Feststellung eines höheren Grades der Behinderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 80 und des Merkzeichens
G.
Das LSG hat die Berufung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 14.12.2020 zurückgewiesen. Es hat wie vor ihm die
Beklagte und das SG den geltend gemachten Anspruch der Klägerin verneint und sich zur Begründung auf die Urteilsgründe des SG gestützt, da die Klägerin ihre Berufung nicht begründet habe.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Der Beschluss des LSG sei eine Überraschungsentscheidung; sie sei vorher nur durch den Berichterstatter auf der
Grundlage seiner Rechtsauffassung und damit nicht ordnungsgemäß angehört worden.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil sie weder den behaupteten
Verfahrensmangel, noch die angebliche grundsätzliche Bedeutung ordnungsgemäß dargetan hat (vgl §
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
1. Die Klägerin hat diesen Verfahrensfehler iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG nicht ausreichend bezeichnet.
Sie rügt, die Anhörungsmitteilung an ihren Prozessbevollmächtigten genüge nicht den Anforderungen des §
153 Abs
4 Satz 2
SGG. Der Berichterstatter habe lediglich mitgeteilt, er beabsichtige, dem Senat eine Entscheidung durch Beschluss nach dieser
Vorschrift vorzuschlagen. Die Rechtsansicht des Berichterstatters könne aber nicht von vornherein dem gesamten Senat unterstellt
werden. Die Klägerin habe daher vergeblich auf eine Mitteilung des LSG über die Ansicht des gesamten Senats gewartet, um sodann
ggf die Berufung zu begründen. Der stattdessen übersandte Beschluss sei eine Überraschungsentscheidung.
Mit diesem Vortrag hat die Klägerin keinen Verstoß gegen §
153 Abs
4 Satz 2
SGG hinreichend substantiiert bezeichnet. Nach dieser Vorschrift sind die Beteiligten vor einer Zurückweisung der Berufung durch
einstimmigen Beschluss der Berufsrichter ohne mündliche Verhandlung zu hören. Die Regelung ist ein besonderer Ausdruck des
Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG). Das Gericht muss dem Beteiligten persönlich oder wenn er - wie hier - einen Prozessbevollmächtigten hat, diesem unmissverständlich
mitteilen, es erwäge, im Beschlussverfahren zu seinen Ungunsten zu entscheiden (Senatsbeschluss vom 16.3.1994 - 9 BV 151/93 - juris RdNr 3; BSG Urteil vom 25.11.1999 - B 13 RJ 25/99 R - SozR 3-1500 § 153 Nr 9 S 27 = juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 22.5.2018 - B 5 R 51/18 B - juris RdNr 12). Die Mitteilung kann bereits vor der Meinungsbildung des Senats über die Erfolgsaussichten der Berufung übersandt werden.
Sie darf selbst dann erfolgen, wenn sich das Berufungsgericht über seine Verfahrensweise noch nicht schlüssig ist und es ihm
zweckmäßig erscheint, die äußeren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss erst noch zu schaffen.
Für eine wirksame Anhörung nach §
153 Abs
4 Satz 2
SGG ist es daher unschädlich, wenn der Berichterstatter - und nicht bereits der gesamte Senat - die Sache für ein Verfahren nach
§
153 Abs
4 SGG als geeignet ansieht und die Beteiligten dahingehend anhört (Senatsurteil vom 20.10.1999 - B 9 SB 4/98 R - SozR 3-1500 § 153 Nr 8 S 22 = juris RdNr 14; BSG Urteil vom 21.6.2001 - B 7 AL 94/00 R - SozR 3-1500 § 153 Nr 14 S 43 f = juris RdNr 17 mwN).
Genügt demnach nach der Rechtsprechung des BSG zur Wahrung rechtlichen Gehörs eine Anhörung allein durch den Berichterstatter auf der Grundlage seiner Rechtsansicht, hätte
die Klägerin näher darlegen müssen, warum demgegenüber die in ihrem Fall erfolgte Anhörungsmitteilung des Berichterstatters
nicht ausreichte und der Beschluss des LSG deshalb eine unzulässige Überraschungsentscheidung darstellte. Substantiierte Darlegungen
in diese Richtung enthält die Beschwerdebegründung nicht. Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung reicht der Hinweis
des Prozessbevollmächtigten auf sein eigenes Rechtsverständnis insoweit nicht aus.
2. Auch die Grundsatzrüge iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG ist nicht ausreichend dargelegt. Denn es fehlt bereits an der Bezeichnung einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage. Eine Rechtsfrage
ist ua dann nicht (mehr) klärungsbedürftig, wenn sie höchstrichterlich tragend entschieden oder präjudiziert ist. Um die Klärungsbedürftigkeit
ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher auch mit der einschlägigen Rechtsprechung auseinandersetzen
(Senatsbeschluss vom 21.8.2017 - B 9 SB 11/17 B - juris RdNr 8 mwN). Das hat die Klägerin in Bezug auf eine Anhörungsmitteilung durch den Berichterstatter gemäß §
153 Abs
4 Satz 2
SGG jedoch versäumt.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2, §
169 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.