Anspruch auf Arbeitslosengeld
Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung
Anforderungen an die Feststellung einer fahrlässigen Unkenntnis der Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung
Verfassungsmäßigkeit der Sanktion
Gründe:
I
Der Kläger begehrt Alg für den Zeitraum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014. Streitig ist, ob der Anspruch auf Alg wegen des Eintritts
einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung geruht hat.
Der Kläger war seit Mai 2011 in einem zuletzt bis zum 30.6.2014 befristeten Arbeitsverhältnis als Produktionsmitarbeiter bei
der O. GmbH beschäftigt. Nachdem er sich am 30.5.2014 bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit (BA) arbeitsuchend gemeldet
hatte, bewilligte die Beklagte für den Zeitraum vom 8.7.2014 bis 29.6.2015 Alg und stellte den "Eintritt einer Sperrzeit vom
1. Juli 2014 bis 7. Juli 2014" fest (Bescheide vom 19.8.2014; Widerspruchsbescheid vom 30.9.2014).
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.4.2015). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 23.1.2018).
Der Kläger habe in dem Zeitraum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014 keinen Anspruch auf Alg, weil eine einwöchige Sperrzeit bei verspäteter
Arbeitsuchendmeldung eingetreten sei. Ein das versicherungswidrige Verhalten ausschließender wichtiger Grund sei nicht ersichtlich.
Eine als wichtiger Grund bzw als verschuldensausschließender Umstand zu bewertende vollständige Unkenntnis vom Bestand einer
Meldeobliegenheit sei weder im Anhörungsverfahren bzw weiteren Verwaltungs- und Klageverfahren vorgetragen noch - unter Berücksichtigung
einer früheren mehr als eineinhalb Jahre dauernden Arbeitslosigkeit - aus den Umständen ersichtlich. Die von dem Kläger vorgetragene
irrtümliche Annahme, der Meldeobliegenheit aufgrund der Unsicherheit der Beendigung der Beschäftigung bzw der erwarteten Weiterbeschäftigung
erst ab dem Zeitpunkt einer wahrscheinlichen Beendigung zu unterfallen bzw die Meldung bis dahin für nicht sinnvoll gehalten
zu haben, zeige seine grundsätzliche Kenntnis von deren Erforderlichkeit. Eine unzutreffende Bewertung schließe ein Verschulden
nicht aus. Unter Berücksichtigung des maßgeblichen subjektiven Fahrlässigkeitsbegriffs zur Vermeidung einer insoweit ausreichenden
leichten Fahrlässigkeit sei jedenfalls unter Berücksichtigung einer gebotenen Parallelbewertung in der Laiensphäre eine klarstellende
rechtliche Nachfrage, zB bei der Beklagten, erforderlich, geboten und zumutbar gewesen. Das für den Beginn der Sperrzeit maßgebliche
sperrzeitbegründende Ereignis iS des §
159 Abs
2 Satz 1
SGB III sei nicht bereits der nur risikoerhöhende Umstand der verspäteten Meldung, sondern erst der risikoverwirklichende Eintritt
der Beschäftigungslosigkeit.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des Art
14 Abs
1 GG. Sein Anspruch auf Alg sei durch die Eigentumsgarantie des Art
14 GG geschützt. In dem Urteil vom 28.8.2007 (B 7/7a AL 56/06 R) habe das BSG die Frage aufgeworfen, ob das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) als
staatliche Maßnahme, mit der die frühzeitige Arbeitsuchendmeldung eingeführt worden sei, Versicherte in ihrem Eigentumsrecht
verletze. Bezogen auf die Prüfung der Geeignetheit des neuen arbeitsmarktpolitischen Instruments sei versäumt worden, auf
die in dem "Bericht 2006 der Bundesregierung zur Wirksamkeit modernder Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" geäußerten Zweifel
einzugehen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 23. Januar 2018 sowie des Urteils
des Sozialgerichts Hannover vom 29. April 2015 und der Bescheide vom 19. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 30. September 2014 zu verurteilen, dem Kläger bereits ab dem 1. Juli 2014 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie trägt vor, eine frühzeitige Meldung eröffne die realistische Chance, dass jedenfalls ein Teil der Personen, die sich bisher
erst bei eingetretener Arbeitslosigkeit der Vermittlung zur Verfügung gestellt hätten, früher erneut in Arbeit vermittelt
werden könnten. Dem Gesetzgeber habe kein milderes, die Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Verfügung gestanden, mit
dem er das gesetzgeberische Ziel ebenso gut habe erreichen können.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§
170 Abs
1 Satz 1
SGG). Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Alg für den Zeitraum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014 hat,
weil der Anspruch in diesem Zeitraum wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung geruht hat.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst der Bewilligungsbescheid vom 19.8.2014, mit dem die Beklagte Alg für den Zeitraum
vom 1.7.2014 bis 7.7.2014 abgelehnt und erst ab 8.7.2014 bewilligt hat, sowie der weitere Bescheid vom 19.8.2014, mit dem
sie den "Eintritt einer Sperrzeit" festgestellt und in dessen Begründung aufgenommen hat, dass der Anspruch des Klägers auf
Alg während dieser Zeit ruhe und die Dauer des Anspruchs auf Alg um sieben Tage gemindert werde. Die beiden Bescheide vom
19.8.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2014 (§
95 SGG) stellen eine einheitliche Regelung dar (BSG vom 5.8.1999 - B 7 AL 14/99 R - BSGE 84, 225, 227 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 RdNr 14; vgl zuletzt BSG vom 13.3.2018 - B 11 AL 12/17 R - juris, RdNr 10, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4300 § 159 Nr 5 vorgesehen). Der Kläger begehrt allein die Zahlung
von Alg für den Zeitraum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014.
Zwar hat der Kläger mit seiner Arbeitslosmeldung zum 1.7.2014 ein Stammrecht auf Alg erworben, weil er die Regelvoraussetzungen
des Anspruchs auf Alg erfüllte. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG hat er sich am 30.5.2014 arbeitsuchend
und auch mit Wirkung zum 1.7.2014 arbeitslos gemeldet (§
137 Abs
1 Nr
2, §
141 SGB III), die Anwartschaftszeit erfüllt (§
137 Abs
1 Nr
3, §
142 SGB III) und war auch arbeitslos (§
137 Abs
1 Nr
1, §
138 SGB III). Das Berufungsgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass der Auszahlungsanspruch auf Alg in dem Zeitraum vom 1.7.2014
bis 7.7.2014 wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht hat.
Nach §
159 Abs
1 Satz 1
SGB III ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich ein Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne
dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach §
159 Abs
1 Satz 2 Nr
7 SGB III vor, wenn die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach §
38 Abs
1 SGB III nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung). Nach §
38 Abs
1 Satz 1
SGB III sind Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung
persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Über seinen Wortlaut hinaus setzt §
159 Abs
1 Satz 2 Nr
7 SGB III als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Verschulden des Arbeitsuchenden voraus. Insofern hat der Senat bereits entschieden,
dass der Anlass einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung weiterhin die Verletzung einer versicherungsrechtlichen
Obliegenheit ist (vgl hierzu ausführlich BSG vom 13.3.2018 - B 11 AL 12/17 R - juris, RdNr 12 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4300 § 159 Nr 5 vorgesehen). Dabei ist Anknüpfungspunkt einer
Obliegenheitsverletzung nicht der Eintritt eines bestimmten Erfolges (etwa Arbeitslosigkeit), sondern das dem Erfolgseintritt
vorgelagerte schuldhafte Fehlverhalten (vgl Voelzke, Die Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht,
2004, 222 ff). Der Senat hat betont, dass - auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten (siehe dazu BVerfG vom 10.2.1987
- 1 BvL 15/83 - BVerfGE 74, 203, 216 f) - dem Leistungsberechtigten eine Obliegenheitsverletzung mit nachteiligen Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch
nur entgegengehalten werden kann, wenn er gegen diese subjektiv vorwerfbar verstößt (vgl im Einzelnen BSG vom 13.3.2018, aaO).
Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung
vorlagen. Da das der Versicherungspflicht unterliegende Beschäftigungsverhältnis des Klägers zum 30.6.2014 endete und er sich
erst am 30.5.2014 und damit nicht - wie gesetzlich in §
38 Abs
1 Satz 1
SGB III gefordert - spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend gemeldet hat, liegt eine verspätete
Arbeitsuchendmeldung vor.
Der Kläger ist seiner Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung auch subjektiv vorwerfbar nicht nachgekommen. Ein Verschulden
ist zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte
Obliegenheit war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses
bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat (vgl zur "doppelten Verschuldensprüfung": BSG vom 28.8.2007 - B 7/7a AL 56/06 R - SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 13; BSG vom 13.3.2018 - B 11 AL 12/17 R - juris, RdNr 13 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4300 § 159 Nr 5 vorgesehen). Ausgehend von diesem nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zugrunde zu legenden subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab (zu den Anforderungen vgl etwa BSG vom 29.10.2008 - B 11 AL 52/07 R - SozR 4-4300 § 118 Nr 2 RdNr 20 mwN) hat das LSG unter Berücksichtigung seiner nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen
und damit für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen (§
163 SGG), auch zu einer bei dem Kläger vorhandenen persönlichen Einsichtsfähigkeit, eine fahrlässige Unkenntnis der Obliegenheit
zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung bejaht. Da das LSG auch keine Hinderungsgründe für eine rechtzeitige Arbeitsuchendmeldung
festgestellt hat, ergibt sich auch, dass sich der Kläger fahrlässig nicht zeitgerecht bei der Beklagten gemeldet hat.
Der Kläger kann sich für sein pflichtwidriges Verhalten auch auf keinen wichtigen Grund iS des §
159 Abs
1 Satz 1
SGB III berufen. Ein solcher ist anzunehmen, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter
Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden kann
(stRspr; vgl etwa BSG vom 12.9.2017 - B 11 AL 25/16 R - SozR 4-4300 § 159 Nr 3 RdNr 16), ohne dass es bei diesem Tatbestandsmerkmal auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Arbeitsuchenden
ankommt (vgl hierzu im Einzelnen BSG vom 13.3.2018 - B 11 AL 12/17 R - juris, RdNr 14, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4300 § 159 Nr 5 vorgesehen). Unzumutbare Umstände im vorbezeichneten
Sinne hat das LSG nicht festgestellt. Insbesondere verfügte der Kläger über keine verbindliche Zusage für ein nahtloses Anschlussbeschäftigungsverhältnis,
was abhängig von weiteren konkreten Umständen des Einzelfalls ggf zur Unzumutbarkeit einer frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung
führen kann (vgl Coseriu in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
159 RdNr 493, Stand Oktober 2015). Insofern hat das LSG für den Senat bindend festgestellt (§
163 SGG), dass keine belegten und nachvollziehbaren Umstände vorgelegen hätten, die bei objektiver Beurteilung den hinreichend sicheren
Schluss auf die wenigstens überwiegende Wahrscheinlichkeit der Fortführung des befristeten Arbeitsverhältnisses des Klägers
zugelassen hätten.
Die Vorinstanzen sind auch zutreffend davon ausgegangen, dass die einwöchige Sperrzeit in dem Zeitraum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014
eingetreten ist. Nach §
159 Abs
2 Satz 1
SGB III beginnt die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit
fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Das Ereignis iS des §
159 Abs
2 Satz 1
SGB III, das den Lauf der einwöchigen Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung in Gang setzt, ist nicht bereits die verspätete
Arbeitsuchendmeldung, sondern (erst) der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit. Dies ergibt sich - wie der Senat bereits im
Einzelnen dargelegt hat (vgl BSG vom 13.3.2018 - B 11 AL 12/17 R - juris, RdNr 15 ff mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4300 § 159 Nr 5 vorgesehen) - aus dem Wortlaut des §
159 Abs
1 Satz 2 Nr
7 SGB III iVm §
159 Abs
2 Satz 1
SGB III, der Systematik der Sperrzeitregelungen insgesamt, einer gesetzeshistorischen Auslegung sowie dem Sinn und Zweck der Sperrzeit
wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung.
Schließlich bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Sperrzeitregelung des §
159 Abs
1 Satz 2 Nr
7 SGB III. Der Kläger rügt zu Unrecht eine Verletzung des Art
14 Abs
1 Satz 1
GG mit Bezug auf die Entscheidung des BSG vom 28.8.2007 (B 7/7a AL 56/06 R - SozR 4-4300 § 37b Nr 5). Zwar ist ein Anspruch auf Alg grundsätzlich durch die Eigentumsgarantie
geschützt (vgl nur BVerfG vom 12.2.1986 - 1 BvL 39/83 - SozR 4100 § 104 Nr 13 S 12; BVerfG vom 10.2.1987 - 1 BvL 15/83 - SozR 4100 § 120 Nr 2 RdNr 36 mwN). Ein Eingriff in den Schutzbereich des Eigentums liegt aber nur dann vor, wenn der Bestand
an geschützten vermögenswerten Rechten in der Hand des Grundrechtsinhabers aufgrund einer gesetzlichen oder auf einem Gesetz
beruhenden staatlichen Maßnahme zu einem bestimmten Zeitpunkt vermindert wird (vgl BVerfG vom 26.9.2005 - 1 BvR 1773/03 - SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 14; BSG vom 25.8.2011 - B 11 AL 30/10 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 22 RdNr 23). Daran fehlt es hier. Der Kläger hat den für den streitigen Zeitraum geltend gemachten
Alg-Anspruch als Stammrecht durch seine Beschäftigung vom 26.5.2011 bis 30.6.2014 und damit nach der Einführung des eigenständigen
Sperrzeittatbestands des §
144 Abs
1 Satz 2 Nr
7 SGB III durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2005 (BGBl I 3676), dem §
159 Abs
1 Satz 2 Nr
7 SGB III entspricht, erworben. Dieser Alg-Anspruch war von vornherein mit der Möglichkeit der Sanktion in Form einer Sperrzeit bei
verspäteter Arbeitsuchendmeldung belastet. Insofern besteht - bezogen auf einen Eingriff in Art
14 Abs
1 GG - eine andere Ausgangslage als in dem vom Kläger zitierten Urteil des Senats vom 28.8.2007 (B 7/7a AL 56/06 R - SozR 4-4300
§ 37b Nr 5), weil vorliegend auch ein etwaiger Restanspruch aus der Zeit vor Aufnahme der letzten Beschäftigung des Klägers
(Mai 2011 bis Juni 2014) von vornherein mit einer Minderungsmöglichkeit wegen dieser Sperrzeit belastet gewesen wäre.
Auch unter Berücksichtigung des bei jedem möglichen Grundrechtseingriff zu beachtenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit,
der sich als übergreifender Grundsatz allen staatlichen Handels aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art
20 Abs
3 GG) ableiten lässt und Verfassungsrang hat (vgl BSG vom 9.2.1995 - 7 RAr 34/94 - BSGE 76, 12, 15 = SozR 3-4100 § 119a Nr 2 mwN), ergibt sich kein anderes Ergebnis. Der Gesetzgeber konnte eine Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität
berücksichtigende sowie typisierende und pauschalierende Regelung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung mit der Sanktionsfolge
einer einwöchigen Sperrzeit schaffen. Zwar ist nach dem von dem Kläger benannten Bericht der Bundesregierung zur Wirksamkeit
moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 21.12.2006 (BT-Drucks 16/3982, S 18, 86 f) im Jahr 2005 ein direkter Übergang
in eine neue Erwerbstätigkeit (noch) nicht in dem ursprünglich erhofften Umfang erreicht worden. Angesichts der dort bezeichneten
vielschichtigen und beeinflussbaren Gründe (ua unzureichende Kooperation der Arbeitsuchenden, mangelnde Freistellung von der
bisherigen Beschäftigung für eine Maßnahmeteilnahme, Zeitmangel bei Arbeitsvermittlerinnen und -vermittlern) konnte der Gesetzgeber
aber im Rahmen seiner weiten Gestaltungsmöglichkeiten weiterhin von einer grundsätzlichen Eignung der Sperrzeitregelung wegen
verspäteter Arbeitsuchendmeldung zur Erreichung des angestrebten Ziels einer schnellen beruflichen Wiederintegration ausgehen
(vgl zu weiteren Forschungsansätzen: Stephan, in WSI-Mitteilungen 2016, 292 ff; vgl zu einer Verdoppelung der Anzahl der Job-to-JobIntegrationen
im Jahr 2006 gegenüber dem Jahr 2005: BT-Drucks 16/13875, S 43). Im Vergleich zu der früheren Regelung der §§ 37b, 140
SGB III ist mit der einwöchigen Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung zudem eine geringere Belastung des Arbeitslosen verbunden
(vgl hierzu BSG vom 28.8.2007 - B 7/7a AL 56/06 R - SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 21). Schließlich setzt die Verletzung der Obliegenheit zur
frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung auf Seiten des Versicherten ein Verschulden nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab
voraus und schafft damit ein Korrektiv (vgl zB BSG vom 25.8.2011 - B 11 AL 30/10 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 22 RdNr 25 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.