Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung des Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit bei unregelmäßiger
Einkommenserzielung
Gründe:
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Halle vom 22. Mai 2013. In der Sache streiten die Beteiligten über höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009. Konkret wendet sich der Kläger gegen die Anrechnung von Einkommen aus
selbständiger Erwerbstätigkeit.
Der 1968 geborene Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Er wohnt im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten beziehungsweise dessen Rechtsvorgängerin (im Folgenden einheitlich:
Beklagter) in einer 91,37 qm großen Mietwohnung, für die monatlich eine Grundmiete in Höhe von 262,23 EUR und Betriebskostenvorauszahlungen
in Höhe von 67,77 EUR anfallen. Die Wohnung wird mit einem Kohleofen beheizt, wobei der Kläger das Heizmaterial selbst beschafft.
Im August 2009 erwarb der Kläger Kohlen zum Preis von 280,00 EUR. Der Kläger ist Diplom-Grafiker und arbeitet seit 1996 freiberuflich
als Künstler auf den Gebieten Malerei, Grafik und Plastik.
Am 18. Februar 2009 kaufte der Kläger verschiedene technische Gegenstände in einem Elektronikfachmarkt zu einem Gesamtpreis
von 886,98 EUR. 647,00 EUR entfielen dabei auf eine Digitalkamera. Die gesamte Anschaffung wurde darlehensfinanziert über
einen Kredit bei der citibank mit einem Gesamtbetrag von 929,23 EUR und monatlichen Raten von 103,30 EUR ab dem 15. Mai 2009
sowie einer Schlussrate am 15. Januar 2010 in Höhe von 102,83 EUR.
Für den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2009 bewilligte der Beklagte Leistungen nach dem SGB II vorläufig ohne Anrechnung von Einkommen. Nach Erhalt der Nachweise des Klägers zu seinen Einnahmen und Ausgaben aus der Selbständigkeit
setzte der Beklagte die Leistungen für diesen Zeitraum ohne Anrechnung von Einkommen mit Bescheid vom 9. Juni 2010 endgültig
fest. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger keinen Widerspruch ein.
In seinem Fortzahlungsantrag vom 23. Juni 2009 gab der Kläger an, im gesamten voraussichtlichen Bewilligungszeitraum (1. Juli
bis 31. Dezember 2009) erwarte er Einnahmen in Höhe von 1.000,00 EUR, denen Ausgaben in Höhe von 1.150,00 EUR gegenüber stünden.
Im voraussichtlichen Bewilligungszeitraum sei der Kauf einer neuen Kamera dringend notwendig. Die alte Kamera sei über 20
Jahr alt und defekt. Daher seien Investitionen mit 800,00 EUR anzusetzen. Hinzu kämen Telefonkosten von 150,00 EUR und Kosten
des Wareneinkaufs von 200,00 EUR.
Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 31. Juli 2009 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009 in Höhe von monatlich 656,00 EUR (Summe aus nicht durch angerechnetes
Einkommen geminderter Regelleistung von 359,00 EUR zuzüglich Bedarfen für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von
297,00 EUR). Nach den Ausführungen im Bescheid vom 31. Juli 2009 erfolgte die Bewilligung vorläufig, weil das Einkommen des
Klägers aus selbständiger Tätigkeit im Bewilligungszeitraum nur geschätzt werden könne. Grundlage für eine abschließende Entscheidung
sei der Nachweis des Klägers zu seinem tatsächlichen Einkommen.
Am 18. Februar 2010 erhielt der Beklagte die Angaben des Klägers zu seinen Einnahmen und Ausgaben im Zeitraum vom 1. Juli
bis zum 31. Dezember 2009. Dabei beziffert der Kläger in der Anlage EKS die Einnahmen mit 2.220,00 EUR (im Juli in Höhe von
330,00 EUR und im Dezember in Höhe von 1.890,00 EUR) und die Ausgaben mit 1.143,19 EUR (tatsächlich 1.139,19 EUR wegen eines
Rechenfehlers bei der Addition von 193,54 EUR für Juli, 115,13 EUR für August, 237,97 EUR für September, 168,73 EUR für Oktober,
197,08 EUR für November und 230,74 EUR für Dezember 2009). Aus der BWA ergibt sich ein Betriebsergebnis für das zweite Halbjahr
2009 in Höhe von 1.076,81 EUR, wobei der Unterschied zur Anlage EKS aus dem Ansatz von Kosten für Büromaterial in Höhe von
89,85 EUR und nicht in Höhe von 85,85 EUR resultiert.
Mit Bescheid vom 11. Juni 2010 setzte der Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009 mit monatlich insgesamt 624,89 EUR (294,89 EUR Regelleistung unter Berücksichtigung
angerechneten Einkommens und 330,00 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) fest. Hinsichtlich der Überzahlung erließ er einen
gesonderten Bescheid vom 9. Juni 2010, mit dem er für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum monatlich 31,11 EUR erstattet
verlangte. Gegen die Bescheide legte der Kläger - anwaltlich vertreten - am 9. Juli 2010 Widerspruch ein: Das Einkommen sei
fehlerhaft angerechnet worden. Ein Einkommen über dem Grundfreibetrag scheide vollkommen aus. Der Beklagte führte die Widersprüche
unter den Aktenzeichen W 5918/10 (Bescheid vom 9. Juni 2010) sowie W 5920/10 (Bescheid vom 11. Juni 2010). Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 9. Juni 2010 verwarf der Beklagte am 29. September 2010
als unzulässig, weil der Bescheid lediglich die Erstattung der Leistungen regele. Die endgültige Festsetzung sei mit Bescheid
vom 11. Juni 2010 erfolgt. Hierzu gebe es ein Widerspruchsverfahren (W 5920/10), in dessen Rahmen eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Leistungsanspruch des Klägers im Bewilligungszeitraum vom 1.
Juli bis zum 31. Dezember 2009 und auch einem eventuellen Erstattungsanspruch erfolge. Den Widerspruch gegen den Bescheid
vom 11. Juni 2010 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2010 zurück: Der monatliche Bedarf des Klägers
belaufe sich auf 689,00 EUR. Heizkosten seien für die Heizperiode ab 1. Oktober 2009 im Januar 2010 berücksichtigt worden.
Bei der Einkommensanrechnung seien die von dem Kläger selbst aufgezählten Einnahmen und Betriebsausgaben berücksichtigt worden.
In keiner Ausgabenposition sei von den Angaben des Klägers abgewichen worden. Unter Berücksichtigung eines monatlichen Einnahmenüberschusses
von 180,14 EUR (2.220,00 EUR - 1.139,19 EUR = 1.080,81 EUR./. 6) ergebe sich nach Absetzung der Freibeträge ein Anrechnungsbetrag
von monatlich 64,11 EUR und ein monatlicher Leistungsanspruch in Höhe von 624,89 EUR. Der Differenzbetrag sei zu erstatten,
weil sich nach der endgültigen Festsetzung gezeigt habe, dass die Leistungen zu hoch festgesetzt gewesen seien.
Hiergegen hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 29. Oktober 2010 Klage vor dem SG Halle erhoben: Den Einnahmen
in Höhe von 2.610,00 EUR stünden Ausgaben in Höhe von 2.428,53 EUR gegenüber. Damit ergebe sich ein Gewinn in Höhe von 181,47
EUR, auf 12 Monate verteilt in Höhe von 15,12 EUR. Auch das Finanzamt habe für das Jahr 2009 kein zu versteuerndes Einkommen
festgesetzt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG Halle vom 6. Mai 2013 hat der Beklagte erklärt, im verfahrensgegenständlichen Zeitraum
monatlich weitere 0,53 EUR zu zahlen. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Mit Urteil vom 6. Mai 2013 hat das SG Halle die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Die Klageabweisung hat
es wie folgt begründet: Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 und 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg-II-V) sei für jeden Monat der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens
im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergebe. Daher stünden sich vorliegend Einnahmen
in Höhe von 2.220,00 EUR und Ausgaben in Höhe von 1.143,19 EUR gegenüber, woraus sich ein monatliches Einkommen in Höhe von
179,47 EUR ergebe. Nicht maßgeblich sei der im Steuerbescheid festgesetzte Gewinn, da es auf die steuerliche Leistungsfähigkeit
des Hilfebedürftigen nicht ankomme. Im Einkommensteuerecht würden auch fiktive Einnahmen und Ausgaben, also solche, die entweder
noch gar nicht oder nicht in der Höhe getätigt worden seien, berücksichtigt. Daher liege die steuerliche Leistungsfähigkeit
oberhalb des nach dem SGB II maßgeblichen soziokulturellen Existenzminimums. Nicht ausschlaggebend sei auch der Gewinn des Klägers für das gesamte Kalenderjahr
2009. Ausgangspunkt der Einkommensberechnung nach der Alg-II-V seien grundsätzlich die Betriebseinnahmen im Bewilligungszeitraum
von sechs Monaten. Eine Ausnahme solle nach § 3 Abs. 5 Alg-II-V erfolgen, wenn aufgrund der Art der Erwerbstätigkeit eine
jährliche Berechnung angezeigt sei. Das sei bei Saisonbetrieben der Fall, bei denen üblicherweise im Laufe des Jahres schwankende
Einnahmen zu verzeichnen seien. Eine solche jährliche Berechnung sei bei dem Kläger nicht angezeigt. Der Kläger sei als Maler
und Fotograf tätig und betreibe das Gewerbe nach seinen eigenen Angaben ganzjährig durchgehend. Dabei sei er abhängig von
Aufträgen, was zu schwankenden Einnahmen führe. Es sei nicht erkennbar, dass die Einnahmenschwankungen nicht ausreichend innerhalb
eines halben Jahres ausgeglichen werden könnten. Denn insoweit sei die Situation des Klägers vergleichbar mit allen anderen
selbständigen Tätigkeiten, bei denen je nach Auftragslage mehr oder weniger Einnahmen erzielt würden. Das sei der selbständigen
Arbeit immanent. Ein zeitliches Auseinanderfallen von Investitionen und zugehörigen Einnahmen gebe es bei jeder selbständigen
Tätigkeit und rechtfertige für sich genommen nicht den Übergang zu einer jährlichen Betrachtung. Von dem Einkommen seien die
Beträge nach § 11 Abs. 2 SGB II abzusetzen. Einkommen sei damit in Höhe von monatlich 63,58 EUR zu berücksichtigen. Damit errechne sich ein monatlicher Leistungsanspruch
in Höhe von 625,42 EUR. Diese Leistungen habe der Beklagte gewährt.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 3. Juni 2013 zugestellte Urteil hat dieser für den Kläger am 3. Juli 2013 Nichtzulassungsbeschwerde
eingelegt: Die Entscheidung des SG Halle weiche von dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland Pfalz vom 19. Dezember
2012 (L 6 AS 611/11) ab, nach dem die Regelung des § 3 Abs. 5 ALG-II-V nicht auf Saisonbetriebe beschränkt sei. Bei ihm seien nur zwei Mal im Jahre Einnahmen angefallen. Gerade bei der Herstellung
von Kunstwerken, die üblicherweise zu einem recht hohen Betrag verkauft würden, sei eine monatelange Vorbereitung unter Einsatz
erheblicher Ausgaben erforderlich, bevor das Werk überhaupt zum Verkauf angeboten werden könne. Das Gewerbe in dem vom LSG
Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall sei ähnlich gelagert gewesen. Durch die Berechnungsregelungen für Einkommen aus selbständiger
Tätigkeit nach der Alg-II-V werde des Sozialstaatsprinzip verletzt. Aus dem Wortlaut des §
144 Abs.
2 Nr.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ergebe sich gerade keine Beschränkung auf Entscheidungen des örtlich zuständigen LSG. Eine andere Auslegung sei verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 6. Mai 2013 zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er meint, grundsätzliche Rechtsfragen werfe der Rechtsstreit nicht auf. Eine jährliche Betrachtungsweise sei immer die Ausnahme,
weil nach der Alg-II-V für das Einkommen Selbständiger in der Regel keine Ganzjahresbetrachtung durchzuführen sei. Insofern
sei von einer Entscheidung des LSG keine Breitenwirkung zu erwarten. Divergenz liege nicht vor, wenn ein SG von einer Entscheidung eines anderen LSG abweiche.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese haben vorgelegen und ihr Inhalt war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist form- und fristgerecht gemäß §
145 Abs.
1 SGG eingelegt sowie auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da die Berufung nicht kraft Gesetzes zulässig ist.
Gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 und Satz 2
SGG bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des SG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt
betrifft, 750 EUR nicht übersteigt, sofern nicht die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr
betrifft. So verhält es sich hier. Der Kläger macht geltend, sein Leistungsanspruch betrage 689,00 EUR (359,00 EUR + 330,00
EUR). Der Beklagte geht im Einklang mit dem SG Halle von einem monatlichen Leistungsanspruch in Höhe von 625,42 EUR (624,89
EUR + 0,53 EUR) aus; damit ergibt sich ein monatlicher Differenzbetrag von 63,58 EUR. Selbst wenn im verfahrensgegenständlichen
Zeitraum noch der Betrag für die Beschaffung der Kohlen im August 2009 von 280,00 EUR einzubeziehen wäre, beliefe sich der
vom Kläger begehrte Betrag auf 661,48 EUR (381,48 EUR (6 x 63,58 EUR) + 280,00 EUR). Die aufgrund der endgültigen Festsetzung
zur Erstattung verlangten Beträge führen zu keiner zusätzlichen Beschwer.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das SG Halle hat zu Recht die Berufung gegen das Urteil nicht zugelassen.
Nach §
144 Abs.
2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung
beruhen kann.
1. Der Zulassungsgrund des §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG liegt nicht vor, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn die Sache bisher
nicht geklärte, aber klärungsbedürftige und -fähige Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um
die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, Kommentar, 10. Aufl. 2012, §
144 Rn. 28). Klärungsbedürftigkeit ist dagegen nicht gegeben, wenn sich die entschiedene Rechtsfrage unmittelbar und ohne weiteres
aus dem Gesetz beantworten lässt oder nur eine Anwendung schon entwickelter höchstrichterlicher Rechtssätze auf den Einzelfall
darstellt. Es kommt darauf an, ob eine klärungsbedürftige neue Rechtsfrage vorliegt, die nicht schon in Anwendung der Grundsätze
aus anderen Entscheidungen zu beantworten ist.
Eine solche Rechtsfrage stellt sich hier nicht. Die Berechnung des Einkommens des Klägers aus selbständiger Tätigkeit richtet
sich nach § 11 SGB II iVm § 3 Alg-II-V. Gemäß § 3 Abs. 1 Alg-II-V in der vom 1. Januar 2009 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung ist bei der Berechnung des Einkommens aus
selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen
sind alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum
(§ 41 Abs. 1 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch) tatsächlich zufließen. Wird eine Erwerbstätigkeit nach Satz 1 nur während eines Teils des Bewilligungszeitraums
ausgeübt, ist das Einkommen nur für diesen Zeitraum zu berechnen. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 Alg-II-V ist für jeden Monat
der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die
Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Im Fall des Absatzes 1 Satz 3 gilt als monatliches Einkommen derjenige Teil
des Einkommens, der der Anzahl der in den in Absatz 1 Satz 3 genannten Zeitraum fallenden Monate entspricht.
Aus den vorgenannten Vorschriften ergibt sich, dass maßgeblich für die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 Satz 3, Abs. 4 Satz 2
Alg-II-V die Ausübung der Erwerbstätigkeit, nicht die Einkommenserzielung ist. Diese Vorschriften greifen in Fällen ein, in
denen eine selbständige Arbeit innerhalb eines Bewilligungszeitraums aufgenommen oder beendet wird. Üben Hilfebedürftige aber
während des gesamten Bewilligungszeitraums eine selbständige Arbeit aus (und können sie daher Einnahmen aus dieser Tätigkeit
erzielen), unterfallen sie schon nicht § 3 Abs. 1 Satz 3 Alg-II-V, so dass sich die Frage der Anwendung des § 3 Abs. 4 Satz
2 Alg-II-V nicht stellt. Tatsächlich war der Kläger nicht nur in den Monaten Juli und Dezember 2009, sondern im gesamten Kalenderjahr
2009 mit seiner selbständigen Tätigkeit wirtschaftlich aktiv. In den Monaten April, Mai, Juli und Dezember 2009 konnte er
Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielen; während des gesamten Zeitraums, also auch in den Monaten ohne Einnahmen,
fielen Betriebsausgaben an, die sich nur mit einer selbständigen - wenn auch nicht monatlich gewinnbringenden Tätigkeit -
erklären lassen.
Es liegt auch kein Anwendungsfall des § 3 Abs. 5 Alg-II-V vor. Nach dieser Vorschrift soll, ist auf Grund der Art der Erwerbstätigkeit
eine jährliche Berechnung des Einkommens angezeigt, in die Berechnung des Einkommens nach den Absätzen 2 bis 4 auch Einkommen
nach Absatz 1 Satz 1 einbezogen werden, das der erwerbsfähige Hilfebedürftige innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten
vor wiederholter Antragstellung erzielt hat, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige darauf hingewiesen worden ist. Dies gilt
nicht, soweit das Einkommen bereits in dem der wiederholten Antragstellung vorangegangenen Bewilligungszeitraum berücksichtigt
wurde oder bei Antragstellung in diesem Zeitraum hätte berücksichtigt werden müssen.
§ 3 Abs. 5 Alg-II-V zielt grundsätzlich auf Sachverhalte, in denen im Zeitraum von sechs Monaten vor wiederholter Antragstellung
aus selbständiger Tätigkeit höhere Einnahmen erzielt worden sind als in dem verfahrensgegenständlichen Bewilligungszeitraum.
Denn Ziel der Vorschrift ist es, eine "Leistungsoptimierung" durch gezielte Antragstellung zu vermeiden (vgl. amtliche Begründung
der Bundesregierung zur Alg-II-V vom 17. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2942, Begründung ua abgedruckt in Eicher/Spellbrink, SGB II, Kommentar, 2. Aufl. 2008, S. 1277). Auf der für den Hilfebedürftigen ungünstigeren Berechnung durch Einbeziehung des Einkommens
aus einem vorangegangenen Zeitraum beruhen die Hinweispflicht der Behörde und die Nichteinbeziehung bereits berücksichtigten
Einkommens. Die Vorschrift enthält hingegen keine Ermächtigungsgrundlage zur Einkommensberechnung unabhängig von der Dauer
des Bewilligungszeitraums auf Jahresbasis, insbesondere nicht auf Basis des Kalender- oder Steuerjahrs (Mecke in Eicher, SGB II, Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 13 Rn. 53). Denn die Verkürzung des in die Einkommensberechnung einzubeziehenden Zeitraums führt grundsätzlich zu einer Verbesserung
der leistungsrechtlichen Situation des Hilfebedürftigen, weil mit der Verkürzung eine schnellere Anpassung an den tatsächlichen
Hilfebedarf verbunden ist. Die Begrenzung der Vorschrift auf diese Fälle zeigt sich auch an Satz 2 der Regelung. Danach ist
eine Anrechnung des Einkommens der letzten sechs Monate vor Antragstellung ausgeschlossen, soweit dieses bereits im vorangegangenen
Bewilligungszeitraum, Berücksichtigung gefunden hat. Sind - wie hier - im vorangegangenen Sechs-Monats-Zeitraum Leistungen
bewilligt worden, so wurde das Einkommen bereits berücksichtigt.
Sofern der Kläger die Berechnung des Einkommens anhand der Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum bemängelt, beruht
die maßgebliche zeitliche Bezugsgröße eines Bewilligungszeitraums auf § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 Alg-II-V. Dass weder
eine zeitlichen Bezugsgröße "Kalenderjahr" noch - was der Kläger wohl wahlweise mit seinem Hinweis auf eine Bedarfsdeckung
geltend macht - "Kalendermonat" in Betracht kommt, ergibt sich bereits aus § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 Alg-II-V. Im Übrigen hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 22. August 2013 - B 14 AS 1/13 R - ausgeführt, dass die Regelung des § 3 Abs. 4 Alg-II-V, nach der die im Bewilligungszeitraum erzielten, um notwendige
Ausgaben bereinigten Einnahmen eines Selbständigen abweichend von ihrem tatsächlichen Zufluss gleichmäßig monatlich aufzuteilen
sind, ermächtigungskonform ist und nicht gegen höherrangiges Recht verstößt (BSG, Urteil vom 22. August 2013 - B 14 AS 1/13 R - juris, Rn. 33).
2. Auch der Zulassungsgrund der Divergenz gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG liegt nicht vor. Divergenz ist anzunehmen, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt
worden sind, nicht übereinstimmen, und kommt nur dann in Betracht, wenn das SG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz der in §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG genannten Spruchkörper aufgestellt hat.
Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG, dass nur eine Abweichung des SG Halle von einer Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt maßgeblich sein kann. Denn entscheidend
ist die Abweichung von einer Entscheidung "des Landessozialgerichts" - desjenigen aus §
143 SGG und damit des Berufungsgerichts - nicht "der Landessozialgerichte".
3. Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des §
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG wegen eines Verfahrensmangels nicht vor. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche
Verfahren regelt. Dabei bezieht sich der Mangel nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils, sondern auf das prozessuale Vorgehen
des Gerichts auf dem Weg zum Urteil (vgl. dazu Leitherer in Meyer-Ladewig, Keller/Leitherer,
SGG, Kommentar, 10. Aufl. 2012, §
144 Rz. 32). Ein solcher Mangel ist nicht gerügt worden und auch nicht erkennbar.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum BSG angefochten werden, §
177 SGG.