Berücksichtigung von Ausbildungszeiten bei der Rentenberechnung
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte unter Berücksichtigung von Ausbildungs-Anrechnungszeiten als selbst
nicht bewertete nicht belegungsfähige Zeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung einen höheren Wert des Rechts des Klägers
auf Altersrente festzustellen hat.
Der am 24. April 1934 geborene Kläger absolvierte nach seinem Abitur in der Zeit vom 18. April 1955 bis 10. Mai 1966 ein Hochschulstudium.
Die Beklagte erkannte ihm ab 1. Mai 1999 das Recht auf eine Regelaltersrente zu (Bescheid vom 2. November 1999). Den monatlichen
Wert dieses Rechts stellte sie ab Rentenbeginn mit 1.554,76 DM fest. Hierbei berücksichtigte sie ua die Zeiten vom 24. April
1951 bis 7. März 1955 als Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres (48 Monate) sowie die
Zeiten vom 18. April 1955 bis 30. April 1956 (13 Monate) als Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung. Mit seinem Widerspruch
begehrte der Kläger, die nicht mit Entgeltpunkten (EP) für Anrechnungszeiten bewerteten Ausbildungszeiten bei der Ermittlung
der belegungsfähigen Kalendermonate für die Grund- und Vergleichsbewertung rentenneutral als beitragsfreie Zeiten einzustellen.
Während des Widerspruchsverfahrens nahm die Beklagte eine Neufeststellung der Rentenhöchstwertfestsetzung unter zusätzlicher
Berücksichtigung einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit vom 1. Januar 1978 bis 30. Juni 1978 vor (Bescheid vom 20. Dezember
1999). Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 21. März 2000).
Vor dem Sozialgericht (SG) hat der Kläger beantragt, bei der Festsetzung des Werts seines Rechts auf Altersrente die Zeit vom 1. Mai 1956 bis 31. Dezember
1956 als Ausbildungs-Anrechnungszeit zu berücksichtigen und die Zeit vom 1. Mai 1956 bis 10. Mai 1966 als beitragsfreie Zeit
zu bewerten und gemäß §
72 Abs
3 Nr
1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (
SGB VI) vom belegungsfähigen Gesamtzeitraum abzuziehen.
Das SG hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 23. November 2001). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Kläger könne die Berücksichtigung einer weiteren Ausbildungs-Anrechnungszeit vom 1. Mai bis 31. Dezember
1956 nicht verlangen; die Beklagte habe in den Bescheiden vom 2. November und 20. Dezember 1999 das zur Zeit der Rentenbewilligung
geltende Recht, nämlich §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
4 SGB VI iVm §
252 SGB VI zutreffend angewandt und insgesamt 61 Kalendermonate als Ausbildungs-Anrechnungszeiten eingestellt. Die Erhöhung dieser Zeit
von (grundsätzlich) drei Jahren auf acht Jahre durch die zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetzesänderung sei nicht
rückwirkend erfolgt. Einer rechtliche Beachtung ab 1. Januar 2002 stehe §
306 SGB VI entgegen. Bei der Ermittlung des belegungsfähigen Gesamtzeitraums habe die Beklagte zu Recht die Zeiten der Hochschulausbildung
vom 1. Mai 1956 bis 10. Mai 1966 nicht berücksichtigt, weil es sich nicht um anrechnungsfähige Ausbildungszeiten gehandelt
habe. Die Regelungen seien nicht verfassungswidrig.
Vor dem Landessozialgericht (LSG) hat der Kläger beantragt, die gesamte im Versicherungsverlauf erfasste Ausbildungszeit bis
zum 10. Mai 1966 rentenneutral als nicht belegungsfähige Zeit zu berücksichtigen, hilfsweise, die Rente ab 1. Januar 2002
unter Berücksichtigung einer Höchstdauer von acht Jahren für Ausbildungs-Anrechnungszeiten neu zu berechnen. Das LSG hat die
Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Beschluss vom 6. September 2002). Zur Begründung hat sich das Berufungsgericht
im Wesentlichen auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils bezogen.
Auf die Beschwerde des Klägers hat der Senat die Revision zugelassen (Beschluss vom 23. September 2003).
Mit seiner Revision rügt der Kläger zum einen eine Verletzung des §
72 SGB VI. Hierzu trägt er vor, dass seine Hochschulausbildungszeiten keine Versicherungslücken seien, sodass sie nicht geeignet gewesen
seien, den belegbaren Gesamtzeitraum iS der §§
71 bis
73 SGB VI zu verlängern. Wenn sich der Gesetzgeber dazu entschieden habe, schulische Ausbildungszeiten nicht mehr wertmäßig zu belegen,
ihnen also keine EP zuzuweisen, dürfe sich dies nicht negativ im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung auswirken. Zum anderen
ist er der Auffassung, dass §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
4 SGB VI iVm §
252 Abs
4 SGB VI idF des Gesetzes vom 25. September 1996 insoweit gegen Art
14 Abs
1 Grundgesetz (
GG) iVm Art
3 Abs
1 GG verstoße, als damit die Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung auch bei solchen Versicherten auf drei Jahre begrenzt
worden seien, die im Zeitpunkt dieser Begrenzung das 55. Lebensjahr vollendet hatten. Dieses vor dem LSG erstmals "hilfsweise"
geltend gemachte Begehren hat er zunächst auch im Revisionsverfahren weiterverfolgt, diesen "Hilfsantrag" jedoch in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat nicht aufrechterhalten.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 6. September 2002 und das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 23. November
2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid vom 20. Dezember 1999 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2000 zu verpflichten, im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung Entgeltpunkte
für zu bewertende beitragsfreie Zeiten in der Weise zu ermitteln, dass zusätzlich die Zeiten der Hochschulausbildung vom 1.
Mai 1956 bis zum 10. Mai 1966 als nicht belegungsfähige Zeiten ohne eigene Rangstellenbewertung berücksichtigt werden, und
den Rentenhöchstwert ab 1. Mai 1999 entsprechend höher festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die angefochtene Entscheidung sei nicht zu beanstanden.
II
Die Revision des Klägers ist begründet.
1. Der Kläger begehrt vom Revisionsgericht, die Beklagte unter Aufhebung der Rentenhöchstwertfestsetzung im Bescheid vom 20.
Dezember 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2000 zu verpflichten, im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung
die nicht mit EP bewerteten Zeiten der Hochschulausbildung vom 1. Mai 1956 bis 10. Mai 1966 als selbst nicht bewertete nicht
belegungsfähige Zeiten zu berücksichtigen und den Rentenhöchstwert entsprechend höher festzustellen. Dieses Begehren verfolgt
er zulässig in einer Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§
54 Abs
1,
56 Sozialgerichtsgesetz >SGG<).
Zwar hatte der Kläger vor dem LSG nur beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die strittige Zeit als nicht belegungsfähige
Zeit zu berücksichtigen, die nunmehr zusätzlich beantragte Verpflichtung der Beklagten, auch den Rentenhöchstwert höher festzustellen,
stellt lediglich eine Erweiterung des im Rahmen der Verpflichtungsklage bisher schon verfolgten prozessualen Anspruchs (§
123 SGG) dar, der keine Klageänderung beinhaltet (§
99 Abs
3 SGG).
2. Die Klagen sind begründet. Der Beschluss des LSG verletzt Bundesrecht, soweit er die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende
Urteil des SG zurückgewiesen hat.
a) Der Kläger hat die Wertfestsetzung im Bescheid vom 20. Dezember 1999 mit seinem Widerspruch und im Klage-, Berufungs- und
Revisionsverfahren nur teilweise angegriffen, nämlich nur insoweit, als die Beklagte die Zeiten der Hochschulausbildung ab
1. Mai 1956 als belegungsfähige Zeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung berücksichtigt hat. Sein Begehren zielte und
zielt nicht darauf, diese weiteren Ausbildungszeiten mit EP zu bewerten; vielmehr wollte er erreichen, eine Versicherungslücke
im belegungsfähigen Zeitraum durch "Ausklammerung" der strittigen Zeiten zu schließen, wodurch sich höhere EP für die bewerteten
beitragsfreien und (ggf auch beitragsgeminderten) Zeiten im Rahmen der Vergleichsbewertung ergeben (dazu sogleich).
Dementsprechend hat er in diesem Zusammenhang nicht beanstandet, dass die Beklagte bis April 1956 nur insgesamt 61 Kalendermonate
als Ausbildungs-Anrechnungszeiten mit EP bewertet und insoweit die Kürzung der bewertbaren Anrechnungszeiten in §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
4 SGB VI von sieben auf drei Jahre durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25. September 1996 (BGBl I 1461)
iVm der Übergangsvorschrift des §
252 Abs
4 SGB VI umgesetzt hat. Soweit er in seiner Revisionsbegründung erstmals geltend macht, die Ausgestaltung des §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
4 SGB VI iVm §
252 Abs
4 SGB VI verletze Art
14 GG iVm Art
3 GG, bezieht sich diese Rüge jedenfalls nicht auf sein jetzt noch geltend gemachtes Begehren, das er in der Revisionsbegründung
noch mit dem "Hauptantrag" umschrieben hatte. Dies ergibt sich nicht allein aus der Gliederung und dem Aufbau der Revisionsbegründung,
die zwischen beiden Rügen trennen, sondern auch inhaltlich daraus, dass er seinen "Hauptantrag" auf eine rechtswidrige Anwendung
des §
72 SGB VI durch die Beklagte und die Vorinstanzen stützt, also insoweit eine Verletzung des einfachen Rechts geltend macht. Eine Verfassungswidrigkeit
des §
72 SGB VI hat er zu keiner Zeit gerügt.
b) Das Begehren des Klägers ist begründet. Die angefochtene Rentenhöchstwertfestsetzung verstößt gegen §
64 SGB VI und verletzt dadurch sein Recht auf richtige Feststellung des Werts seines Rechts auf Altersrente; sie ist deshalb aufzuheben
(§
54 Abs
2 Satz 1
SGG).
Nach der Rentenformel des §
64 SGB VI ist der monatliche Wert des Rechts auf Rente, der sog Monatsbetrag der Rente, das Produkt aus - hier unstrittigem - Zugangsfaktor,
Rentenartfaktor und aktuellem Rentenwert sowie der hier allein strittigen Summe der EP. Insoweit macht der Kläger zu Recht
geltend, dass die Beklagte verpflichtet ist, seine Zeiten der Hochschulausbildung vom 1. Mai 1956 bis 10. Mai 1966 im Rahmen
der Gesamtleistungsbewertung als nicht belegungsfähige Zeit zu Grunde zu legen und dementsprechend höhere EP für die von der
Beklagten bewerteten beitragsfreien (und ggf auch beitragsgeminderten) Zeiten anzusetzen.
aa) Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folgt und die vom Kläger geltend gemachten weiteren Zeiten der Hochschulausbildung
im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung außer Acht lässt, hat die Beklagte einen um einen Kalendermonat zu langen Gesamtzeitraum
und damit zugleich einen entsprechend zu langen belegungsfähigen Zeitraum zu Grunde gelegt; schon hieraus ergeben sich höhere
EP für die Bewertung beitragsfreier Zeiten.
Nach §
71 Abs
1 Satz 1
SGB VI erhalten beitragsfreie Zeiten den Durchschnittswert an EP, der sich aus der "Gesamtleistung an Beiträgen" (gemeint: aus dem
versicherten Arbeitsverdienst) im "belegungsfähigen Zeitraum" ergibt. Dieser Durchschnittswert ist auch für beitragsgeminderte
Zeiten anzusetzen, sofern er höher ist als die EP, die sich allein aus der Bewertung als Beitragszeit ergeben (§
71 Abs
2 SGB VI). Dabei erhalten diese Zeiten den höheren Durchschnittswert der Grundbewertung aus allen Beiträgen oder der Vergleichsbewertung
aus ausschließlich vollwertigen Beiträgen (Satz 2 aaO). Bei der Grundbewertung werden für jeden Kalendermonat EP in der Höhe
zu Grunde gelegt, die sich ergibt, wenn die Summe der EP für Beitragszeiten (vollwertige und beitragsgeminderte Beitragszeiten,
dazu §
54 Abs
1 Nr
1, Abs
2 und
3 SGB VI) und Berücksichtigungszeiten (dazu: §
71 Abs
3 SGB VI iVm §
57 SGB VI) durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate geteilt wird (§
72 Abs
1 SGB VI). Bei der Vergleichsbewertung werden für jeden Kalendermonat EP in der Höhe zu Grunde gelegt, die sich ergibt, wenn die Summe
der EP ausschließlich aus vollwertigen Beitragszeiten, also ohne die Berücksichtigung von beitragsgeminderten Zeiten und Berücksichtigungszeiten,
durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate geteilt wird (§
73 SGB VI).
Welcher Zeitraum "belegungsfähig" ist, bestimmt für die Grundbewertung §
72 Abs
2 und
3 SGB VI. Diese Festlegung ist zugleich Ausgangspunkt für die Bestimmung des belegungsfähigen Gesamtzeitraums für die Vergleichsbewertung
(§
73 SGB VI). Im Fall des Klägers umfasst der belegungsfähige Gesamtzeitraum im Rahmen der Grundbewertung die Zeiten vom vollendeten
17. Lebensjahr bis zum Kalendermonat "vor Beginn der zu berechnenden Rente", hier wegen Alters. "Rentenbeginn" ist nicht der
Zahlungsbeginn iS des §
99 SGB VI, sondern der Zeitpunkt der Entstehung des Rechts auf Rente (dazu Urteil des BSG vom 24. Juli 2001, SozR 3-2600 § 71 Nr 2).
Im Fall des Klägers ist das (subjektive) Recht auf Altersrente am 24. April 1999 entstanden; der belegungsfähige Gesamtzeitraum
umfasst daher die Zeit vom 24. April 1951 bis einschließlich März 1999 (= Monat vor Entstehung des Rechts) und damit 576 Kalendermonate.
Soweit die Beklagte 577 Kalendermonate zu Grunde gelegt hat, ist dies darauf zurückzuführen, dass sie den Monat April 1999
rechtswidrig mit einbezogen hat.
Von dem Gesamtzeitraum sind als nicht belegungsfähig die "beitragsfreien Zeiten, die nicht Berücksichtigungszeiten sind",
abzuziehen (§
72 Abs
3 Nr
1 SGB VI). Unter Einbeziehung der bis April 1956 zurückgelegten bewerteten Anrechnungszeiten wegen Ausbildung (61 Monate) und weiterer
bewerteter Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit (89 Monate) hat die Beklagte insgesamt 150 Kalendermonate als nicht belegungsfähig
angesehen und diese Zeit zuzüglich einer Pauschalzeit von 28 Monaten (279 Beitragsmonate x 10 : 100; §
263 Abs
2 SGB VI iVm der Anlage 18) von den angenommenen 577 (richtig: 576) Monaten des Gesamtzeitraums abgezogen, sodass ein belegungsfähiger
Zeitraum von 399 Monaten verblieb (577 Monate ./. 150 Monate ./. 28 Monate; richtig: 576 Monate ./. 150 Monate ./. 28 Monate
= 398 Monate). Im Rahmen der Vergleichsbewertung minderte sie diese belegungsfähigen Monate um 87 Monate beitragsgeminderter
Zeiten auf 312 (richtig: 311) Monate.
Die Summe aller EP aus 279 Monaten vollwertiger und beitragsgeminderter Beitragszeiten hatte die Beklagte mit 24,9178 ermittelt.
Für die Grundbewertung ergab sich daraus ein Durchschnittswert von 0,0625 EP (24,9178 EP : 399 Monate). Die Summe der EP für
ausschließlich vollwertige Beitragszeiten ergab 20,1271 EP, sodass sich für die Vergleichsberechnung ein höherer Durchschnittswert
von 0,0645 EP errechnete (20,1271 EP : 312 Monate). Wie dargelegt, hat die Beklagte jedoch einen um einen Kalendermonat zu
langen Gesamtzeitraum und damit zugleich belegungsfähigen Zeitraum zu Grunde gelegt, sodass sie schon deshalb höhere EP für
die Bewertung der anerkannten beitragsfreien Zeiten hätte einstellen müssen, nämlich 0,0626 EP aus der Grundbewertung (24,9178
: 398 Monate) und 0,0647 aus der Vergleichsbewertung (20,1271 EP : 311 Monate).
bb) Ist - wie hier - jedoch der belegungsfähige Gesamtzeitraum um die Zeiten der Hochschulausbildung vom 1. Mai 1956 bis 10.
Mai 1966, also um zehn Jahre und einen Monat (121 Monate) gekürzt, folgt daraus - kraft Gesetzes - ein höherer Vorleistungswert
für die bewerteten beitragsfreien (und ggf auch für beitragsgeminderten) Zeiten.
Ausgehend von dem von der Beklagten angenommenen belegungsfähigen Zeitraum von 399 Monaten wäre dieser für die Grundbewertung
um 121 Monate auf 278 Monate verkürzt. Allerdings wäre auch die Pauschalzeit von 28 Monaten auf 27 Monate vermindert, da bereits
550 Monate durch rentenrechtliche Zeiten gedeckt sind (279 Monate Beitragszeiten + 150 Monate von der Beklagten berücksichtigte
Anrechnungszeiten + 121 Monate weiterer Anrechnungszeiten). Dadurch werden die Versicherungslücken insoweit abgedeckt, dass
nur noch eine Lücke von 27 Monaten durch die Pauschalzeit geschlossen werden kann. Der belegungsfähige Gesamtzeitraum entspricht
damit exakt dem Zeitraum von 279 Monaten, der mit vollwertigen und beitragsgeminderten Beitragszeiten belegt ist (577 Monate
./. 150 Monate ./. 27 Monate ./. 121 Monate), dh im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung bestehen keine Versicherungslücken.
Das gleiche Ergebnis gilt für den rechtmäßigen belegungsfähigen Gesamtzeitraum von 576 Kalendermonaten; denn in diesem Fall
verkürzt sich die Pauschalzeit um einen weiteren Monat auf 26 Monate.
Nach der Grundbewertung ergibt sich hieraus ein Durchschnittswert von 0,0893 (24,9178 EP : 279 Monate). Nach der Vergleichsbewertung
ist ein belegungsfähiger Zeitraum von 192 Monaten maßgeblich (279 Monate ./. 87 Monate beitragsgeminderter Zeiten), sodass
sich ein höherer Durchschnittswert von 0,1048 EP ergibt (20,1271 EP : 192 Monate). Der Wert dieser Vorleistungen folgt rechnerisch
dem prozentualen Anteil, den §
74 SGB VI iVm §
263 Abs
3 SGB VI und der Anlage 18 zum
SGB VI vorgibt.
cc) Die Beklagte und die Vorinstanzen haben zu Unrecht die Kalendermonate, die mit Zeiten der Hochschulausbildung vom 1. Mai
1956 bis 10. Mai 1966 belegt sind, als "belegungsfähig" (dh als belegbare Versicherungslücke) angesehen. Hierbei haben sie
die gebotene Unterscheidung zwischen der Qualifizierung der Ausbildungszeit als beitragsfreie Zeit, also der "Belegung" eines
Kalendermonats, und ihrer Anrechnung und Bewertung nicht beachtet. Ein Kalendermonat ist mit einer rentenrechtlichen Zeit
belegt, wenn der gesetzliche Tatbestand dieser Zeit erfüllt ist; dann wird diese Zeit grundsätzlich, aber nicht immer, angerechnet;
wird sie angerechnet, ist sie grundsätzlich, aber nicht immer, (kraft Gesetzes) bewertet.
(1.) Welche Zeiten mit beitragsfreien Zeiten belegt sind, bestimmt §
54 Abs
4 SGB VI iVm mit den gesetzlich festgelegten speziellen Fallgruppen.
Nach §
72 Abs
3 Nr
1 SGB VI sind Kalendermonate "mit beitragsfreien Zeiten", die nicht auch Berücksichtigungszeiten sind, nicht "belegungsfähig" (gemeint:
belegbar). §
54 Abs
1 Nr
2 SGB VI ordnet den rentenrechtlichen Zeiten die beitragsfreien Zeiten zu; als solche bestimmt er in Abs 4 aaO die Kalendermonate,
die mit Anrechnungszeiten (ferner Zurechnungs- oder Ersatzzeiten) "belegt" sind. Auf dieser ersten Stufe bestimmt das Gesetz
somit die Voraussetzungen, unter denen der Tatbestand einer "beitragsfreien Zeit" erfüllt ist (BSG, Urteil vom 24. Juli 2001,
SozR 3-2600 § 71 Nr 2). Diese Norm ist die maßgebliche Qualifikationsnorm.
Allerdings gibt die Norm selbst nicht zu erkennen, welcher Tatbestand erfüllt sein muss, damit ein Kalendermonat mit einer
Anrechnungszeit belegt ist. Dies ergibt sich aus §
58 SGB VI. Er legt fest, was den Tatbestand einer Anrechnungszeit erfüllen kann und listet dies in Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 5 aaO sowie
in Abs 1 Satz 3 aaO auf, so auch die Zeiten der Hochschulausbildung als eine Form der schulischen Ausbildung in Nr 4 aaO.
Insoweit ist er Qualifikationsnorm.
Sind Kalendermonate mit Anrechnungszeiten (hier iS des §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
4 SGB VI) "belegt", ist also der Tatbestand von beitragsfreien Zeiten erfüllt und damit gesetzlich geklärt, dass eine Vorleistung
erbracht wurde, kann diese bedeutsam werden für
-
die vom Versicherten erworbenen Rangstellenwerte (Summe der EP), indem den beitragsfreien en Zeiten (Teil-)Rangstellenwerte
kraft Gesetzes zugewiesen sind (§§
71 bis
74 SGB VI);
-
die Wartezeit von 35 Jahren, auf deren Erfüllung alle (anzurechnenden) Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet
werden (§
51 Abs
3 SGB VI);
-
die Ermittlung des belegungsfähigen Zeitraums, da mit beitragsfreien Zeiten belegte Kalendermonate nicht belegungsfähig (gemeint:
belegbar) sind (§
72 Abs
3 Nr
1 SGB VI).
(2.) §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
4 SGB VI regelt im letzten Halbsatz ("insgesamt jedoch höchstens bis zu drei Jahren") nicht den Tatbestand, sondern die Anrechnungsvoraussetzungen
von Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung (vgl §
58 Abs
2,
3,
4,
4a,
5 SGB VI). Dieser Halbsatz hat keine Bedeutung für die Qualifizierung eines Kalendermonats als beitragsfreie Zeit, regelt also nicht
die "Belegung" eines Monats mit einer solchen, sondern deren "Anrechnung" auf die Wartezeit und/oder auf den Vorleistungswert
(dazu stellv BSG, Urteil vom 24. Juli 2001, aaO). Demgemäß hat das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung (zusammengefasst
in: BSG, Urteil vom 24. Oktober 1996, 4 RA 108/95, SozR 3-2600 § 58 Nr 9 mwN, Urteil vom 30. August 2001, B 4 RA 114/00 R, SozR 3-2600 § 149 Nr 6, dazu BVerfG >3. Kammer des Ersten Senats<, Beschluss vom 3. November 2003, 1 BvR 406/03) geklärt, dass die sog Höchstdauer nur eine Anrechnungs- und Bewertungsvoraussetzung ist. Ferner folgt erst aus §
74 SGB VI, in welchem Umfang Kalendermonate, die mit anzurechnenden Zeiten schulischer Ausbildung belegt sind, darüber hinaus Vorleistungswerte
(in EP berechnet) vermittelt haben. Hieran ist festzuhalten. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
§
58 SGB VI ist hier in der zum 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Fassung durch das WFG maßgeblich. Danach sind Anrechnungszeiten die
nach dem vollendeten 17. Lebensjahr zurückgelegten Zeiten einer Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung, "insgesamt jedoch
höchstens bis zu drei Jahren". Diese "Höchst- oder Gesamtdauer-Regelung" setzt selbst tatbestandlich voraus, dass mehr als
drei Jahre mit Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung belegt sind; sie erklärt dann einige von diesen für nicht "beachtlich",
ist also Anrechnungsregel.
Die Anrechenbarkeit des Tatbestands einer rentenrechtlichen Zeit ist gerade keine Voraussetzung für die Qualifizierung dieses
Tatbestands als rentenrechtliche Zeit, also unerheblich für die Frage, ob ein Monat mit einer solchen Vorleistung belegt ist.
Die Klausel lässt auch offen, welche drei Jahre von den in größerem Umfang erfüllten Tatbeständen von Ausbildungszeiten beachtlich
sind, wenn auch nur einige von ihnen zeitlich mit Tatbeständen anderer rentenrechtlicher Zeiten belegt und deshalb uU nicht
anzurechnen sind (vgl zB §
58 Abs
4a SGB VI). Ob überhaupt bestimmte Monate und ggf welche der erfüllten Tatbestände letztlich angerechnet werden, hängt nicht davon
ab, ob der Versicherte in dem Kalendermonat eine bestimmte als rentenrechtliche Zeit qualifizierte Vorleistung erbracht, also
den Monat "belegt" hat, sondern davon, ob im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die nach gesetzlichen Sonderregelungen
ihre grundsätzlich gegebene Anrechnung und Bewertung aus besonderem Grund ausschließen.
Immer ist es erforderlich, zunächst festzustellen, in welchen Zeiten der Versicherte den Tatbestand des §
54 Abs
4 SGB VI in seiner Ergänzung durch die jeweilige gesetzlich bestimmte Fallgruppe (hier des §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
4 SGB VI) erfüllt hat. Erst danach ist - nach den Umständen des Einzelfalls - zu klären, ob die Anrechnung oder auch die Bewertung
ausgeschlossen ist. Wie gesagt, setzt gerade auch der Wortlaut des §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
4 SGB VI in Übereinstimmung mit der aufgezeigten Systematik des Gesetzes notwendig voraus, dass Tatbestände von schulischen Anrechnungszeiten
auch im Umfang von mehr als drei (seit 2002: acht) Jahren vorliegen, also entsprechende Vorleistungen für die Rentenversicherung
erbracht wurden. Nur deshalb hat die die Anrechnung begrenzende "Höchstdauer-Regelung" überhaupt einen Sinn. Sie kann erst
anwendbar werden, wenn festgestellt ist, dass ein Tatbestand einer rentenrechtlichen Zeit vorliegt, ob in Bezug gerade auf
ihn ggf besondere Anrechnungsvoraussetzungen bestehen und erfüllt sind, ob der anzurechnende Tatbestand aus Konkurrenzgründen
von einer anderen anzurechnenden rentenrechtlichen Zeit verdrängt wird und wie viele belegte und jetzt noch anzurechnende
Kalendermonate vorliegen. Erst dann steht fest, ob die "Höchst- oder Gesamtdauer" als Anrechnungsgrenze überschritten wird.
Erst jetzt ist die Berücksichtigungsregel des §
122 Abs
3 SGB VI anwendbar.
Im Übrigen spricht auch die Gesetzesentwicklung dafür, dass die "Höchstdauer-Klausel" eine besondere Anrechnungsvoraussetzung
ist. Sie betrifft ua auch die 35-jährige Wartezeit des §
51 Abs
3 SGB VI. Die im WFG eingeführte "dreijährige Anrechnung" wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2002 durch Art 1 Nr 12 Buchst a, bb des
Altersvermögensergänzungsgesetzes vom 21. März 2001 (BGBl I 403) auf acht Jahre erhöht. Zugleich wurde aber in §
74 Satz 3
SGB VI deren Bewertung nach den Durchschnittswerten aus der Grund- oder Vergleichsbewertung weiterhin auf drei Jahre begrenzt. Auf
Grund der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung des §
74 Satz 4
SGB VI (eingefügt durch Art 1 Nr 13 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21. Juli 2004, BGBl I 1791) werden die Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung
nunmehr als "unbewertete Anrechnungszeit" ausgestaltet, allerdings mit einer vierjährigen Übergangsregelung (§
263 Abs
2 SGB VI idF des Art 1 Nr
55 Buchst c RV-Nachhaltigkeitsgesetz). Auch diese macht deutlich, dass die "Höchstdauer-Klausel" in §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
4 SGB VI von drei (bzw acht) Jahren nicht Belegungs-, sondern in dem umschriebenen Umfang allein Anrechnungsvoraussetzung ist. Bedeutsam
kann die Begrenzung daher immer nur dort werden, wo das Gesetz eine "Anrechnung" vorschreibt oder voraussetzt. Demzufolge
hatte die zum 1. Januar 2002 eingefügte Verlängerung der Ausbildungs-Anrechnungszeit auf acht Jahre von vornherein uneingeschränkt
nur Bedeutung für die 35-jährige Wartezeit, auf die alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten "angerechnet" werden
(so der Gesetzestext des §
51 Abs
3 SGB VI), also demgemäß auch nur mit der Anrechnungshöchstdauer. Für die Bewertung mit EP kommt aber weiterhin nur eine Zeit von
höchstens drei Jahren in Betracht; jedoch wird die "Bewertung" von Kalendermonaten, die mit solchen Anrechnungszeiten belegt
sind, nach Auslaufen der Übergangsregelung ab 1. Januar 2009 gänzlich wegfallen.
Allenfalls die Erläuterungen in den sog Gesetzesmaterialien zum RV-Nachhaltigkeitsgesetz (BT-Drucks 15/2149, Begründung zu
Nr 13 >§ 74<, S 24) könnten darauf hindeuten, dass die Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die den Gesetzesentwurf eingebracht
haben, im Jahr 2004 davon ausgegangen sein könnten, dass die "Höchstdauer-Regelung" auch bei der Schließung von Versicherungslücken
im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung zu beachten sei. Dort wird ausgeführt, dass ua allgemeine Schul- und Hochschulzeiten
weiterhin als - unbewertete - Anrechnungszeiten berücksichtigt würden. Dadurch werde sichergestellt, dass schulische Ausbildung
bis zu acht Jahren nach dem 17. Lebensjahr nicht zu rentenrechtlichen Lücken führe, sich also insbesondere im Fall der "Frühinvalidität"
(gemeint wohl: des Eintritts des Versicherungsfalls der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung) und bei "frühem Tod" keine
einschneidenden Rentenminderungen ergäben. Da in diesen Fällen eine Anrechnung auf die Wartezeit nicht relevant ist und eine
Bewertung dieser Zeiten mit EP gerade durch die Gesetzesänderung beseitigt werden sollte, können sich die Anmerkungen nur
auf die oa dritte Bedeutung der beitragsfreien Zeiten beziehen, nämlich auf ihre Berücksichtigung als nicht belegungsfähige
Zeit im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung.
Selbst wenn man unterstellen dürfte, dass die Erläuterungen in dem aufgezeigten, rechtlich unzutreffenden Sinn zu verstehen
seien, sind sie unbeachtlich; denn im maßgeblichen, vom WFG ab 1997 gestalteten Gesetzestext haben sie keinen Niederschlag
gefunden. §
72 Abs
3 Nr
1 SGB VI stellt auf "beitragsfreie Zeiten" ab, ohne auch nur andeutungsweise zu erkennen zu geben, dass es auch auf deren Anrechenbarkeit
ankommen könnte. Entscheidend ist allein, ob die Zeiten den Tatbestand einer beitragsfreien Zeit und damit den Tatbestand
der Qualifikationsnorm des §
54 Abs
4 SGB VI in seiner Ergänzung durch gesetzlich bestimmte Fallgruppen (hier des §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
4 SGB VI) erfüllen. §
54 Abs
4 SGB VI qualifiziert als beitragsfreie Zeiten solche Kalendermonate, die (ua) mit Anrechnungszeiten "belegt" sind. Es kommt also
allein auf die "Belegung", nicht aber "Anrechenbarkeit" an.
dd) Mit dieser Auslegung wird zugleich ein verfassungswidriger Widerspruch vermieden, der sich ansonsten daraus ergeben würde,
dass als rentenrechtliche Zeiten qualifizierte Vorleistungen wie Versicherungslücken behandelt würden. Dies folgt für Ausbildungs-Anrechnungszeiten
aus dem Sinn und Zweck der 1957 eingeführten Produktivitätsrente.
Seit 1957 wird die Rentenversicherung im Kernsystem (vgl hierzu sowie zu den angegliederten Systemen: BSG, Urteil vom 29.
Juni 2000, BSGE 86, 262, 271 ff = SozR 3-2600 § 210 Nr 2) aus den Roherträgen der deutschen Volkswirtschaft finanziert. In diesem System zahlen -
außer den Selbstzahlern - nur die Rechtssubjekte Beiträge an den Rentenversicherungsträger (in der Regel über die Einzugsstelle),
die "Beschäftigte" (§
1 Abs
5 SGB VI) haben, oder für "sonstige Versicherte" (§
3 SGB VI) einstehen müssen. Es handelt sich im Wesentlichen um die Gruppe der Arbeitgeber. Versicherte Arbeitnehmer tragen zwar die
Hälfte der Beitragslast (§
168 Abs
1 Nr
1 SGB VI iVm §
174 Abs
1 SGB VI), jedoch dürfen sie Beiträge nicht zahlen. Ihre "Beitragstragung" beschränkt sich darauf, die "Beitragsabzug" genannte Nichtzahlung
von geschuldetem Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber dulden zu müssen, falls dieses Erfüllungssurrogat weder durch den Arbeitsvertrag
noch durch einen arbeitsrechtlichen Kollektivvertrag abbedungen wurde und falls der Arbeitgeber diesen "Erfüllungseinwand"
bei den nächsten vier Entgeltzahlungen geltend macht. Anderenfalls verliert dieser seine Refinanzierungsbefugnis, ohne dass
dies irgendeine rentenversicherungsrechtliche Bedeutung für den Beschäftigten hätte.
Alleiniger Beitragschuldner ist der Arbeitgeber (§ 28e Abs 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch >SGB IV< iVm §
174 Abs
1 SGB VI). Der Umstand, dass er gemäß §
28g SGB IV ein Abzugsrecht geltend machen kann (jedoch nicht geltend zu machen braucht), berührt nicht das Beitragsschuldverhältnis.
Im Rechtsverhältnis zum Rentenversicherungsträger ist allein der Arbeitgeber verpflichtet, den vollen Beitrag zu zahlen. Die
Beiträge werden nicht für bestimmte Rentenarten erhoben oder gar dem einzelnen Versicherten zugeordnet. Seit der Rentenreform
1957 gibt es nach insoweit unveränderter Gesetzeslage in der gesetzlichen Rentenversicherung keine "beitragsbezogenen Leistungen"
und - spiegelbildlich - auch keine "leistungsbezogenen Beiträge".
Das Gesetz bestimmt vorab, welche Arten von Rechten auf Renten es gibt, wer sie auf Grund welcher Vorleistungen unter welchen
Voraussetzungen erwirbt und welchen Geldwert sie haben. Sodann werden die (im Wesentlichen) durch die Erfüllung dieser "Rentenansprüche"
anfallenden Ausgaben der Träger in einem Kalenderjahr durch die Einnahmen desselben Kalenderjahres gedeckt (§
153 Abs
1 SGB VI). Diese werden - abgesehen von Steuermitteln, die nur einen Großteil der Kosten der allgemeinstaatlichen Aufgaben abdecken,
die den Rentenversicherungsträgern übertragen worden sind - aus den nach dem gesetzlichen Beitragsrecht erhobenen Beiträgen
der "Arbeitgeber" und "Selbstzahler" bestritten, also aus Beitragsleistungen, welche die Schuldner allein und vollständig
aus ihrem sozialgebundenen Privatvermögen erbringen (BSG, Urteil vom 29. Januar 2004, BSGE 92, 113, 127 ff >RdNr 69 ff< = SozR 4-2600 § 46 Nr 1; Urteil vom 29. Juni 2000, aaO). Die Rentenversicherung wird daher im Wesentlichen
aus den erwirtschafteten Roherträgen aller zahlungspflichtigen Arbeitgeber und damit - insgesamt gesehen - aus den Roherträgen
der Volkswirtschaft finanziert. Das Finanzierungssystem ist letztlich abhängig von der Produktivität der Volkswirtschaft.
Die gesetzlichen Renten sind daher Produktivitätsrenten.
Zu der volkswirtschaftlichen Produktivität tragen die Arbeitnehmer mit ihren Arbeitsleistungen bei, sodass diese zugleich
Vorleistungen für das Rentenversicherungssystem sind und vom System als Beitragszeiten berücksichtigt werden. Der pflichtversicherte
Beschäftigte erlangt "Beitragszeiten" also nicht dadurch, dass er Beiträge mitträgt, sondern durch die Verrichtung versicherter
Arbeit. Anknüpfungspunkt für die rentenrechtliche Bewertung ist der versicherte Verdienst, der materiell-rechtlich kalenderjährlich
in seinem relativen Wert zum Durchschnittsverdienst aller pflichtversicherten Arbeitnehmer und damit zu deren Durchschnittsleistung
bemessen und verwaltungstechnisch in EP ausgedrückt wird (§
63 Abs
2 SGB VI). Die Beiträge der Selbstzahler müssen erst in Arbeitsentgelt umgewertet werden, bevor sie Vorleistungswerte erhalten können.
Vorleistungen zum Rentenversicherungssystem werden aber nicht nur durch Arbeitsleistungen, sondern auch durch schulische und
berufliche Ausbildungen erbracht. Die volkswirtschaftliche Produktivität hängt in nicht unerheblichem Maße vom Ausbildungsniveau
der Arbeitnehmer ab. Ein hoher Ausbildungsstand liegt daher nicht nur im Interesse der Volkswirtschaft, sondern auch des Rentenversicherungssystems
gerade wegen seiner Abhängigkeit von der volkswirtschaftlichen Produktivität. Unabhängig von zweifellos gegebenen individuellen
Beweggründen liegt es im System der Produktivitätsrenten begründet, ua schulische Ausbildungen als Vorleistungen zum System
zu berücksichtigen. Zeitlich aufwendige Ausbildungen, wie zB Zeiten der Hochschulausbildung, können daher nicht einerseits
als "systemnützlich", andererseits aber als Versicherungslücken und damit so behandelt werden, als habe sich der Versicherte
individuellen bzw privaten Tätigkeiten zugewandt, die allein seinen wirtschaftlichen Interessen oder seiner individuellen
"Selbstverwirklichung" dienten (sog "Akademikerprivileg"). Würden sie zur Schließung von Versicherungslücken nur insoweit
berücksichtigt, als deren - im anderen Zusammenhang bedeutsame - Anrechenbarkeit reicht, wäre jedem, der sich einer zeitlich
aufwendigen Ausbildung mit besonders qualifiziertem Ausbildungsziel unterzieht, jedenfalls im Sinne einer derartigen gesetzesfremden
rentenrechtlichen "Logik" zu empfehlen, nach Erreichen der Anrechnungshöchstdauer die Ausbildung abzubrechen.
Wenn das Gesetz - zu Recht - ua Anrechnungs-Ausbildungszeiten als beitragsfreie und damit rentenrechtliche Zeiten bestimmt,
schließt dies nicht aus, deren Anrechenbarkeit im Rahmen der Bewertung mit EP oder einer Wartezeit grundsätzlich zu begrenzen;
es wäre aber ein nicht tolerabler und verfassungswidriger Widerspruch, solche rentenrechtlichen Zeiten an anderer Stelle wie
Versicherungslücken zu behandeln. Ein solcher Widerspruch lässt sich - wie dargelegt - durch eine am Wortlaut orientierte
Gesetzesauslegung vermeiden.
ee) Da der Kläger nach den Feststellungen des LSG in der (weiteren) Zeit vom 1. Mai 1956 bis 10. Mai 1966 eine Hochschulausbildung
absolviert hat, sind diese Monate mit beitragsfreien Zeiten belegt und damit nicht mehr "belegungsfähig" (belegbar); bei der
Gesamtleistungsbewertung ist der "belegungsfähige" Gesamtzeitraum (auch) um diese Zeiten gekürzt. Demzufolge ergeben sich
kraft Gesetzes - wie oben dargelegt - höhere EP für die angerechneten beitragsfreien (und ggf beitragsgeminderten) Zeiten,
sodass die angefochtene Rentenhöchstwertfeststellung der Beklagten rechtswidrig und damit aufzuheben ist. Zugleich ist die
Beklagte verpflichtet, den Rentenhöchstwert ab Rentenbeginn höher festzustellen. Die Revision des Klägers musste damit Erfolg
haben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Bei der für das erstinstanzliche Verfahren ausgesprochenen Kostenquotelung hat der Senat berücksichtigt, dass der Kläger teilweise
rechtskräftig vor dem SG unterlegen ist. Seinen (ursprünglichen) "Hilfsantrag" hat er erstmals vor dem LSG gestellt. Er hat diesen Antrag zunächst
auch im Revisionsverfahren weiterverfolgt, ihn jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Da Anzeichen
dafür vorliegen, dass der im Berufungsverfahren nicht vertretene Kläger mit seinem "Hilfsantrag" ohnehin nur einer "Antragshilfe"
des Berufungsgerichts gefolgt ist und durch diesen Antrag keine besonderen Kosten verursacht worden sind, konnte von einer
Kostenquotelung für das Berufungs- und Revisionsverfahren abgesehen werden.