Gründe
I
Das Hessische LSG hat mit Urteil vom 15.8.2019 den Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung (in Höhe von 1131,69 Euro nebst
Zinsen) für die Selbstbeschaffung eines Adaptiv-Rollstuhls aus der privaten Pflegepflichtversicherung gegen den beklagten
Krankenversicherungsverein a.G. verneint, bei dem die Klägerin kranken- und pflegeversichert ist: Nach § 178b Abs 4 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) iVm dem vereinbarten Tarif der privaten Pflegeversicherung bestehe für die Leistungen zur häuslichen Pflege - entsprechend
§
40 Abs
1 Satz 1 Halbsatz 1
SGB XI - zwar Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Pflegehilfsmittel. Bei dem Adaptiv-Rollstuhl handele es sich laut dem Pflegehilfsmittelverzeichnis
der privaten Pflegeversicherung hingegen nicht um einen Rollstuhl zur Erleichterung der Pflege, sondern um ein Kranken-/Behindertenfahrzeug
als Hilfsmittel der Krankenversicherung. Da das streitige Hilfsmittel die Geh-, Steh- und Bewegungsunfähigkeit der Klägerin
- wenn auch nur unzureichend - ausgleiche, diene es im Schwerpunkt nicht der Erleichterung der Pflege sondern dem Behinderungsausgleich.
Diese Überzeugung habe das LSG aus dem im Berufungsverfahren eingeholten, nach persönlicher Untersuchung der Klägerin erstellten
und in sich widerspruchsfreien Sachverständigengutachten des Dr. S. gewonnen. Wäre die Klägerin gesetzlich krankenversichert,
hätte sie Anspruch auf Hilfsmittelversorgung gemäß §
33 SGB V.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf Verfahrensmängel (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der allein geltend gemachte Grund des Verfahrensmangels nicht formgerecht
aufgezeigt worden ist (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG). Sie war deshalb ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Die vorgenannten Maßgaben sind hier nicht erfüllt. Weder die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG, dazu unter 1.), noch des Fragerechts (§
62 SGG, §
116 Satz 2
SGG, dazu unter 2.) werden formgerecht aufgezeigt.
1. Die Klägerin trägt hierzu vor, das LSG sei ihrem Antrag auf weitere Beweisaufnahme, dass der selbstbeschaffte Adaptiv-Rollstuhl
ein Pflegehilfsmittel sei, ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Sie habe hinreichend deutlich gemacht, dass das streitige
Hilfsmittel den Aufenthalt außerhalb eines Pflegebettes erst ermögliche, nur in geringem Umfang die Fortbewegung unterstütze
und vor allem dem dauerhaften und schmerzgelinderten Sitzen zur Erleichterung der Pflege und Vermeidung überflüssiger und
schmerzhafter Positionswechsel diene. In seiner zentralen Funktion und der insoweit anfallenden weit überwiegenden Nutzungsdauer
sei der Adaptiv-Rollstuhl daher ein Pflegehilfsmittel. Hierzu habe das LSG weiteren Beweis erheben müssen. Ein formgerechter
Beweisantrag liege zwar nicht vor und sei auch nicht erforderlich gewesen, da die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht anwaltlich
vertreten gewesen sei. Die sinngemäß gestellten Anträge in ihren Schriftsätzen vom 8.9. und 21.11.2018 genügten daher.
Mit diesem Vortrag wird eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG) nicht hinreichend dargetan. Ist der Beschwerdeführer in der Berufungsinstanz durch keinen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten
vertreten, sind zwar an Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen
(stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 31.7.2013 - B 5 R 53/13 B - juris RdNr 9). Gleichwohl muss ein unvertretener Beteiligter angeben, welche konkreten Punkte er am Ende des Verfahrens noch für aufklärungsbedürftig
gehalten hat und auf welche Beweismittel das Gericht hätte zugreifen sollen, um diese weiter aufzuklären (vgl BSG Beschlüsse vom 2.6.2003 - B 2 U 80/93 B - juris RdNr 4 und vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - juris RdNr 11). Das Berufungsgericht ist in einem solchen Fall dem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nur dann nicht gefolgt, wenn
es objektiv im Rahmen der Amtsermittlungspflicht zu weiterer Sachaufklärung gehalten war, wenn es sich also von seinem Rechtsstandpunkt
aus zur beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen (stRspr, vgl nur BSG Beschlüsse vom 2.3.2010 - B 5 R 208/09 B - juris RdNr 5 und vom 7.4.2011 - B 9 VG 16/10 B - juris RdNr 14). Diese Anforderungen hat die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung nicht hinreichend aufgezeigt. Denn es reicht nicht aus
zu bemängeln, dass dem LSG ein ernsthaftes Interesse an Aufklärung des Sachverhalts gefehlt habe; es sei lediglich den widersprüchlichen,
nichtssagenden und floskelhaften Ausführungen des Gutachtens gefolgt, wie die im Urteil zu findenden Allgemeinplätze zeigten
(S 6 der Beschwerdebegründung). Auch die pauschal geäußerte Kritik an der Geeignetheit des Gutachtens bzw seines Gutachtenstils (Beschwerdebegründung S 3 f) ist nicht hinreichend plausibel, um die Notwendigkeit einer weiteren Beweisaufnahme nach vorgenannten Maßstäben zu begründen.
Für die allgemeine Bezugnahme auf die Schriftsätze vom 8.9. und vom 21.11.2018, mit denen die "Unbrauchbarkeit des Gutachtens"
und dessen "Unverwertbarkeit" behauptet wird (Beschwerdebegründung S 5), gilt nichts anderes. Denn bei alledem fehlt es an hinreichend konkret formulierten Punkten, die aus Sicht des LSG noch aufklärungsbedürftig
hätten erscheinen müssen. Aus dem Vortrag folgt auch nicht, dass das Gutachten "ungenügend" iS des §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
412 Abs
1 ZPO sein könnte. Dies wird zwar behauptet; in der Beschwerdebegründung wird allerdings nicht nachvollziehbar dargestellt, aus
welchem Grund das Gutachten grobe Mängel, unlösbare Widersprüche enthalte oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen
ausgehe, die Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben könnten (vgl dazu BSG, Beschluss vom 30.1.2020 - B 9 V 40/19 B - juris RdNr 11 mwN).
2. Soweit die Klägerin darüber hinaus die Verletzung ihres Fragerechts rügt, dem Sachverständigen die Fragen vorzulegen, die
sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet, sind die Darlegungsvoraussetzungen nach §
116 Satz 2 iVm §
118 Abs
1 Satz 1
SGG iVm §§
397,
402,
411 Abs
4 ZPO ebenfalls nicht erfüllt. Da das Fragerecht an den Sachverständigen der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs (§
62 SGG) dient, muss eine entsprechende Rüge aufzeigen, dass der Beteiligte alles getan hat, um die Anhörung des Sachverständigen
zu erreichen. Hierzu gehört ua auch, dass in der Beschwerdebegründung dargelegt wird, dass ein darauf gerichteter Antrag mit
objektiv sachdienlichen Fragen innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Erstattung des Gutachtens und hier insbesondere
rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung gestellt wurde (stRspr, vgl nur BSG SozR 4-1500 § 116 Nr 1 mwN). Diesen Maßgaben entsprechend fehlt es ebenso an qualifiziertem Vortrag. Einem solchen Antrag muss nicht nachgegangen werden,
wenn ua die an den Sachverständigen zu richtenden Fragen nicht hinreichend genau benannt werden (vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 355/11 B - juris RdNr 14). Die erläuterungsbedürftigen Punkte müssen hinreichend konkret bezeichnet werden (vgl BSG SozR 3-1750 § 411 Nr 1). Hier ist nicht nachvollziehbar, welche an den Sachverständigen zu richtenden Fragen oder erklärungsbedürftigen Punkte sich
aus den Schriftsätzen vom 8.9.2018 und vom 21.11.2018 ergaben. Dies lässt sich dem Beschwerdevortrag nicht klar entnehmen
und ergibt sich auch nicht allein daraus, dass die Klägerin umfassend zum Sachverständigengutachten Stellung genommen habe
und hierin sinngemäß der Antrag auf Befragung des Gutachtens liege (Beschwerdebegründung S 7) .
3. Im Kern wendet sich die Klägerin mit ihrem gesamten Vorbringen letztendlich gegen die vom LSG im angefochtenen Urteil vorgenommene
Würdigung des Sachverständigengutachtens. In einem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann jedoch gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG die Richtigkeit der Beweiswürdigung der Vorinstanz (§
128 Abs
1 Satz 1
SGG) nicht überprüft werden. Die Auseinandersetzung mit medizinischen Befundberichten und Gutachtenergebnissen gehört zur Beweiswürdigung
selbst und damit zu den Kernaufgaben der Tatsacheninstanz, die hingegen nicht Gegenstand der Überprüfung im Verfahren der
Nichtzulassungsbeschwerde sind.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.