Dauer einer Familienversicherung
Begriff der Schulausbildung
Fernunterrichtslehrgang zur Vorbereitung auf das Abitur
Herkömmliche Schulausbildung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Dauer der Familienversicherung des Klägers.
Der am 00.00.1988 geborene Kläger war bis zum 29.12.2011 über seinen Vater familienversichert. Zur Verlängerung des Familienversicherungsanspruchs
reichte er der Beklagten im September 2012 eine Teilnahmebescheinigung der Studiengemeinschaft E ein, nach der er seit dem
10.01.2010 zur Vorbereitung auf die staatlich externe Nichtschülerprüfung an dem Fernlehrgang Abitur Aufbau Englisch/Französisch
teilnimmt. Auf Nachfrage der Beklagten gab der Kläger an, dass der Zeitaufwand für das Studium bei der Studiengemeinschaft
E zu jeder Zeit immer zwischen 30 und 40 Wochenstunden gelegen habe. In der weiteren, im Oktober 2013 eingereichten "Bescheinigung
zur Vorlage bei der Familienkasse" der Studiengemeinschaft E vom 18.09.2012 heißt es "Die wöchentliche Studienzeit beträgt
14 - 16 Stunden. Je nach den individuellen Vorkenntnissen kann die Lernzeit stark variieren."
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 14.11.2013 eine Weiterführung der Familienversicherung über den 29.12.2011,
der Vollendung des 23. Lebensjahres des Klägers, ab. Nach der Bescheinigung der Studiengemeinschaft E vom 18.09.2012 handele
es sich bei seinem Fernstudium nicht um einen Schulbesuch.
Mit seinem Widerspruch überreichte der Kläger eine schriftliche Bestätigung seiner Mutter, nach der er zu jeder Zeit für den
Abitur-Fernlehrgang bei der Studiengemeinschaft E 30 bis 40 Wochenstunden investiert habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2014 zurück. Die Familienversicherung, die
nach Vollendung des 23. Lebensjahres eine Schulausbildung als Voraussetzung erfordere, könne nicht fortgeführt werden, da
der Kläger sich nicht in einer Schulausbildung befinde. Eine Schulausbildung i.S.d. §
10 Abs.
2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) liege vor, wenn diese einen Zeitaufwand von mehr als 20 Stunden wöchentlich erfordere. Nach Angaben der Studiengemeinschaft
E betrage die wöchentliche Studienzeit aber 14 bis 16 Stunden.
Mit seiner Klage vom 17.04.2014 hat der Kläger zunächst vorgetragen, er habe den überwiegenden Teil seiner Arbeitskraft in
das Fernstudium investiert und sei deshalb berechtigt, die Familienversicherung in Anspruch zu nehmen. Das von der Beklagten
herangezogene Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.11.29176 - 11 Ra 146/75 - setze entgegen der Auffassung der Beklagten keine Grenze von 20 Stunden. Auf Nachfrage
des Sozialgerichts (SG) Gelsenkirchen hat der Kläger ergänzend vorgetragen, er habe ab 2011 begonnen, erste Einsendeaufgaben zu bearbeiten; mit
Ende 2011 / Anfang 2012 habe er sich dann intensiv auf die Abiturprüfung 2014 vorbereitet. Die Abiturprüfung habe er im Juli
2014 als drittbester Absolvent mit einem Notendurchschnitt von 1,4 bestanden. Dieses gute Abschneiden und eine Bestehensquote
von 67% belege einen adäquaten Vorbereitungsaufwand. Das von ihm erzielte Ergebnis wäre mit den von der Studiengemeinschaft
E angegebenen 14 bis 16 Wochenstunden nicht zu erreichen gewesen, er habe ab Ende 2011 mehr als 20 Wochenstunden aufgewandt.
Auf Befragen des SG hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 09.04.2015 sodann angegeben, entsprechend der schon vorab überreichten Bescheinigung
sei er vom 01.01.2010 bis Ende Juli 2012 als Au-pair in Frankreich tätig gewesen. In dieser Zeit habe er ca. 10 bis 15 Stunden
die Woche für die Schulausbildung aufgewandt, 30 Stunden die Woche sei er als Au-pair tätig gewesen. Nach der Rückkehr aus
Frankreich habe er ca. 30 bis 40 Stunden die Woche für die Schulausbildung, in der Zeit vor dem Abitur sogar deutlich mehr
aufgewandt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.11.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2014 zu verurteilen,
dem Kläger vom 01.08.2012 bis zum 30.09.2014 in der Familienversicherung zu versichern.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.04.2015 abgewiesen. Der Kläger habe sich in keiner Schulausbildung befunden, aufgrund derer
er über sein 23. Lebensjahr hinaus familienversichert hätte sein können. Ein Fernunterrichtslehrgang zur Vorbereitung auf
das Abitur sei einer Schulausbildung gleichzustellen, wenn und soweit die generelle Gewähr für eine der herkömmlichen Schulausbildung
vergleichbare Tätigkeit und Regelmäßigkeit der Ausbildung gegeben und ihre Dauer nicht allein der Verantwortung des Schülers
überlassen sei. Hierbei müsse der Fernunterricht die Zeit und Arbeitskraft des Schülers überwiegend in Anspruch nehmen. Der
Arbeitsaufwand richte sich nicht nach dem subjektiv benötigten Arbeitsaufwand. Der anzusetzende Stundenaufwand sei vielmehr
auf der Grundlage des Zeitaufwandes zu beurteilen, den ein durchschnittlich begabter Schüler aufbringen müsse, um das Ausbildungsziel
mit durchschnittlichem Erfolg zu erreichen. Diese benötigte Zeit lasse sich nach den Unterlagen der Studiengemeinschaft E
mit 12 bis 16 Wochenstunden objektivieren.
Gegen das am 05.05.2015 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 11.05.2015, mit der er u.a. vorträgt,
er habe sich im streitgegenständlichen Zeitraum in einer Schulausbildung befunden. Bei der Beurteilung sei auf seinen tatsächlichen
hohen Aufwand in der Zeit August 2012 bis September 2014 abzustellen und nicht auf den für notwendig erachteten Arbeitsaufwand
eines durchschnittlich begabten Schülers, der lediglich einen Notdurchschnitt von 3,0 erziele. Das von Beklagter und SG herangezogene Urteil des BSG betreffe nicht die Familienversicherung und es sei bereits deshalb zweifelhaft, ob die Entscheidung übertragbar sei. Das
BSG sei aber auch der Kritik an der vorangegangenen Rechtsprechung im weiteren Sinne darin gefolgt, dass Fernunterricht durchaus
einer regulären Schulausbildung gleichwertig sein könne. Die Kritik habe jedoch die Frage, ob Fernunterricht als Schulausbildung
zu werten sei, zudem vom Einzelfall abhängig gemacht. Die Einschätzung des BSG, dass hinsichtlich des notwendigen Arbeitsaufwands auf einen durchschnittlich begabten Schüler abzustellen sei, erscheine
darüber hinaus auch deshalb zumindest bedenklich, weil dieses Kriterium sehr schwer zu ermitteln sei. Dies müsse aber geschehen,
denn die Unterlagen der Studiengemeinschaft E, in denen bei einer Regellaufzeit von 32 Monaten ein Zeitaufwand von 12 bis
16 Wochenstunden angesetzt werde, erschienen unrealistisch im Verhältnis zum Zeitaufwand eines Schülers, der sich im Rahmen
der gymnasialen Oberstufe auf sein Abitur vorbereiten müsse. Die Angaben der Studiengemeinschaft E seien als Werbung anzusehen.
Es liege nahe, dass potentielle Schüler eher mit einem niedrigeren Arbeitsaufwand motiviert werden könnten, einen entsprechenden
Vertrag abzuschließen, als mit dem Arbeitsaufwand, den sie letztlich einzubringen hätten. Auch die vom Senat eingeholten Auskünfte
des Studienbetreuers T führten nicht weiter. Dessen Aussage, dass die reguläre Studienzeit "im Schnitt über den gesamten Abiturvorbereitungslehrgang
12-16 Wochenstunden" betrage, begegne erheblichen Bedenken. Diese Zahl erscheine im höchsten Maße unrealistisch. Für einen
Durchschnittsschüler, der ein Gymnasium besuche, falle nämlich ein wesentlich höherer wöchentlicher Zeitaufwand an. Die aufgezeigte
Studienzeit sei stark untertrieben und entspräche nicht der Realität; vermutlich beruhten die Angaben auf werbe- und zulassungstaktischen
Gründen. Die Ausführungen, dass die vorgeschlagenen Zeiten aus der "Konzeption und Planung des Fernlehrgangs" stammten, seien
nicht evaluiert; es müsse ein lehramtliches Gutachten zu der Frage der tatsächlich erforderlichen Zeiten zur Bewältigung des
Fernstudienlehrgangs eingeholt werden. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der dynamischen Entwicklung
von Gesellschaft und Rechtsordnung im Verlauf der letzten 40 Jahre erhebliche Veränderungen ergeben hätten. Dies betreffe
insbesondere auch die Fernausbildung; sowohl Fernunterricht als auch -studium hätten in den vergangenen Jahrzehnten an Bedeutung
erheblich zugenommen. Die aus dem Jahr 1976 stammende Entscheidung des BSG sei deshalb auf Aktualität und Relevanz zu prüfen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 09.04.2015 abzuändern und unter Abänderung des Bescheids vom 14.11.2013 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2014 festzustellen, dass der Kläger vom 01.08.2012 bis zum 30.09.2014 in
der Familienversicherung versichert war, hilfsweise ein erziehungswissenschaftliches Gutachten zu der Frage einzuholen, dass
objektiv während des Fernlehrgangs ein wöchentlicher Zeitaufwand von mehr als 20 Stunden erforderlich war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückweisen.
Der Senat hat Ausdrucke aus den Internetauftritten der Studiengemeinschaft E, P-straße 00, Q, http://www.sgd.de/abitur.php,
der ILS - Institut für Lernsysteme GmbH, E Weg 00, I, http://www.ils.de, der Fernakademie für Erwachsenenbildung GmbH, Unternehmen
der L, E Weg 00, 22143 Hamburg, http://www.fernakademie ...de, und der Hamburger Akademie für Fernstudien, E Weg 00, I, http://www.akademie-fuer-fernstudien.de
beigezogen und bei der Studiengemeinschaft E zu den weiteren Umständen des Fernlehrgangs des Klägers Nachfrage gehalten. Auf
die vorgenannten Ausdrucke, die Auskunft des Studienbetreuers T vom 29.01.2016 und im Übrigen wegen der weiteren Einzelheiten
des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie des Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger ist durch die Entscheidung der Beklagten nicht beschwert (§
54 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)); denn der Bescheid der Beklagten vom 14.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2014 ist rechtmäßig.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, in der Zeit von August 2012 bis September 2014 als Familienangehöriger
versichert zu sein.
Als Grundlage für das Begehren des Klägers kommen allein die die Schulausbildung betreffenden Regelungen des §
10 Abs.
2 Nr.
3 SGB V in Betracht. Danach sind Kinder als Familienangehörige bis zur Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres u.a. versichert,
wenn sie sich in Schulausbildung befinden; dabei sind - wie hier auch von dem Kläger geltend gemacht - Unterbrechungen bzw.
Verzögerungen aufgrund der Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht zu berücksichtigen.
Bei der von dem Kläger bei der Studiengemeinschaft E genossenen Ausbildung handelt es sich indes nicht um eine Schulausbildung
bzw. um eine ihrer Art nach einer herkömmlichen Schulausbildung vergleichbare Ausbildung. Ein Fernunterrichtslehrgang zur
Vorbereitung auf das Abitur ist einer Schulausbildung nur gleichzuachten, wenn und soweit die generelle Gewähr für eine der
herkömmlichen Schulausbildung vergleichbare Stetigkeit und Regelmäßigkeit der Ausbildung gegeben und ihre Dauer nicht allein
der Verantwortung des Schülers überlassen ist. Dabei muss der Fernunterricht die Zeit und Arbeitskraft des Kindes überwiegend
in Anspruch nehmen (BSG, Urteil vom 25.11.1976 - 11 RA 146/75 -). Diese Voraussetzungen liegen, wie es auch Beklagte und SG zu Recht festgestellt haben, nicht vor.
1. Entgegen den im Übrigen im Einzelnen auch nicht näher dargelegten Zweifeln des Klägers ist die Entscheidung des BSG vom 25.11.1976 a.a.O., auch wenn sie sich zu § 39 Abs. 3 Satz 2 Angestelltenversicherungsgesetz ("Der Kinderzuschuss wird längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs
für ein Kind gewährt, das sich in Schul- oder Berufsausbildung befindet ) verhält, auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar.
Es kommt nämlich allein auf den hier wie dort vom Gesetzgeber verwandten Begriff der Schulausbildung an, für dessen Wertung
kein unterschiedliches Begriffsverständnis besteht (zu anderen Gesetzen s. BSG, Urteil vom 25.11.1976 a.a.O.). Der Heranziehung der insoweit vom BSG aufgestellten Rechtssätze kann auch nicht entgegengehalten werden, dass Gegenstand der Entscheidung des BSG die Gewährung eines Kinderzuschusses, mithin die Zuwendung einer Geldleistung, für eine Zeit der Ausbildung gewesen ist,
während vorliegend nur eine Versicherungsfreiheit begehrt wird. Denn es geht es auch hier um eine geldwerte Leistung, nämlich
den beitragsfreien Krankenversicherungsschutz. Hier wie dort kommt den Kindern eines Versicherten unter identischen Voraussetzungen
ein sozialrechtlicher Vorteil zu Gute. Ein bedeutsamer Unterschied zwischen den einzelnen Leistungsvoraussetzungen besteht
also nicht.
Das Vorbringen des Klägers, dynamische Entwicklungen von Gesellschaft und Rechtsordnung, eine Zunahme der Bedeutung des Fernunterrichts
und der Zeitablauf an sich verlangten die Prüfung der 1976 ergangenen Entscheidung des BSG, enthält keine für die Entscheidung erhebliche Aussage. Für den Rechtsstreit relevante Änderungen der Rechtslage sind nicht
eingetreten und werden von dem Kläger auch mit seinem Vorbringen nicht aufgezeigt. Auch mit der von dem Kläger angeführten
Kritik (G) hat sich das BSG schon damals beschäftigt. Eine ansonsten nicht weiter erwähnenswerte Selbstverständlichkeit ist, dass der Senat die Rechtslage
umfassend prüft.
2. Nach der auch vom Senat geteilten Rechtsauffassung des BSG in seinem Urteil vom 25.11.1976 a.a.O. setzt der Begriff Schulausbildung voraus, dass bei einem Fernunterrichtslehrgang zur
Vorbereitung auf das Abitur eine der Art nach einer herkömmlichen Schulausbildung vergleichbare Ausbildung, also eine Ausbildung
erfolgt, die zumindest annähernd derjenigen an (weiterführenden) Schulen in herkömmlichem Sinne entspricht. Dabei genügen
nicht das gleiche Ziel und der gleiche Lehrstoff, sondern es muss eine vergleichbare Stetigkeit und Regelmäßigkeit der Ausbildung
gegeben sein. Dazu gehört, dass der sog. (Nicht-)Schüler (zu diesem Begriff s. z.B. das Zeugnis des Klägers) in die Organisationsform
einer Schule eingegliedert ist und dass es deshalb nicht weitgehend in seiner Hand liegt, die Ausbildung zu betreiben und
beliebig lange zu strecken bzw. ggf. auch zu kürzen. Gerade dies war aber vorliegend der Fall; es war dem Kläger weitgehend
überlassen, den Lauf seiner Ausbildung selbst zu bestimmen.
Dies ergibt sich zunächst schon aus den Ausführungen der Studiengemeinschaft E in ihrem Internetauftritt, in dem es unter
"Studienbeginn und Studiendauer" u.a. heißt "Der Kurs dauert 32 bzw. 42 Monate bei einer wöchentlichen Studienzeit von 12
bis 16 Stunden. Sie können auch schneller vorgehen oder sich mehr Zeit lassen." Dies deckt sich dann auch mit den in der Studienanmeldung
des Klägers vom 01.01.2010 aufgeführten Vertragsleistungen, die unter "9. Kostenlose Verlängerung der Studiendauer" vorgeben
"Sie können die reguläre Studiendauer kostenlos überschreiten.", und der Auskunft der Studiengemeinschaft E vom 29.01.2016:
"Es liegt ganz im Ermessen des Lehrgangsteilnehmers selbst wie viel Zeit sie für die Bearbeitung des Lehrmaterials investieren.
Sie können selbstverständlich mehr als die vorgeschlagene Zeit lernen, sie können aber auch die zugesicherte Betreuungszeit
voll und ganz ausschöpfen." Diese einer herkömmlichen Schulausbildung entscheidend entgegenstehenden Rahmenbedingungen hat
der Kläger schließlich selber genutzt. Nach seinen in der mündlichen Verhandlung vom 09.04.2015 revidierten Angaben war es
ihm nämlich möglich, trotz Teilnahme an dem Fernlehrgang sein Lernpensum in der Zeit vom 01.01.2010 bis Ende Juli 2012, also
über mehr als 1 1/2 Jahre, auf einen Aufwand von 10 bis 15 Stunden zu beschränken.
3. Zudem ist auch die weitere Voraussetzung, dass der Arbeitseinsatz des (Nicht-)Schülers zur Erreichung des angestrebten
Ausbildungsziels tatsächlich seine überwiegende Arbeitskraft in Anspruch nimmt, nicht erfüllt. Bei dieser Feststellung ist
nicht auf die ansonsten in der Hand jedes (Nicht-)Schülers liegenden Verhältnisse des Einzelfalles abzustellen, maßgeblich
kann vielmehr nur der objektiv notwendige Arbeitsaufwand sein, also die Zeit, die ein durchschnittlich begabter Schüler benötigt,
um das Ausbildungsziel mit durchschnittlichem Erfolg zu erreichen (BSG, Urteil vom 25.11.1976 a.a.O.). Dabei kann nach wie vor im Rahmen des §
10 Abs.
2 SGB V von Schulausbildung nur gesprochen werden, wenn die Ausbildung den Schüler ganz oder mehr als die Hälfte einer Halbtagsbeschäftigung
in Anspruch nimmt (Frehse in Peters, Handbuch der Krankenversicherung,
SGB V, 19. Auflage, September 2011, §
10, Rdn. 129; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, März 2016, §
10 SGB V, Rdn. 50), mithin bei einer üblichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden (vgl. BSG, Urteil vom 23.02.1988 - 12 RK 36/87 -; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 08.06.2016 - L 16 R 397/14 -) mehr als 20 Stunden.
Der Zeitaufwand, den ein durchschnittlich begabter (Nicht-)Schüler hat aufbringen müssen, um den Fernlehrgang Abitur bei der
Studiengemeinschaft E mit durchschnittlichem Erfolg abzuschließen, beträgt 14 bis 16 Stunden und nimmt den Nicht(-Schüler)
nicht mehr als die Hälfte einer Halbtagsbeschäftigung in Anspruch. Das ergibt zur Überzeugung des Senats aufgrund des unstreitigen
Sachverhalts und der durchgeführten Ermittlungen.
Die Studiengemeinschaft E hat die wöchentliche Studienzeit u.a. in ihrer Bescheinigung vom 18.09.2012 und in ihrem Internetauftritt
mit 14 bis 16 Stunden angegeben.
Diesen Zeitaufwand hat sie in ihrer zusätzlich vom Senat eingeholten Auskunft vom 29.01.2016 ausdrücklich bestätigt: "Die
reguläre Studienzeit beträgt im Schnitt über den gesamten Abiturvorbereitungslehrgang 12-16 Wochenstunden. Das ist die durchschnittliche
Bearbeitungszeit eines durchschnittlich begabten Erwachsenen, der sich berufsbegleitend auf die Nichtschülerabiturprüfungen
vorbereitet." und "Die vorgeschlagenen Zeiten stammen aus der Konzeption und Planung des Fernlehrgangs.".
Die Angaben der Studiengemeinschaft E stimmen mit denen der drei weiteren großen Anbieter von Fernunterricht mit dem Ziel
Abitur auf dem deutschen Markt, der ILS - Institut für Lernsysteme GmbH, der Fernakademie für Erwachsenenbildung GmbH und
der Hamburger Akademie für Fernstudien überein. Sie stellen wie auch die Studiengemeinschaft E auf die persönlichen Voraussetzungen
des (Nicht-)Schülers ab und bieten drei verschiedene Einstiegsmöglichkeiten, nämlich für (Nicht-)Schüler mit Hauptschulabschluss,
für (Nicht-)Schüler mit mittlerem Schulabschluss (Realschulabschluss), der nicht länger als fünf Jahre zurückliegt, oder für
(Nicht-)schüler mit mittlerem Schulabschluss (Realschulabschluss), der mehr als fünf Jahre zurückliegt. Ungeachtet der unterschiedlichen
Laufzeit der Ausbildungszeiten (30 bis 42 Monate je nach o.a. Eingangsvoraussetzung) ist allen Unterrichten der Ansatz eines
wöchentlichen Arbeitsaufwandes von durchschnittlich 15 Stunden gemeinsam.
Den Mutmaßungen des Klägers, alle Angaben seien unrealistisch, ist nicht nachzugehen. Es besteht kein objektiver Anhaltspunkt
dafür, dass alle auf dem deutschen Markt tätigen Anbieter eines Fernunterrichts mit dem Ziel Abitur mit einem unzutreffenden
Konzept arbeiten oder übereinstimmend falsche Angaben machen. Vielmehr ist das Konzept dieser Anbieter schlüssig und überzeugend.
Potentielle Kunden des Angebots "Abitur für Nichtschüler" sind erwerbstätige Erwachsene; mithin muss das Ausbildungskonzept
Fernunterricht Abitur von vornherein berufsbegleitend auf die dem Kunden neben seiner Arbeitszeit von durchschnittlich 40
Wochenstunden (zuzüglich Fahrzeiten) verbleibende Zeit ausgerichtet sein. Damit sind zusätzliche Ausbildungszeiten von mehr
als 20 Wochenstunden bzw. deren Planungsansatz von vornherein zumindest im Regelfall ausgeschlossen.
Soweit der Kläger schließlich darauf verweist, dass "übliche" Schüler einen deutlich höheren Zeitaufwand tätigen müssten,
sind daraus keine Rückschlüsse auf den vorliegenden Fall zu ziehen, insbesondere lassen sich keine Zweifel an der Auskunft
der Studiengemeinschaft E oder den Angaben der Anbieter eines Fernlehrgangs Abitur herleiten. Das Angebot des Fernunterrichts
mit dem Ziel, das Abitur zu erreichen (umgangssprachlich Abitur für Nichtschüler, außerschulisches Abitur, Externenprüfung,
Fremdenprüfung), richtet sich an Menschen, die nach ihrer abgeschlossenen Schulzeit als weiteres Ausbildungsziel das Abitur
anstreben, mithin in der Regel an Erwachsene, die zudem bereits erwerbstätig sind. Es handelt sich um einen Personenkreis,
der mit dem üblichen Oberstufenschüler in überwiegendem Heranwachsendenalter nicht vergleichbar ist. Nicht nur das Erfahrungswissen
und die körperliche und geistige Reife der beiden Ausbildungsgruppen sind unterschiedlich, sondern auch die Motivation ist
anders. Der (Nicht-)Schüler hat nicht nur vielfach noch neben seiner Arbeit die Unterrichtspensen zu absolvieren, er muss
sich die Unterrichtseinheiten auch teuer erkaufen und wird deshalb in der Regel an einer schnellen, einem üblichen Schüler
so nicht möglichen Zielerreichung interessiert sein (s. auch BSG, Urteil vom 25.11.1976, a.a.O.). Er muss auch nicht an einem nivellierten, d.h. dem Klassenstand angepassten, zeitintensiven
mündlichen Unterricht teilnehmen, sondern kann sein Lernen selber für sich zeitlich und räumlich flexibel sowie an seinen
Fähigkeiten und Möglichkeiten ausgerichtet gestalten.
Da bereits keine Schulausbildung i.S.d. §
10 Abs.
2 SGB V vorliegt, ist schließend nicht weiter entscheidend, dass der Kläger seinen Fernlehrgang bereits im Juli 2014 mit der "Abiturprüfung
für Nichtschülerinnen und Nichtschüler" beendet hat, er aber eine Versicherung als Familienangehöriger bis einschließlich
September 2014 begehrt.
Dem Beweisantrag des Klägers war nicht nachzugehen. Seine Berufung hat zum einen schon aus den Entscheidungsgründen zu 2)
keinen Erfolg, so dass es letztlich nicht darauf ankommt, ob objektiv während des Fernlehrgangs ein wöchentlicher Zeitaufwand
von mehr als 20 Stunden erforderlich war. Zum anderen hat der Kläger aber auch keine objektiven Tatumstände dargelegt, die
dem Senat angesichts seiner dargelegten, auf dem unstreitigen Sachverhalt und den geführten Ermittlungen beruhenden Entscheidungsgründe
zu 3) zu einer weiteren Sachaufklärung Anlass gegeben hätten können.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).