Rentenversicherung - Vormerkungsbescheid; Verschlüsselung von Beitragszeiten im Versicherungsverlauf; Rechtsschutzbedürfnis
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kennzeichnung von Zeiten und Entgelten im Versicherungsverlauf eines Vormerkungsbescheides.
Der 1950 geborene Kläger wohnte am 18. Mai 1990 im Beitrittsgebiet und war dort seit 1. September 1975 versicherungspflichtig
beschäftigt und leistete seitdem Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) der Staatlichen Sozialversicherung.
Der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme (nachfolgend: Zusatzversorgungsträger) stellte zu Gunsten des Klägers
mit Bescheid vom 18. März 2011 dessen Beschäftigungszeiten vom 1. September 1975 bis 30. Juni 1990 sowie die in diesen Zeiten
erzielten Entgelte als nachgewiesene Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz fest. Dabei stellte
der Zusatzversorgungsträger das erzielte Arbeitsentgelt tabellarisch dar und schlüsselte die jeweiligen Gesamtsummen des zu
berücksichtigenden Entgelts in die Kategorien: "Soz.-Pfl." (= Sozialpflichtversicherung), "FZR" (= Freiwillige Zusatzrentenversicherung)
und "Versorg." (= Versorgung) auf.
Mit Vormerkungsbescheid vom 27. April 2011 stellte die Beklagte die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten
bis 31. Dezember 2004 verbindlich fest. Die Anlage 2 des Bescheides vom 27. April 2011 führte im sog. Versicherungsverlauf
die Beschäftigungszeiten des Klägers bis 31. Dezember 2010 auf. Dem Versicherungsverlauf legte die Beklagte die im Bescheid
des Zusatzversorgungsträgers vom 27. Februar 2003 getroffenen Feststellungen zu den Entgelten vollständig zu Grunde und begrenzte
sie gegebenenfalls auf die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze. Dabei kennzeichnete sie im Versicherungsverlauf die Entgelte
bis 7.200 Mark unter der Bezeichnung "SVA" und alle darüber liegenden Entgelte unter "AAÜG" (überwiegend getrennt als "Pflichtbeitragszeit" und als "zusätzlicher Arbeitsverdienst" unter zweimaliger Aufschlüsselung
in "AAÜG") und übernahm nicht die im Feststellungsbescheid des Zusatzversorgungsträgers dargestellte Aufschlüsselung der Entgelte
in "Soz.-Pfl.", "FZR" und "Versorg.".
Den gegen den Vormerkungsbescheid vom 27. April 2011 gerichteten Widerspruch des Klägers vom 25. Mai 2011, mit dem dieser
die Kennzeichnung der Zeiten vom 1. September 1975 bis 30. Juni 1990 dahingehend rügte, die erste Kennzeichnung "AAÜG" sei nicht korrekt, vielmehr müsse es "FZR" heißen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2011 zurück.
Der Widerspruch sei unzulässig, da der Kläger nicht beschwert sei. Die Kennzeichnung habe keine Auswirkung auf die Höhe seiner
Rente. Im Übrigen sei der Widerspruch unbegründet, da die Zusatzversorgungszeiten korrekt gespeichert worden seien. Eine Korrektur
der Kennzeichnung "AAÜG" in "FZR" für die Zeiten vom 1. September 1975 bis 30. Juni 1990 sei nicht möglich, da die Zeiten der Zusatzversorgung, so
wie sie vom Zusatzversorgungsträger gemeldet seien, gespeichert worden seien.
Die hiergegen am 5. Dezember 2011 erhobene Klage, mit der der Kläger eine falsche Tatsachenfeststellung dahingehend rügte,
dass die vom Zusatzversorgungsträger als "FZR" gekennzeichneten Zeiten neben den mit "AAÜG" gekennzeichneten Zeiten zu speichern seien, hat das Sozialgericht Dresden mit Gerichtsbescheid vom 19. September 2013 abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei unzulässig. Es fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da die begehrte Entscheidung
die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessere. Eine höhere Rentenzahlung sei aufgrund einer geänderten
Kennzeichnung der Zeiten nicht möglich. Es bestehe auch kein Rechtsschutzbedürfnis, soweit der Kläger eine vorbeugende Feststellungsklage
verfolge. Denn derzeit sei kein den Befürchtungen des Klägers entsprechendes Gesetzesvorhaben bekannt. Damit sei das für eine
vorbeugende Feststellungsklage erforderliche berechtigte Interesse an einer baldigen vorbeugenden Feststellung nicht ersichtlich.
Gegen den am 25. September 2013 zugestellten Gerichtsbescheid legte der Kläger am 15. Oktober 2013 Berufung ein, mit der er
sein Begehren weiterverfolgt. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten entsprächen nicht den Grundsätzen der korrekten Tatsachenfeststellungen
im Kontenklärungsverfahren. Die in den eingeforderten Zeiträumen aufgeführten Entgelte würden auf einer Beitragszahlung des
Klägers zur freiwilligen Zusatzrente beruhen. Sie seien entsprechend dem Anspruch des Klägers auf korrekte Tatsachenfeststellung
im Versicherungsverlauf mit der Kennzeichnung "FZR", statt wie bisher geschehen unter der Bezeichnung "AAÜG", zu verschlüsseln. Die Beklagte habe hinsichtlich der Zeiträume und der Entgelte keine eigenständige Entscheidungsbefugnis.
Sie sei an die Feststellungen des Zusatzversorgungsträgers gebunden. Darüber hinaus verstoße die von der Beklagten vorgenommene
Entgeltspeicherung nach den Kategorien "SVA" und zweimal "AAÜG", statt "SVA", "FZR" und "AAÜG" gegen den bundesrechtlich zu beachtenden Grundsatz der Trennung zwischen echter Sozialversicherung einschließlich FZR auf
der einen Seite und Zusatzversorgung auf der anderen Seite. Hinsichtlich der mit der Kennzeichnung "FZR" zu verschlüsselnden
Entgelte habe der Kläger eigene Beiträge gezahlt. Diese seien im Hinblick auf eventuelle Rechtsänderungen einem erhöhten Schutz
entsprechend der Eigentumsgarantie unterworfen. Die der Versorgung zuzuordnenden Entgelte mit der Kennzeichnung "AAÜG" würden nicht auf eigener Beitragszahlung beruhen, so dass dem Gesetzgeber bezüglich der künftigen Anrechnung und Bewertung
dieser Zeiten ein weitaus größerer Gestaltungsspielraum zustehe. Gerade im Hinblick auf eine möglicherweise in der Zukunft
eintretende Aussparungsproblematik, die gerade im Zusammenhang mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit früherer Feststellungsbescheide
des Zusatzversorgungsträgers häufiger auftrete (wie zum Beispiel in der Vergangenheit mit der Rechtsprechung zur "leeren Hülle"),
sei die korrekte Feststellung von FZR-Entgelten von großer Bedeutung.
Der Kläger beantragt - sinngemäß und sachdienlich gefasst -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 19. September 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Vormerkungsbescheides
vom 27. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2011 zu verurteilen, die Kennzeichnung "AAÜG" im Versicherungsverlauf des Vormerkungsbescheides für nachstehend aufgeführte Zeiträume und Entgelte in "FZR" zu ändern:
1. September bis 31. Dezember 1975
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313,60 Mark
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1. Januar bis 13. November 1978
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975,27 Mark
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Kalenderjahr 1979
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6.524,70 Mark
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Kalenderjahr 1980
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6.752,00 Mark
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Kalenderjahr 1981
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8.358,00 Mark
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Kalenderjahr 1982
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8.216,00 Mark
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Kalenderjahr 1983
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7.996,00 Mark
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1. Januar bis 24. Dezember 1984
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8.103,00 Mark
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1. Januar bis 10. Oktober 1985
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6.755,00 Mark
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1. Januar bis 17. Dezember 1986
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9.214,00 Mark
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1. Januar bis 29. Oktober 1987
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8.680,00 Mark
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1. Januar bis 12. Dezember 1988
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9.163,00 Mark
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1. Januar bis 29. Oktober 1989
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8.721,00 Mark
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1. Januar bis 30. Juni 1990
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6.133,00 Mark.
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Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Das Gericht hat eine Anfrage des Gerichts aus einem anderen Berufungsverfahren (L 4 R 777/12) vom 27. März 2014 sowie die Auskunft des Zusatzversorgungsträgers vom 17. April 2014 beigezogen und den Beteiligten mit
gerichtlichen Schreiben vom 25. August 2014 zur Kenntnis übersandt.
Mit Schriftsätzen vom 29. August 2014 und 10. September 2014 haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung
des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des
Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt
haben (§
153 Abs.
1 in Verbindung mit §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 19. September
2013 abgewiesen hat. Der Vormerkungsbescheid der Beklagten vom 27. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
2. November 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil er keinen Anspruch darauf hat, dass
die im Versicherungsverlauf des Vormerkungsbescheides vom 27. April 2011 unter der Abkürzung "AAÜG" gespeicherten Entgelte der entsprechenden Pflichtbeitragszeiten unter der Abkürzung "FZR" gekennzeichnet werden.
Die Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil der Kläger nicht in seinen Rechten beschwert ist. Bei den
zu Grunde liegenden Entgeltfeststellungen hat die Beklagte die für die Zeiten einer fiktiven Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem
der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom Zusatzversorgungsträger mit Bescheid
vom 18. März 2011 festgestellten Entgelte vollständig übernommen. Soweit diese Entgelte ausweislich des Versicherungsverlaufs
nicht - wie vom Kläger gewünscht - in Entgelte nach den Kategorien "SVA", "FZR" und "AAÜG" aufgeschlüsselt sind, sondern die Beklagte lediglich eine aufgeschlüsselte Kennzeichnung mit "SVA" und "AAÜG" und - soweit der Kläger für zu berücksichtigende Entgeltanteile keine Beitragsleistungen erbracht hat - die Kennzeichnung
zweifach mit "AAÜG" mit der Bemerkung "Pflichtbeitragszeit" und "zusätzlicher Arbeitsverdienst" verwendet hat, ist der Kläger nicht beschwert.
Eine Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers, für die nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) festgestellten Arbeitsentgelte bestimmte Entgeltbestandteile mit dem Kürzel "FZR" zu verschlüsseln, liegt nicht vor. Vielmehr
bestimmt §
259b Abs.
1 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VI) als Sonderregelung zu §
256a SGB VI ausdrücklich, dass für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem im Sinne des AAÜG bei der Ermittlung der Entgeltpunkte der Verdienst nach dem AAÜG zu Grunde zu legen ist. Bei dem vom Versorgungsträger nach § 6 AAÜG während der Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem zu ermittelnden, erzielten Arbeitsentgelt
oder Arbeitseinkommen kommt es aber nicht darauf an, ob dieses mit eigenen Beitragsleistungen abgesichert worden war. In diesem
Zusammenhang ist deutlich auf die Vorschrift des § 6 Abs. 7 Satz 2 AAÜG hinzuweisen, die die Überführung von Entgelten, auch von Beiträgen zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung, regelt. Danach
zählen FZR-Entgelte ebenfalls vollumfänglich als AAÜG-Entgelte, wenn sie während der Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem gezahlt worden sind. Daher kommt den
über den Gesamtverdienst hinausgehenden Feststellungen im Feststellungsbescheid des Versorgungsträgers vom 18. März 2011 auch
nur deklaratorischer Charakter zu und eröffnet dem Kläger keinen Rechtsanspruch auf aufgeschlüsselte Speicherung im Versicherungsverlauf
unter Übernahme der im Feststellungsbescheid der Zusatzversorgungsträgers vom 18. März 2011 verwendeten Kürzeln. Im Übrigen
ist von der Beklagten eine aufgeschlüsselte Speicherung der Entgeltanteile im Versicherungsverlauf in "Pflichtbeitragszeit"
(entspricht jeweils im Zeitraum und in der Entgeltsumme der Kennzeichnung durch den Zusatzversorgungsträger mit "Soz.-Pfl.")
und "zusätzlicher Arbeitsverdienst" (entspricht jeweils im Zeitraum und in der Entgeltsumme der Kennzeichnung durch den Zusatzversorgungsträger
mit "FZR") bereits vorgenommen worden, so dass eine vom Kläger, ohne Darlegung konkreter Anhaltspunkte, nur vermutete künftige
Unsicherheit, mit der er ein Rechtsschutzbedürfnis zur Führung des gerichtlichen Verfahrens zu begründen versucht, von Beginn
an nicht vorlag und auch gegenwärtig nicht ersichtlich ist.
Wie sich, sowohl aus § 8 Abs. 1 AAÜG als auch aus der, aus einem anderen Berufungsverfahren (L 4 R 777/12) beigezogenen, Auskunft des Zusatzversorgungsträgers vom 17. April 2014 ergibt, hat der Versorgungsträger lediglich, in einem
der Rentenfeststellung vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach §
149 Abs.
5 SGB VI ähnlichen, Verfahren Folgendes festzustellen:
- die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystems,
- die Höhe des aus der vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit beruhenden tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts
oder Arbeitseinkommens,
- die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze
in Betracht kommt, und
- in den Fällen des § 8 Abs. 1 Satz 3 AAÜG die Zahl von Arbeitsausfalltagen.
Darüber hinaus ist der Versorgungsträger weder ermächtigt noch verpflichtet, dem Rentenversicherungsträger weitere Tatsachen
verbindlich vorzuschreiben. Aus diesem Grund hat die Aufteilung des zu berücksichtigenden Entgelts in die Kategorien "Soz.-Pfl.",
"FZR" und "Versorg." lediglich deklaratorischen Charakter. Die Bindungswirkung der Feststellungen des Versorgungsträgers erstreckt
sich nur auf den festgestellten Zeitraum und den in Spalte 1 ("erzieltes Arb.-EG") in Summe festgestellten Arbeitsverdienst.
Die Beklagte hat alle für die Ermittlung des Wertes einer zukünftigen Rentenleistung maßgeblichen Tatsachen festgestellt und
die vom Zusatzversorgungsträger ermittelten Entgelte vollständig übernommen. Damit wird die Beklagte auch in die Lage versetzt,
eine zukünftige Rente in zutreffender Höhe zu ermitteln. Dies wird vom Kläger auch nicht angegriffen. Durch den Vormerkungsbescheid
vom 27. April 2011 ist der Kläger daher in seinen Rechten oder rechtlichen Interessen auch nicht verletzt, so dass kein schutzwürdiges
Interesse besteht die Gerichte in Anspruch zu nehmen.
Mit dem Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses, das sich im Allgemeinen ohne weiteres aus der formellen Beschwer eines
Versicherten ergibt, der mit seinem Begehren in der Verwaltung oder in vorangegangenen Instanzen unterlegen ist, soll erreicht
werden, dass ein Rechtsbehelf nicht eingelegt wird, ohne dass ein sachliches Bedürfnis des Betroffenen hieran besteht. Es
gilt der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte grundlos oder für unlautere Zwecke in Anspruch nehmen darf. Trotz
Vorliegens der Beschwer kann in seltenen Ausnahmefällen das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn der Rechtsweg unnötig, zweckwidrig
oder missbräuchlich beschritten wird. Unnütz und deshalb unzulässig ist ein Rechtsbehelf insbesondere dann, wenn durch die
angefochtene Entscheidung keine Rechte, rechtlichen Interessen oder sonstigen schutzwürdigen Belange des Rechtsbehelfsführers
betroffen sind und die weitere Rechtsverfolgung ihm deshalb offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile
bringen kann (vgl. dazu insgesamt: BSG, Urteil vom 8. Mai 2005 - B 2 U 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 13).
Bereits für die Erhebung der Klage stand dem Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Jegliche Rechtsverfolgung setzt
ein Rechtsschutzbedürfnis (Rechtsschutzinteresse) voraus. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn unzweifelhaft ist, dass das
begehrte Urteil die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessern würde. Das vom Kläger mit der Klage
- und ebenso mit der Berufung - verfolgte Ziel, die im Versicherungsverlauf des Vormerkungsbescheides vom 27. April 2011 mit
der Kennzeichnung "AAÜG" ausgewiesenen Entgelte stattdessen mit der Kennzeichnung "FZR" zu versehen, bringt dem Kläger keinen Vorteil. Denn die Bindungswirkung
eines Vormerkungsbescheides eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung erstreckt sich lediglich auf den Verfügungssatz,
d.h. auf die Entscheidung über die Feststellung von rentenversicherungsrechtlich erheblichen Tatbeständen, nicht hingegen
auf die Begründung des Bescheides, zu der insbesondere der Versicherungsverlauf gehören. Der Kläger verfolgt hier ausdrücklich
nicht das Ziel, den Verfügungssatz (Feststellung rentenversicherungsrechtlich erheblicher Tatbestände) abzuändern. Sein Klagebegehren
wirkt sich auch nicht auf einen der Verfügungssätze künftiger Rentenbescheide aus. Er kann keine höhere monatliche Rente oder
einen früheren Rentenbeginn mit den begehrten Kennzeichnungen beanspruchen. Die Bezeichnung der Entgelte im Versicherungsverlauf
wirkt sich in keiner Weise auf eine zukünftige Rentenhöhe aus. Der Kläger beanstandet lediglich die Darstellung von Berechnungsfaktoren,
die sich nach der geltenden Rechtslage nicht auf einen Verfügungssatz auswirken. Auch bei einem erfolgreichen Ausgang des
Gerichtsverfahrens erhält er keine Vorteile hinsichtlich der Feststellung rentenversicherungsrechtlich erheblicher Tatbestände.
Auch aus der Rechtsprechung der Vergangenheit (hier z.B. zur sog. "leeren Hülle"), ergibt sich kein Rechtschutzinteresse für
die begehrte Tatsachenfeststellung. Sofern der Kläger Nachteile in der Zukunft durch eventuelle Rechts- oder Rechtsprechungsänderungen
befürchtet, begehrt er (sinngemäß) vorbeugenden Rechtschutz. Vorbeugender Rechtschutz ist jedoch grundsätzlich wegen der Möglichkeit
des nachgehenden Rechtsschutzes gegen die hier befürchteten Nachteile unzulässig. Der Weg zu den Gerichten kann nämlich nicht
schon dann beschritten werden, wenn derzeit noch kein Bedarf für einen gerichtlichen Rechtsschutz besteht. Für die hier eingelegte
vorbeugende Klage müsste ein qualifiziertes Rechtschutzbedürfnis dargelegt werden, das nicht gegeben ist, wenn der Betreffende
auf nachträglichen Rechtschutz verwiesen werden kann. Letzteres ist hier der Fall: Der Kläger hat keine Gründe vorgetragen,
wonach es ihm unzumutbar wäre, in den vom ihm befürchteten Fall nachteiliger Rechts- (oder Rechtsprechungs-)änderung, den
Erlass von entsprechenden Bescheiden und ggf. Widerspruchsbescheiden sowie die Durchführung ggf. nachfolgender Klageverfahren
abzuwarten.
Sofern der Kläger meint, dass ihm durch die von der Beklagten vorgenommene Darstellung der Entgelte zukünftig möglicherweise
Rechtsnachteile entstehen, die ihn in seinem Schutz auf Eigentum (Art.
14 Abs.
1 des
Grundgesetzes [GG]) verletzen, sei darauf hingewiesen, dass er derzeit durch die Vorschriften in §§
300 Abs.
1 bis
3 und §
306 Abs.
1 SGB VI hinreichend geschützt wird. Der im §
300 Abs.
1 SGB VI normierte Grundsatz einer durchgängigen Anwendung des jeweils geltenden neuen Rechts wird durch §
300 Abs.
2 und Abs.
3 SGB VI sowie durch §
306 Abs.
1 SGB VI eingeschränkt. §
306 Abs.
1 SGB VI dient der Rechtssicherheit und begrenzt den mit der Einführung neuen Rechts für die Versicherungsträger ohnehin verbundenen
Verwaltungsaufwand. §
300 Abs.
3 SGB VI dient der Abgrenzung: Nur aus Anlass einer Rechtsänderung werden persönliche Entgeltpunkte nicht neu bestimmt. Dem Kläger
drohen somit derzeit keine rechtlichen oder wirtschaftlichen Nachteile. Selbst im unwahrscheinlichen Fall einer Rechts- (oder
Rechtsprechungs-)änderung kann der Kläger effektiven Rechtschutz über die Möglichkeit des nachgehenden Rechtschutzes erlangen.
Soweit der Kläger zur Begründung seines Rechtsschutzbedürfnisses auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) verweist, können diese Entscheidungen sein Begehren nicht stützen. In dem Revisionsverfahren B 13 R 118/08 R (Urteil vom 6. Mai 2010) ging es um die Frage, inwieweit nach Erlass eines Rentenbescheides für die Durchführung eines
gesonderten Rechtsbehelfsverfahrens gegen einen Vormerkungsbescheid noch ein Rechtsschutzbedürfnis besteht; inhaltlich stand
eine Berücksichtigung von Ausbildungs-Anrechnungszeiten in Streit. In dem vom Prozessbevollmächtigten des Klägers weiterhin
in Bezug genommenen Revisionsverfahren 4 RA 12/95 (Urteil vom 29. August 1996) war die Höhe einer Altersversorgung ab 1. Juli 1990 und damit die Umwertung einer aus Altersrente
des Sozialpflichtversicherung und Zusatzaltersrente bestehenden Bestandsrente Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Aus
beiden Revisionsverfahren lassen sich für das vorliegend in Streit stehende Rechtsschutzbegehren des Klägers keine Schlüsse
ziehen, denn die Beklagte hat unbestritten alle für die Ermittlung des Wertes des Rechts auf Regelaltersrente maßgeblichen
Tatsachen nach geltender Rechtslage festgestellt und wird sie der Berechnung der Rentenhöhe einer zukünftigen Rente zu Grunde
legen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.