Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, welcher Leistungsträger für die Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhalts der
Klägerin zuständig ist.
Die am 1978 geborene Klägerin steht betreffend die Aufgabenkreise Gesundheitssorge, Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung
sowie Wohnungsangelegenheiten unter Betreuung. Für Angelegenheiten der Vermögenssorge besteht ein Einwilligungsvorbehalt.
Die Klägerin beendete im Juni 1995 die Schule für Lernbehinderte ohne Abschluss. Von Juni 1995 bis Juli 1996 absolvierte sie
ein Berufsvorbereitungsjahr, welches jedoch mangels Erfolg abgebrochen. Ab Juli 1996 befand sie sich übergangsweise im H in
N. Seit Frühjahr 1997 lebte die Klägerin wieder bei ihren Eltern in K. Am 05.05.1997 wurde sie in den Trainingsbereich der
R GmbH (R) in K aufgenommen. Zum 05.05.1998 erfolgte die Aufnahme in den dortigen Arbeitsbereich. Seitdem die Klägerin wieder
bei ihren Eltern wohnte, bezog sie gemeinsam mit diesen von der Beigeladenen zu 1) laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach
dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Mit Bescheid vom 06.07.1998 erklärte sich die Beigeladene zu 1) bereit, im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte
nach den § 39 ff. BSHG die Kosten für die Betreuung der Klägerin in der R zu übernehmen.
Im Februar 2000 wurde ein zweiwöchiges Probewohnen im C in K durchgeführt. In einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom
30.05.2000 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin hielt Dr. W fest, bei der Klägerin bestehe eine geistige Behinderung.
Es bestehe ein Hilfebedarf bei der Hauswirtschaft/Wohnungspflege, Wäschepflege sowie beim Umgang mit Geld sowie ein Bedarf
in Form von Anleitung bei der großen Körperpflege, der Zubereitung von Mahlzeiten sowie der Selbstversorgung/dem Einkauf des
täglichen Bedarfs. Die Klägerin sei im lebenspraktischen Bereich wenig selbstständig und erhalte auch in der häuslichen Umgebung
wenig Förderung und Anregung. Eine Lösung aus dem häuslichen Milieu werde aus sozialrechtlicher Sicht empfohlen. Anleitung
sei in erheblichem Umfang erforderlich, um eine Verselbstständigung zu erzielen. In einer ergänzenden sozialmedizinischen
Stellungnahme des Sozialdienstes bei der Stadtverwaltung K vom 31.05.2000 wurde eine vorübergehende stationäre Aufnahme in
das Wohnheim E empfohlen, da bei professioneller Förderung gute Aussichten bestünden, dass später eine selbstständige Wohnform
(betreutes Wohnen, ggf. eigene Wohnung) angestrebt werden könnte. Die Beigeladene zu 1) erklärte sich daraufhin mit Bescheid
vom 09.06.2000, zumindest befristet auf ein Jahr, bereit, im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte nach den § 39 ff. BSHG die Kosten für eine stationäre Unterbringung der Kläger im C zu übernehmen. Die Bewilligung wurde durch Bescheid vom 08.11.2002
bis zum 14.01.2004 und durch Bescheid vom 30.12.2003 bis zum 14.01.2005 verlängert. Zuletzt befand sich die Klägerin seit
ca. Mitte 2004 in einer so genannten Außenwohngruppe des Wohnheimes.
Am 08.11.2004 erstellte im Auftrag der Beigeladenen zu 1) Dipl.-Psych. Dr. E ein psychologisches Gutachten über die Klägerin
auf der Grundlage einer psycho-diagnostischen Untersuchung vom 04.11.2004. Mit Hilfe der verschiedenen Tests stellte der Gutachter
einen Intelligenzquotienten (IQ) zwischen 73 und 90 (IQ von 85 im Mosaiktest im Bereich der lernabhängigen Intelligenz; IQ
von ca. 79 im Standard-Progressiven-Matritzen-Test für die angeborene Intelligenzkapazität; IQ von 86 im Mehrfach-Wahl-Wortschatztest,
IQ von 76 im Zahlen-Verbindungstest; IQ von 73 - 90 im Test AKI bei der Testung der zentralen Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit
bzw. IQ von ca. 74 bei Testung der Kurzspeicherkapazität). Zusammenfassend teilte der Gutachter mit, bei der Klägerin müsse
von einer unterdurchschnittlichen Intelligenzkapazität ausgegangen werden, welche aber nicht das Ausmaß einer Intelligenzminderung
im Sinne einer geistigen Behinderung nach ICD-10 habe.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.12.2004, der an die Mutter der Klägerin als der damaligen Betreuerin der Klägerin gerichtet
war, teilte die Beigeladene zu 1) mit, die Klägerin gehöre aufgrund der testpsychologischen Untersuchung nicht zu dem Personenkreis
des § 39 Abs. 1 BSHG und habe somit keinen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe. Allerdings sei die Klägerin bereits seit annähernd
drei Jahren vollstätionär im Wohnheim E versorgt und eine sofortige Einstellung der Hilfe nicht zu verantworten. Aus diesem
Grund erkläre sich die Beigeladene zu 1) im Rahmen ihres Ermessen nach § 27 Abs. 2 S. 1 BSHG bereit, die Kosten für die Betreuung in der genannten Einrichtung weiter aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen. Die weitere
Hilfegewährung solle eine weitere sozialpädagogische Förderung und fachliche Begleitung des Umzugs in eine eigenständige Wohnform
sicherstellen. Die Hilfe werde ab dem 08.12.2004 bis zum Ende des ersten Leistungsmonates gewährt. Alle folgenden Hilfen seien
als eine Weiterbewilligung der Hilfe für den jeweiligen Monat anzusehen, jedoch längstens bis zum 07.09.2005. Die Kostenübernahme
sei auf maximal neun Monate befristet. Diese Befristung sei mehr als ausreichend, da die Hilfe seit Januar 2002 immer mit
dem Ziel des Überwechselns in eine selbstständige Wohnform gewährt worden sei und davon auszugehen sei, dass im Rahmen des
Selbstständigkeitstrainings die Klägerin seitdem eine gezielte Förderung der lebenspraktischen Fähigkeiten erhalte. Da die
Klägerin nach Verlassen der Einrichtung nicht direkt auf sich alleine gestellt sein solle, werde die Beigeladene zu 1) ihr,
bei entsprechender Antragstellung, für eine Übergangszeit ambulante Hilfen gewähren. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin
am 25.01.2005 Widerspruch ein. Eingliederungshilfe sei auch über den 07.09.2005 hinaus zu gewähren. Sie gehöre weiterhin zu
dem Personenkreis des § 39 Abs. 1 BSHG. Zur Begründung ihres Widerspruchs verwies sie auch auf den bei ihr mit Bescheid des Versorgungsamtes K vom 09.01.1997 festgestellten
Grad der Behinderung (GdB) von 70. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2006 wies die Beigeladene zu 1) den Widerspruch der
Klägerin als unbegründet zurück.
Mit Schreiben vom 23.08.2005 teilte die Klägerin durch ihre damalige Betreuerin der Beigeladenen zu 1) mit, dass sie eine
Wohnung in T gefunden habe. Nach Bezug der Wohnung werde sie voraussichtlich Hilfen der ambulanten Behindertenhilfe St. M
in U in Anspruch nehmen. Es sei von einem Hilfeumfang von drei Stunden pro Woche auszugehen.
Am 29.08.2005 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten als für T zuständigem Träger der Grundsicherung die Bewilligung von
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Dabei gab sie an, sie sei nach
ihrer Einschätzung in der Lage mindestens drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen.
Sie legte einen Mietvertrag vom 17.08.2005 betreffend die Anmietung einer Zwei-Zimmer-Wohnung ab dem 01.09.2005 in T, A, vor.
Weiter gab die Klägerin an, eine Einkommensbescheinigung könne derzeit nicht vorgelegt werden, da sie zum 01.09.2005 die Werkstatt
für behinderte Menschen wechsele und die Einstufung in eine Lohngruppe noch nicht bekannt sei.
Mit Schreiben vom 30.08.2005 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass Personen, die im Arbeitsbereich einer Werkstatt für
Behinderte seien, als nicht erwerbsfähig i. S. d. § 8 SGB II gelten würden. Im Übrigen sei weder der Beklagte noch der Träger
der Sozialhilfe für die Übernahme der Kosten der Unterkunft zuständig, da zurzeit keine abschließende Klärung erfolgen könne,
ob die Klägerin dem Rechtskreis des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) oder des SGB II angehöre.
Zum 06.09.2005 verließ die Klägerin das Wohnheim und zog in die Wohnung in T. Ein Werkstattwechsel fand dagegen nicht statt.
Nachdem die Klägerin dem Beklagten eine Abschrift des Gutachtens des Dr. E vom 08.11.2004 vorgelegt und der Beklagte Rücksprache
mit der Beigeladenen zu 1) gehalten hatte, welche die Auffassung vertrat, sie sei für die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt
nicht zuständig und auf § 44a S. 3 SGB II verwies, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 08.09.2005 die Gewährung von Leistungen
nach dem SGB II ab. Beschäftigte im Arbeitsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen würden nach der gesetzlichen Fiktion
des §
43 Abs.
2 S. 3 Nr.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) i. V. m. §
1 S. 1 Nr. 2a
SGB VI als medizinisch bedingt dauerhaft voll erwerbsgemindert gelten. Die Klägerin erfülle daher nicht das Tatbestandsmerkmal der
Erwerbsfähigkeit (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 8 SGB II). Sofern ihr Einkommen zur Deckung ihres Bedarfes nicht ausreiche,
werde empfohlen, sich mit dem zuständigen Sozialamt in Verbindung zu setzen und dort einen Antrag auf Leistungen nach dem
SGB XII zu stellen. Eine Abschrift des Bescheides übersandte der Beklagte am 19.09.2005 auch der Beigeladenen zu 1).
Bereits am 13.09.2005 hatte die Beigeladene zu 1) dem Beklagten mitgeteilt, die Klägerin habe unter Hinweis auf den ablehnenden
Bescheid des Beklagten bei ihr Leistungen nach dem SGB XII beantragt. Die Auffassung des Beklagten, dass die Klägerin voll
erwerbsgemindert sei, werde von der Beigeladenen zu 1) nicht geteilt, so dass die Einigungsstelle entscheiden müsse. Unter
Hinweis auf § 44a S. 3 SGB II werde die Beklagte daher gebeten, bis zu dieser Entscheidung Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende zu erbringen. Solange nicht positiv festgestellt sei, dass die Klägerin behindert i. S. v. §
2 Abs.
1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) sei und damit, in Verbindung mit dem Werkstattbesuch, auch zum Personenkreis des §
1 S. 1 Nr.
2a SGB IX gehöre, komme die Fiktion des §
43 Abs.
2 S. 3 Nr.
1 SGB VI nicht zum Tragen. Die Einigungsstelle wurde jedoch von keinem der Beteiligten angerufen.
Die Klägerin legte am 23.09.2005 Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 08.09.2005 ein. Gemäß psychologischem Gutachten
des Dr. E liege bei ihr keine geistige Behinderung vor. Sie stehe dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung.
Auf Antrag der Klägerin verpflichtete das Sozialgericht Koblenz den Beklagten mit Beschluss vom 26.09.2005 im Wege der einstweiligen
Anordnung, der Klägerin einstweilig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Es sei fraglich, ob bei der Klägerin eine geistige
Behinderung vorliege, weil bei Personen mit einem IQ zwischen 70 und 84 von einer geistigen Behinderung nicht mehr gesprochen
werde könne. Dies könne jedoch offen bleiben, da Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin § 44a SGB II sei.
Mit Bescheid vom 10.06.2005 bewilligte die Beigeladene zu 1) der Klägerin für die Zeit ab dem 01.01.2005 einen Barbetrag in
Höhe von 101,50 EUR monatlich, der durch die Einrichtung ausgezahlt werde. Insofern führt die Beigeladene zu 1) aus, dass
sich durch die Einführung des SGB XII zum 01.01.2005 die Rechtsgrundlagen, teilweise aber auch die Art der Hilfegewährung
geändert habe. Seit dem 01.01.2005 seien Eingliederungshilfen und Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. Grundsicherung getrennt zu
sehen. Gleichzeitig hätten sich auch die Bestimmungen über die Höhe des Barbetrages geändert. Der so genannte Zusatzbarbetrag
sei entfallen, werde aber den Heimbewohnern, die im Dezember 2004 einen Zusatzbarbetrag erhalten hätten, im Rahmen der Besitzstandwahrung
weiterhin gezahlt.
Mit Bescheid vom 04.01.2006 gewährte die Beigeladene zu 1) der Klägerin Hilfe "in analoger Anwendung zu den Bestimmungen des
persönlichen Budgets" im Umfang von wöchentlich maximal drei Stunden befristet bis zum 31.08.2006. Zur Begründung verwies
die Beigeladene zu 1) auf ihren Bescheid vom 14.12.2004, wonach die Klägerin nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis
des § 53 SGB XII gehöre. Es könnten daher keine Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe erbracht werden. Unter Berücksichtigung
des Umstandes, dass die Klägerin seit annähernd drei Jahren vollstationär in einer Einrichtung für Behinderte untergebracht
gewesen sei und Bedarf hinsichtlich einer Betreuung zur Unterstützung der Verselbständigung erforderlich sei, gewähre sie
im Rahmen ihres Ermessens nach § 73 SGB XII Hilfen in sonstigen Lebenslagen.
Der Beklagte ließ durch die bei der Kreisverwaltung C, der Beigeladenen zu 2), beschäftigten Medizinal-Direktorin Dr. G ein
Gutachten über das Leistungsvermögen der Klägerin erstellen. Die Sachverständige kam in ihrem Gutachten vom 11.05.2006 zu
dem Ergebnis, bei der Klägerin bestehe eine intellektuelle Minderbegabung im Grenzbereich zur geistigen Behinderung. Die Kulturtechniken
würden unzureichend beherrscht. Geld werde mit Fremdhilfe eingeteilt. Zu eine selbstständigen Lebens-/Haushaltsführung sei
sie nicht in der Lage. Aufgrund der vorliegenden Behinderung sei keine Leistungsfähigkeit für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt derzeit gegeben. Die Klägerin gehöre zum Personenkreis des § 53 SGB XII. Es sei allerdings Entwicklungspotential
vorhanden. Die Klägerin sei voraussichtlich länger als sechs Monate vermindert oder nicht leistungsfähig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2006 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen ihren Bescheid vom 08.09.2005
als unbegründet zurück. Vorliegend sei die gesetzliche Fiktion des §
43 Abs.
2 S. 3 Ziff. 1
SGB VI i. V. m. §
1 S. 1 Ziff. 2a
SGB VI erfüllt, da die Klägerin im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen tätig sei. Darüber hinaus
habe das amtsärztliche Gutachten vom 11.05.2006 eine eindeutige Aussage hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit der Klägerin getroffen,
sodass die Klägerin dem Personenkreis des § 53 SGB XII zuzuordnen sei.
Die Klägerin hat am 11.09.2006 Klage beim Sozialgericht K erhoben. Das Sozialgericht K hat mit Beschluss vom 09.02.2007 die
Stadt Koblenz (Beigeladene zu 1) sowie mit weiterem Beschluss vom 14.03.2007 die Kreisverwaltung C (Beigeladene zu 2) beigeladen
(§
75 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Im Auftrag des Sozialgerichts hat der Facharzt für Psychotherapeutische Medizin - Psychoanalyse -, Facharzt für Psychiatrie
und Neurologie - Rehabilitationswesen - Dr. G B am 30.05.2007 ein psychiatrisch-neurologisches Sachverständigengutachten über
die Klägerin erstellt. Unter Zugrundlegung der internationalen Klassifikation psychischer Störungen ICD-10 hat der Sachverständige
bei der Klägerin eine kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten (Lesefähigkeit, Rechtschreibstörung, Rechenstörung; ICD-10
S 81.3) sowie eine organische Persönlichkeitsstörung auf der Basis einer nichtbekannten zerebralen Noxe (ICD-10 S 07.9), welche
gekennzeichnet sei durch eine allgemeine Verlangsamungstendenz der Klägerin und durch eine deutliche Umstellungserschwerung
auf der Basis einer zerebralen Funktionsstörung diagnostiziert. Die Klägerin könne gegenwärtig nicht zumutbar außerhalb einer
anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen tätig werden. Sie bedürfe einer ständigen Fremdstruktur, um überhaupt einer
Tätigkeit nachgehen zu können. Für Arbeitsanweisungen habe sie kein entsprechendes Verständnis. Problematisch sei auch die
Verlangsamungstendenz der Klägerin, da diese nicht in der Lage sei, z. B. ein annähernd durchschnittliches Arbeitstempo zu
erreichen. Diese Leistungsunfähigkeit sei bei der Klägerin dauerhaft gegeben.
Durch Urteil vom 12.12.2007 hat das Sozialgericht K den Beigeladenen zu 2) verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem SGB
XII ab dem 07.09.2005 zu erbringen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt,
einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II gegenüber dem Beklagten habe die Klägerin
nicht. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erhielten Leistungen nach diesem Buch Personen, die u. a. erwerbsfähig seien.
Erwerbsfähig sei gemäß § 8 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande sei, unter den
üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Klägerin sei
nicht erwerbsfähig im Sinne des SGB II. Der Klägerin stünden vielmehr Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach
den Vorschriften des SGB XII zu. Diese seien von dem Beigeladenen zu 2) zu gewähren, da die Beigeladene zu 1) zur Gewährung
von Grundsicherungsleistungen an die Klägerin wegen ihres Wohnortwechsels nicht mehr verpflichtet sei. Nach § 98 Abs. 2 SGB
XII sei daher der Beigeladene zu 2) der zuständige Leistungsträger. § 98 Abs. 5 SGB XII greife hier entgegen der Auffassung
des Beigeladenen zu 2) nicht. Nach dieser Vorschrift bleibe für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen
nach dem 6. bis 8. Kapitel in Form ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig,
der vor Eintritt in diese Wohnform zuständig war oder zuständig gewesen wäre. Dies gelte aber nur, wenn der Hilfebedürftige
einen Anspruch auf Eingliederungshilfe tatsächlich gehabt habe. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall gewesen. Vielmehr
habe die Beigeladene zu 1) mit bestandskräftigen Bescheid vom 14.12.2004 die Weitergewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe
nach den Vorschriften des BSHG abgelehnt und der Klägerin lediglich im Rahmen ihres Ermessens nach § 27 Abs. 2 S. 1 BSHG die Kosten für die Betreuung im Wohnheim E bis längstens zum 07.09.2005 weiterbewilligt. Zum Zeitpunkt ihrer Übersiedlung
habe die Klägerin somit Leistungen der Eingliederungshilfe nicht mehr erhalten.
Gegen das ihr mit Schreiben vom 28.01.2008 übersandte Urteil hat der Beigeladene zu 2) am 25.02.2008 Berufung eingelegt.
Der Senat hat durch Beschluss vom 14.07.2009 die Verbandsgemeinde Treis-Karden beigeladen.
Der Beigeladene zu 2) trägt vor, es sei zwar zutreffend, dass die Klägerin nicht erwerbsfähig i. S. v. § 8 Abs. 1 SGB II sei.
Jedoch ergebe sich entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2), sondern der
Beigeladenen zu 1). Die Klägerin sei von Anfang an dem Personenkreis, der Eingliederungshilfe erhalte, zuzuordnen gewesen.
Entsprechende Leistungen habe die Beigeladene zu 1) bis zum 31.08.2006 gewährt. Zwar sei mit Bescheid vom 04.01.2006 Hilfe
nach § 73 SGB XII gewährt worden. Allerdings sei Hilfe in einer sonstigen Lebenslage nur zulässig, wenn sie sich auf andere
Tatbestände als die in Kapitel 3 bis 9 des SGB XII geregelten beziehe. § 73 SGB XII stelle weder eine Aufstockungsregelung
noch eine Ausweitung der konkret geregelten Tatbestände dar. Letztlich habe es sich bei den mit Bescheid vom 04.01.2006 bewilligten
Leistungen um Leistungen der Eingliederungshilfe gehandelt. Faktisch habe es sich um eine aus dem persönlichen Budget finanziertes
betreutes Wohnen gehandelt. Es lägen daher die Voraussetzungen des § 98 Abs. 5 SGB XII vor. Betreutes Wohnen i. S. d. Vorschrift
umfasse Wohnen in vielerlei Formen, z. B. auch das Wohnen in der eigenen Wohnung.
Der Beigeladene zu 2) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 12.12.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 08.09.2005
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2006 aufzuheben und der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
ab dem 06.09.2005 zu gewähren.
Die Klägerin hat am 29.09.2009 Anschlussberufung erhoben. Sie ist der Auffassung, dass das Sozialgericht zu Recht den Beigeladenen
zu 2) als zuständigen Träger der Sozialhilfe zur Leistung verpflichtet habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 12.12.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 08.09.2005
in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2006 aufzuheben und der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
ab dem 06.09.2005 zu gewähren,
hilfsweise,
die Beigeladene zu 1) zu verurteilen, der Klägerin Leistungen ab dem 06.09.2005 nach dem SGB XII zu gewähren,
hilfsweise,
die Berufung des Beigeladenen zu 2) zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Beigeladenen zu 2) und die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen und die Klage im Übrigen abzuweisen.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung des Beigeladenen zu 2) zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 12.12.2007 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 08.09.2005 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung
für Arbeitsuchende ab dem 06.09.2005 zu gewähren.
Sie trägt vor, die Diagnose "organische Persönlichkeitsstörung ICD-10 S 07.9" sei erstmals im Gutachten des Dr. B vom 30.05.2007
aufgeführt worden, so dass ihre aufgrund der zuvor vorliegenden Gutachten getroffenen Entscheidungen nicht zu beanstanden
seien. Ihre örtliche Zuständigkeit ergebe sich nicht aus § 98 Abs. 5 SGB XII, da der Klägerin keine Leistungen nach dem 6.
bis 8. Kapitel in Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten gewährt worden seien.
Die Beigeladene zu 3) stellt keinen Antrag.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Leistungsakte des Beklagten,
der Leistungsakte der Beigeladenen zu 1) sowie der Leistungsakte der Beigeladenen zu 3) Bezug genommen, der Gegenstand der
mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen ist.
Die zulässige Berufung des Beigeladenen zu 2) sowie die zulässige Anschlussberufung der Klägerin sind begründet. Die Klägerin
hat ab dem Zeitpunkt des Einzugs in eine eigene Wohnung Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II gegen den Beklagten.
Anspruchsgrundlage ist vorliegend § 44a SGB II. Nach dieser Vorschrift (bis zum 31.07.2006 i. d. F. des kommunalen Optionsgesetzes
vom 30.07.2004, BGBl. I S. 2014) i.V.m. § 44b Abs. 3 SGB II stellt der Beklagte fest, ob der Arbeitsuchende erwerbsfähig und hilfebedürftig ist (S. 1). Teilt
der kommunale Träger oder ein anderer Leistungsträger, der bei voller Erwerbsminderung zuständig wäre, die Auffassung des
Beklagten nicht, entscheidet die Einigungsstelle (S. 2). Nach S. 3 der Vorschrift (ab dem 01.08.2006 § 44a Abs. 1 S. 3 SGB
II i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und andere Gesetze vom 02.12.2006, BGBl. I S. 2742) erbringt der Beklagte bis zur Entscheidung der Einigungsstelle Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Unerheblich ist für die Anwendung des § 44a S. 3 SGB II, dass die Beigeladene zu 1) und der Beigeladene zu 2) auf der Grundlage
des im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachtens des Dr. B vom 30.05.2007 derzeit nicht mehr davon ausgehen, dass
die Klägerin erwerbsfähig i. S. v. § 8 SGB II ist. Ein mittlerweile beigelegter Streit zwischen dem Träger der Leistungen
der Grundsicherung und dem Träger der Sozialhilfe könnte allenfalls dann zu einem Übergang der Leistungspflicht auf den Träger
der Sozialhilfe führen, wenn dieser tatsächlich bereit ist, Leistungen zu gewähren. Dies ist jedoch hier nicht den Fall, da
zwischen den Beigeladenen streitig ist, wer zuständiger Träger der Sozialhilfe ist.
Bei dem in den §§ 44a und 45 SGB II geregelten Verfahren handelt es sich um ein vom Gesetzgeber zumindest im Verhältnis zwischen
den dort genannten Leistungsträgern abschließend geregeltes Verfahren für die Feststellung der Erwerbsfähigkeit von Hilfebedürftigen.
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Klärung der Erwerbsfähigkeit gerade nicht in einem gerichtlichen Verfahren zwischen
dem Träger der Grundsicherungsleistungen und dem Hilfebedürftigen, ggf. durch Einholung von Sachverständigengutachten im Gerichtsverfahren,
geklärt werden. Auch die Frage des zuständigen Trägers der Sozialhilfe ist im Rahmen dieses Verfahrens zu klären. So sieht
die Verordnung zur Regelung der Grundsätze des Verfahrens für die Arbeit der Einigungsstellen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
(Einigungsstellen-Verfahrensverordnung) vom 23.11.2004 (BGBl. I S. 2916), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S.
1706), in § 2 Abs. 3 vor, dass weitere Träger von Sozialleistungen an den Sitzungen der Einigungsstelle zu beteiligen sind, wenn
aufgrund des Sachverhaltes nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie zu Leistungen an den Antragsteller verpflichtet sind
(S. 1). Sie sind zu beteiligen, wenn ein Mitglied der Einigungsstelle dies verlangt (S. 2). Vor der Beteiligung ist das Einverständnis
des Betroffenen einzuholen (S. 3). Ergibt sich im Verfahren, das der beteiligte Leistungsträger zur Leistung verpflichtet
ist, tritt er als Mitglied an die Stelle des ursprünglich zur Leistung verpflichteten Mitgliedes (S. 4).
Damit ist der Beklagte verpflichtet, der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erbringen, bis die Frage
der Leistungszuständigkeit im Einiggungsverfahren endgültig geklärt ist. Gegebenenfalls steht dem Beklagten dann ein Erstattungsanspruch
gegen den eigentlich zuständigen Träger nach § 44 a Abs. 2 Satz 3 SGB II in Verbindung mit § 103 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu.