Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Rüge der Verkennung des Streitgegenstandes
Lückenlose Darlegung des Verfahrensganges
Gründe:
Die gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG gerichtete Beschwerde der Klägerin ist zurückzuweisen,
weil sie zum Teil unzulässig und zum Teil unbegründet ist.
Die Revision kann nur aus den in §
160 Abs
2 SGG genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - zugelassen werden.
In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung,
von der das Urteil des LSG abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordern diese Vorschriften, dass der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (vgl nur Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen
Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 177 ff mwN). Anderenfalls ist die Beschwerde schon als unzulässig zu verwerfen.
1. Die Beschwerde ist unbegründet, soweit die Klägerin als Verfahrensmangel (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) geltend macht, dass das LSG ihre Berufung zu Unrecht als unzulässig verworfen und unter Verletzung von §
158 SGG ein Prozess- statt eines Sachurteils erlassen habe (vgl nur BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 105/16 B - SozR 4-1500 §
156 Nr
1, mwN). Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann. Der gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor.
Nach §
158 Satz 1 Var 1
SGG ist die Berufung ua als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft ist. Eine Berufung ist nicht zulässig, sondern
bedarf der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung
oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt (§
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG) und nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§
144 Abs
1 Satz 2
SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes iS von §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG richtet sich danach, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was er davon mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt. Bei einer Geldleistung
ist daher der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar
gestritten wird (vgl BSG vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes ist derjenige der
Einlegung der Berufung (vgl BSG vom 17.11.2005 - B 11a/11 AL 57/04 R - SozR 4-1500 § 96 Nr 4).
Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass die Klägerin zwar im Antrag gegenüber dem Beklagten
vom 21.6.2013 die zuschussweise Übernahme von Renovierungskosten in Höhe von 827,30 Euro verfolgt, ihr Begehren im Verfahren
vor dem SG jedoch mit Schreiben vom 2.2.2016 auf einen Betrag von 679 Euro konkretisiert habe, weshalb der Wert des Beschwerdegegenstandes
zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung 750 Euro nicht überstiegen habe.
Dies ist vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass die Klägerin in ihrem Schreiben an das SG vom 2.2.2016 zunächst die Frage stellt, ob sie "die Kosten der Renovierung" für die Wohnung in der F -Straße "selber tragen"
solle und sodann unter der Überschrift "Wir haben ausgegeben" verschiedene Kostenpositionen aufführt, wobei sie abschließend
die Bitte an das SG richtet, dieses möge ihr dabei helfen, dass sie "dieses Geld erstattet bekomme". Angesichts der Ausführungen der Klägerin
zu tatsächlich getätigten Aufwendungen ist nichts dafür ersichtlich, dass weiterhin die Übernahme der Kostenpositionen aus
dem damals fast drei Jahre zurückliegenden Antrag vom 21.6.2013 verfolgt werden sollte. Der pauschale Verweis der Klägerin
in ihrem Beschwerdevorbringen darauf, dass die im Schreiben vom 2.2.2016 erwähnten Kostenpositionen "keine Renovierungskosten"
betroffen hätten, sondern "schwerpunktmäßig den Fußboden und nicht die Wände" sowie "weitergehende Ersteinrichtungsbedarfe",
ist deshalb nicht überzeugend. Zudem räumt die Klägerin selbst ein, dass die Kostenpositionen im Schreiben vom 2.2.2016 jedenfalls
teilweise identisch mit denjenigen aus dem Antrag vom 21.6.2013 sind. Aus diesem Grund liegt ein Verstoß gegen §
158 Satz 1 Var 1 iVm §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG auch nicht im Hinblick auf die Umwandlung des auf den Antrag vom 21.6.2013 gewährten Darlehens in Höhe von 160 Euro in einen
Zuschuss vor, den die Klägerin damit begründet, dass keine Identität mit dem zuschussweise verfolgten Erstattungsbegehren
bestehe. Auch der damit im Zusammenhang stehende Hinweis der Klägerin auf ein weiteres Darlehen begründet keinen entsprechenden
Verstoß des LSG.
2. Im Übrigen ist die Beschwerde unzulässig, weil die Klägerin die weiteren von ihr behaupteten Verfahrensmängel jeweils nicht
iS des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG schlüssig bezeichnet hat.
a) Nicht schlüssig aufgezeigt hat die Klägerin eine Verletzung von §
158 Abs
1 Var 1
SGG im Hinblick darauf, dass die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr beträfe (§
144 Abs
1 Satz 2
SGG). Die Klägerin legt nicht dar, weshalb es sich bei der zuschussweisen Übernahme von tatsächlich aufgewendeten Renovierungskosten,
die sie ausweislich der Beschwerdebegründung begehrt, um eine wiederkehrende oder laufende Leistung handelt und nicht - was
nahe liegt - um eine einmalige Leistung, die sich grundsätzlich in einer einzigen Gewährung erschöpft. Aus dem Verweis der
Klägerin auf die von dem Beklagten verfügte Aufrechnung ergibt sich nichts anderes, denn die Klägerin legt bereits nicht dar,
dass die Aufrechnung Gegenstand des Verfahrens gewesen ist.
b) Nicht schlüssig aufgezeigt ist zudem ein Verstoß gegen §
158 Abs
1 Var 1
SGG dadurch, dass das LSG zu Unrecht ein Feststellungs- oder ein Untätigkeitsbegehren nicht berücksichtigt habe und für diese
Begehren die Wertgrenze des §
144 SGG keine Geltung hätte. Vor dem Hintergrund, dass die Klageart für die Anwendung des §
144 SGG grundsätzlich bedeutungslos ist, wenn das streitige Rechtsverhältnis gleichwohl - wie hier - eine Geldleistung zum Gegenstand
hat (vgl BSG vom 24.8.2017 - B 4 AS 223/17 B; BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R), hätte es weiterer Ausführungen zu einer Verletzung des §
144 SGG durch das LSG bedurft.
c) Soweit die Klägerin sinngemäß geltend macht, dass das LSG ihr Begehren und damit den Streitgegenstand verkannt habe, indem
es nicht über ein von ihr verfolgtes Feststellungs- sowie ein Untätigkeitsbegehren entschieden habe, ist ein Verfahrensmangel
nicht schlüssig aufgezeigt. Nach §
123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Anträge gebunden zu sein. Die Darlegung eines
Verfahrensmangels, der in der Verkennung des Rechtsmittel- bzw des Streitgegenstandes liegt, erfordert die lückenlose Darlegung
des Verfahrensganges unter Auslegung der den Rechtsmittel- bzw Streitgegenstand bestimmenden Entscheidungen und Erklärungen
(vgl BSG vom 10.2.1988 - 9/9a BV 80/87 - SozR 1500 § 160a Nr 62) und die sorgfältige Auseinandersetzung mit dem Regelungsgehalt der angegriffenen Verwaltungsentscheidungen, dem Klagebegehren,
der Entscheidung erster Instanz und dem Berufungsbegehren (vgl BSG vom 28.12.2005 - B 12 KR 42/05 B). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht, die weder den Verfahrensgang darstellt noch sich mit dem Regelungsgehalt
der Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen auseinandersetzt.
d) Ein Verfahrensmangel ist auch nicht im Hinblick darauf schlüssig aufgezeigt, dass die Klägerin die zeitgleiche Entscheidung
des LSG über die Berufung und die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung rügt. Jedenfalls legt die Klägerin nicht
dar, ob und inwieweit die angefochtene Entscheidung des LSG auf dem gerügten Verfahrensmangel beruhen kann. Sofern - wie hier
- nicht ein absoluter Revisionsgrund geltend gemacht wird (vgl §
202 Satz 1
SGG, §
547 ZPO), bedarf es hierzu des Vorbringens, dass und warum das LSG ohne den gerügten Verfahrensmangel zu einer für die Klägerin günstigeren
Entscheidung hätte gelangen können (vgl BSG vom 5.4.2017 - B 14 AS 376/16 B - juris, RdNr 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
160 RdNr 23, §
160a RdNr 16c), woran es vorliegend mangelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§
183,
193 SGG.