Beurteilung des rückwirkenden Eintritts von Sozialversicherungspflicht durch die Zusammenrechnung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen
im Wege einer nachträglichen Prognose
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die rückwirkende Feststellung der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Beigeladenen wegen
mehrfacher geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse mit verschiedenen Arbeitgebern.
Der Beigeladene war von August 2003 bis 30. November 2008, 1. März 2009 bis 30. Juni 2011 und wieder ab dem 1. September 2011
bei der Fa. S. & F. I. GmbH (im Folgenden SF) als Hausmeister beschäftigt. Die Beschäftigungen wurden jeweils als geringfügige
Beschäftigungen gemeldet. Die Höhe des monatlichen Arbeitsentgelts schwankte (gemeldetes Entgelt für März bis Dezember 2009
€ 1.992,00, für Januar bis Dezember 2010 € 2.532,00). Für die Zeit von Januar bis Juni 2011 erzielte der Beigeladene Bruttoentgelt
i.H.v. insgesamt € 1.549,50 (monatlich zwischen € 195,00 und € 299,40), für September bis Dezember 2011 € 130,20 und für Januar
bis Mai 2012 € 320,80 (monatlich zwischen € 49,90 und 82,50).
Die klagende Aktiengesellschaft beschäftigt an 18 Standorten etwa 1.400 Mitarbeiter, darunter 100 Aushilfskräfte. Das Lohnbüro
umfasst 2,5 Vollzeitstellen. Unter dem 16. Februar 2004 vereinbarten die Klägerin und der Beigeladene dessen Beschäftigung
als Fahrer "ab 01.02.2004 im Rahmen einer geringfügigen Nebentätigkeit" mit einer Vergütung in Höhe von € 6,50 pro Stunde.
Das Arbeitsverhältnis wurde zunächst bis zum 31. Juli 2004 befristet, in der Folgezeit jedoch zunächst zu denselben Bedingungen
fortgeführt. In einem ebenfalls am 16. Februar 2004 unterzeichneten Fragebogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung einer
geringfügigen Beschäftigung gab der Beigeladene gegenüber der Klägerin an, seit August 2003 bei SF in einem geringfügigen
Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von zwei bis sieben Stunden zu stehen. Hieraus erziele er ein monatliches
Einkommen in Höhe von etwa € 200,00. Des Weiteren versicherte der Beigeladene in diesem Fragebogen, künftig jede Veränderung
sowohl seiner Verdienstsituation als auch seiner arbeitszeitlichen Inanspruchnahme bei anderen Arbeitgebern sofort mitzuteilen.
Nach Anmeldung dieser Beschäftigung bei der Beklagten bestätigte diese der Klägerin mit Schreiben vom 2. August 2005, das
für die bei ihr ausgeübte geringfügig entlohnte Beschäftigung Versicherungsfreiheit vorliege. Die Klägerin wurde gebeten,
"in regelmäßigen Abständen die Einhaltung der Entgeltgrenze zu prüfen". Auf Anfrage der Beklagten gab die Klägerin am 29.
Juni 2009 ein durchschnittliches monatliches Bruttoarbeitsentgelt für die Sozialversicherung (aus maximal den letzten zwölf
abgerechneten Monaten) in Höhe von € 133,31 an. Für die Zeit von Januar bis April 2011 betrug das Bruttoentgelt des Beigeladenen
bei der Klägerin insgesamt € 784,50 (monatlich schwankend zwischen € 179,86 und € 202,61). Ab Mai 2011 stieg dieses Bruttoentgelt
auf monatlich schwankend zwischen € 314,80 und € 399,95 (insgesamt € 4.781,38 bis einschließlich Mai 2012).
Auf Anfrage der Beklagten im Mai 2012 nach dem durchschnittlichen monatlichen Bruttoarbeitsentgelt für die Sozialversicherung
(aus maximal den letzten zwölf abgerechneten Monaten) teilten die Klägerin ein solches in Höhe von € 365,12 sowie SF in Höhe
von € 41,50 mit. Daraufhin stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 23. Juni 2012 die Versicherungspflicht
des Beigeladenen in der bei der Klägerin ausgeübten Beschäftigung aufgrund der Zusammenrechnung mehrerer geringfügig entlohnter
Minijobs ab Zugang des Bescheides (26. Juni 2012) fest. Zur Prüfung des rückwirkenden Eintritts der Versicherungspflicht wurde
die Klägerin gebeten, die nach der Beitragsverfahrensordnung (BVV) erforderlichen Nachweise zu übersenden. Unter dem 28. Juni 2012 teilte die Klägerin darauf hin ohne Übersendung der angeforderten
Unterlagen mit, seit dem 1. Juni 2012 ein durchschnittliches monatliches Arbeitsentgelt nur noch in Höhe von € 340,00 zu zahlen,
so dass die Arbeitsentgeltgrenze von € 400,00 insgesamt nicht überschritten werde.
Mit Bescheid vom 6. Juli 2012 nahm die Beklagte den Bescheid vom 23. Juni 2012 zurück, da eine Entgeltanpassung vor ihrer
damaligen Bescheiderteilung erfolgt sei. Versicherungspflicht liege jedoch vor für die Zeiten vom 1. Januar 2011 bis 30. Juni
2011 sowie vom 1. September 2011 bis 31. Mai 2012, da die Klägerin als Arbeitgeber grob fahrlässig gehandelt habe. Grobe Fahrlässigkeit
liege vor, weil die Klägerin trotz schriftlicher Aufforderung die geforderten Nachweise nicht eingereicht habe. Zur Begründung
des dagegen am 20. Juli 2012 eingelegten Widerspruches führte die Klägerin aus, grobe Fahrlässigkeit ihrerseits liege nicht
vor, da sie in der Vergangenheit alle angeforderten Fragebögen umgehend ausgefüllt und zurückgeschickt habe. Des Weiteren
legte sie die Vereinbarung mit dem Beigeladenen vom 16. Februar 2004 sowie den von diesem ausgefüllten Fragebogen vom selben
Tag vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei der
Bestimmung einer geringfügigen Beschäftigung nach §
8 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) seien unter anderem mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen zusammenzurechnen. Da die zusammengerechneten Entgelte
aus den geringfügigen Beschäftigungen des Arbeitnehmers in den im Ausgangsbescheid geregelten Zeiträumen die Arbeitsentgeltgrenze
von € 400,00 überschreite, liege insoweit Versicherungspflicht vor. Soweit gemäß §
8 Abs.
2 Satz 3
SGB IV die Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe der Feststellung durch die Einzugsstelle eintrete, finde diese
Regelung vorliegend gemäß §
8 Abs.
2 Satz 4
SGB IV keine Anwendung. Die Klägerin habe grob fahrlässig gegen ihre originären Arbeitgeberpflichten verstoßen. Ihre versicherungsrechtliche
Beurteilung sei unzutreffend gewesen, obwohl alle entscheidungserheblichen Tatsachen und Rechtsnormen bekannt gewesen sein.
Ausgehend von dem im Einstellungsbogen genannten monatlichen Entgelt sei offensichtlich gewesen, dass die Grenze von € 400,00
nicht eingehalten werde. Weitere Ermittlungen arbeitgeberseitig seien nicht erfolgt, obwohl zumindest Anhaltspunkte vorgelegen
hätten, um den Sachverhalt in Hinsicht auf die versicherungsrechtliche Beurteilung weiter aufzuklären.
Hiergegen erhob die Klägerin am 13. Dezember 2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG).
Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2013 gab die Beklagte ein Teilanerkenntnis ab. Sie hob den Bescheid vom 6. Juni 2012 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2012 teilweise auf und anerkannte, dass bezüglich der Beschäftigung des Beigeladenen
bei der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 2011, 1. April bis 30. April 2011, 1. September 2011 bis 30. November
2011 sowie vom 1. Januar 2012 bis 29. Februar 2012 Versicherungspflicht nicht bestanden habe. Im Übrigen verbleibe es bei
der Versicherungspflicht für die Zeit vom 1. bis 31. März 2011, 1. Mai 2011 bis 30. Juni 2011, 1. bis 31. Dezember 2011 und
vom 1. März 2012 bis 31. Mai 2012. Nach den mittlerweile vorliegenden Einzelentgeltaufstellungen der Klägerin und der SF sei
die Entgeltgrenze insgesamt teilweise eingehalten worden. In den übrigen Zeiträumen verbleibe es bei der Feststellung von
rückwirkender Versicherungspflicht wegen grober Fahrlässigkeit. Die Klägerin nahm dieses Teilanerkenntnis mit Schriftsatz
vom 28. Juni 2013 an und erklärte den Rechtsstreit insoweit für erledigt.
Zur Begründung der weitergeführten Klage führte sie aus, keine Pflichtverletzung begangen zu haben. Bei Einstellung des Beigeladenen
habe sie eine Erklärung nach § 8 Abs. 2 Nr. 7 BVV über weitere Beschäftigungen eingeholt. Diese Erklärung habe auch den Hinweis enthalten, dass der Beigeladene jede Veränderung
seiner Verdienstsituation mitzuteilen habe. Diese bereits 2004 eingeholte Erklärung genüge somit den erst zum 1. Januar 2011
in § 8 Abs. 2 Nr. 7 BVV eingeführten Anforderungen. Es sei originäre Aufgabe der Beklagten, bei Doppelbeschäftigungen engmaschig die betroffenen
Arbeitgeber zu den bezahlten Entgelt zu befragen, um die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei Zusammenrechnung zu prüfen.
Selbst wenn ein Fehlverhalten ihrerseits vorgelegen habe, könne dies nicht als grob fahrlässig bewertet werden. Der Beigeladene
habe sie darüber informiert, dass er in einem weiteren geringfügigen Arbeitsverhältnis stehe und seine Einkünfte schwankten
bzw. er in manchen Monaten gar keine Einkünfte erziele. Es sei ihr daher überhaupt nicht möglich, die Versicherungspflicht
für jeden Abrechnungsmonat zu überprüfen, was auch nicht zu ihren Pflichten gehöre. Seitens der Beklagten sei auch kein Hinweis
erfolgt, in welchen regelmäßigen Abständen welcher Sachverhalt zu prüfen sei.
Die Beklagte hielt an ihrer Einschätzung einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung fest. Auch wenn die in § 8 BVV genannten Verpflichtungen zunächst die Beschäftigungsaufnahme beträfen, hätte die Klägerin darüber hinaus in regelmäßigen
Abständen vom Beigeladenen erneut eine entsprechende Erklärung einfordern können, ob dieser nach wie vor eine weitere Beschäftigung
ausübe, aus der Entgelt erzielt werde, das zusammen mit dem Entgelt aus der Beschäftigung bei der Klägerin die Entgelt Grenze
der Geringfügigkeit übersteige. Nur so könne jeder Arbeitgeber seiner Verpflichtung aus §
28a Abs.
1 Nr.
5 SGB IV nachkommen und meldepflichtige Änderungen in der Beitragspflicht mitteilen. Ein entsprechendes Fragerecht stehe dem Arbeitgeber
insoweit zu. Spätestens zum 1. Januar 2011 mit der Erweiterung der Dokumentationspflichten des Arbeitgebers durch das Dritte
SGB IV-Änderungsgesetz hätte die Klägerin die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses aktualisieren
müssen. Immerhin mangele es dem ursprünglichen Einstellungsbogen an der nunmehr vorgesehenen schriftlichen Bestätigung des
Arbeitnehmers, wonach er dem Arbeitgeber die Aufnahme weiterer Beschäftigungen anzuzeigen habe. Diese Erklärung des Arbeitnehmers
sei ebenfalls zu den Lohnunterlagen zu nehmen. Ein solcher Nachweis sei von der Klägerin aber zu keiner Zeit vorgelegt worden.
Darüber hinaus hätte die Klägerin, ausgehend von der Angabe des Beigeladenen über ein durchschnittliches Entgelt in Höhe von
rund € 200,00 monatlich aus dem weiteren Minijob, aufgrund des zuletzt bereinigten durchschnittlichen monatlichen Entgelts
aus der Beschäftigung bei ihr in Höhe von € 365,12 ohne weiteres erkennen können bzw. müssen, dass die Entgeltgrenze offensichtlich
bereits seit geraumer Zeit nicht mehr eingehalten werde.
Der mit Beschluss des SG vom 6. März 2013 Beigeladene äußerte sich nicht.
Mit Urteil vom 23. Juli 2013 hob das SG den Bescheid vom 6. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 15. November 2012 betreffend die Monate März 2011,
Mai 2011, Juni 2011, Dezember 2011 sowie März bis Mai 2012 auf. Ein grob fahrlässiges Versäumnis der Klägerin sei nicht anzunehmen.
Das Einkommen des Beigeladenen habe monatlich geschwankt, so dass eine monatliche Befragung durch die Arbeitgeberinnen erforderlich
gewesen wäre. Dass die Klägerin dies nicht getan habe, stelle kein grob fahrlässiges Versäumnis dar. Eine Verletzung der Pflichten
nach § 8 BVV liege in diesem Fall nicht vor. Insbesondere habe die Klägerin eine Erklärung des Beigeladenen über weitere Beschäftigungen
sowie die Bestätigung, dass die Aufnahme weiterer Beschäftigungen dem Arbeitgeber anzuzeigen seien, zu den Akten genommen.
§ 8 Abs. 2 Nr. 7 BVV verpflichte den Arbeitgeber nicht, den geringfügig Beschäftigten eine Erklärung über die Höhe des Arbeitsentgeltes der weiteren
Beschäftigung abgeben zu lassen. Vorliegend habe die Klägerin den Beigeladenen sogar bestätigen lassen, dass er jede Veränderung
seiner Verdienstsituation der Klägerin mitteilen werde. Ebenso wenig habe die Klägerin die Aufforderung der Beklagten im Schreiben
vom 2. August 2005, die Einhaltung der Entgeltgrenze regelmäßig zu prüfen, grob fahrlässig verletzt. Eine grobe Fahrlässigkeit
hätte - unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und unternehmenspolitischen Interessen der Klägerin - vorausgesetzt, dass
die Beklagte ihr konkrete Vorgaben gemacht hätte. Die Bitte, eine "regelmäßige" Prüfung vorzunehmen, erfülle diese Anforderungen
nicht. Zwar habe das Arbeitsentgelt des Beigeladenen allein bei der Klägerin zeitweise nur wenige Cent unter der Geringfügigkeitsgrenze
gelegen, so dass es aus Sicht der Klägerin zumindest nahegelegen habe, dass die Summe aus beiden Beschäftigungen die Geringfügigkeitsgrenze
überschreitet. Allerdings sei auch für diese Fälle erforderlich, dass die Beklagte der Klägerin konkret ihre Pflichten zur
weiteren Aufklärung vorgebe. Ansonsten sei es unklar, bei welchem Mindesteinkommen die Klägerin zu weiteren Befragung angehalten
sei.
Gegen dieses ihr am 30. August 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. September 2013 Berufung beim Landessozialgericht
(LSG) eingelegt und zur Begründung unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ausgeführt, das SG habe zu Unrecht eine einschränkende Auslegung der Vorschrift des §
8 Abs.
2 Satz 3 und
4 SGB IV abgelehnt. Es werde nicht bestritten, dass die Klägerin bei Beginn der Beschäftigung des Beigeladenen eine korrekte sozialversicherungsrechtliche
Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses vorgenommen habe. Ab Januar 2011 sei jedoch bei schwankendem Verdienst die von
ihr geleistete regelmäßige Vergütung auf über € 200,00 angestiegen. Das von der Klägerin auf Anfrage bescheinigte durchschnittliche
monatliche Entgelt habe sich im Mai 2012 bereits auf € 365,12 belaufen. Unter Berücksichtigung der sich aus dem vorliegenden
Einstellungsbogen ergebenden Informationen zur Höhe des Entgelts bei dem weiteren Arbeitgeber hätte die Klägerin ohne Weiteres
erkennen müssen, dass dies nunmehr zu einem Überschreiten der Entgeltgrenze führe. Somit seien naheliegende Überlegungen seitens
der Klägerin nicht angestellt bzw. nicht beachtet worden. Die Pflichten von Arbeitgebern im Zusammenhang mit dem Meldeverfahren,
dem Führen und Aufbewahren von Lohnunterlagen und der Ermittlung und Entrichtung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages seien
in den §§ 28a ff.
SGB IV ausdrücklich geregelt. Danach sei der Arbeitgeber als sogenannter in Dienst genommener Privater verpflichtet, die Versicherungs-
und Beitragspflicht selbständig zu prüfen. Der Beschäftigte habe insoweit dem Arbeitgeber die zur Durchführung des Meldeverfahrens
erforderlichen Angaben zu machen. In Zweifelsfällen könne der Arbeitgeber einen Antrag nach §
28 h Abs.
2 SGB IV auf Feststellung des versicherungsrechtlichen Status stellen. Angesichts der Sach- und Rechtslage sei zumindest eine sofortige
Aktualisierung der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses durch die Klägerin unabdingbar
gewesen. Spätestens im Hinblick auf die zum 1. Januar 2011 erweiterten Dokumentationspflichten des Arbeitgebers sei eine erneute
schriftliche Befragung des Arbeitnehmers gerade im Hinblick auf die Höhe des Entgelts bei dem weiteren Minijob-Arbeitgeber
unumgänglich gewesen. Trotz der schwankenden Entgelte sei eine monatliche Befragung des Arbeitnehmers nicht erforderlich gewesen.
Entscheidend sei das "regelmäßige Arbeitsentgelt". Dieses ermittle sich abhängig von der Anzahl der Monate, für die eine Beschäftigung
gegen Arbeitsentgelt bestehe, wobei maximal ein Jahreszeitraum zugrunde zu legen sei. Ob die für die geringfügig entlohnte
Beschäftigung maßgebende Entgeltgrenze regelmäßig im Monat oder nur gelegentlich unter- oder überschritten werde, sei aus
Sicht des Arbeitgebers stets bei Beginn der Beschäftigung und erneut bei jeder dauerhaften Veränderung in den Verhältnissen
im Wege einer vorausschauenden Betrachtung zu beurteilen. Solange die jährliche Entgeltgrenze nicht überschritten werde, sei
es für das Vorliegen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung unschädlich, wenn aufgrund eines unvorhersehbaren Jahresverlaufes
bei schwankendem Arbeitsentgelt in einzelnen Monaten auch Arbeitsentgelte oberhalb der Entgeltgrenze erzielt würden. Auch
ein nur gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten der Arbeitsentgeltgrenze führe nicht zur Beendigung der geringfügig
entlohnten Beschäftigung. Als gelegentlich sei dabei ein Zeitraum von bis zu zwei Monaten innerhalb eines Zeitjahres anzusehen.
Jedes weitere, über den Zeitraum von zwei Monaten hinausgehende, nicht vorhersehbare Überschreiten der Arbeitsentgeltgrenze
innerhalb des maßgebenden Zeitjahres sei nicht mehr gelegentlich und begründe eine nicht geringfügige Beschäftigung, es sei
denn, die in dem vom Arbeitgeber gewählten Jahreszeitraum für die Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgeltes maßgebliche
Entgeltgrenze werde eingehalten. Vorliegend sei es ab Mai 2011 infolge Mehrarbeit zur Anhebung des regelmäßigen Verdienstes
auf deutlich über € 300,00 monatlich gekommen. Selbst wenn man von Unvorhersehbarkeit aus ginge, läge im Kalenderjahr 2011
ein mehr als zweimaliges Überschreiten vor. Zu Beginn des Kalenderjahres 2012 sei der Klägerin der höhere Verdienst längst
bekannt gewesen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die durchzuführende Prognose zu einer anderen sozialversicherungsrechtlichen
Beurteilung durch die Klägerin führen müssen. Die hiervon abweichende, dem Teilanerkenntnis zugrunde liegende monatliche Betrachtung
sei zu Gunsten der Klägerin erfolgt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Juli 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hat ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen vorgetragen, der Beigeladene
sei in der Betriebsstätte Bruchsal eingesetzt worden. Dem dortigen Betriebsleiter habe er mitgeteilt, mehr arbeiten zu wollen,
da er bei der anderen Tätigkeit weniger verdiene. Die dortigen Einkünfte schwankten, manchmal verdiene er nichts. Dies habe
der Betriebsleiter an sie weitergegeben, die dann korrekte Meldungen vorgenommen habe. Dass sie nach einem Urteil des Bundessozialgerichts
(BSG) als Arbeitgeberin verpflichtet gewesen sei, spätestens Anfang des Jahres 2012 eine gewissenhafte Schätzung über das voraussichtliche
Einkommen des Beigeladenen über das gesamte Kalenderjahr für beide Beschäftigungen vorzunehmen, sei ihr nicht bekannt gewesen.
Auch die Beklagte sei nicht von einer Jahresbetrachtung ausgegangen. Bereits diese unterschiedlichen Rechtsauffassungen zeigten,
dass ihr kein grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden könne.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. In der Sache hat er vorgetragen, die Problematik sei aufgetreten, weil bei der
Klägerin ein Fahrer ausgefallen sei und er deshalb mehr gearbeitet habe.
Am 22. Januar 2015 hat die damals zuständige Berichterstatterin einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt.
Auf die Niederschrift vom 22. Januar 2015 wird insoweit verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten
beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Der Senat konnte gemäß §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. Die nach §
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft, da sie nicht den Beschränkungen des §
144 SGG unterliegt. Die Klage betrifft keine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt i.S.d. §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG, sondern das Bestehen von Versicherungspflicht. Diese wurde mit den angefochtenen Bescheiden hinsichtlich der vom Beigeladenen
bei der Klägerin ausgeübten Beschäftigung festgestellt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. April 2008 - L 5 R 2125/07 - [...] Rn. 28).
2. Nach dem Verfügungssatz der streitgegenständlichen Bescheide (Bescheid vom 6. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheids
vom 15. November 2012), dem Inhalt des angenommenen Teilanerkenntnisses in erster Instanz sowie dem Tenor des von der Beklagten
angefochtenen Urteils des SG ist Gegenstand des Berufungsverfahrens die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der Beschäftigung bei der Klägerin nur
noch in den Zeiten vom 1. bis 31. März, 1. Mai bis 30. Juni und 1. bis 31. Dezember 2011 sowie 1. März bis 31. Mai 2012.
3. Die Berufung der Beklagten ist hinsichtlich des Monats März 2011 unbegründet, hat aber im Übrigen Erfolg. Für die Zeit
ab dem 1. Mai 2011 sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Verwaltungsakt durch die Beklagte ist §
28h Abs.
2 Satz 4
SGB IV (in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 Buchst. b Drittes Gesetz zur Änderung des
SGB IV und anderer Gesetze [3. SGB IVÄndG] vom 5. August 2010, BGBl. I S. 1127). Danach prüft die nach § 28i Satz 5
SGB IV zuständige Einzugsstelle - die Beklagte - die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den
§§
8 und
8a SGB IV und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie
nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.
a) Personen, die i.S.d. §
7 SGB IV gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen nach §
2 Abs.
2 Nr.
1 und §
3 Nr.
1 SGB IV regelmäßig der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung. Für die einzelnen Zweige der Sozialversicherung
folgt dies spezialgesetzlich ferner aus §
5 Abs.
1 Nr.
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) für die gesetzliche Krankenversicherung, aus §
1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) für die gesetzliche Rentenversicherung, aus §
20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 Halbsatz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI) für die soziale Pflegeversicherung sowie aus §
24 Abs.
1, §
25 Abs.
1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) für den Bereich der Arbeitsförderung, Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht kein Streit darüber, dass der Beigeladene
bei der Klägerin eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt im Sinne des §
7 Abs.
1 SGB IV ausübt, denn die Tätigkeit erfüllt ihrer Art nach sämtliche Merkmale einer nicht selbständigen Arbeit, der Beigeladene ist
in den Betrieb der Klägerin eingegliedert und unterliegt deren Weisungsrecht.
b) Eine Sozialversicherungspflicht und in der Folge dazu eine Beitragspflicht besteht jedoch dann nicht, wenn ein Beschäftigungsverhältnis
nur geringfügig ist. Für den Bereich der Arbeitsförderung folgt dies aus §
27 Abs.
2 Satz 1
SGB III, für die gesetzliche Krankenversicherung aus §
7 Abs.
1 SGB V, für die gesetzliche Rentenversicherung aus §
5 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB VI und für die gesetzliche Pflegeversicherung aus §
20 Abs.
1 Satz 1
SGB XI. Die Merkmale einer geringfügigen Beschäftigung ergeben sich aus §
8 Abs.
1 SGB IV (hier in der vom 1. April 2003 bis 31. Dezember 2012 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 3 Buchst. a) Zweites Gesetz für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 [BGBl. I, S. 4621]).
Eine geringfügige Beschäftigung liegt danach vor, wenn (1.) das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat
€ 400,00 nicht übersteigt oder (2.) die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage
nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig
ausgeübt wird und ihr Entgelt € 400,00 im Monat übersteigt. Die Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin war - für
sich betrachtet - eine dauerhafte, entgeltgeringfügige Beschäftigung i.S.d. §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV. Eine Begrenzung auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage i.S.d. Nr. 2 lag nicht vor. Vielmehr war der Beigeladene jeden
Monat und damit regelmäßig für die Klägerin tätig. Gleiches gilt für die Beschäftigungen des Beigeladenen bei SF. Eine zeitliche
Beschränkung i.S.d. Nr. 2 ergab sich weder aus der Eigenart der Beschäftigung (Hausmeister) noch war eine solche vereinbart.
Dafür spricht bereits die tatsächliche Durchführung. So war der Beigeladene in den hier maßgeblichen Jahren 2011 und 2012
lediglich in zwei Monaten nicht für SF tätig (Juli und August 2011). Des Weiteren steht für den Senat fest, dass der Beigeladene
bei SF eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt im Sinne des §
7 Abs.
1 SGB IV ausgeübt hat. Er ist von dieser Arbeitgeberin als (geringfügig) Beschäftigter angemeldet worden. Die Tätigkeit als Hausmeister
in einem von dieser vorgegebenen zeitlichen Umfang spricht für eine Weisungsunterworfenheit des Beigeladenen und seine Eingliederung
in deren Betrieb. Er selbst hat zu keiner Zeit eine selbständige Tätigkeit behauptet oder Anhaltspunkt für eine solche vorgetragen.
Die vereinbarten und tatsächlich geleisteten Entgelte aus den beiden Beschäftigungen haben - jeweils für sich - die Arbeitsentgeltgrenze
des §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV nicht überschritten. Dies ergibt sich für den Senat aus den Angaben des Beigeladenen im Fragebogen der Klägerin vom 16. Februar
2004, den Angaben der beiden Arbeitgeberinnen im Mai und Juni 2012 gegenüber der Beklagten sowie den von diesen vorgelegten
Entgeltaufstellungen und -abrechnungen. Weiteren Beschäftigungen ist der Beigeladene im streitbefangenen Zeitraum nicht nachgegangen.
c) aa) Nach §
8 Abs.
2 Satz 1
SGB IV (in der seit 1. April 2003 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 3 Buchst. b) Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) sind allerdings bei der Anwendung des Absatzes
1 u.a. mehrere geringfügige Beschäftigungen nach Nummer 1 zusammenzurechnen. Eine geringfügige Beschäftigung liegt nicht mehr
vor, sobald die Voraussetzungen des Absatzes 1 entfallen (Satz 2 in der seit Einführung des
SGB IV zum 1. Juli 1977 unverändert geltenden Fassung). Die Geringfügigkeit endet mithin, wenn die regelmäßigen Arbeitsentgelte
aus den entgeltgeringfügigen Beschäftigungen zusammen die Grenze von € 400,00 überschreiten. Ob die für die Geringfügigkeit
maßgebende Entgeltgrenze regelmäßig im Monat oder nur gelegentlich unterschritten bzw. regelmäßig im Monat oder nur gelegentlich
überstiegen wird, beurteilt sich im Wege einer vorausschauenden Betrachtung (vgl. zum Entwurf eines Sozialgesetzbuchs - Gemeinsame
Vorschriften für die Sozialversicherung, Bundestags-Drucksache 7/4122 S. 43 zu Artikel I § 8 Abs. 1 Nr. 1; BSG, Urteile vom 28. Februar 1984 - 12 RK 21/83 - [...] Rn. 14, vom 11. Mai 1993 - 12 RK 2391 - [...] Rn. 15 und vom 27. Juli 2011 - B 12 R 15/09 R - [...] Rn. 15 ff. m.w.N.; Senatsurteil vom 15. April 2011 - L 4 R 2928/09 - nicht veröffentlicht). Dies gilt auch für rückwirkende Entscheidungen. Ist im Nachhinein zu entscheiden, ob etwa während
eines in der Vergangenheit liegenden Zeitraums Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit bestand, so ist nachträglich eine
vorausschauende Betrachtung vorzunehmen. Auszugehen ist dabei von dem Erkenntnisstand, der damals vorhanden war (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011, a.a.O., Rn. 18).
Die hiernach erforderliche Prognose erfordert keine alle Eventualitäten berücksichtigende genaue Vorhersage, sondern lediglich
eine ungefähre Einschätzung, welches Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nach der bisherigen Übung mit hinreichender Sicherheit
zu erwarten ist. Im Prognosezeitpunkt muss davon auszugehen sein, dass sich Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bei normalem Ablauf der Dinge
nicht relevant verändern. Erweist sich eine - richtige - Prognose im Nachhinein infolge nicht vorhersehbarer Umstände als
unzutreffend, so bleibt sie für die Vergangenheit gleichwohl maßgebend. Solche Umstände können die versicherungsrechtliche
Stellung dann nicht in die Vergangenheit hinein verändern. Stimmt die - richtige - Prognose mit dem späteren Verlauf nicht
überein, so kann das jedoch Anlass für eine neue Prüfung und - wiederum vorausschauende - Betrachtung sein. Es kommt dann
darauf an, ob es sich bei dem mit der ursprünglichen Prognose nicht mehr übereinstimmenden Sachverhalt um vorübergehende,
mehr zufällige Abweichungen handelt, oder ob hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass die
bisher das Arbeitsentgelt oder das Arbeitseinkommen bestimmenden Umstände sich nicht nur vorübergehend geändert haben und
zu einem anderen regelmäßigen Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen im Monat führen (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011, a.a.O., Rn. 17 m.w.N.). Prognosegrundlage sind neben den Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien
in ihrer tatsächlichen Übung auch Erfahrungswerte der Vergangenheit oder ein Vergleich mit in ähnlicher Weise beschäftigten
oder früher beschäftigten Arbeitnehmern desselben Arbeitgebers (Knospe in Hauck/Haines,
SGB IV, §
8 Rn. 40; Schlegel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IV, 2. Aufl. 2011, §
8 SGB IV Rn. 43 m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch für rückwirkende Entscheidungen (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011, a.a.O., Rn. 18).
bb) Anzustellen ist diese Prognose jedenfalls zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses oder bei Änderung des Arbeitsverhältnisses
(Knospe, a.a.O., Rn. 41). Des Weiteren kann sich, wie dargestellt, die Notwendigkeit einer neuen Prüfung und vorausschauenden
Betrachtung aus der Abweichung der Prognose von der tatsächlichen Entwicklung ergeben. Entgegen der Ansicht der Beklagten
bot die Neuregelung des § 8 Abs. 2 Nr. 7 BVV zum 1. Januar 2011 (Art. 10 Nr. 2 3. SGB IVÄndG) jedenfalls im vorliegenden Fall keinen Anlass für die Klägerin, die Versicherungsfreiheit einer neuerlichen
Prüfung zu unterziehen. Danach sind vom Arbeitgeber zu den Entgeltunterlagen zu nehmen u.a. die Erklärung des kurzfristig
geringfügigen Beschäftigten über weitere kurzfristige Beschäftigungen im Kalenderjahr oder die Erklärung des geringfügig entlohnten
Beschäftigten über weitere Beschäftigungen sowie in beiden Fällen die Bestätigung, dass die Aufnahme weiterer Beschäftigungen
dem Arbeitgeber anzuzeigen sind. Diese Entgeltunterlagen lagen im Falle des Beigeladenen bei der Klägerin bereits vor. Die
Erklärung des geringfügig entlohnten Beschäftigten über weitere Beschäftigungen bezieht sich nach dem eindeutigen Wortlaut
der Vorschrift nicht auf das Kalenderjahr. Dies gilt nur für zeitgeringfügige Beschäftigungen. Zu der weiteren entgeltgeringfügigen
Beschäftigung hatte der Beigeladene aber bereits am 16. Februar 2004 eine Erklärung abgegeben. Gleiches gilt für seine Bestätigung,
jede Veränderung seiner arbeitszeitlichen Inanspruchnahme bei anderen Arbeitgebern sofort mitzuteilen. Diese Erklärungen hatte
die Klägerin bereits zu den Entgeltunterlagen genommen. Die Neuregelung der BVV bedurfte also keiner neuen oder weiteren Umsetzung.
d) aa) Für die Zeit bis zum 30. April 2011 ist eine fehlerhafte Prognose der Klägerin nicht festzustellen. Allein aus der
schriftlichen Vereinbarung über die geringfügige Tätigkeit zwischen Klägerin und Beigeladenem ließ sich das zu erwartende
Entgelt nicht prognostizieren. Geregelt ist dort lediglich die Höhe des Entgelts je Stunde, nicht aber die zu leistende Arbeitszeit.
Insbesondere war keine feste Wochen- oder Monatsstundenzahl vereinbart, auch keine Obergrenze. Die Prognose muss sich daher
auch auf die bisherige Übung stützen. Nach den vorliegenden Unterlagen hatte das regelmäßige Entgelt des Beigeladenen aus
der Beschäftigung bei der Klägerin zusammen mit dem weiteren Entgelt aus der Beschäftigung bei SF bei den durchgeführten Prüfungen
in den Jahren 2005 und 2009 die Geringfügigkeitsgrenze von € 400,00 nicht überschritten. Zwar hatte die Klägerin im Juni 2009
noch ein durchschnittliches monatliches Sozialversicherungsentgelt in Höhe von € 133,31 gemeldet, während dieses bei der Meldung
im Mai 2012 deutlich höher bei € 365,12 lag. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei diesen von der Beklagten
ausdrücklich abgefragten Entgelten um rückblickende Durchschnittsentgelte handelt und damit gerade nicht um die maßgeblichen
vorausschauend geschätzten Entgelte. Wie ausgeführt, können solche rückschauenden Durchschnittsentgelte grundsätzlich nicht
die Fehlerhaftigkeit der Prognose belegen, sondern allenfalls Anlass für die Notwendigkeit einer neuen Prognose geben. Des
Weiteren beruht die Höhe des im Mai 2012 gemeldeten Entgelts ab Mai 2011 maßgeblich auf einer Ausweitung der Arbeitszeit des
Beigeladenen bei der Klägerin (dazu unten). Auch die von der Beklagten herangezogenen Einzelnachweise der monatlichen Zahlungen
der Klägerin ab dem 1. Januar 2011 bieten keine Grundlage für die Annahme einer fehlerhaften Prognose. Aus diesen ist lediglich
erkennbar, dass das Entgelt des Beigeladenen aus der Beschäftigung bei der Klägerin in den Monaten Januar bis März 2011 ganz
knapp über € 200,00 lagen (zwischen € 200,92 und € 200,61). Diese könnten nahelegen, dass die monatliche Geringfügigkeitsgrenze
zusammen mit dem Entgelt aus der Beschäftigung bei SF überschritten werde, das der Beigeladene mit "rund € 200,00" monatlich
angegeben hatte. Dass Einkommen in dieser Höhe bereits zuvor mehr als nur gelegentlich erzielt worden wäre und daher Anlass
für eine neue Prognose hätte bieten können, ist für den Senat nicht ersichtlich. Auch die Beklagte hat dies nicht behauptet
oder Anhaltspunkte hierfür erhoben. Gleiches gilt für das Vorbringen der Klägerin und des Beigeladenen. Unter Berücksichtigung
der bisherigen Umstände sind die - auch nur in geringem Umfang - höheren Entgelte in den Monaten Januar bis März 2011 als
tatsächliche Abweichungen von einer bei Erstellung zutreffenden Prognose zu werten. Dafür spricht auch das im April 2011 mit
€ 179,86 deutlich niedrigere Entgelt. Bis April 2011 lag das zutreffend prognostizierte Entgelt aus der Beschäftigung bei
der Klägerin zusammen mit dem vom Beigeladenen angegeben Entgelt aus der weiteren Beschäftigung bei SF somit nicht über der
Geringfügigkeitsgrenze des §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV.
bb) Eine Versicherungspflicht der Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin ist aufgrund dieser Prognose für die Zeit
bis zum 30. April 2011 ausgeschlossen. Dabei kann der Senat die korrekte Höhe des regelmäßigen Arbeitsentgelts aus der weiteren
Beschäftigung bei SF bis zu diesem Zeitpunkt offenlassen. Hätte sich dieses bei korrekter Prognose deutlich über die vom Beigeladenen
angegebenen € 200,00 monatlich hinaus gesteigert, hätte dies nach §
8 Abs.
2 Satz 2
SGB IV zunächst nur dazu geführt, dass eine geringfügige Beschäftigung nicht mehr vorlag. Abweichend von den grundsätzlichen Regelungen
hat der Wegfall der Geringfügigkeit aufgrund der Zusammenrechnung nach §
8 Abs.
2 Satz 1
SGB IV nicht den sofortigen Eintritt der Versicherungspflicht zur Folge. Für diese Fälle trifft §
8 Abs.
2 Satz 3
SGB IV (hier in der seit 6. August 2010 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 3 3. SGB IVÄndG) eine abweichende Sonderregelung: Wird beim Zusammenrechnen nach Satz 1 festgestellt, dass die Voraussetzungen
einer geringfügigen Beschäftigung nicht mehr vorliegen, tritt die Versicherungspflicht erst mit dem Tag ein, an dem die Entscheidung
über die Versicherungspflicht nach § 37 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) durch die Einzugsstelle nach § 28i Satz 5
SGB IV - die Beklagte - oder einen anderen Träger der Rentenversicherung bekannt gegeben wird. Zum Eintritt der Versicherungspflicht
bedarf es also eines konstitutiven Verwaltungsaktes, durch den die Versicherungspflicht erst mit Wirkung für die Zukunft begründet
wird (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. April 2008 - L 5 R 2125/07 - [...] Rn. 33; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29. April 2009 - L 5 KR 79/08 - [...] Rn. 24). Bis zum 30. April 2011 ist ein solcher die Versicherungspflicht feststellender Verwaltungsakt nicht ergangen.
Der Eintritt der Versicherungspflicht vor dem 1. Mai 2011 ergibt sich auch nicht aus §
8 Abs.
2 Satz 4
SGB IV (eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 2009 durch Art. 1 Nr. 1a Zweites Gesetz zur Änderung des
SGB IV und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 [BGBl. I S. 2933). Danach gilt die Sonderregelung des Satzes 3 über den nur zukünftigen
Eintritt der Versicherungspflicht nicht, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt hat, den Sachverhalt
für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung aufzuklären. Ein solches Fehlverhalten kann der Klägerin für
die Zeit bis zum 30. April 2011 nicht zur Last gelegt werden. Wie oben ausgeführt, ist sie von einer korrekten Prognose bezüglich
des von ihr zu zahlenden regelmäßigen Arbeitsentgelts ausgegangen. Sie hat darüber hinaus den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend
aufgeklärt, indem sie bereits bei Beginn der Beschäftigung im Februar 2004 eine Erklärung des Beigeladenen über das Entgelt
aus der weiteren geringfügigen Beschäftigung und dessen Bestätigung eingeholt hatte, jede Veränderung seiner arbeitszeitlichen
Inanspruchnahme bei anderen Arbeitgebern sofort mitzuteilen. Damit hat die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt die erst zum
1. Januar 2011 verschärften Anforderungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 7 BVV erfüllt. Dass diese Erklärungen jährlich wiederholt werden, schreibt diese Regelung jedenfalls für entgeltgeringfügige Beschäftigungen
gerade nicht vor. Auch eine Behörde ist trotz bestehender Amtsermittlungspflicht ohne konkreten Anlass nicht zu Ermittlungen
ins Blaue hinein verpflichtet. Des Weiteren hat die Klägerin über die Anforderungen des §
8 Abs.
2 Nr.
7 SGB IV hinaus in dem vom Beigeladenen am 16. Februar 2004 unterschriebenen Fragebogen dessen Schadenersatzpflicht für den Fall aufgenommen,
dass durch Mehrfachbeschäftigung Beitragsnachzahlungen geleistet werden müssten. Damit hat sie einen deutlichen Anreiz für
den Beigeladenen gesetzt, Änderungen des Entgelts aus der weiteren Beschäftigung anzuzeigen.
e) Für die Zeit ab dem 1. Mai 2011 hat die Beklagte jedenfalls in dem vorliegenden noch streitigen Umfang (Mai, Juni und Dezember
2011 sowie März bis Mai 2012) zu Recht Versicherungspflicht festgestellt.
aa) Eine geringfügige Beschäftigung lag ab dem 1. Mai 2011 nicht mehr vor, da die regelmäßigen Arbeitsentgelte aus den Beschäftigungen
des Beigeladenen bei der Klägerin und SF zusammengerechnet (§
8 Abs.
2 Satz 1
SGB IV) die Geringfügigkeitsgrenze des §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV in Höhe von € 400,00 überstiegen.
Das regelmäßige Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung bei der Klägerin hat sich zum 1. Mai 2011 durch eine Aufstockung der
Arbeitsleistung des Beigeladenen maßgeblich erhöht. Eine solche Änderung der arbeitsvertraglichen Umstände mit unmittelbaren
Auswirkungen auf das Arbeitsentgelt erfordert nach den oben dargestellten Grundsätzen eine neue vorausschauende Beurteilung
oder Schätzung des regelmäßigen Arbeitsentgelts. Dass eine solche Änderung vorgenommen worden ist, steht für den Senat nach
dem Gesamtergebnis des Verfahrens fest. Im Erörterungstermin vom 22. Januar 2015 haben sowohl der Bevollmächtigte der Klägerin
als auch der Beigeladene übereinstimmend dargelegt, dass letzterer seine Arbeitsleistung für die Klägerin aufgestockt habe;
lediglich der Anlass für die Aufstockung wurde unterschiedlich dargestellt. Objektiv lässt sich die Ausweitung der Arbeitsleistung
gerade an den seit 1. Mai 2011 gezahlten Arbeitsentgelten nachvollziehen. Im Mai 2011 betrug das monatliche Entgelt mit €
398,84 erstmals deutlich mehr als bisher höchstens geleisteten rund € 200,00. In den nachfolgenden Monaten bis einschließlich
Mai 2012 ist das Arbeitsentgelt nicht mehr unter € 300,00 gesunken. Durchschnittlich lag das monatliche Arbeitsentgelt im
Zeitraum von Mai 2011 bis einschließlich Mai 2012 bei € 367,80 (schwankend zwischen € 314,80 und € 399,95). Das regelmäßige
monatliche Arbeitsentgelt kann zwar nicht aus dem rückwirkend ermittelten durchschnittlichen Arbeitsentgelt entnommen werden.
Die Höhe der einzelnen monatlichen Zahlungen lassen jedoch - in Ermangelung weiterer Umstände - auf die tatsächlich beabsichtigte
Handhabung der arbeitsvertraglichen Beziehungen schließen. In dem 13 Monate umfassenden Zeitraum von Mai 2011 bis Mai 2012
lag das Arbeitsentgelt des Beigeladenen bei der Klägerin lediglich viermal unter, jedoch neunmal über € 360,00. Der Senat
geht daher davon aus, dass bei korrekter Prognose ab Mai 2011 von einem regelmäßigen Arbeitsentgelt in Höhe von mindestens
€ 360,00 monatlich auszugehen war.
Das regelmäßige Arbeitsentgelt des Beigeladenen aus der Beschäftigung bei SF lag jedenfalls bis zum 30. Juni 2011 nicht unter
€ 200,00 monatlich. Diese Höhe hatte der Beigeladene bereits im Februar 2004 gegenüber der Klägerin angegeben. Es bestehen
keine Anhaltspunkte für ein niedrigeres Einkommen. Die vorliegenden Entgeltnachweise für den Zeitraum von Januar bis Juni
2011 legen mit einem durchschnittlichen monatlichen Arbeitsentgelt in Höhe von € 258,25 (schwankend zwischen € 195,00 und
305,10) eher ein höheres Entgelt nahe; nur in einem Monat wurde ein Arbeitsentgelt unter € 200,00 geleistet. Für die Zeit
der Wiederaufnahme der Beschäftigung bei SF nach zweimonatiger Unterbrechung am 1. September 2011 bedarf es auch hier einer
neuen Prognose, da sich die zugrunde liegenden Umstände ersichtlich verändert haben. Im Zeitraum von September 2011 bis einschließlich
Mai 2012 betrug das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt nur noch € 50,11 (schwankend zwischen € 20,40 und € 82,50).
Die Höhe der einzelnen monatlichen Zahlungen lassen auch hier - in Ermangelung weiterer Umstände - auf die tatsächlich beabsichtigte
Handhabung der arbeitsvertraglichen Beziehungen schließen. In dem neun Monate umfassenden Zeitraum lag das monatliche Arbeitsentgelt
fünfmal unter und viermal über € 50,00. Damit bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das monatliche Arbeitsentgelt nur gelegentlich
über € 50,00 liegen sollte.
Bei Zusammenrechnung der regelmäßigen Arbeitsentgelte sowohl ab Mai 2011 (€ 360,00 + € 200,00) als auch ab September 2011
(€ 360,00 + € 50,00) wurde die Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von € 400,00 somit jeweils überschritten. Eine geringfügige
Beschäftigung lag daher zu diesen Zeitpunkten nicht mehr vor.
bb) Abweichend von der nach §
8 Abs.
2 Satz 3
SGB IV bei Zusammenrechnung grundsätzlich nur für die Zukunft wirkenden der Versicherungspflicht, ist diese vorliegend rückwirkend
zum 1. Mai 2011 eingetreten, weil die Klägerin grob fahrlässig versäumt hat, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche
Beurteilung der Beschäftigung aufzuklären (§
8 Abs.
2 Satz 4
SGB IV).
Zurechnungsobjekt des Pflichtenverstoßes und des Verschuldens ist vorliegend eine juristische Person (AG), die durch den Vorstand
vertreten wird (§§ 76 ff. Aktiengesetz). Eine am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation muss allerdings so organisiert sein, dass Informationen, deren Relevanz
für andere Personen innerhalb dieser Organisation bei den konkret Wissenden erkennbar ist, tatsächlich an jene Personen weitergegeben
werden (Informationsweiterleitungspflicht); umgekehrt muss sichergestellt sein, dass gegebenenfalls nach erkennbar an anderer
Stelle innerhalb der Organisation vorhandenen und für den eigenen Bereich wesentlichen Informationen nachgefragt wird (Informationsabfragepflicht).
Die Kenntnis einer juristischen Person ergibt sich daraus, dass sie das Aktenwissen besitzt und seine Nutzung nicht in ihrem
Belieben steht, sondern normativen Verkehrsschutz-Anforderungen unterliegt. Die Verantwortung für das einmal erlangte Wissen
schließt die Verpflichtung ein, seine Verfügbarkeit zu organisieren (Gehrlein/Weinland, in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a.,
jurisPK-
BGB, 7. Aufl. 2014, §
166 BGB Rn. 18). Des Weiteren muss sich die Klägerin das Verhalten ihrer Beschäftigten im Lohnbüro zurechnen lassen. Diesen hat sie
die ihr obliegende Pflicht zur Aufklärung des für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung maßgeblichen
Sachverhalts (§
8 Abs.
2 Satz 4
SGB IV) sowie der Meldung der Versicherten und der Führung der Entgeltunterlagen (§§ 28a ff.
SGB IV i.V.m. § 8 BVV) übertragen. Diese sind somit ihre Erfüllungsgehilfen i.S.d. §
278 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB). Der Grundsatz der Haftung für das Verschulden des Erfüllungsgehilfen gilt nicht nur im bürgerlichen Recht, sondern auch
im Rahmen gesetzlicher Schuldverhältnisse und entsprechend bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen. Ebenso wie im privaten
Rechtsverkehr der Schuldner sich zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten Dritter bedienen kann, dann aber im Interesse
des Vertrauensschutzes des Gläubigers für das Verschulden des Dritten wie für eigenes Verschulden einzutreten hat, kann auch
ein öffentlich-rechtlich Verpflichteter sich zwar eines Erfüllungsgehilfen bedienen, sich damit aber ebenso wenig seiner eigenen
öffentlich-rechtlichen Verpflichtung entziehen. Er haftet vielmehr ebenfalls für dessen Verschulden. Der öffentlich-rechtlich
Verpflichtete kann sich ebenfalls nicht auf die sorgfältige Auswahl und Überwachung seiner Hilfspersonen entsprechend §
831 BGB berufen (zum Ganzen BSG, Urteile vom 20. Oktober 1983 - 7 RAr 41/82 - [...] Rn. 37 und vom 9. September 1986 - 7 RAr 77/84 - [...] Rn. 13).
Die Pflicht zur Aufklärung des für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung maßgeblichen Sachverhalts
wurde für die Zeit ab dem 1. Mai 2011 verletzt. Wie oben dargestellt, war aufgrund der Ausweitung der Arbeitstätigkeit des
Beigeladenen für die Klägerin ab diesem Zeitpunkt eine neue vorausschauende Beurteilung der Geringfügigkeit der Beschäftigung
in Zusammenrechnung mit der - bereits bekannten - weiteren entgeltgeringfügigen Beschäftigung bei SF nötig. Gibt der Arbeitnehmer
an, noch anderweitig beschäftigt oder tätig zu sein, obliegt es dem Arbeitgeber durch weiteres Nachfragen zumindest diejenigen
Informationen zu erhalten, die ihn befähigen, über die Frage der Versicherungsfreiheit zu entscheiden (Schlegel a.a.O., Rn.
68). Unerlässlich für diese Beurteilung war die Kenntnis des regelmäßigen Arbeitsentgelts aus dieser weiteren Beschäftigung.
Aus den bereits bei der Klägerin vorliegenden Unterlagen (Fragebogen vom 16. Februar 2004) war ein Arbeitsentgelt in Höhe
von rund € 200,00 zu entnehmen. Unter Berücksichtigung des durch die Aufstockung der Arbeitstätigkeit für die Klägerin zu
erwartenden höheren Arbeitsentgelts wäre eine Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze ohne Weiteres ersichtlich gewesen.
Nach dem Vortrag der Klägerin hatte der Beigeladene zwar angegeben, in der anderen Beschäftigung deutlicher weniger als bisher
zu verdienen. Ohne nähere Aufklärung der tatsächlichen Höhe des regelmäßigen Arbeitsentgelts aus der dortigen Beschäftigung
war aber angesichts des - bis knapp unter die Grenze der Entgeltgeringfügigkeit - gestiegenen Arbeitsentgelts aus der Beschäftigung
bei der Klägerin eine Beurteilung der Geringfügigkeit der Beschäftigung nicht möglich. Die Klägerin war daher verpflichtet,
dies näher aufzuklären, was ihr möglich war. Auch ein geringfügig Beschäftigter hat dem Arbeitgeber die zur Durchführung des
Meldeverfahrens (§
28a Abs.
9 SGB IV) und der Beitragszahlung erforderlichen Angaben zu machen (§ 28o Abs. 1 Satz 1
SGB IV). Eine solche Erhebung beim Beigeladenen ist seitens der Klägerin nicht erfolgt. Weder sie selbst noch der Beigeladene hat
solches behauptet. Auch den von ihr vorgelegten Unterlagen können Ermittlungen diesbezüglich nicht entnommen werden. Sie hat
nicht vorgetragen, dass sie eine anlässlich der Aufstockung der Arbeitsleistung des Beigeladenen eine neue Prognose angestellt
habe oder dabei von einem bestimmten Arbeitsentgelt aus der weiteren Beschäftigung ausgegangen wäre.
Gegen diese Pflicht hat die Klägerin grob fahrlässig verstoßen. Grobe Fahrlässigkeit ist nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2, Satz 3 Nr. 3 SGB X nur gegeben, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schweren Maße verletzt. Diese Voraussetzung erfüllt,
wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem
einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem
Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (BSG Urteil vom 8. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R - [...] Rn. 23 m.w.N.; Merten, in: Hauck/Noftz, SGB X, § 45 Rn. 71 ff.). Die weitere geringfügige Beschäftigung ihres Arbeitnehmers war der Klägerin bekannt. Das bisher aus der Beschäftigung
bei der Klägerin erzielte Arbeitsentgelt sollte aufgrund der Ausweitung der Arbeitstätigkeit erheblich steigen (dazu oben)
und zwar in einem Umfange, dass bei Berücksichtigung des bisher bekannten Arbeitsentgelts aus der weiteren Beschäftigung die
Entgeltgeringfügigkeitsgrenze deutlich überschritten würde. Unter diesen Umständen ist es eine sehr einfache und naheliegende
Überlegung, dass die bisherige Beurteilung der Geringfügigkeit überprüft und dafür die Höhe des weiteren Arbeitsentgelts erfragt
werden muss. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als bereits im ersten Monat der Aufstockung allein das von der Klägerin
geleistete Arbeitsentgelt die Geringfügigkeitsgrenze von € 400,00 annähernd ausgeschöpft hatte (€ 398,84). Die Notwendigkeit
der neuen Prognose des Arbeitsentgelts aus der Beschäftigung im eigenen Unternehmen und der Feststellung dessen aus der weiteren
Beschäftigung beim anderen Arbeitgeber drängt sich somit ohne Weiteres auf. Die Notwendigkeit einer prognostischen Beurteilung
der Geringfügigkeit ergibt sich dabei aus der genannten, bereits seit 1984 bestehenden Rechtsprechung des BSG. Einschränkungen der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit oder des Einsichtsvermögens können auf Seiten der Klägerin
nicht angenommen werden. Die Aufgaben wurden an die Beschäftigten des Lohnbüros übertragen, das für etwa 1.400 Mitarbeiter,
darunter 100 Aushilfskräfte, 2,5 Vollzeitstellen umfasst, so dass von entsprechender Sachkunde auszugehen ist.
cc) Die Versicherungspflicht tritt, da die Sondervorschrift des §
8 Abs.
2 Satz 3
SGB IV somit nicht eingreift, mit Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale ein, vorliegend also mit dem Entfallen der Geringfügigkeit
zum 1. Mai 2011. Der Begründung durch einen Verwaltungsakt bedarf es nicht; eine Verwaltungsentscheidung der Einzugsstelle
oder des Rentenversicherungsträgers hat lediglich eine deklaratorische Wirkung.
4. Die Kostentscheidung beruht auf §
197a SGG i.V.m. §§
155 Abs.
1,
161 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Klage richtete sich in erster Instanz ursprünglich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht für insgesamt 15
Monate. Im Umfange von 9 Monaten, also 60%, hatte dieses Begehren im Ergebnis Erfolg. Im Berufungsverfahren war abweichend
davon nur noch die Versicherungspflicht in 7 Monaten streitgegenständlich, wovon die Klägerin im Umfange von einem Monat,
also 15%, obsiegt hat. Dem Beigeladenen, der zu den nach §
183 SGG kostenprivilegierten Beteiligten gehört, waren keine Kosten aufzuerlegen (§
197a Abs.
2 Satz 2
SGG). Da er selbst keinen Antrag gestellt hat, ist es nicht gerechtfertigt, seine außergerichtlichen Kosten den anderen Beteiligten
aufzuerlegen.
5. Gründe, die Revision zuzulassen §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG), liegen nicht vor.
6. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts auf € 5.000,00 für beide Rechtszüge beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz
1
SGG, 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2 und 47 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG von € 5.000,00 ist anzusetzen, weil keine konkrete Forderung von Beiträgen, sondern die Frage der Versicherungspflicht streitig
war und es somit keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwertes gibt.