Berücksichtigung von Krügerrand-Goldmünzen als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zur Sozialversicherung
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Beitragspflicht des Klägers wegen der Verteilung von Krügerrand-Goldmünzen an alle Mitarbeiter.
Die Landesversicherungsanstalt Hannover, Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) führte am 20. März 2001
eine Betriebsprüfung bei der Klägerin gemäß § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) durch. Die Prüfung betraf den Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2000. Die Beklagte stellte fest, dass die Klägerin
ihren Beschäftigten in den Jahren 1999 und 2000 auf der alljährlichen Weihnachtsfeier anstelle eines Weihnachtsgeldes Krügerrand-Goldmünzen
im Wert von 13.560,00 DM (1999) und 14.928,00 DM (2000) übergeben hatte. Sozialversicherungsbeiträge wurden auf diese Zuwendungen
nicht entrichtet. Mit Bescheid vom 10. April 2001 genehmigte das Finanzamt Hannover-Land II der Klägerin, dass die Zuwendungen
in Form der Krügerrand-Goldmünze, die von ihr im Rahmen einer Weihnachtsfeier an ihre Arbeitgeber ausgehändigt würden, gemäß
§
40 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 Einkommenssteuergesetz (
EStG) mit 25 % Lohnsteuer pauschaliert versteuert werden könnten.
Mit Bescheid vom 4. Oktober 2001 erhob die Beklagte eine Beitragsnachforderung in Höhe von 12.361,50 DM. Sachprämien, die
anlässlich einer Betriebsveranstaltung gewährt würden, seien als Einmalzahlungen beitragspflichtiges Arbeitsentgelt. Das gelte
auch, wenn für sie die Lohnsteuer nach §
40 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 EStG mit einem Pauschalsteuersatz erhoben würde. In den Lohnunterlagen der Klägerin sei eine Kopie des GWI - Leserservice vom
10. November 1999 - Der GmbH Brief - gefunden worden, der die Verteilung von Krügerrand-Goldmünzen an die Beschäftigten empfohlen
habe, um angeblich die Beitragspflicht in der Sozialversicherung umgehen und die Steuerbelastung niedrig halten zu können.
Es könne daher davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihre Vorgehensweise bewusst gewählt habe, um das Weihnachtsgeld
beitragsfrei auszahlen zu können. Zuvor sei das Weihnachtsgeld den Beschäftigten ganz normal ausgezahlt worden. Nach dem Besprechungsergebnis
der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesversicherungsanstalt
für Arbeit vom 22./23. November 2000 und dem Bundesminister der Finanzen (im Folgenden: Besprechungsergebnis der Spitzenverbände)
sei aber eine lohnsteuerfreie und sozialversicherungsfreie Auszahlung von Weihnachtsgeld in Form von Goldmünzen auf einer
Betriebsveranstaltung nicht möglich. An eine Entscheidung des Finanzamtes über die Pauschalierung der Steuer mit 25 % sei
sie - die Beklagte - nicht gebunden. Da bei der Prüfung keine Aufzeichnungen darüber vorgelegen hätten, wie viele Münzen pro
Arbeitnehmer ausgegeben worden seien, sei die Nachberechnung in Form eines Summenbeitragsbescheides durchgeführt worden. Der
Widerspruch der Klägerin war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2001).
Die Klägerin hat am 25. Januar 2002 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, die das SG mit Urteil vom 27. Februar 2007 abgewiesen hat. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: Bei der Zuwendung von Goldmünzen handele es sich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des im streitbefangenen
Zeitraum anzuwendenden §
23 Abs.
1 SGB IV in Verbindung mit §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV. Zwar gehörten nach der damaligen Fassung der §§ 1 und 2 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) Zuwendungen "aus Anlass von Betriebsveranstaltungen" gemäß §
40 Abs.
2 EStG nicht zum Arbeitsentgelt. Die von der Klägerin an ihre Beschäftigten verteilten Krügerrand-Goldmünzen erfüllten diese Voraussetzungen
aber nicht, weil sie nicht "aus Anlass von Betriebsveranstaltungen" zugewendet worden seien. Das Gegenteil sei der Fall. Aus
Anlass ihrer Zuwendung sei eine Betriebsveranstaltung durchgeführt worden. Schließlich sei die Zuwendung von Goldmünzen an
alle Beschäftigten für eine Betriebsveranstaltung eine - wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden habe - unübliche Programmgestaltung
und unterfalle auch deshalb nicht dem §
40 Abs.
2 EStG.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 12. März 2007 zugestellte Urteil am 12. April 2007 Berufung eingelegt. Sie hat insbesondere
vorgetragen, der angefochtene Bescheid beinhalte eine unzulässige Rückwirkung. Grundlage des Bescheides sei das Besprechungsergebnis
der Spitzenverbände vom 22./23. November 2000. Es gelte erst ab dem Veranlagungsjahr 2001, weil die Verfassung eine belastende
Regelung nur für einen nach der Verkündung einer Norm liegenden Zeitraum erlaube. Bis 2000 habe sie - die Klägerin - deshalb
von der bestehenden Regelung, d.h. von den Erläuterungen in den Lohnsteuerrichtlinien (LStR) und ihrer entsprechenden Anwendung
im Sozialversicherungsrecht, ausgehen können. Nach Richtlinie 127 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Richtlinie 72 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 6 LStR 2000 sei nach §
40 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 EStG eine pauschale Besteuerung von 25 % vorzunehmen gewesen, wenn Betriebsveranstaltungen nicht üblich gewesen seien. Im Umkehrschluss
zu den in Richtlinie 72 Abs. 4 und 5 aufgeführten Zuwendungen sei in der Überreichung der Krügerrand-Goldmünzen als ausländische
Goldmünzen und auch wegen ihres bleibenden Wertes eine unübliche Zuwendung zu sehen, die eine Pauschalbesteuerung auslöse.
In diesem Sinne sei das Urteil des BFH vom 7. Februar 1997 zu verstehen. Die Klägerin hält auch die Tatsachenwürdigung des
SG für unrichtig. Die Formulierung in §
40 Abs.
2 Satz 2 Nr.
2 EStG "aus Anlass" besage, dass die Betriebsveranstaltung der Grund, d.h. der Ausgangspunkt und der Anstoß, für die Überreichung
der Krügerrand-Goldmünzen gewesen sei. Das treffe hier zu. Nachdem schon über längere Zeit keine Betriebveranstaltung durchgeführt
worden sei, habe sie dann auf Anregung der Arbeitnehmerschaft als Anlass für die Überreichung der Krügerrand-Goldmünzen stattgefunden.
Der Akt des Überreichens der Münzen habe den tieferen Grund der Betriebsveranstaltung fortgesetzt und symbolisch unterstrichen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. Februar 2007 und den Bescheid der Landesversicherungsanstalt Hannover vom 4.
Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren zur Sache nicht geäußert.
Die Prozessakten des ersten und zweiten Rechtszuges sowie die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand
der Entscheidung gewesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vortrages der Beteiligten wird hierauf verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet nach §
153 Abs.
4 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss. Er erachtet die Berufung einstimmig für unbegründet, hält eine mündliche Verhandlung
nicht für erforderlich und hat die Beteiligten vorher gehört.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Das Urteil des SG vom 27. Februar 2007 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid vom 4. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 27. Dezember 2001 ist rechtmäßig.
Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ist beitragspflichtig (§
342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, §
226 Abs.
1 Nr.
1 SGB V, §
162 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch und §
57 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch iVm §
226 Abs.
1 Nr.
1 SGB V jeweils in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung).
Nach §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch
auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus
der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Nach allgemeiner Ansicht umfasst der Begriff des Arbeitsentgelts
dabei alle Einnahmen, die dem Beschäftigten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen, wobei es unerheblich
ist, ob sie in Geld, geldwerten Vorteilen oder in Form von Sachbezügen gewährt werden (vgl. Krauskopf, Soziale Krankenversicherung
- Pflegeversicherung, Stand Mai 2004, §
14 SGB IV Rdnr. 6).
Nach §
17 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB IV wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass einmalige Einnahmen
oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden,
und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten. Aufgrund dessen ist in § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArEV bestimmt, dass dem Arbeitsentgelt Einnahmen nach §
40 Abs.
2 EStG nicht zuzurechnen sind. Nach §
40 Abs.
2 Nr.
2 EStG kann der Arbeitgeber abweichend von Abs. 1 die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz von 25 von Hundert erheben, soweit
er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt.
Die Voraussetzungen des §
40 Abs.
2 Nr.
1 EStG liegen bei den von der Klägerin in den Jahren 1999 und 2000 an ihre Beschäftigten überreichten Krügerrand-Goldmünzen nicht
vor. Die Goldmünzen waren - unabhängig von der Wertung durch das Finanzamt Hannover-Land II - keiner pauschalen Besteuerung
unterworfen. Sie wurden nicht als Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen gezahlt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es im Rahmen des §
40 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 EStG nicht darauf an, ob in einem Betrieb Betriebsveranstaltungen üblich sind. Maßgebend ist vielmehr, ob die Zuwendungen, die
bei einer Betriebsveranstaltung vom Arbeitgeber gewährt werden, für Betriebsveranstaltungen nicht untypisch sind. Der erkennende
Senat schließt sich bei der Auslegung des §
40 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 EStG der gefestigten und überzeugenden Rechtsprechung des BFH an. Danach erfasst §
40 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 EStG nur solche Zuwendungen, die den Rahmen und das Programm der Betriebsveranstaltung betreffen. Neben dem Wert der Betriebsveranstaltung
als solcher gehören hierzu Zuwendungen, die durch das Programm der Veranstaltung bedingt sind und für Betriebsveranstaltungen
nicht untypisch sind. Zuwendungen, die mit der Betriebsveranstaltung nicht in einem sachlichen Zusammenhang stehen, sondern
nur bei Gelegenheit der Veranstaltung überreicht werden, können folglich nicht nach §
40 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 EStG pauschal besteuert werden (so BFH, Urteil vom 7. November 2006 - VI R 58/04 - in BFHE 215, 249 ff mit zahlreichen Nachweisen unter anderem auch auf das BFH-Urteil vom 7. Februar 1997 - VI R 3/96 in BFHE 182, 559 ff.).
Der Ansicht der Klägerin, dass sie die Krügerrand-Goldmünzen aus Anlass der von ihr durchgeführten Betriebsveranstaltungen
gewährt hat, vermag der Senat nicht zu folgen. Dabei hat der Senat keinen Zweifel an der Richtigkeit des Vortrags der Klägerin,
dass sie die Betriebsveranstaltungen zur Aufrechterhaltung eines guten Betriebsklimas durchgeführt hat. Auf die Gründe, warum
eine Betriebsveranstaltung durchgeführt wird, kommt es jedoch nicht an. Maßgebend ist vielmehr, ob die bei einer Betriebsveranstaltung
gewährten Zuwendungen in einem sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen. Das ist hier nicht der Fall.
Denn anders als z.B. bei einer Verlosung von Tombolagewinnen ist die Ausgabe von Krügerrand-Goldmünzen kein untrennbar mit
einer Betriebsveranstaltung verbundener Programmpunkt. Die Zuwendung von Goldmünzen hätte auch völlig losgelöst von einer
Betriebsveranstaltung vorgenommen werden können. Darüber hinaus ist die Zuwendung von Goldmünzen an alle bei einer Betriebsveranstaltung
anwesenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen kein Programmpunkt, der für eine Betriebsveranstaltung typisch ist.
Schließlich kann der Klägerin auch nicht zugestimmt werden, wenn sie meint, der Bescheid vom 4. Oktober 2001 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2001 enthalte eine verfassungswidrige Rückwirkung. Nach allgemeiner Ansicht haben
Besprechungsergebnisse der Spitzenverbände keine Rechtsnormqualität (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 8/01 R - in SozR 3-2400 § 7 Nr. 19). Sie enthalten daher keine bindende Regelung in Bezug auf die zur Beitragszahlung verpflichteten
Arbeitgeber, sondern geben lediglich die Auffassung der Spitzenverbände wieder. Aus diesem Grunde wirken sie auch nicht zurück.
Die Beitragspflicht der Krügerrand-Goldmünzen beurteilt sich - auch für die Jahre 1999 und 2000 - ausschließlich nach den
genannten Rechtsvorschriften, nicht nach dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände vom 22./23. November 2000.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a SGG.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren ergibt sich aus § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass (§
160 Abs.
2 SGG).