insbesondere die Erhaltung des Nierentransplantats, erfordere neben der Einnahme von zahlreichen
Medikamenten eine regelmäßige und häufige Konsultation der Ärzte, unter anderem der Frau Dr. J ... Diese habe die Erforderlichkeit
und Häufigkeit der ärztlichen Konsultationsfahrten mit ihrer Bescheinigung bestätigt und zwar nicht nur die Fahrten in ihre
Praxis, sondern auch die Fahrten zu weiteren Ärzten, namentlich den Kardiologen, Dermatologen, Urologen, Radiologen und Zahnarzt.
Erforderlich seien auch Untersuchungen im Nephrologischen Zentrum Niedersachsen in Abständen von drei bis vier Monaten, je
nach Krankheitszustand.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2011 zurück. In der Begründung wies sie auf die
gesetzliche Neuregelung zur Übernahme von Fahrkosten ab Beginn des Jahres 2004 hin. Der Gesetzgeber habe die bisherige Regelung,
wonach die Krankenkassen die Fahrten zu ambulanten Behandlungen in Härtefällen übernehmen konnten, aufgehoben und statt dessen
bestimmt, dass Fahrten zu ambulanten Behandlungen einer vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse bedürften und nur in
ganz besonderen Ausnahmefällen von den Krankenkassen übernommen werden können. Für ambulante Behandlungen ergäben sich die
Voraussetzungen aus § 8 der Krankenhaustransport-Richtlinien (im Folgenden: KT-RL). Danach ließen sich zwei Gruppen kurz zusammenfassen.
Zum einen handele es sich um Versicherte mit einer hohen Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum (vgl. § 8 Abs. 2
KT-RL) und zum anderen um Versicherte, die in ihrer Mobilität dauerhaft beeinträchtigt seien (§ 8 Abs. 3 KT-RL). Voraussetzung
für die erstgenannte Gruppe sei, dass der Versicherte mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt
werde, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum aufweise und dass diese Behandlung oder der zu dieser
Behandlung führende Krankheitsverlauf den Patienten in einer Weise beeinträchtige, dass eine Beförderung zur Vermeidung von
Schaden an Leib und Leben unerlässlich sei. Als Indikationen, die diese Voraussetzungen in der Regel erfüllten, seien in der
Anlage 2 der Richtlinien die Dialysebehandlung sowie die onkologische Strahlen- und onkologische Chemotherapie aufgeführt.
Die Liste sei nicht abschließend. In anderen Fällen könnten die Krankenkassen auf der Grundlage der ärztlichen Verordnung
prüfen, ob ein vergleichbarer Schweregrad und eine vergleichbare Behandlungsintensität der Erkrankung vorliege. Der hier vorliegende
Behandlungsbedarf sei in seinem Schweregrad nicht mit den Krankheitsbildern vergleichbar, die in der Anlage 2 der Richtlinien
aufgeführt seien. Damit seien die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 KT-RL in diesem Fall nicht erfüllt. Auch die Voraussetzungen
für eine Genehmigung von Krankenfahrten der zweiten Gruppe lägen nicht vor, denn eine dauerhafte Einschränkung der Mobilität,
nachzuweisen durch die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises mit den Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" oder durch einen Einstufungsbescheid
nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches -
SGB XI - (Pflegeversicherung) in die Pflegestufen II oder III, lägen nicht vor.
Der Kläger hat am 19. Februar 2011 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Er hat sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und auf die Bescheinigung der Praxis
für Nephrologie Dres. J. u.a. vom 1. Dezember 2010 sowie auf den Bericht des Nephrologischen Zentrums Niedersachsen - Prof.
Dr. V. M. vom 24. November 2010 verwiesen.
Auf Anforderung des SG hat der Kläger eine Liste über die bei seinen Ärzten stattgefundenen Behandlungen bzw. Behandlungsbesuche von April 2003
bis März 2011 vorgelegt.
Der Kläger hat weiter vorgetragen, er suche im Jahresdurchschnitt pro Woche die Arztpraxen 2,61 mal auf. Daraus ergebe sich
ein Monatsdurchschnitt von 10,44 Arztbesuchen. Diesen liege eine km-Anzahl von durchschnittlichen 711 km pro Monat zugrunde.
Diese fahre er mit dem eigenen PKW. Der Kläger hat eine weitere Aufstellung über Arztbesuche mit den km -Angaben vom 2. März
2011 vorgelegt. Er beziehe inzwischen volle Erwerbsminderungsrente auf Zeit wegen seines desolaten Gesundheitszustandes.
Die Beklagte hat auf die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MDK) vom 20. Juni 2011 verwiesen, die nach Auswertung
der Befundunterlagen des Klägers ergeben habe, dass kein Ausnahmetatbestand im Sinne der Krankentransport-Richtlinien in Verbindung
mit §
60 Abs.
2 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch -
SGB V - vorliege.
Mit Urteil vom 12. Februar 2013 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 29. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2011 aufgehoben
und die Beklagte verurteilt, die Fahrkosten für ärztliche Kontrolluntersuchungen einschließlich Behandlung ab dem 12. November
2010 zu erstatten und zukünftig zu übernehmen.
Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 1. März 2013 zugestellte Urteil am 20. März 2013 Berufung bei dem Landessozialgericht
(LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Sie trägt vor, das SG habe in seiner Entscheidung vom 12. Februar 2013 die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 S. 2 KT-RL als gegeben angesehen, ohne jedoch konkret darauf einzugehen, welche der in Absatz 3 S. 1 genannten Voraussetzungen
als erfüllt anzusehen seien. Wenn ein Versicherter (noch) keinen Nachweis durch einen der vorgenannten Schwerbehindertenausweise
oder durch einen Einstufungsbescheid nach dem
SGB XI vorweisen könne, wie es bei dem Kläger der Fall sei, komme eine Genehmigung von Krankenfahrten in Betracht, wenn der Versicherte
von einer vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität betroffen sei und einer ambulanten Behandlung über einen längeren
Zeitraum bedürfe. Eine solche Gleichstellung will das SG erkannt haben. Eine höchstrichterliche Klärung des Begriffs der vergleichbaren Beeinträchtigung im Sinne des § 8 Abs. 3 der
Krankentransport-Richtlinien oder eine gefestigte Rechtsprechung dazu stehe noch aus (Hinweis auf den Beschluss des LSG Sachsen-Anhalt
vom 4. Dezember 2008 - L 4 KR 38/08 NZB). Vergleichbarkeit in diesem Sinn bedeute jedoch ein hohes Maß an Übereinstimmung mit den gesetzlich geregelten Voraussetzungen.
Hierbei komme es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an. Eine pauschalierende Regelung sei dabei nicht möglich. Der
Maßstab der Vergleichbarkeit müsse sich strikt an den einschlägigen Bestimmungen orientieren. Davon ausgehend, liege beim
Kläger trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen keine Vergleichbarkeit mit Personen vor, die als schwerbehindert mit
den Merkzeichen aG, H oder Bl anerkannt seien oder bei denen eine Einstufung in die Pflegestufen II oder III anerkannt seien.
Der MDK habe in seiner Stellungnahme vom 28. Dezember 2010 eine entsprechende Vergleichbarkeit verneint.
Soweit ein Genehmigungsanspruch nach § 8 Abs. 2 KT-RL denkbar wäre, sei Voraussetzung für eine Genehmigung, dass der Versicherte
mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behandelt werde, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen
längeren Zeitraum aufweise und dass diese Behandlung oder der zu dieser Behandlung führende Krankheitsverlauf den Patienten
in einer Weise beeinträchtige, dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich sei (Hinweis
auf Urteil des BSG vom 18. November 2014 - B 1 KR 8/13, Rdnr. 13). Im Falle des Klägers sei schon zweifelhaft, ob er an allen angegebenen Behandlungstagen
(im Jahr 2011 z.B. an 69 Tagen; 2012 an 29 Tagen) aufgrund eines durch seine Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschemas
behandelt worden sei. Nach Auffassung der Beklagten liege das Tatbestandsmerkmal "hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren
Zeitraum" im Sinne des § 8 Abs. 2 KT-RL nicht vor. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung - so die Beklagte - sei
von einer hohen Behandlungsfrequenz dann auszugehen, wenn mindestens einmal wöchentlich eine Behandlung stattfinde (vgl. Urteil
des BSG vom 28. Juli 2008 - B 1 KR 27/07 R und Hinweis auf weitere LSG Urteile). Da diese Voraussetzungen im Falle des Klägers nicht vorlägen, könne es dahinstehen,
ob die Behandlung oder der zu dieser Behandlung führende Krankheitsverlauf den Kläger in einer Weise beeinträchtige, dass
eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich sei. Die Beklagte legt hierzu eine Übersicht der
bekannten Behandlungstage des Klägers für die Jahre 2011 bis 2015 vor.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 12. Februar 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf Anforderung des Senats hat er aktuelle Übersichten über die erfolgten Behandlungstage und Arzttermine für den Zeitraum
vom 2. November 2010 bis 18. Dezember 2015 vorgelegt.
Danach ergeben sich nach Aufstellung des Klägers folgende Behandlungstage für den genannten Zeitraum:
Aufstellung des Klägers über die durchgeführten Behandlungen seit 2. November 2010:
|
2010
|
2011
|
2012
|
2013
|
2014
|
2015
|
Frau Dr. J., Internistin/Nephrologie,
|
6
|
38
|
18
|
31
|
33
|
30
|
Prof. Dr. M., Nephrologisches Zentrum/I.
|
-
|
1
|
-
|
1
|
3
|
2
|
Augenärztliches Zentrum K.
|
-
|
2
|
1
|
-
|
-
|
-
|
Frau Dr. N., Hautärztin
|
-
|
4
|
1
|
2
|
1
|
3
|
Dr. O., Internist
|
1
|
1
|
1
|
1
|
-
|
-
|
Dr. P., Urologe
|
-
|
1
|
-
|
1
|
2
|
1
|
Dr. Q., Röntgenarzt
|
1
|
1
|
1
|
1
|
1
|
-
|
Dr. R., Arzt f. innere Medizin (Hausarzt)
|
-
|
2
|
7
|
1
|
-
|
-
|
Dr. S., Arzt f. Allgemeinmedizin (Hausarzt)
|
4
|
2
|
7
|
5
|
-
|
9
|
Summe:
|
12
|
71
|
36
|
43
|
40
|
45
|
Summe ohne Hausarztbesuche:
|
8
|
48
|
22
|
37
|
40
|
36
|
Der Kläger hat ärztliche Bescheinigungen über die durchgeführten Behandlungstermine vorgelegt.
Die Beklagte hat eine Auskunft des Nephrologischen Zentrums Niedersachsen/Prof. Dr. T. vom 8. Juni 2015 vorgelegt.
Mit den Beteiligten hat am 29. Mai 2015 ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift
vom 29. Mai 2015 wird Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger Fahrkostenerstattung in Höhe von 3.755,20 Euro geltend gemacht; außerdem
die Kostenübernahme für die Zukunft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten
des ersten und zweiten Rechtszuges sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten keine Fahrkostenerstattung
und auch keine Übernahme der Fahrkosten für die Zukunft beanspruchen. Die Voraussetzungen nach §
60 Abs.
1 S. 3
SGB V i. V. m. §
8 KT-RL sind nicht erfüllt.
Nach §
60 Abs.
1 S. 1
SGB V übernimmt die Krankenkasse Kosten für Fahrten, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden
medizinischen Gründen notwendig sind. Nach Satz 3 der Vorschrift übernimmt die Krankenkasse Fahrkosten zu einer ambulanten
Behandlung unter Abzug des sich nach §
61 Satz 1
SGB V ergebenden Betrages nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den
Richtlinien nach §
92 Abs.
1 S. 2 Nr.
12 SGB V festgelegt hat. Nach §
8 Abs.
1 KT-RL können in besonderen Ausnahmefällen auch Fahrten zur ambulanten Behandlung bei zwingender medizinischer Notwendigkeit
von der Krankenkasse übernommen werden. Dabei bedarf es einer vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Voraussetzung
für eine Verordnung und Genehmigung ist nach § 8 Abs. 2 KT-RL, dass der Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen
Therapieschema behandelt wird, das eine hohe Behandlungsfrequenz aufweist, und dass diese Behandlung oder der zu dieser Behandlung
führende Krankheitsverlauf den Patienten in einer Weise beeinträchtigt, dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an
Leib und Leben unerlässlich ist. In Anlage 2 zu § 8 KT-RL sind Ausnahmen aufgeführt, die diese Voraussetzungen in der Regel
erfüllen. Konkret sind Dialysebehandlung, onkologische Strahlentherapie und onkologische Chemotherapie genannt. Diese Liste
ist nicht abschließend. Darüber hinaus kann nach § 8 Abs. 3 KT-RL die Fahrt zur ambulanten Behandlung für Versicherte verordnet
und genehmigt werden, die einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" oder einen Einstufungsbescheid
nach dem
SGB XI in die Pflegestufe II oder III bei der Verordnung vorlegen oder - wenn Versicherte keinen solchen Nachweis besitzen - wenn
sie von einer vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität betroffen sind und einer ambulanten Behandlung über einen längeren
Zeitraum bedürfen.
Vorliegend ist das Tatbestandsmerkmal einer "hohen Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum" in Bezug auf ein durch
die Grunderkrankung vorgegebenes Therapieschema nicht erfüllt.
Ein Therapieschema erfordert ein Muster, das die Behandlung von vornherein in festgelegte Phasen und Schritte einteilt (vgl.
hierzu LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. April 2015 - L 6 KR 49/14 Rdnr. 37 m. w. N. - zitiert nach juris -). Einem solchen Schema folgt die hier regelmäßig von dem Kläger vorgenommene Therapie.
Dies hat die Beklagte auch zutreffend angenommen. Die Beklagte hat hierzu die von ihr eingeholte Auskunft des Nephrologischen
Zentrums Niedersachsen vom 8. Juni 2015 vorgelegt, wonach es für einen nierentransplantierten Patienten medizinisch sinnvoll
und notwendig ist auch im langfristigen Verlauf nach Nierentransplantation sich regelmäßig ambulant internistisch-nephrologisch
vorzustellen, und zwar in Abhängigkeit der klinischen Situation in ca. vier bis achtwöchigen Abständen. Darüber hinaus ist
zu der gewünschten Qualitätssicherung - insbesondere um auch die adäquate Therapie des Nierentransplantates durchzuführen
und vorzugeben - eine Vorstellung im Transplantationszentrum in Abhängigkeit der klinischen Symptomatik und Situation des
Patienten in Form von regelmäßigen Kontrollen zwei bis sechsmal pro Jahr notwendig und sinnvoll. Diese Voraussetzungen sind
im Falle des Klägers gegeben. Der Senat verweist ergänzend auf die ärztliche Bescheinigung der behandelnden Ärztin Frau Dr.
J. vom 1. Dezember 2010.
Das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals "hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum" im Sinne von § 8 Abs. 2 KT-RL
ist danach zu bestimmen, ob die Behandlung, zu deren Ermöglichung die Fahrten durchgeführt werden sollen, mit den in Anlage
2 der Richtlinien genannten anderen Behandlungsformen von ihrem zeitlichen Ausmaß her wertungsmäßig vergleichbar ist; dabei
ist die Häufigkeit einerseits und die Gesamtdauer andererseits gemeinsam zu den Regelbeispielen in Beziehung zu setzen (vgl.
BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 - B 1 KR 27/07 R). Das Bundessozialgericht hat in der genannten Entscheidung eine wöchentliche Behandlung bei unabsehbarer Behandlungsdauer
noch als ausreichend anerkannt. Bei monatlichen Behandlungen wird die hohe Behandlungsfrequenz demgegenüber auch dann verneint,
wenn sich die Behandlung auf einen unabsehbaren Zeitraum erstreckt oder nur Behandlungen alle drei bis vier Wochen erfolgen
(vgl. hierzu die Nachweise bei LSG Sachsen-Anhalt a.a.O. Rdnr. 43). Nach Auffassung des erkennenden Senats kann nur dann von
einer "hohen Behandlungsfrequenz" ausgegangen werden, wenn die Anzahl der durch ein Behandlungsschema vorgegebenen Arztbesuche
überdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Versicherten ist. Dabei kann u.a. Maßstab die Zahl der durchschnittlich pro Versicherten
in Anspruch genommenen Arztkontakte pro Kalenderjahr sein. Von einer hohen Behandlungsfrequenz ist auszugehen, wenn sich aus
dem geplanten Therapieschema ergibt, dass der Versicherte im Vergleich zu anderen Versicherten überdurchschnittlich häufig
Ärzte in Anspruch nimmt und insoweit ein "besonderer Ausnahmefall" im Sinne des §
60 Abs.
1 S. 3
SGB V vorliegt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt a.a.O. Rdnr. 44). Eine hohe Behandlungsfrequenz liegt nach Auffassung des erkennenden Senats
dann vor, wenn der Versicherte mindestens viermal monatlich im Durchschnitt pro Kalenderjahr einen Arzt für Kontrolluntersuchungen
entsprechend dem Therapieschema aufsuchen muss. Dabei sind Arztbesuche aufgrund akuter Ereignisse grundsätzlich nicht einzubeziehen.
Unter Berücksichtigung der vom Kläger mitgeteilten Behandlungsdaten für die Kalenderjahre 2010 bis 2015 ergibt sich, dass
der Kläger im Durchschnitt selbst unter Berücksichtigung seiner Akutbehandlungen diese Anzahl von Arztbesuchen in den Kalenderjahren
2010, 2012 bis 2015 nicht erreicht hat. Dabei hat der Senat die Behandlungszahlen um die Anzahl der Hausbesuche bei den Hausärzten
nicht berücksichtigt, denn diese sind in das Behandlungs- bzw. Kontrollschema nicht eingebunden (vgl. Stellungnahme des Nephrologischen
Zentrums, a.a.O.). Erforderlich wäre demnach, dass der Kläger in der Regel jährlich durchschnittlich mindestens 48 (4 x 12)
Arztbesuche (entsprechend des Behandlungsschemas) durchgeführt haben müsste. Diese Zahl an Arztbesuchen (ohne Hausarzt) erreichte
der Kläger nur im Jahr 2011 mit 48 Arztbesuchen, wobei dieser Wert aber um die Konsultationen aufgrund akuter Ereignisse zu
kürzen ist. Ein besonderer Ausnahmefall mit "hoher Behandlungsfrequenz" liegt insoweit nicht vor.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Fahrkostenübernahme nach §
60 Abs.
1 S. 3
SGB V i. V. m. §
8 Abs.
3 KT-RL. Zwar liegt bei dem Kläger eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 70 vor, der Kläger ist aber nicht
erheblich in seiner Mobilität beeinträchtigt, denn es sind weder die Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" noch die Pflegestufe
II oder III nach dem
SGB XI festgestellt. Es ergeben sich auch unter dem Gesichtspunkt einer vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität ohne Feststellungen
von Merkzeichen bzw. der Feststellung einer Pflegestufe keinerlei Anhaltspunkte für eine solche vergleichbare Beeinträchtigung.
Dies wird schon daran deutlich, dass der Kläger noch in der Lage ist, die diversen erforderlichen Fahrten zu den Behandlungsterminen
und Kontrolluntersuchungen mit dem eigenen PKW zurückzulegen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG).