Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte vom Kläger eine Beteiligung an den Kosten seiner vollstationären Unterbringung
in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen in voller Höhe des dem Kläger nach den Vorschriften der gesetzlichen
Unfallversicherung geleisteten Pflegegeldes verlangen kann.
Der im April 1975 geborene Kläger ist aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens seit seiner Geburt geistig behindert und
leidet seitdem auch an einer statomotorischen Retardierung und einer Tetraspastik. Er steht unter Betreuung; als Betreuerin
ist seine Mutter bestellt. Er ist Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 100 und den Merkzeichen G, aG, B, RF
und H.
Ab Mai 1990 erkannte die Krankenkasse des Klägers (Barmer Ersatzkasse, später Barmer GEK) Schwerstpflegebedürftigkeit an und
gewährte zunächst Geldleistungen nach dem damaligen §
57 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V).
Bei einem Schulunfall am 25.06.1993 erlitt der Kläger einen Trümmerbruch der linken Kniescheibe. Aufgrund dessen bewilligte
die Ausführungsbehörde für Unfallversicherung des Landes Nordrhein-Westfalens (später: Landesunfallkasse NRW) mit Bescheid
vom 22.07.1994 bis auf weiteres Pflegegeld, zunächst nach § 558 Abs. 3 Reichsversicherungsverordnung (
RVO), später dann nach §
44 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (
SGB VII). Das Pflegegeld wurde monatlich im Voraus gezahlt (vgl. §
96 Abs.
1 SGB VII in der bis zum 29.02.2004 geltenden Fassung).
In der Folgezeit erhielt der Kläger im Zeitraum vom 01.03.1996 bis zum 31.07.2001 und vom 01.02.2002 bis zum 28.08.2004 ergänzendes
Pflegegeld für Pflegestufe III aus den Mitteln der gesetzlichen Pflegeversicherung, soweit das Pflegegeld aus der gesetzlichen
Unfallversicherung hinter den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung zurückblieb.
Am 29.08.2004 wurde der Kläger auf seinen Antrag hin vollstationär in die Wohnstätte G in X (Träger: Lebenshilfe für Menschen
mit geistiger Behinderung Kreis X e.V.) aufgenommen. Mit Bescheid vom 26.07.2004 bewilligte der Beklagte dem Kläger Sozialhilfe
im Rahmen der Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 40 Abs. 1 Nr. 8 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in Form der Übernahme der Heimkosten, der anlässlich der Aufnahme und Entlassung entstehenden notwendigen Fahrtkosten, der
Kosten für 6 Familienheimfahrten im Kalenderjahr sowie der Gewährung eines Barbetrages. Die Heimkosten umfassten auch die
vom Träger der Wohnstätte geltend gemachten Pflegekosten.
Während seiner Unterbringung in der Wohnstätte G ging der Kläger einer Tätigkeit in der der Wohnstätte angeschlossenen Werkstatt
für behinderte Menschen nach. Aus seinem dort erzielten Einkommen behielt der Träger der Werkstatt einen Kostenbeitrag ein,
den er an den Beklagten abführte. Mit Bescheid vom 26.04.2005 setzte der Beklagte weiterhin eine Kostenbeteiligung des Klägers
in Höhe des Unterhalts fest, den der Kläger von seinem leiblichen Vater erhielt (260,76 Euro monatlich). Von der Mutter des
Klägers forderte er in einem Schreiben vom gleichen Tage einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 23,00 Euro monatlich.
Auch nach seiner Aufnahme in die Wohnstätte G erhielt der Kläger weiterhin ungekürztes Pflegegeld von der Landesunfallkasse
NRW, das seit dem 01.07.2003 in Höhe von 589,72 Euro monatlich (ab dem 01.07.2007 592,90 Euro) gezahlt wurde. Mit Schreiben
vom 22.02.2007 kündigte der Beklagte gegenüber der Mutter des Klägers als dessen Betreuerin an, dass er beabsichtige, die
Pflegegeldleistungen als Kostenbeitrag zu fordern. Die Mutter des Klägers entgegnete hierauf unter Bezugnahme auf Schreiben
der Pflegekasse und der Landesunfallkasse NRW, der Beklagte habe einen Anspruch auf 256,00 Euro pro Monat. Das über diesen
Betrag hinausgehende Pflegegeld stehe weiterhin dem Kläger zu.
Am 28.02.2007 verließ der Kläger die Wohnstätte G und wurde zum 05.03.2007 im Haus W in F (Träger: Caritasverband im Kreisdekanat
X e.V.) aufgenommen. Mit Schreiben vom 11.04.2007 teilte der Beklagte der neuen Wohnstätte mit, die Kosten für die stationäre
Unterbringung des Klägers könnten ab dem 01.03.2007 mit ihm abgerechnet werden. Für das Jahr 2007 übernehme er die Kosten
für 5 Familienheimfahrten. Für die folgenden Jahre übernehme er die Kosten für 6 Familienheimfahrten. Im Übrigen behalte seine
Kostenzusage vom 26.07.2004 weiterhin ihre Gültigkeit.
Mit Bescheid vom 11.04.2007 forderte der Beklagte von dem Kläger eine Kostenbeteiligung in Höhe von einmalig 18.871,04 Euro
(= 32 Monate x den Betrag des Pflegegeldes in Höhe von 589,72 Euro monatlich) für den Zeitraum vom 29.08.2004 bis zum 30.04.2007.
Die ihm entstandenen Kosten bezifferte der Beklagte auf "monatlich ca. 690,00 Euro für die Kosten des Lebensunterhalts in
der Einrichtung und 2300,00 Euro für die fachliche Hilfe".
Mit Schreiben vom 12.04.2007 teilte die Deutsche Post Niederlassung Rentenservice dem Beklagten mit, dass er von der Landesunfallkasse
NRW angewiesen worden sei, das Pflegegeld erstmals Ende April 2007 für den Monat Mai 2007 an ihn zu überweisen. In der Folgezeit
erhielt dementsprechend der Beklagte das Pflegegeld von der Landesunfallkasse ausgezahlt.
Gegen den Bescheid vom 11.04.2007 erhob der Kläger mit Schreiben vom 30.04.2007 Widerspruch. Gemäß §
13 Abs.
5 Satz 1
SGB XI seien Leistungen der Pflegeversicherung nicht auf die Sozialhilfe anzurechnen. Allenfalls könne infolge §
43a SGB XI ein Betrag in Höhe von 256,00 Euro monatlich berücksichtigt werden. Im Übrigen habe er bereits 2004 mitgeteilt, dass Pflegegeld
in Höhe von 589,00 Euro an ihn gezahlt werde.
Mit Änderungsbescheid vom 08.10.2007 half der Beklagte dem Widerspruch teilweise ab, hob den Bescheid vom 11.04.2007 teilweise
auf und forderte von dem Kläger lediglich noch eine Kostenbeteiligung für den Zeitraum 01.03.2007 bis 30.04.2007 in Höhe von
insgesamt 1179,44 Euro. Zur Begründung führte er aus, aus Vertrauensschutzgründen werde kein Kostenbeitrag für die Vergangenheit
gefordert.
Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 28.02.2008 half der Beklagte dem Widerspruch erneut teilweise ab und hob den Ausgangsbescheid
vom 11.04.2007 teilweise bezüglich der Abwesenheitstage des Klägers auf. Er sicherte zu, die Pflegegeldleistungen der Landesunfallkasse
mit 1/30 pro Abwesenheitstag des Klägers im Wohnheim zu erstatten. Anschließend ermittelte der Beklagte aufgrund einer entsprechenden
Auflistung des Wohnheimträgers für März 2007 8 Abwesenheitstage und für April 2007 13 Abwesenheitstage. Dabei wertete er die
Abreise- und die Rückkehrtage jeweils als halbe Tage. Aufgrund dessen errechnete er (Blatt 531 seiner Verwaltungsakte) zu
erstattende Pflegegeldleistungen in Höhe von 158,11 Euro für März 2007 und in Höhe von 256,92 Euro für April 2007. Aufgrund
einer entsprechenden Zusammenstellung für die Monate Mai bis Dezember 2007 sowie abzüglich des während der Abwesenheitszeiten
erhaltenen, aber nicht für den Lebensunterhalt in der Wohnstätte benötigten Barbetrages errechnete der Beklagte schließlich
einen Betrag von 1.414,41 Euro, den er Ende April und Anfang Mai 2008 an die Mutter des Klägers auszahlte. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf Blatt 531 bis 538 der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Den hinsichtlich der Anrechnung des Pflegegeldes in Höhe eines 256,00 Euro monatlich übersteigenden Betrages aufrechterhaltenen
Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, bei den dem Kläger
gewährten Leistungen der Landesunfallkasse NRW handele es sich um einsetzbares Einkommen im Sinne des §
82 Abs.
1 SGB XII. Es sei kein Pflegegeld gemäß §
43a SGB XI. Aus diesem Grund finde die Regelung des §
13 Abs.
5 Satz 1
SGB XI keine Anwendung. Des Weiteren komme eine Freilassung der Leistungen auch nicht gemäß § 83 Abs. 1 SGB XII in Betracht. Die
stationäre Eingliederungshilfe in einer Einrichtung der Behindertenhilfe umfasse gemäß §
13 Abs.
3 Satz 3 letzter Halbsatz
SGB XI auch die notwendigen Pflegeleistungen. Insofern liege eine Zweckidentität zwischen den gewährten Leistungen der Eingliederungshilfe
und den Pflegeleistungen der Unfallkasse NRW vor.
Dagegen hat der Kläger am 10.06.2008 Klage beim Sozialgericht (SG) Münster erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, das Pflegegeld nach §
44 Abs.
2 SGB VII diene dazu, pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten. Zwischen dem Pflegegeld nach dem
SGB XI und dem Pflegegeld nach §
44 Abs.
2 SGB VII bestehe Deckungsgleichheit. Dies bedeute aber nicht, dass der Beklagte das gesamte Pflegegeld vereinnahmen dürfe. Wenn er
gegenüber dem Träger der Leistungen nach dem
SGB IX gemäß §
43a SGB XI lediglich 256 Euro vereinnahmen dürfte, müsse dies auch im Verhältnis zum Pflegegeld nach §
44 SGB VII gelten. Alles was über den Betrag von 256 Euro hinausgehe, sei eine Leistung der Eingliederungshilfe und damit keine Pflegeleistung.
Hinsichtlich des den Betrag von 256 Euro übersteigenden Pflegegeldes liege deshalb keine Zweckidentität vor. Es müsse entsprechend
§
13 Abs.
5 SGB XI unberücksichtigt bleiben.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 11.04.2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 08.10.2007 und vom 28.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 20.05.2008 aufzuheben,
hilfsweise den Bescheid vom 11.04.2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 08.10.2007 und vom 28.02.2008 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2008 aufzuheben, soweit dort ein Kostenbeitrag über den Betrag in Höhe von 256,00 Euro
monatlich gefordert wird,
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
Er hat den angefochtenen Bescheid vom 11.04.2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 08.10.2007 und 28.02.2008 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2008 für rechtmäßig gehalten. Bzgl. seiner Rechtsauffassung hat er im Wesentlichen
auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 verwiesen.
Im Erörterungstermin am 28.05.2010 haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass sie davon ausgingen, dass der Kläger
in den Monaten März und April 2007 abwesend gewesen sei, wie sich aus der Berechnung des Beklagten auf Blatt 531 der Verwaltungsakte
ergebe. In der mündlichen Verhandlung am 20.04.2011 hat der Beklagte erklärt, dass er bei einer rechtskräftigen Entscheidung
dergestalt, dass eine Anrechnung von Einkommen nicht über den Betrag von 256,00 Euro hinaus erfolgen dürfe, die Berechnung
bezüglich der Abwesenheitszeiten des Klägers vom 29.04.2008 abändern und dabei das Ergebnis der rechtskräftigen Entscheidung
berücksichtigen werde.
Mit Urteil vom 20.04.2011 hat das SG Münster die Klage abgewiesen und die Berufung "unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstandes"
zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe zu Recht gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes
Buch (SGB XII) den Kläger zu einer Kostenbeteiligung für die Zeit vom 01.03.2007 bis 30.04.2007 in Höhe von insgesamt 1179,44
Euro herangezogen.
Der Rechtmäßigkeit der Kostenforderung für die Zeit vom 01.03.2007 bis 30.04.2007 stehe zunächst nicht entgegen, dass sie
erst mit dem Bescheid vom 11.04.2007 ausgesprochen worden sei. Insbesondere könne sich der Kläger nach Auffassung der Kammer
nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen. Der Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 22.02.2007 mitgeteilt, dass er eine
Kostenbeteiligung beabsichtige. Insoweit habe sich der Kläger darauf einstellen können, dass das an ihn gezahlte Geld möglicherweise
im Rahmen der Sozialhilfegewährung einzusetzen sei.
Der Beklagte sei ferner berechtigt gewesen, bei der Ermittlung des Kostenbeitrags auch den seitens der Landesunfallkasse NRW
monatlich erbrachten Betrag in Höhe von 589,72 Euro zu berücksichtigen. Bei dieser Leistung handele es sich um einsetzbares
Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII.
Entgegen der Ansicht des Klägers komme eine Nichtberücksichtigung des Einkommens gemäß §
13 Abs.
5 Satz 1
SGB XI nicht in Betracht. Vorliegend handele es sich bei den Leistungen, die der Kläger monatlich erhalte, um Leistungen nach §
44 SGB VII. Es handele sich nicht um Pflegegeld nach §
43a SGB XI. §
13 Abs.
5 Satz 1
SGB XI finde daher bereits dem Wortlaut nach keine Anwendung. Auch eine analoge Anwendung des §
13 Abs.
5 Satz 1
SGB XI komme bezüglich der Leistungen nach §
44 SGB VII nicht in Betracht. Es fehlt insoweit bereits am Vorliegen einer Regelungslücke.
Ferner seien die Leistungen der Landesunfallkasse NRW auch nicht gemäß § 83 Abs. 1 SGB XII unberücksichtigt zu lassen. Danach
seien Leistungen, die aufgrund öffentlich rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht würden,
nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck diene. Die Kammer gehe hier
von einer sog. Zweckidentität der Leistungen der Sozialhilfe in Gestalt der Eingliederungshilfe und den Pflegeleistungen der
Unfallkasse aus. Insoweit verweise die Kammer - nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage - auf die zutreffende Begründung
des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 und mache sich die dortigen Ausführungen zu Eigen (§
136 Abs.
3 SGG).
Fehler bei der Berechnung des Kostenbeitrags im Übrigen seien der Kammer nicht ersichtlich und von dem Kläger auch nicht vorgetragen.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 18.05.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.06.2011 Berufung eingelegt,
mit der er nunmehr nur noch den in der ersten Instanz gestellten Hilfsantrag verfolgt. Er nimmt im Wesentlichen auf seinen
erstinstanzlichen Vortrag Bezug und führt ergänzend aus, dass ein 256,00 Euro übersteigender Betrag des Pflegegeldes anrechnungsfrei
bleiben müsse, ergebe sich auch aus folgenden Überlegungen: Wie die Pflegekasse in einem Schreiben vom 30.10.2008 mitgeteilt
habe, ruhten die Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung im Hinblick auf die Leistungen der Landesunfallkasse NRW.
Von der Pflegekasse könnte der Beklagte jedoch, wenn die Landesunfallkasse keine Leistungen mehr erbrächte, gemäß §
43a SGB XI nur 256 Euro erhalten. Im Übrigen würde die Pflegekasse ihm Pflegegeld gewähren. Wenn man überhaupt eine Zweckidentität zwischen
den Leistungen des Beklagten und dem Pflegegeld nach §
44 SGB VII annehmen könnte, könnte dies nur in Höhe des in §
43a SGB XI vorgesehenen Betrages geschehen. Grundsätzlich bestehe zwischen den Leistungen der Eingliederungshilfe und dem Pflegegeld
keine Zweckidentität. Ergänzend weist er schließlich daraufhin, dass der Beklagte in einem ruhend gestellten Widerspruchsverfahren,
in dem es um die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII gehe, selbst die Auffassung vertrete, dass es sich
bei dem Pflegegeld um eine zweckbestimmte Leistung im Sinne von § 83 SGB XII handele.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit auch für den Monat
April 2007 ein Kostenbeitrag in Höhe des Pflegegeldes von 589,72 Euro vom Kläger gefordert worden ist.
Der Kläger beantragt nunmehr,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 20.04.2011 abzuändern und den Bescheid vom 11.04.2007 in Gestalt der Änderungsbescheide
vom 08.10.2007 und vom 28.02.2008 sowie des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2008 aufzuheben, soweit dort ein 256,00 Euro übersteigender
Kostenbeitrag für März 2007 gefordert wird.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist ergänzend auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008.
Mit Schreiben vom 02.03.2012 ist beim Haus W und beim Beklagten angefragt worden, ob und in welchem Umfang im Haus W Pflegeleistungen
an den Kläger erbracht werden und in welchem Umfang der Beklagte insoweit Leistungen erbringt. Der Beklagte hat daraufhin
mitgeteilt, er erbringe stationäre Betreuungsleistungen in Höhe von 133,51 Euro täglich, die sich aus einer Grundpauschale
von 12,57 Euro, einer Maßnahmepauschale von 113,06 Euro und Investitionskosten in Höhe von 7,88 Euro zusammensetzten. Es handele
sich um die mit der Einrichtung vereinbarten Vergütungssätze. Erforderliche Pflegeleistungen seien in der Gesamtvergütung
enthalten und würden entsprechend § 76 Abs. 2 SGB XII nicht gesondert ausgewiesen. Das Haus W hat im Einzelnen geschildert,
in welchen Lebensbereichen Pflegeleistungen an den Kläger erbracht werden. Danach werden u.a. die Bereiche der Körperpflege
und des An- und Ausziehens fast vollständig von Mitarbeitern des Heimes übernommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
das Schreiben des Haus W vom 13.03.2012 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die Prozessakte und die beigezogene Verwaltungsakte
des Beklagten Bezug, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber, nachdem der Beklagte die Festsetzung eines Kostenbeitrags für April 2007 zurückgenommen hat,
unbegründet.
A. Die Berufung ist gemäß §§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Zwar überstieg der ursprüngliche Wert des Beschwerdegegenstandes aufgrund des in
der Berufungsinstanz beschränkten Antrags den Betrag von 750 Euro (vgl. §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG) nicht, da der Kläger in der Berufung nunmehr eindeutig von dem mit den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Kostenbeitrag
(1179,44 Euro) monatlich 256,00 Euro und damit insgesamt 512 Euro akzeptiert hat. Das SG hat jedoch die Berufung ausdrücklich zugelassen.
B. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zwar hinsichtlich der geforderten Kostenbeteiligung für April 2007 zu Unrecht abgewiesen, weil dem Kläger das
Pflegegeld im April 2007 nicht (mehr) zugeflossen ist. Da der Beklagte aber die Festsetzung einer Kostenbeteiligung für April
2007 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben hat, ist der Kläger insoweit nicht mehr beschwert. Er hat dementsprechend
sein Begehren im Berufungsverfahren auf die Kostenbeteiligung für März 2007 beschränkt. Insoweit ist das Urteil des SG im Ergebnis nicht zu beanstanden, denn die zulässige Klage ist bezüglich der festgesetzten Kostenbeteiligung für März 2007
unbegründet.
I. Die Klage ist als Anfechtungsklage im Sinne von §
54 Abs.
1 Satz 1 1. Alt.
SGG zulässig.
1. Gegenstand der Klage ist zunächst der Bescheid vom 08.10.2007, der den im Bescheid vom 11.04.2007 festgesetzten Kostenbeitrag
auf 1.179,44 Euro für die Monate März und April 2007 reduziert und damit den vom Kläger mit Widerspruch angefochtenen Bescheid
vom 11.04.2007 vollständig ersetzt hat (vgl. §
86 SGG). Der Bescheid vom 08.10.2007 ist seinerseits durch die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgte
Erklärung dergestalt geändert worden, dass nunmehr nur noch ein Kostenbeitrag in Höhe von 589,72 Euro für März 2007 vom Kläger
gefordert wird.
Darüber hinaus ist auch der Bescheid vom 28.02.2008 gemäß §
86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Die in diesem Bescheid ausgesprochene Erstattung der Pflegeleistungen mit
1/30 pro Abwesenheitstag dem Grunde nach stellt in der Sache - auch - eine Reduzierung der Kostenbeitragsforderung für März
und April 2007 dar, auch wenn der Beklagte in dem Bescheid nicht beziffert hat, in welchem Umfang die im Bescheid vom 08.10.2007
festgesetzte Forderung durch eine vorweggenommene "Erstattung" reduziert wird. Vollzogen wurde diese Reduzierung der Kostenbeitragsforderung
dadurch, dass der Beklagte im Frühjahr 2008 u.a. auch für die Monate März und April 2007, für die er eigentlich noch kein
Pflegegeld vereinnahmt hatte, für 8 bzw. 13 Abwesenheitstage Pflegegeld "erstattet" hat. Schließlich ist gemäß §
95 SGG auch der Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 Gegenstand der Anfechtungsklage.
2. Im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage sind Grund und Höhe des in den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Kostenbeitrags,
soweit er monatlich 256 Euro für den noch allein streitgegenständlichen Monat März 2007 übersteigt, grundsätzlich unter allen
denkbaren Gesichtspunkten zu prüfen. Dies gilt jedoch nicht für die Frage, ob und in welchem Umfang die Kostenbeitragsforderung
wegen der Tage, an denen der Kläger im März 2007 im Haus W nicht anwesend war, zu reduzieren ist. Vielmehr hat der Kläger
sein Klagebegehren in der Sache dergestalt beschränkt, dass er die Beseitigung der im Bescheid vom 08.10.2007 festgesetzten
Kostenbeitragsforderung begehrt, soweit sie 256 Euro im Monat März 2007 übersteigt und sich auf die Tage bezieht, in denen
er nach Maßgabe der Berechnung des Beklagten, wie sie sich aus Bl. 531 der Verwaltungsakte ergibt, im Haus W anwesend war.
Der Kläger hat zwar auch im Berufungsverfahren den Bescheid vom 28.02.2008 in seinen Klageantrag aufgenommen. Dies erfolgte
jedoch nur, um deutlich zu machen, dass er den Bescheid vom 08.10.2007 nur insoweit anfechten will, als seinem Widerspruch
nicht schon in dem Bescheid vom 28.02.2008 abgeholfen wurde. Eine selbstständige Anfechtung des Bescheids vom 28.02.2008 wäre
auch nicht sachgerecht, denn in diesem Bescheid hat der Beklagte in der Sache eine Reduzierung der Kostenbeitragsforderung
durch Erstattung des Pflegegeldes in Höhe von 1/30 pro Abwesenheitstag dem Grunde nach anerkannt. Der Kläger ist also insoweit
nicht mehr im Sinne von §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschwert. Hinsichtlich der später erfolgten Erstattungen für die Abwesenheitstage, die im Bescheid vom 28.02.2008 selbst
nicht geregelt wurde, hat der Kläger zwar in der Klageschrift zunächst Einwände geltend gemacht. Er hat sich dann jedoch im
Erörterungstermin vom 28.05.2010 mit dem Beklagten in der Sache darauf verständigt, dass die Berechnungen der Abwesenheitstage,
wie sie sich aus Blatt 531 der Verwaltungsakte des Beklagten ergeben, zutreffend sind. Damit hat er sich zum einen mit der
Vorgehensweise des Beklagten, die an sich gebotene Reduzierung der Kostenbeitragsforderung durch eine vorweggenommene teilweise
Rückzahlung des aufgrund des Bescheids vom 08.10.2007 an sich noch zu vereinnahmenden Pflegegeldes umzusetzen, einverstanden
erklärt und zum anderen auf weitergehende Einwände gegen die Höhe der "Erstattung" und damit der Reduzierung der Kostenbeitragsforderung
verzichtet.
Zugleich hat der Kläger dadurch dem Gericht die Prüfung entzogen, ob und in welchem Umfang die Kostenbeitragsforderung im
Bescheid vom 08.10.2007 wegen der Abwesenheitstage des Klägers im Wohnheim W zu reduzieren ist. Insoweit ist der Rechtsstreit
durch Teilklagerücknahme im Sinne von §
102 Abs.
1 Satz 2
SGG erledigt und auch der Streitgegenstand hinsichtlich Grund und Höhe der im Bescheid vom 08.10.2007 festgesetzten Kostenbeitragsforderung
beschränkt worden. Eine solche Beschränkung des Streitgegenstandes ist hier möglich und zulässig, denn die Reduzierung der
Kostenbeitragsforderung wegen der Abwesenheitstage des Klägers betrifft nicht lediglich ein Berechnungselement der streitgegenständlichen
Kostenbeitragsforderung, sondern stellt einen abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes dar (vgl. hierzu im Allgemeinen Bundessozialgericht
(BSG), Urt. v. 23.08.2011 - B 14 AS 165/10 R -, juris Rn. 16; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 1/10 R -, juris Rn. 11 f.). Entscheidend ist insoweit, dass der Beklagte im
Bescheid vom 28.02.2008 eine selbstständige Regelung im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), d.h. einen eigenständigen Verfügungssatz, hinsichtlich der Berücksichtigung der Abwesenheitstage des Klägers bei der Anrechnung
des Pflegegeldes als Einkommen getroffen hat (zur Beschränkbarkeit des Streitgegenstandes, soweit ein selbstständiger Verfügungssatz
vorliegt, vgl. BSG, Urt. v. 26.05.2011 - B 14 AS 132/10 R -, juris Rn. 11). Der Beklagte hat nicht lediglich unmittelbar die im Bescheid vom 08.10.2007 festgesetzte Kostenbeitragsforderung
herabgesetzt, sondern im Sinne von § 31 SGB X geregelt, dass den Abwesenheitstagen des Klägers sowohl für die Zeit, in der die Landesunfallkasse NRW das Pflegegeld direkt
an den Beklagten gezahlt hat, als auch für die von der Kostenbeitragsforderung ursprünglich betroffenen Monate März und April
2007 durch (Rück-)Zahlung eines Teils des vereinnahmten oder noch zu vereinnahmenden Pflegegeldes erfolgen soll. Diesen Verfügungssatz
und seine konkrete Umsetzung durch die im Frühjahr 2008 erfolgte "Erstattung" des Pflegegeldes auch für die Monate März und
April 2007 hat der Kläger durch seine Erklärung im Erörterungstermin vom 28.05.2010 aus seinem Klagebegehren ausgeklammert.
Ob der Beklagte die Abwesenheitstage des Klägers für März und April 2007 zutreffend ermittelt und die Summe des "zurückzuzahlenden"
Pflegegeldes richtig berechnet hat, hat der Senat deshalb nicht mehr zu prüfen.
II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 08.10.2007 in Gestalt des Bescheids vom 28.02.2008 und
des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2008 hinsichtlich der allein noch geforderten Kostenbeteiligung für März 2007 nicht im
Sinne von §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschwert. Die Kostenbeitragsforderung für März 2007 (589,72 Euro) ist, vorbehaltlich der hier nicht streitgegenständlichen
Abwesenheitstage des Klägers, rechtmäßig.
1. Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid vom 08.10.2007 ist § 92 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB XII. Erfordert
die Behinderung Leistungen für eine stationäre Einrichtung, für eine Tageseinrichtung für behinderte Menschen oder für ärztliche
oder ärztlich verordnete Maßnahmen, sind nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB XII die Leistungen hierfür auch dann in vollem Umfang
zu erbringen, wenn den in § 19 Abs. 3 SGB XII genannten Personen die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten ist. In
Höhe dieses Teils haben sie zu den Kosten der erbrachten Leistungen beizutragen; mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner
(§ 92 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Den zumutbaren Kostenanteil hat der Sozialhilfeträger durch gesonderte Verfügung in Gestalt
eines Leistungsbescheids festzusetzen (vgl. BSG, Urt. v. 26.08.2008 - B 8/9b SO 10/06 R -, juris Rn. 15; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf,
SGB XII, 3. Aufl. 2010, § 92 Rn. 10).
2. Der Bescheid vom 08.10.2007 ist formell rechtmäßig. Die gemäß § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung hat der Beklagte durch das Ankündigungsschreiben vom 22.02.2007 gegenüber der Mutter des Klägers als
dessen gesetzlicher Vertreterin (vgl. §
1902 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB)) ordnungsgemäß durchgeführt.
3. Der Bescheid ist hinsichtlich der Kostenbeitragsforderung für März 2007 auch materiell rechtmäßig.
a) Bedenken gegen die Bestimmtheit des Bescheids (§ 33 Abs. 1 SGB X) bestehen nicht. Sowohl die Höhe des Kostenbeitrags als auch der Umfang der vom Beklagten erbrachten Leistungen sowie der
von der Kostenbeitragsforderung betroffene Leistungszeitraum wurden hinreichend deutlich bezeichnet. Aus dem Bescheid geht
auch deutlich hervor, dass der Kläger der alleinige Schuldner des festgesetzten Kostenbeitrags ist (vgl. zum Ganzen Wahrendorf,
a.a.O.).
b) Die vom Beklagten an den Kläger nach den §§ 53 ff. SGB XII erbrachten Leistungen in Gestalt der vollstationären Unterbringung
im Haus W im März 2007 waren rechtmäßig (vgl. zu diesem Erfordernis Wahrendorf, a.a.O., Rn. 8). Die vollstationäre Unterbringung
des Klägers im Haus W, bei dem es sich um eine stationäre Einrichtung im Sinne von § 13 SGB XII handelt, war nach den zutreffenden
Feststellungen des Beklagten, wie sie in der Verwaltungsakte (Bl. 251 ff., 265 f., 305 ff.) dokumentiert sind, wegen der schweren
Behinderung des Klägers notwendig im Sinne von § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Für die Unterbringung im Haus W gilt insoweit nichts
anderes als für die vorausgegangene Unterbringung im Haus G, für die der Beklagte durch bestandskräftigen Bescheid vom 26.07.2004
Sozialhilfeleistungen bewilligt hat.
c) Dem Kläger ist, vorbehaltlich seiner hier nicht streitgegenständlichen Abwesenheitstage, für März 2007 ein Kostenbeitrag
in Höhe des vollen Pflegegeldes der Landesunfallkasse NRW für April 2007, das ihm im Monat März 2007 in Höhe von 589,72 Euro
zugeflossen ist, zumutbar.
Nach § 19 Abs. 3 SGB XII werden Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe
zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel
des SGB XII geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und,
wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen
und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII zuzumuten ist. Im Einzelnen richten sich Umfang und Zumutbarkeit
des Einkommenseinsatz nach den §§ 82 ff. SGB XII.
aa) Bei dem infolge der monatlich im Voraus erfolgten Zahlung (vgl. §
96 Abs.
1 SGB VII in der bis zum 29.02.2004 geltenden Fassung i.V.m. §
218c Abs.
1 SGB VII) Ende März zugeflossenen Pflegegeld der Landesunfallkasse NRW für April 2007 handelt es sich um Einkommen im Sinne von §
82 SGB XII und nicht um Vermögen im Sinne von § 90 SGB XII.
Einkommen im Sinne von § 82 Abs. 1 SGB XII ist alles, was jemand in dem Bedarfszeitraum wertmäßig dazu erhält, während Vermögen
das ist, was er in der Bedarfszeit bereits hat. Für die Frage, wann etwas zufließt, ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss
auszugehen, soweit nicht normativ ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt wird (modifizierte Zuflusstheorie; zum Ganzen
BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 35/07 R -, juris Rn. 14 m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG)
zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sowie zur Rechtsprechung der für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zuständigen Senate des
BSG).
Das Pflegegeld für April 2007 ist dem Kläger im Bedarfszeitraum März 2007 tatsächlich zugeflossen und deshalb auch für und
im Monat März 2007 als Einkommen zu berücksichtigen. Eine abweichende normative Bestimmung des Zuflusses, etwa im Monat April
2007, weil das Pflegegeld für April 2007 bestimmt war, ist nicht ersichtlich. Der für Einnahmen wie das streitgegenständliche
Pflegegeld einschlägige § 8 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (DV § 82 SGB XII)
enthält insoweit keine Regelung.
bb) Das im März 2007 zugeflossene Pflegegeld für April 2007 ist auch in voller Höhe als dem Grunde nach anrechenbares Einkommen
zu berücksichtigen.
(1) Der Berücksichtigung als Einkommen steht §
13 Abs.
5 SGB XI, wonach die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung als Einkommen u.a. bei einkommensabhängigen Sozialleistungen,
wie den Leistungen nach dem SGB XII, unberücksichtigt bleiben, nicht entgegen. Unmittelbar ist §
13 Abs.
5 SGB XI nicht anwendbar, weil der Kläger keine Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung erhält, sondern das Pflegegeld
nach §
44 Abs.
2 SGB VII aus den Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung gezahlt wird. Auch eine analoge Anwendung von §
13 Abs.
5 SGB XI kommt nicht in Betracht. Insoweit kann dahinstehen, ob das
SGB VII, das eine §
13 Abs.
5 SGB XI entsprechende Regelung nicht enthält, eine planwidrige Gesetzeslücke aufweist. In jedem Fall fehlt es an der für eine Analogie
notwendigen vergleichbaren Interessenlage.
§
13 Abs.
5 SGB XI ist gerade auf das Pflegegeld nach dem
SGB XI zugeschnitten (vgl. Udsching, in: Udsching/Schütze,
SGB XI, 3. Aufl. 2010, §
13 Rn. 25). Ausgehend von den Regelungen des
SGB XI würde der Kläger im vorliegenden Fall für die hier allein streitgegenständlichen Tage seiner Anwesenheit im Haus W aber gar
kein Pflegegeld erhalten, denn Pflegegeld ruht gemäß §
34 Abs.
2 SGB XI für die Dauer eines Aufenthalts in einer stationären Einrichtung im Sinne von §
71 Abs.
4 SGB XI. Hierzu gehören auch stationäre Einrichtungen, in denen Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erbracht werden,
wie dies beim Haus W der Fall ist. In einer stationären Einrichtung wird damit kein Pflegegeld gezahlt (vgl. BSG, Urt. v.
13.03.2001 - B 3 P 17/00 -, juris Rn. 19). Anstelle des Pflegegeldes hätte die Pflegekasse eine Sachleistung (vgl. BSG, a.a.O.
Rn. 15) in Gestalt einer Kostenbeteiligung nach § 43a Satz 1
SGB IX zu erbringen. §
43a SGB XI, der auch in §
55 SGB XII genannt ist, lautet:
"Für Pflegebedürftige in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen, in der die Teilhabe am Arbeitsleben
und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrichtungszwecks
stehen (§ 71 Abs. 4), übernimmt die Pflegekasse zur Abgeltung der in § 43 Abs. 2 genannten Aufwendungen zehn vom Hundert des
nach § 75 Abs. 3 des Zwölften Buches vereinbarten Heimentgelts. Die Aufwendungen der Pflegekasse dürfen im Einzelfall je Kalendermonat
256 Euro nicht überschreiten. Wird für die Tage, an denen die pflegebedürftigen Behinderten zu Hause gepflegt und betreut
werden, anteiliges Pflegegeld beansprucht, gelten die Tage der An- und Abreise als volle Tage der häuslichen Pflege."
Die Frage einer Kostenbeteiligung des Klägers aus seinem Einkommen oder Vermögen nach § 92 Abs. 1 Satz 2 SGB XII würde sich
danach nicht stellen. Der Beklagte erhielte von der Pflegekasse eine pauschale Leistung nach §
43a SGB XI in Höhe von maximal 256 Euro pro Monat, wobei diese Leistung nicht durch die Abwesenheitstage des Klägers gemindert würde
(vgl. BSG a.a.O.). Für die Tage seiner Abwesenheit einschließlich der Tage für die An- und Abreise erhielte der Kläger Pflegegeld,
das unabhängig von der Regelung des §
13 Abs.
5 SGB XI schon deshalb nicht als Einkommen zu berücksichtigen wäre, weil der Kläger für die Dauer seiner Abwesenheit in der Sache
keine Sozialhilfeleistungen vom Beklagten erhält.
Eine entsprechende Anwendung von §
13 Abs.
5 SGB XI würde deshalb vorliegend zu einer der Rechtslage nach dem
SGB XI nicht entsprechenden systemwidrigen Besserstellung des Klägers führen. Eine vollständige Freistellung des Pflegegeldes von
der Anrechnung als Einkommen auf die Leistungen des Beklagten würde bedeuten, dass der Kläger auch für die Zeit seiner Anwesenheit
im Haus W Pflegegeld erhalten würde, was §
34 Abs.
2 SGB XI für den Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung gerade ausschließt.
(2) Entgegen der Auffassung des Klägers steht auch § 83 Abs. 1 SGB XII der Berücksichtigung des Pflegegeldes als Einkommen
nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich
genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben
Zweck dient.
Eine nach § 83 Abs. 1 SGB XII auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gewährte Leistung ist nur dann nicht als Einkommen
zu berücksichtigen, wenn sie zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt wird, der über die Sicherung des Lebensunterhalts
hinausgehen und zudem ein anderer als derjenige sein muss, für den die im Einzelfall in Frage stehende Sozialhilfe gewährt
wird. Daher ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob in den öffentlich-rechtlichen Vorschriften - ggf. aber auch in dem Bescheid,
der die Leistung bewilligt, oder auch nur in der Gesetzesbegründung - ein über die Sicherung des Lebensunterhalts hinausgehender
Zweck der Leistung ausdrücklich genannt ist. Der Verwendung des Worts "Zweck" bedarf es dabei jedenfalls nicht. Der ausdrückliche
Zweck kommt schon durch Worte wie "zur Sicherung", "zum Ausgleich" etc. ausreichend deutlich zum Ausdruck. Es kann auch genügen,
dass die Zweckbestimmung aus den Voraussetzungen für die Leistungsgewährung folgt, soweit sich aus dem Gesamtzusammenhang
die vom Gesetzgeber gewollte Zweckbindung eindeutig ableiten lässt. Lässt sich danach ein "ausdrücklich genannter" Zweck der
anderen Leistung feststellen, ist in einem zweiten Schritt der Zweck der konkret in Frage stehenden Sozialhilfeleistung zu
ermitteln. In einem dritten Schritt sind die Zwecke der beiden Leistungen einander gegenüberzustellen. Nur soweit es dann
an der Identität der Zwecke fehlt, ist die andere Leistung bei der Gewährung der Sozialhilfe nicht als anrechenbares Einkommen
zu berücksichtigen (zum Ganzen BSG, Urt. v. 23.03.2010 -B 8 SO 17/09 R -, juris Rn. 24 m.w.N.)
Bei dem Pflegegeld nach §
44 Abs.
2 SGB VII handelt sich nach diesen Grundsätzen zwar um eine Leistung, die zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht wird. Für
die hier allein streitgegenständliche Zeit der Anwesenheit des Klägers im Haus W dient das Pflegegeld jedoch in voller Höhe
demselben Zweck wie die vom Beklagten erbrachte Sozialhilfeleistung.
(a) Das Pflegegeld nach §
44 Abs.
2 SGB VII wird nach Auffassung des Senats aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht
(ebenso Hohm, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 83 Rn. 12; Geiger, in: LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011,
§ 11a Rn. 9). Schon der Wortlaut von §
44 Abs.
1 und
2 SGB VII macht deutlich, dass das Pflegegeld zu dem Zweck gewährt wird, einem hilflosen, d.h. pflegebedürftigen (vgl. Ricke, in: Kasseler
Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: Oktober 2011, §
44 SGB VII Rn. 2a) Versicherten die Beschaffung der Hilfe zu ermöglichen, die er für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden
Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens benötigt. Es hat den Charakters eines Surrogats für die Sachleistung "Heimpflege"
und die Dienstleistung "Gestellung einer Pflegekraft", die ebenfalls in §
44 Abs.
1 SGB VII als Leistungen vorgesehen sind (vgl. Ricke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: Oktober 2011, §
44 SGB VII Rn. 2). Damit dient es erkennbar nicht der Sicherung des Lebensunterhalts, sondern dazu, es dem Pflegebedürftigen zu ermöglichen,
mit Hilfe ausreichender Barmittel die Pflegebereitschaft von nahestehenden Personen oder Nachbarn anzuregen und zu erhalten,
um so sicherzustellen, dass ihm die im Einzelfall notwendige Pflege in seiner häuslichen Umgebung auch wirklich zuteil wird
(vgl. BVerwG, Urt. v. 04.06.1992 - 5 C 82.88 -, juris Rn. 11; Ricke, a.a.O., Rn. 7). Durch die Gewährung von Pflegegeld soll der auf pflegerische Unterstützung angewiesene
Versicherte so gestellt werden, dass er sich die hierfür erforderlichen Leistungen selbst beschaffen kann, ohne dass insoweit
in die Gestaltungsfreiheit des Pflegebedürftigen oder der Pflegeperson, d.h. häufig insbesondere in die familiäre Sphäre des
Pflegebedürftigen eingegriffen wird. Es dient damit auch als Anreiz, die Pflege in der gewohnten Umgebung durch Inanspruchnahme
von Familienangehörigen durchzuführen. Auf der Grundlage dieser privaten Einsatzbereitschaft kann der Sozialversicherung mit
Hilfe der Gewährung von pauschaliertem Pflegegeld anstelle der Dienstleistung auch ein erheblicher Kostenaufwand erspart werden
(zum Ganzen Fischer, in: jurisPK-
SGB VII, §
44 Rn. 42 m.w.N.)
(b) Der Beklagte erbringt gegenüber dem Kläger Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Diese dient nach
§ 53 Abs. 3 SGB XII dazu, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder
zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen
die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs
oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Leistungen
der Eingliederungshilfe sind damit grundsätzlich von den Leistungen zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII zu unterscheiden
(insoweit zutreffend Schumacher, RdLH 2011, 130).
Vorliegend ist jedoch die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Beklagte Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt
von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in Form der vollstationären Unterbringung des Klägers in einer Einrichtung
des betreuten Wohnens (vgl. § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §
55 Abs.
2 Nr.
6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (
SGB IX); vgl. auch §
54 Abs.
2 SGB XII) erbringt. Diese besondere und komplexe Leistung der Eingliederungshilfe umfasst kraft Gesetzes auch die Pflegeleistungen
in der Einrichtung (§
55 Satz 1 SGB XII, §
13 Abs.
3 Satz 3 3. Halbsatz
SGB XI). Die Sozialhilfeleistungen des Beklagten dienen mithin auch dazu, für die Dauer der Anwesenheit des Klägers im Haus W dessen
Pflegebedarf zu decken.
(c) Für die hier allein streitgegenständlichen Tage, in denen der Kläger im Haus W anwesend ist, besteht mithin zwischen den
Leistungen des Beklagten und dem nach §
44 Abs.
2 SGB VII gewährten Pflegegeld partielle Zweckidentität. Beide Leistungen dienen der Sicherstellung des Pflegebedarfs des Klägers.
Dies führt dazu, dass das Pflegegeld für die Zeit der Anwesenheit des Klägers im Haus W vollständig als Einkommen zu berücksichtigen
ist.
(aa) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Berücksichtigung des Pflegegeldes als Einkommen nicht auf den Betrag von
256 Euro begrenzt. §
43a Satz 2
SGB XI ist insoweit weder direkt noch entsprechend anwendbar. §
43a SGB XI gilt nur im Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung und regelt auch nicht den Umfang der Berücksichtigung von Pflegegeld
als Einkommen, sondern normiert eine Beteiligung der gesetzlichen Pflegeversicherung an den Kosten einer Unterbringung in
einer stationären Einrichtung der Behindertenhilfe als Sachleistung (siehe dazu oben (1)). Satz 2 der Vorschrift enthält darüber
hinaus eine Begrenzung des Leistungsanspruchs des in der gesetzlichen Pflegeversicherung Versicherten (vgl. insoweit auch
Udsching, in: Udsching/Schütze,
SGB XI, 3. Aufl. 2010, §
43a Rn. 3, 6) und beschränkt damit die Leistungspflicht der gesetzlichen Pflegeversicherung. Es handelt sich bei §
43a Satz 2
SGB XI deshalb auch nicht um eine Vorschrift, die den Pflegebedürftigen begünstigen soll. Die vom Kläger begehrte entsprechende
Anwendung von §
43a Satz 2
SGB XI würde dementsprechend zu einer systemwidrigen Begünstigung des Klägers führen. Nach dem
SGB XI erhielte der Kläger, wie bereits ausgeführt, nur für die Tage seiner Abwesenheit anteiliges Pflegegeld. Eine Begrenzung der
Anrechnung des Pflegegeldes nach §
44 Abs.
2 SGB VII auf den Betrag von 256 Euro würde demgegenüber dazu führen, dass er unabhängig von der Anzahl der Abwesenheitstage immer
den 256 Euro übersteigenden Betrag des Pflegegeldes behalten könnte.
Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass der in §
43a Satz 2
SGB XI genannte Betrag von 256 Euro auf einem geschätzten Anteil der reinen Pflegekosten an den gesamten Kosten der Behinderteneinrichtungen
beruht (vgl. BSG, Urt. v. 13.03.2001 - B 3 P 17/00 R -, juris Rn. 19 a.E.). Die Gesetzgebungsmaterialien zu §
43a SGB XI lassen nicht erkennen, dass sich der Gesetzgeber mit den tatsächlichen Pflegekosten in einer Einrichtung der Behindertenhilfe
befasst oder diese gar ermittelt hat. Der Änderungsvorschlag des Bundesrates zu dem vom Deutschen Bundestag bereits verabschiedeten
Ersten Gesetz zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Erstes
SGB XI-Änderungsgesetz - 1.
SGB XI-ÄndG) sah noch eine pauschale Abgeltung der Pflegekosten in vollstationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe in Höhe
von mindestens 20% der Kosten für die Gesamtleistung abzüglich der Kosten für Unterkunft und Verpflegung mit den Investitionskosten
vor (vgl. BR-Drucks 228/96 (Beschluss), S. 2). Im Vermittlungsausschuss, dessen Beratungen nicht dokumentiert und dessen Beschlüsse
nicht begründet werden, ist dann die Kostenbeteiligung reduziert und eine betragsmäßige Begrenzung eingefügt worden (vgl.
BT-Drucks 13/4688, S. 3). Der Betrag von 256 Euro erweist sich damit als Ausdruck eines politischen Kompromisses hinsichtlich
der zwischen Bundestag und Bundesrat umstrittenen Frage, ob und ggf. in welchem Umfang sich die gesetzliche Pflegeversicherung
an den Kosten der stationären Unterbringung von behinderten Menschen im Rahmen der Eingliederungshilfe zu beteiligen hat.
§
43a Satz 2
SGB XI enthält damit keine über den Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung hinausgehende Bestimmung des Umfangs der Pflegeleistung
in einer stationären Einrichtung der Eingliederungshilfe.
(bb) Die Berücksichtigung des Pflegegeldes für die Dauer der Anwesenheit des Klägers im Haus W ist auch nicht auf die tatsächlichen
Kosten für die Pflege des Klägers beschränkt. Zwar steht die besondere Zweckbestimmung des Pflegegeldes seiner Berücksichtigung
als Einkommen in Bezug auf die Sicherung des Lebensunterhalts entgegen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Kosten der dem
Kläger im Haus W gewährten Pflegeleistungen konkret zu ermitteln wären. Im Rahmen der komplexen Leistung der Eingliederungshilfe
in einer vollstationären Einrichtung erscheint eine Ermittlung der allein auf die Pflege entfallenden Kosten und der insoweit
gerade für den Kläger notwendigen Aufwendungen kaum möglich. In einer stationären Einrichtung, wie im Haus W, werden die untergebrachten
behinderten Menschen zwar entsprechend dem Umfang ihrer Pflege- und Hilfebedürftigkeit in unterschiedliche Leistungs- und
Kostenstufen eingeordnet. Der jeweilige Kostenansatz umfasst aber alle Maßnahmen und Leistungen, die dem behinderten Menschen
in der Einrichtung mit Ausnahme der Lebensunterhalts- und Unterkunftskosten gewährt werden. Die von den übrigen Maßnahmekosten
zu trennenden konkreten Pflegekosten dürften dabei kaum bestimmbar sein, zumal auch in der nach § 75 Abs. 3 SGB XII zu treffenden
Vereinbarung zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Träger der Einrichtung gemäß § 76 Abs. 2 SGB XII keine spezielle Vergütung
für die Pflege zu regeln ist.
Eine vollständige Berücksichtigung des Pflegegeldes ist vor allem deshalb geboten, weil der Pflegebedarf des Klägers während
seiner Anwesenheit im Haus W vollständig durch die komplexe, auch Leistungen zur Pflege umfassende Leistung des Beklagten
gedeckt wird. Insoweit kann die besondere Zweckbestimmung des Pflegegeldes von vornherein nicht erreicht werden. Da der Kläger
in der Sache im Haus W Heimpflege erhält, bedarf es für die Zeit seiner Anwesenheit dort keines Surrogats in Gestalt des Pflegegeldes.
Eine andere Betrachtungsweise hätte zur Folge, dass der Kläger eine Doppelleistung erhielte. Dies soll durch § 83 Abs. 1 SGB
XII gerade verhindert werden (vgl. BSG, Urt. v. 06.12.2007 - B 14/7b AS 20/07 R -, juris Rn. 21; Urt. v. 30.09.2008 - B 4 AS 19/07 R -, juris Rn. 14 m.w.N.).
Im Übrigen ist in Anbetracht des im Schreiben des Haus W vom 13.03.2012 geschilderten umfangreichen Pflegebedarfs des Klägers
davon auszugehen, dass die Kosten für die dem Kläger im Haus W zugutekommenden pflegerischen Aufwendungen den Betrag des Pflegegeldes
deutlich übersteigen.
(cc) Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass der Kläger eine gewisse Benachteiligung dadurch erfährt, dass die Pflegekasse
für die Tage seiner Abwesenheit die Gewährung eines anteiligen, den Betrag des anteiligen Pflegegeldes für die Abwesenheitstage
nach §
44 Abs.
2 SGB VII übersteigenden Pflegegeldes aus den Mitteln der gesetzlichen Pflegeversicherung verweigert, weil sie das von ihr (fiktiv)
zu erbringende anteilige Pflegegeld zuzüglich des nach §
43a Satz 2
SGB XI (fiktiv) zu erbringenden Betrags von 256 Euro mit dem vollen Betrag des von der Landesunfallkasse NRW geleisteten Pflegegeldes
vergleicht und deshalb meint, die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung würden vollständig gemäß §
34 Abs.
1 Nr.
2 SGB XI ruhen (siehe dazu das Schreiben der Barmer GEK vom 30.10.2008). Ob diese Sichtweise der Pflegekasse zutreffend ist oder ob
ein Ruhen nur insoweit angenommen werden kann, als das Pflegegeld der Landesunfallkasse NRW für die Tage, an denen der Kläger
nicht im Haus W anwesend war, nicht auf die Leistungen des Beklagten angerechnet und tatsächlich dem Kläger zu seiner persönlichen
Verwendung zufließt, hat der Kläger vielmehr ggfs. in einem Rechtsstreit mit der Pflegekasse zu klären.
cc) Das im März 2007 zugeflossene Pflegegeld ist auch in voller Höhe als Einkommen einzusetzen und auf die Leistungen des
Beklagten anzurechnen.
(1) Absetzbeträge im Sinne von § 82 Abs. 2 SGB XII sind nicht ersichtlich. Insbesondere geht aus dem Akteninhalt nicht hervor,
dass der Kläger Versicherungen im Sinne von § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII abgeschlossen hat und hierfür Beiträge entrichtet.
(2) Im Übrigen richtet sich die Anrechenbarkeit des Pflegegeldes als Einkommen nach §§ 85 ff. SGB XII (vgl. Wahrendorf, in:
Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl. 2010, § 92 Rn. 6), die allerdings weder vom Beklagten noch vom SG geprüft worden sind.
(a) Das Pflegegeld ist nicht nach § 85 i.V.m. § 87 SGB XII als Einkommen anzurechnen, denn das Einkommen des Klägers übersteigt
die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII schon deshalb nicht, weil er nicht über Einkommen in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes
(für den streitgegenständlichen Zeitraum 790,00 Euro) verfügt. Die über das Pflegegeld hinausgehenden Einnahmen, insbesondere
den Unterhalt seines Vaters, hat der Beklagte bereits gemäß §
92 Abs.
1 Satz 2
SGB XI vereinnahmt.
(b) Für die hier allein streitgegenständliche Zeit der Anwesenheit des Klägers im Haus W kann der vollständige Einsatz des
Pflegegeldes jedoch nach § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII verlangt werden. Nach dieser Vorschrift kann die Aufbringung der
Mittel, auch soweit das Einkommen unter der Einkommensgrenze liegt, verlangt werden, soweit von einem anderen Leistungen für
einen besonderen Zweck erbracht werden, für den sonst Sozialhilfe zu leisten wäre. Die Vorschrift bringt den Nachrang der
Sozialhilfe gegenüber zweckidentischen Leistungen anderer zum Ausdruck und erlangt gerade in den Fällen der Vorleistung nach
§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Bedeutung (vgl. Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl. 2010, § 88 Rn. 6). Die Voraussetzungen
des § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII liegen vor, denn nach den vorstehenden Ausführungen besteht für die Tage, in denen der
Kläger im Haus W anwesend ist, zwischen dem Pflegegeld und den Leistungen des Beklagten in vollem Umfang Zweckidentität.
Es liegen auch keine Ermessensfehler vor (vgl. insoweit §
54 Abs.
2 Satz 2
SGG, §
39 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I)). Zwar enthalten die angefochtenen Bescheide nicht ausdrücklich Ermessenserwägungen. Sie sind dennoch nicht wegen Ermessensnichtgebrauch
rechtswidrig. In der Sache hat der Beklagte dadurch von seinem Ermessen in einer § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X entsprechenden hinreichend deutlichen Form Gebrauch gemacht, dass er im Bescheid vom 08.10.2007 die Kostenbeitragsforderung
auf die Monate März und April 2007 beschränkt hat. Die vom Beklagten in der Begründung des Bescheids angegebenen "Vertrauensschutzgründe"
sind nicht gesetzlich vorgesehen und stellen in der Sache Ermessensgesichtspunkte dar. Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch
oder eine Ermessensüberschreitung sind nicht ersichtlich.
Im Übrigen beschränkt sich das Ermessen des Sozialhilfeträgers bei der Anrechnung von zweckbestimmten Leistungen im Sinne
von § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII lediglich auf das "Ob", denn aus der Formulierung des Gesetzes ("soweit") ergibt sich,
dass zweckbestimmte Leistungen, wenn sie angerechnet werden, stets innerhalb ihrer Zweckbestimmung und damit in voller Höhe
anzurechnen sind (so Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl. 2010, § 88 Rn. 21). Hinsichtlich des "Ob" der Anrechnung
des Pflegegeldes für den Monat März 2007 war das Ermessen des Beklagten jedoch auf Null reduziert. Es sind keine Gesichtspunkte
ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, für die Zeit der Anwesenheit des Klägers im Haus W im März 2007 auf eine Anrechnung
des Pflegegeldes zu verzichten. Ohne die Anrechnung des Pflegegeldes erhielte der Kläger dem Sinn und Zweck des § 83 Abs.
1 SGB XII zuwider eine Doppelleistung und würde zudem gegenüber Empfängern von Pflegegeld aus der gesetzlichen Pflegeversicherung,
wie bereits dargelegt, systemwidrig begünstigt. Schutzwürdiges Vertrauen des Klägers darauf, dass das Pflegegeld nicht angerechnet
wird, bestand spätestens ab Zugang des Schreibens vom 22.02.2007 nicht mehr. Das Ende März 2007 zugeflossen Pflegegeld für
April 2007 stand daher aus Sicht des Klägers von vornherein unter dem Vorbehalt der Anrechnung auf die Leistungen des Beklagten.
Besondere Belastungen, denen nicht schon durch die Anrechnungsfreiheit des Pflegegeldes während der Abwesenheit des Klägers
im Haus W Rechnung getragen ist, sind weder vorgetragen noch erkennbar. Das "Ob" der Anrechnung des Pflegegeldes wird im Übrigen
auch vom Kläger selbst nicht in Frage gestellt.
(c) Besondere Vorschriften stehen der Anrechnung des Pflegegeldes nach § 88 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII nicht entgegen. Eine
Beschränkung der Anrechnung auf die Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen gemäß § 92 Abs. 2 Satz
3 SGB XII ist nicht vorzunehmen, weil die dem Kläger gewährte Maßnahme nicht unter einen in § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6
SGB XII genannten Tatbestand subsumiert werden kann. § 92a SGB XII ist nicht einschlägig, denn er regelt nur die Aufbringung
der Mittel für die Leistungen in Einrichtungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII. Wegen der Zweckbestimmung
des Pflegegeldes geht es hier jedoch von vornherein nur um die Anrechnung auf die in der stationären Einrichtung erbrachten
Leistungen der Pflege im Rahmen der komplexen Leistung der stationären Eingliederungshilfe gemäß § 55 Satz 1 SGB XII.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger hinsichtlich der vom Beklagten aufgehobenen Kostenbeitragsforderung für April 2007 obsiegt
hat.
5. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) zugelassen.