Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Übergang von Ansprüchen auf den Sonderrechtsnachfolger; Nachzahlung für zurückliegende
Zeiten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren nur noch darüber, ob Ansprüche der am 13. Juli 2009 verstorbenen Ehefrau des
Klägers auf Arbeitslosengeld II (Alg II) als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 17. Oktober 2006 bis zum 11. April 2007 auf den Kläger als Sonderrechtsnachfolger übergegangen sind.
Im streitigen Zeitraum lebten der Kläger, seine Ehefrau und der am ... 1985 geborene gemeinsame Sohn T. zusammen in einer
71,74 qm großen Wohnung in S. Nach dem Vertrag mit dem Vermieter waren für die Unterkunft im streitigen Zeitraum im Monat
Oktober 2006 insgesamt 339,01 EUR (204,64 EUR Grundmiete, 0,80 EUR Modernisierungszuschlag, 43,57 EUR Betriebskostenvorauszahlung
und 90,00 EUR Heizkostenvorauszahlung) und ab November 2006 wegen einer auf 85,00 EUR im Monat verringerten Heizkostenvorauszahlung
nur noch monatlich 334,01 EUR für Unterkunft und Heizung zu zahlen. Die Warmwasseraufbereitung erfolgte dezentral in der Wohnung
über einen separaten Durchlauferhitzer.
Der Kläger, seine Ehefrau und ihr gemeinsamer Sohn hatten als Bedarfsgemeinschaft erstmals am 19. November 2004 für die Zeit
ab dem 1. Januar 2005 die Bewilligung von Alg II beantragt. Diesen und auch einen am 4. Juli 2005 gestellten Leistungsantrag
lehnt die ARGE SGB II Agentur für Arbeit S./Landkreis S. (im Folgenden: ARGE) als die damals für die Entscheidung über die Erbringung von Grundsicherungsleistungen
für die Leistungsträger handelnde Verwaltungseinheit wegen mangelnder Hilfebedürftigkeit infolge anzurechnenden Vermögens
ab. Der Beklagte ist der Rechtsnachfolger der ARGE.
Am 17. Oktober 2006 stellte der Kläger für sich, seine Ehefrau und den Sohn T. einen neuen Antrag auf Bewilligung von Alg
II bei der ARGE.
Der Kläger war ab dem 6. November 2006 in einer geförderten Maßnahme als Lagerarbeiter beschäftigt und erzielte daraus Arbeitsentgelt
in Höhe von 750,00 EUR brutto bzw. 613,11 EUR netto für den Monat November 2006 und in Höhe von monatlich 900,00 EUR brutto
bzw. 735,50 EUR netto für den Monat Dezember 2006 und ab Januar 2007 in den restlichen Monaten des streitigen Zeitraums jeweils
in Höhe von 900,00 EUR brutto bzw. 727,85 EUR netto. Dabei erfolgte die erste Überweisung des Arbeitsentgelts für den Monat
November 2006 im Dezember 2006 und die weiteren Überweisungen erfolgten jeweils zu Beginn des Folgemonats.
Die Ehefrau des Klägers erzielte im streitigen Zeitraum Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung (ohne Abzüge) in Höhe
von: Jeweils 112,00 EUR im Oktober und November 2006, 140,00 EUR im Dezember 2006, 112,00 EUR im Januar 2007, jeweils 140,00
EUR im Februar und März 2007 und 112,00 EUR im April 2007. Die Überweisungen des Arbeitsentgelts für die einzelnen Monate
erfolgten jeweils am Anfang des Folgemonats.
Für den Sohn T. wurde in den Monaten Oktober, November und Dezember 2006 und von Februar bis April 2007 Kindergeld in Höhe
von 154,00 EUR gezahlt. Im Januar 2007 erhielt der Sohn Wehrsold in Höhe von 272,55 EUR (und kein Kindergeld).
Der Kläger und seine Ehefrau waren gemeinsam berechtigte Gläubiger einer Spareinlage (Sparbrief) bei der Kreissparkasse S.
über 17.000,00 EUR. Die Einlage war am 11. August 2006 erfolgt. Bei dreimonatiger Kündigungsfrist bestand eine Kündigungssperre
von neun Monaten ab dem Anlagedatum.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 17. Oktober 2006 wies das Girokonto des Klägers und seiner Ehefrau einen positiven Saldo
von 1.511,20 EUR aus. Dieses Girokonto wies am 24. November 2006 noch einen positiven Saldo von 391,89 EUR aus.
Der Kläger war Eigentümer eines Ende Dezember 2000 für 8.000,00 DM von zwei Mitgliedern einer vierköpfigen Erbengemeinschaft
erworbenen hälftigen Miteigentumsanteils eines im Grundbuch von S. eingetragenen Grundstücks. In einem Verkehrswertgutachten
des Gutachterausschusses für Grundstückswerte für den Regionalbereich Saale-Unstrut des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation
Sachsen-Anhalt (= Gutachterausschuss) vom März 2008 wurde der Verkehrswert des Grundstücks mit 8.000,00 EUR ermittelt. In
dem Gutachten wird u. a. ausgeführt: Es sei eine Grundfläche von ca. 6280 qm zu berücksichtigen. Erholungsgrundstücke dieser
Größe seien äußerst schlecht zu vermarkten. Eine Teilung in kleinere Flächen sei mit hohem Kostenaufwand verbunden. In einer
ergänzenden Stellungnahme vom 7. Juni 2011 des Landesamts für Vermessung und Geoinformation zu dem Gutachten wird ausgeführt:
Das Grundstück werde nach der Liegenschaftskarte theoretisch über öffentliche Wege erschlossen. Es sei aber nicht ausgeschlossen,
dass sich faktisch eine andere Zuwegung gebildet habe. Bei der Wertermittlung sei von Kaufpreisen der letzen Jahre für Grundstücke
ausgegangen worden, deren Fläche im Durchschnitt 1.250 qm betragen habe.
Die Ehefrau des Kläger war Berechtigte aus einem Lebensversicherungsvertrag mit einem Rückkaufswert zum 1. Dezember 2006 von
4.533,80 EUR, wobei die Verwertung der Ansprüche aus der Lebensversicherung unwiderruflich vertraglich bis zur Vollendung
des 60. Lebensjahres ausgeschlossen war. Der Kläger war ebenfalls Berechtigte aus einem Lebensversicherungsvertrag mit einem
Rückkaufswert zum 10. August 2004 von 3.878,89 EUR, wobei die Verwertung der Ansprüche aus der Lebensversicherung unwiderruflich
vertraglich bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres ausgeschlossen war. Der Kläger war zudem Eigentümer und Halter eines Pkw
Honda Civic mit Erstzulassung im Juni 1996, dessen Händlereinkaufswert im Februar 2005 mit 2.850,00 EUR eingeschätzt wurde.
Für das Fahrzeug war im Jahr 2006 eine Haftpflichtversicherung von 124,07 EUR zu zahlen.
Mit Bescheid vom 6. November 2006 lehnte die ARGE die Bewilligung von Leistungen mit der Begründung ab, es liege nach Abzug
der Freibeträge zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 4.901,54 EUR vor, so dass keine Hilfebedürftigkeit vorliege.
Hiergegen erhob der Kläger für sich und die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Widerspruch und führte aus: Die Berechnung
des Schonvermögens sei rechnerisch falsch. Das Vermögen basiere auf einer Schmerzensgeldzahlung: Es liege ein Härtefall vor.
Ein Darlehen werde nicht gewünscht. Den Widerspruch wies die ARGE mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2007 als unbegründet
zurück.
Der Kläger hat am 15. Februar 2007 für sich und die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Klage beim Sozialgericht Halle
(SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt: Das noch vorhandene Vermögen stamme aus einer Schmerzensgeldzahlung. Der der älteste
Sohn der Familie (ein leiblicher Sohn seiner Ehefrau und Stiefsohn von ihm) habe im Juni 1992 einen schweren Verkehrsunfall
erlitten. Dieser Sohn habe danach sechs Jahre lang im Wachkoma gelegen, bevor er gestorben sei. Das für den geschädigten Sohn
erstrittene Schmerzensgeld habe dann seine Frau geerbt. Von diesem Geld sei auch das ihm gehörende Grundstück erworben worden.
Am 12. April 2007 hat der Kläger für sich und die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einen neuen Leistungsantrag bei
der ARGE gestellt.
Nach dem Tod seiner Ehefrau am 13. Juli 2009 hat der Kläger erklärt, das Verfahren auch als Sonderrechtsnachfolger für seine
verstorbene Ehefrau fortzuführen. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 26. September 2011 hat der Kläger die in dem Klageverfahren geltend gemachten Leistungsansprüche jeweils auf die Zeit
vom 17. Oktober 2006 bis zum 11. April 2007 (dem Tag vor der Stellung des neuen Leistungsantrags) begrenzt.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 26. Oktober 2011 weitgehend stattgegeben und den Beklagten bei Aufhebung des Bescheides vom
8. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2007 verurteilt, dem Kläger und dessen Sohn T. sowie
dem Kläger als Sonderrechtsnachfolger für seine verstorbene Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts jeweils
für die Zeit ab dem 18. Oktober 2006 ohne Anrechnung von Vermögen zu gewähren. In den Gründen hat das SG ausgeführt: Der Kläger könne Ansprüche auch als Sonderrechtsnachfolger für seine verstorbene Ehefrau geltend machen. Die
Sonderrechtsnachfolge sei nicht durch das Bedarfsdeckungsprinzip ausgeschlossen. Als Vermögenswerte seien das Guthaben aus
dem Sparbrief und das Guthaben auf dem Girokonto zu berücksichtigen. Eine besondere Härte liege insofern nicht vor. Die Lebensversicherungen
seien verwertungsgeschütztes Vermögen. Der Miteigentumsanteil des Klägers an dem Grundstück sei prognostisch nicht innerhalb
von sechs Monaten zu verwerten. Dies ergebe sich aus dem sehr eingeschränkten Käuferkreis und der Notwendigkeit einer Auflösung
der vorhandenen Eigentümergemeinschaft. Auch sei für das Grundstück kein öffentliches Wegerecht eingetragen. Es ergebe sich
ein über dem Freibeträgen liegendes Vermögen von 61,20 EUR, welches für den Bedarf für den 17. Oktober 2006 zu berücksichtigen
und ab dem 18. Oktober 2006 als verbraucht anzusehen sei.
Gegen das ihm am 21. Oktober 2011 zugestellte Urteil hat zunächst nur der Beklagte am 16. November 2011 Berufung eingelegt
und diese darauf beschränkt, dass angefochtene Urteil aufzuheben, soweit danach Leistungen an den Kläger als Sonderrechtsnachfolger
für seine verstorbene Ehefrau zu erbringen sind. Zur Begründung hat der Beklagte ausgeführt: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(BVerwG) seien Ansprüche auf Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) grundsätzlich nicht vererbbar gewesen. Dies sei damit begründet worden, dass es sich bei der Sozialhilfe um eine von einer
gegenwärtigen konkreten Notlage ausgelöste Nothilfe aus steuerlichen Mitteln handele und dass der verfolgte Zweck einer Abhilfe
der Notlage der oder des Bedürftigen nach deren oder dessen Tod nicht mehr zu erreichen sei. Diese Grundsätze seien auch auf
Ansprüche nach dem SGB II zu übertragen.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 25. Juli 2013 eine unselbständige Anschlussberufung erhoben.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. September 2011 aufzuheben, soweit danach Leistungen für den Kläger als Sonderrechtsnachfolger
seiner verstorbenen Frau zu erbringen sind.
Weiter beantragt der Beklagte,
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. September 2011 insoweit abzuändern,
das ihm als Sonderrechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch für den
17. Oktober 2006 gewährt werden.
Er verweist darauf, dass die zitierte Rechtsprechung des BVerwG überholt sei. Für die Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch des
Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe (SGB XII) habe das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass die weitgehend pauschalierte Leistung auch für vergangene Zeiten nachzuzahlen sei (BSG, Urteil vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 8/06 R). Insoweit sei auch eine Rechtsnachfolge möglich. Dies gelte auch für die Leistungen
nach dem SGB II.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist nach §
144 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig. Die Berufung des Beklagten ist aber nur insoweit begründet, als zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 61,20
EUR anders als vom SG festgestellt, nicht durch eine Berücksichtigung für den 17. Oktober 2006 als verbraucht anzusehen ist, sondern beim Leistungsanspruch
für die Zeit vom 17. Oktober 2006 bis zum 31. Oktober 2006 zu berücksichtigen ist. Aus diesem Grund ist auch die vom Kläger
erhobene Anschlussberufung erfolgreich, weil unter der Maßgabe der Vermögensanrechnung im aufgezeigten Umfang auch ein Leistungsanspruch
für den 17. Oktober 2006 und nicht erst wie vom SG festgestellt ab dem 18. Oktober 2008 besteht.
Das SG hat verfahrensrechtlich zulässig und in der Sache richtig mit einem Grundurteil nach §
130 Abs.
1 SGG festgestellt, das für den streitigen Zeitraum ein Anspruch der verstorbenen Ehefrau des Klägers auf Alg II bestand, der auf
den Kläger als Sonderrechtsnachfolger gemäß §
56 Abs.
1 Nr.
1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (
SGB I) übergegangen ist.
Es bestehen keine Gründe, daran zu zweifeln, dass bei der am ... 1954 geborenen und am ... 2009 verstorbenen Ehefrau des Klägers
im streitigen Zeitraum 17. Oktober 2006 bis zum 11. April 2007 die Voraussetzungen für Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 1 SGB II vorlagen, weil sie das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hatte, erwerbsfähig war, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte und auch
hilfebedürftig war.
Im Einzelnen ergeben sich nach der Berechnung des Senats für alle Monate des streitigen Zeitraums Ansprüche der verstorbenen
Ehefrau des Klägers. Dabei geht der Senat von Folgendem aus:
Für den Monat Oktober 2006 ergibt sich für die Zeit ab dem 17. Oktober 2006 ein Bedarf der Ehefrau des Klägers von 197,86
EUR. Dabei ist als Regelleistung nach § 20 Abs. 3 SGB II im Falle der Ehefrau des Klägers ein Betrag in Höhe von 90 % des sogenannten Eckregelsatzes für allein stehende erwerbstätige
Hilfebedürftige nach § 20 Abs. 2 SGB II in der Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I, S. 588) zu berücksichtigen, weil der Kläger mit seiner Ehefrau in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebte und mit ihr eine Bedarfsgemeinschaft
im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a SGB II bildete. Für den streitigen Zeitraum ergibt sich deshalb ein monatlicher Regelbedarf von 311,00 EUR. Hinzu kommt für Unterkunft
und Heizung nach § 22 SGB II für die Ehefrau des Klägers 1/3 der tatsächlichen Aufwendungen von 339,01 EUR, also 113,00 EUR bezogen auf den Monat Oktober
2006. Von diesem Monatsbedarf in Höhe von insgesamt 424,00 EUR entfallen auf die Zeit ab dem 17. Oktober 2006 für 14 Tage
anteilig 197,86 EUR.
Für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit der Ehefrau des Klägers ist auch anzurechnendes Einkommen zu berücksichtigen.
Sie erzielte im Monat Oktober 2006 Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit in Höhe von 112,00 EUR. Davon ist ein Betrag in Höhe
von 100,00 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I, S. 588) abzusetzen und nach § 30 SGB II ebenfalls in der Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 als weiterer Freibetrag für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein
Betrag in Höhe von 20% des 100,00 EUR übersteigenden Einkommens, somit in Höhe von 2,40 EUR. Es verbleibt ein bereinigtes
Einkommen von 9,60 EUR. Anteilig für 14 Tage ergibt sich ein Betrag von 4,48 EUR. Dieser Betrag ist auf die Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II entsprechend ihres Bedarfs zu verteilen. Der Bedarf stellt sich bei dem Kläger und seiner Ehefrau mit auf den Monat bezogen
jeweils 424,00 EUR dar. Für den Sohn T. ergibt sich ein Bedarf von 265,00 EUR bei 276,00 EUR Regelleistung und 113,00 EUR
für Unterkunft und Heizung, insgesamt 389,00 EUR abzüglich das auf den Bedarf anzurechnenden Kindergeldes von 124,00 EUR (154,00
EUR bereinigt um den Pauschbetrag von 30,00 EUR nach § 3 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-VO) in der Fassung durch die Änderungs-Verordnung vom 22. August 2005 - BGBl. I S. 2499). Dies ergibt für die Ehefrau des Klägers einen Anteil von 38,10 % (424,00 EUR im Verhältnis zu 1.113,00 EUR). Daraus ergibt
sich für Oktober 2006 ein anzurechnendes Einkommen von 1,71 EUR (38,10 % von 4,48 EUR), so dass nach der Einkommensanrechnung
ein Leistungsbetrag in Höhe von 196,15 EUR (197,86 EUR minus 1,71 EUR) verbleibt.
Für die Berücksichtigung von Vermögen ist § 12 SGB II in der Fassung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I, S.
1706) maßgeblich.
Der Vermögenswert der Lebensversicherungen der verstorbenen Ehefrau des Klägers und des Klägers war jeweils verwertungsgeschützt
nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, denn die Verwertung der Lebensversicherungen war jeweils vertraglich unwiderruflich bis zum Eintritt in den Ruhestand ausgeschlossen
und der sich speziell aus dieser Norm für die verstorbene Ehefrau des Kläger und den Kläger ergebende Freibetrag von insgesamt
27.000 EUR (250 EUR entsprechend der vollendeten Lebensjahre mal 52 bzw. mal 56) wurde nicht erreicht.
Der im Eigentum des Klägers stehende Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von S. eingetragenen Grundstücks stellt ebenfalls
kein zu berücksichtigendes Vermögen dar. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, ist das Grundstück nach § 12 Abs. 1 SGB II grundsätzlich als verwertbares Vermögen anzusehen. Allerdings ist Vermögen nur dann bei der Feststellung des Hilfebedarfs
als einzusetzendes Vermögen zu berücksichtigen, wenn es bei vorausschauender Betrachtung in absehbarer Zeit entweder durch
Verkauf, Belastung oder anders so verwertet werden kann, dass tatsächlich für den Lebensunterhalt zu verwendende bereite Mittel
realisiert werden. Dabei ist in der Regel auf eine Zeitraum von sechs Monaten abzustellen (BSG, Urteil vom 30. August 2010 - B 4 AS 70/09 R). Mit einer Verwertbarkeit innerhalb dieses Zeitraums war hier nicht zu rechnen. Dagegen spricht zum einen die vom Gutachterausschuss
festgestellte schlechte Vermarktungsmöglichkeit eines sogen. Erholungsgrundstücks in der konkreten Größe und auch die ungesicherte
Zugangsmöglichkeit. Entscheidend ist aber, dass der Kläger nur einen hälftigen Anteil des Grundeigentums erworben hat. Die
restliche Hälfte steht noch im Eigentum der damals beim Erwerb des Eigentumsanteils durch den Kläger entweder nicht zu erreichenden
oder nicht verkaufsbereiten anderen Miterben. Bei solchen Eigentumsverhältnissen ist auch nicht damit zu rechnen, dass innerhalb
absehbarer Zeit ein Erlös im Rahmen einer Teilungsversteigerung realisiert werden kann.
Bei Antragstellung lagen damit Vermögenswerte von 17.000,00 EUR in Form des Sparguthabens der verstorbenen Ehefrau des Klägers
und des Klägers und 1.511,20 EUR auf dem gemeinsamen Girokonto vor. Der Kündigungsausschluss bzgl. des Sparvermögens führt
nicht zur Unverwertbarkeit, denn eine Verwertung war z. B. durch Beleihung oder Veräußerung möglich (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 22.9.2009 - L 1 AS 28/08 - zitiert nach juris). Hiervon abzusetzen sind die Freibeträge für den Kläger und seine Ehefrau gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II von insgesamt 16.200 EUR (für den Kläger 150,00 EUR mal 56 = 8.400 EUR und für die verstorbene Ehefrau des Klägers 150,00
EUR mal 52 = 7.800 EUR) sowie die Freibeträge für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von insgesamt 2.250,00 EUR (750,00 EUR für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen); insgesamt
also Freibeträge in Höhe von 18.450,00 EUR. Danach verbleibt einzusetzendes Vermögen in Höhe von 61,20 EUR. Dieses ist nicht
fiktiv als verbraucht durch die Deckung des anteiligen Bedarfs für den 17. Oktober 2006 anzusehen. Das SGB II knüpft insofern an die Arbeitslosenhilfeverordnung vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I, S. 3734) an. Schon nach dieser konnte vorhandenes Vermögen nicht nur rechnerisch einmal, sondern mehrfach (für mehrere Bewilligungszeiträume)
bis zu seinem tatsächlichen Verbrauch berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für die Vermögensberücksichtigung nach §
12 SGB II (vgl. BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 14/08 B). Somit ist auf den gesamten Leistungsanspruch für Oktober 2006 ein Vermögensbetrag von 61,20 EUR anzurechnen. Dabei entfällt
auf die Ehefrau des Klägers und den Kläger jeweils ein hälftiger Betrag von 30,60 EUR, so dass für Oktober 2006 ein Leistungsanspruch
von 165,55 EUR (196,15 EUR minus 30,60 EUR) bzw. gerundet nach § 41 Abs. 2 SGB II a.F. von 166,00 EUR verbleibt.
Für den Monat November 2006 ergibt sich ein Bedarf der Ehefrau des Klägers von 422,34 EUR (Regelleistung von 311,00 EUR und
Unterkunftskosten in Höhe von 1/3 vom 334,01 EUR mit 111,34 EUR). Anzurechnendes Einkommen fällt für den Monat November 2006
wie für den Vormonat bereinigt in Höhe von 9,60 EUR an, wovon 3,66 EUR anteilig auf die Ehefrau des Klägers (38,12 % entsprechend
des Verhältnisses ihres Bedarfs von 422,34 EUR zu einem Gesamtbedarf von nur noch 1.108,02 EUR aufgrund der niedrigeren Unterkunftskosten)
Vermögen ist nicht anzurechnen, weil durch die Verringerung des Guthabens auf dem gemeinsamen Girokonto des Klägers und seiner
verstorbenen Ehefrau im Ergebnis kein über dem Freibetrag liegendes Vermögen mehr vorliegt. Für November 2006 ergibt sich
ein Leistungsanspruch von 418,68 EUR (422,34 EUR minus 3,66 EUR) bzw. gerundet 419,00 EUR.
Für den Monat Dezember 2006 ergibt sich wieder ein Bedarf für die Ehefrau des Klägers von 422,34 EUR. Eigenes Einkommen der
Ehefrau des Klägers ist mit 32 EUR (140,00 EUR minus 100,00 EUR minus 8,00 EUR) zu berücksichtigen. Weiter ist ein Betrag
für das in diesem Monat erstmals zugeflossene Einkommen des Klägers anzurechnen. Von 613,11 EUR netto sind zur Ermittlung
des anzurechnenden Einkommens abzusetzen: 130,00 EUR nach § 30 SGB II (750,00 brutto minus 100 und davon 20 %), 30,00 EUR Pauschalabsetzung für private Versicherungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg
II-VO, 20,68 EUR für die Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II, 15,33 EUR Werbungskostenpauschale nach § 3 Abs. 1 Nr. 3a Alg II-VO und 133,00 EUR Fahrkosten für 35,00 km Wegstrecke zur Arbeit an 19 Tagen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-VO. Es verbleibt
ein Anrechnungsbetrag von 284,10 EUR. Von insgesamt 316,10 EUR anzurechnendem Einkommen entfallen entsprechend ihres Anteils
am Gesamtbedarf von 38,12 % (wie im November 2006) in diesem Monat 120,40 EUR anzurechnendes Einkommen auf die Ehefrau des
Klägers. Für Dezember 2006 ergibt sich ein Anspruch von 301,84 EUR (422,34 minus 120,50 EUR) bzw. gerundet 302,00 EUR.
Für den Monat Januar 2007 ergibt sich wieder ein Bedarf für die Ehefrau des Klägers von 422,34 EUR. Eigenes Einkommen der
Ehefrau des Klägers ist wie im Monat November 2006 mit 9,60 EUR zu berücksichtigen. Weiter ist ein Betrag für das in diesem
Monat zugeflossene Einkommen des Klägers anzurechnen. Von 727,85 EUR netto sind abzusetzen: 150,00 EUR nach § 30 SGB II (20 % von 700,00 EUR und 10% von 100,00 EUR) 30,00 EUR Pauschalabsetzung für private Versicherungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1
Alg II-VO, 20,68 EUR für die Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II, 15,33 EUR Werbungskostenpauschale nach § 3 Abs. 1 Nr. 3a Alg II-VO und 133,00 EUR Fahrkosten für 35,00 km Wegstrecke zur Arbeit an 19 Tagen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-VO. Es verbleibt
ein Anrechnungsbetrag von 378,84 EUR. Außer Betracht bleibt der Wehrsold des Sohnes T., weil das Einkommen in der Bedarfsgemeinschaft
lebender unverheirateter Kindern nicht nach § 9 Abs. 2 SGB II zu verteilen ist. Von insgesamt 388,44 EUR zu berücksichtigendem Einkommen ist für Januar 2007 (entsprechend ihres Anteils
am Gesamtbedarf in diesem Monat vom 422,34 EUR zu 989,48 EUR aufgrund des in diesem Monat wegen des anzurechnenden Wehrsold
geringeren Bedarf des Sohnes) ein Anteil von 42,68 % bei der Ehefrau des Klägers als Einkommen zu berücksichtigen, also 165,78
EUR. Für Januar 2007 ergibt sich ein Anspruch von 256,56 EUR (422,34 minus 165,78 EUR) bzw. gerundet 257,00 EUR.
Für den Monat Februar 2007 ergibt sich wieder ein Bedarf für die Ehefrau des Klägers von 422,34 EUR. Eigenes Einkommen der
Ehefrau des Klägers ist mit 32 EUR (140,00 EUR minus 100,00 EUR minus 8,00 EUR) zu berücksichtigen. Auch in diesem Monat ist
Einkommen des Klägers mit 378,84 EUR zu berücksichtigen. Von insgesamt 410,84 EUR anzurechnendem Einkommen entfallen 156,49
EUR (38,09 % wie im November 2006) auf die Ehefrau des Klägers. Für Februar 2007 ergibt sich ein Anspruch von 265,85 EUR (422,34
minus 156,49 EUR) bzw. gerundet 266,00 EUR.
Im März 2007 ergibt sich bei unveränderten Verhältnissen ebenfalls ein Anspruch in Höhe von gerundet 266,00 EUR.
Für den Monat April 2007 ergibt sich für die Zeit vom 1. bis zum 11. des Monats ein anteiliger Bedarf für die Ehefrau des
Klägers für 11 Tage in Höhe von 154,85 EUR. Eigenes Einkommen der Ehefrau des Klägers ist ebenfalls anteilig zu berücksichtigen
mit 3,52 EUR (9,60 EUR geteilt durch 30 mal 11). Weiter ist das Einkommen des Klägers anteilig mit 138,90 EUR (378,84 EUR
geteilt durch 30 mal 11) zu berücksichtigen. Von insgesamt 142,43 EUR anzurechnendem Einkommen entfallen 54,25 EUR (38,09
% wie im November 2006) auf die Ehefrau des Klägers.
Die Ansprüche der verstorbenen Ehefrau des Klägers sind auch vererbbar. Die insofern maßgeblichen allgemeinen Regelungen des
Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil (
SGB I) in den §§
58,
59 SGB I gelten auch für das SGB II. Anwendung findet auch die Regelung über die Sonderrechtsnachfolge im §
56 SGB I. Der bis zu ihrem Tode mit seiner Ehefrau in einem Haushalt lebende Kläger ist deren Sonderrechtsnachfolger gemäß §
56 Abs.
1 Nr.
1 SGB I, so dass die fälligen Ansprüche seiner Ehefrau mit deren Tod auf ihn übergegangen sind. Dem steht auch nicht die vom BVerwG
für das BSHG vertretene Auffassung entgegen, Sozialhilfeansprüche seien nur vererblich, wenn die oder der Hilfebedürftige zu Lebzeiten
seinen Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt habe,
weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig abgeholfen oder Hilfe abgelehnt habe (BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1994 - 5 C 43/91, zitiert nach juris). Maßgeblich für diese Rechtsprechung des BVerwG war der aus sogenannten sozialhilferechtlichen Strukturprinzipien
abgeleitete Grundsatz "Keine Sozialhilfe für die Vergangenheit". Sozialhilfe sollte nur als Hilfe für den Lebensunterhalt
zur Abwendung der akuten Notlage geleistet werden. Dem entsprach es nicht, Leistungen für die Vergangenheit zu gewähren. Von
diesem Grundsatz ließ das BVerwG nur in begrenztem Umfang Ausnahmen zu. Dieser Grundsatz gilt aber für das SGB II nicht mehr (Eicher/Greiser, SGB II, 3. Auflage, § 40 Rdnr. 23). Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass einer Anwendbarkeit des § 44 des Zehntes Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) keine über die gesetzlich normierten Besonderheiten hinausgehenden verdrängenden Beschränkungen des SGB II entgegen stehen. Der oder dem Betroffenen sollen bei Anwendung des § 44 SGB X diejenigen Leistungen zukommen, die ihm nach materiellem Recht zugestanden hätten (BSG, Urteil vom 1. Juni 2010 - B 4 AS 78/09 R, Rdnr. 18, zitiert nach juris), so dass Nachzahlungen für Zeiten, in denen eine Notlage bestand, auch ungeachtet einer
nicht mehr bestehender Notlage zu leisten sind. Daraus ergibt sich auch, dass einer Vererbbarkeit fälliger Ansprüche nichts
entgegensteht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG. Dabei fällt die geringfügige Vermögensanrechnung nicht so ins Gewicht, dass eine nur quotenmäßige Kostenerstattung gerechtfertigt
wäre.
Gesetzliche Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des BSG geklärt.