Gründe
I.
Mit der am 20. Januar 2021 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts
Freiburg (SG) vom 17. Dezember 2020 eingelegten Berufung begehrt der von einem Rentenberater vertretene Kläger die Erstattung der Kosten
eines Widerspruchsverfahrens.
Nachdem die Berufung trotz mehrmaliger Erinnerung nicht begründet wurde, wies die Berichterstatterin des Senats mit Schreiben
vom 16. Juli 2021 den Klägervertreter darauf hin, dass nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage die Berufung keine
Erfolgsaussichten biete, da die Klage bereits unzulässig gewesen sein dürfte. Das SG habe zutreffend entschieden, dass die Kosten eines Widerspruchsverfahrens nicht mit der Leistungsklage geltend gemacht werden
könnten und eine solche daher unzulässig sei. Über die Kosten des Widerspruchsverfahrens sei zunächst durch Verwaltungsakt
zu entscheiden, gegen den nachfolgend gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden könne. Es werde daher angeregt,
das Berufungsverfahren durch Rücknahme des Rechtsmittels zu beenden. Der Prozessbevollmächtigte wurde gebeten, sich innerhalb
von vier Wochen nach Eingang des Schreibens zu äußern.
Nachdem sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht äußerte, bestimmte die Berichterstatterin des Senats am 24. August
2021 Termin zur Erörterung des Sachverhalts auf den 1. Oktober 2021 und ordnete unter Hinweis auf die Folgen eines unentschuldigten
Ausbleibens das persönliche Erscheinen des Klägers an. Die Ladung wurde sowohl dem Kläger persönlich als auch seinem Prozessbevollmächtigten
zugestellt.
Am 27. September 2021 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers an den Senat und beantragte, die Anordnung des persönlichen
Erscheinens des Klägers aufzuheben. Dieser leide an den Folgen eines schweren Stammhirninsults mit den entsprechend kognitiven
Beeinträchtigungen und einer nicht korrigierten deutlichen Schwerhörigkeit. Er sei nicht in der Lage, einen Termin wahrzunehmen.
Im Übrigen bleibe "auch völlig im Unklaren, was er zur Sach- und Rechtslage als Rechtsunkundiger entäußern" solle. Eine Berufungsrücknahme
sei von ihm (dem Rentenberater) dringendst abgeraten worden, da die Beklagte bis zum heutigen Tage auf die Rechnungen keinen
Cent bezahlt habe. Der Kläger werde in Anbetracht seiner gesundheitlichen Situation, die man nicht mehr zu attestieren brauche,
"nicht erscheinen, definitiv nicht". Da es sich hier um Kosten handele, die nicht bezahlt seien, werde er durch eine Anreise
nicht noch weitere Kosten verursachen und bitte insoweit um Verständnis.
Mit Schreiben vom 28. September 2021 teilte die Berichterstatterin des Senats dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit,
dass es erforderlich sei, die Behauptung, der Kläger könne aufgrund seiner gesundheitlichen Situation zu dem anberaumten Erörterungstermin
nicht erscheinen, durch eine ärztliche Bescheinigung glaubhaft zu machen. Auf den entsprechenden Hinweis in dem der Ladung
beigefügten Merkblatt werde hingewiesen. Die Bescheinigung habe konkrete Angaben zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen
und den hieraus resultierenden funktionellen Einschränkungen zu enthalten, die der Teilnahme an dem Erörterungstermin entgegenstünden.
Am 29. September 2021 reichte der Prozessbevollmächtigte des Klägers das ärztliche Attest des O vom 27. September 2021 ein,
wonach sich der Kläger an diesem Tag in der Praxis vorgestellt habe. Aufgrund seiner chronischen Erkrankung sei der Kläger
für voraussichtlich vier Wochen nicht reisefähig. Kurze Reisen bis 50 km seien möglich. Dies bitte man zu berücksichtigen.
Auf Anordnung der Berichterstatterin des Senats wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers noch am 29. September 2021 mitgeteilt,
dass an dem Termin festgehalten werde. Aufgrund des vorgelegten Attests erschließe sich nicht, weshalb der Kläger an dem Termin
nicht teilnehmen könne.
Am 30. September 2021 hat der Kläger die Berichterstatterin des Senats in beiden genannten Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit
abgelehnt. Wer aufgrund des vorgelegten Attests nicht in der Lage sei, zu erkennen, dass der Kläger nicht verhandlungsfähig
und nicht reisefähig sei, handle "arrogant und schikanös". Er (der Prozessbevollmächtigte des Klägers) wisse nicht, wie viele
Mediziner schon über die Art und Weise des Umgangs mit Attesten seitens des LSG den Kopf hätten schütteln müssten. Er sei
dieser Thematik absolut leid. Wer in der Verfahrensführung und Prozessleitung nicht nachvollziehbar und zum Nachteil des Klägers
gebotene Verfügungen unterlasse, handle voreingenommen, zumal völlig unklar sei, was der Kläger als rechtsunkundiger "zu diesem
Fragenkomplex entäußern soll".
Am 1. Oktober 2021 hat die Berichterstatterin des Senats sodann die für diesen Tag bestimmten Termine zur Erörterung des Sachverhalts
aufgehoben.
II.
Der Senat entscheidet durch die Mitglieder, die nach dem Geschäftsverteilungsplan des 4. Senats und nach der allgemeinen Vertretungsregelung
in Abschnitt B Teil II des Geschäftsverteilungsplans des LSG hierzu berufen sind.
Das Ablehnungsgesuch des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Nachdem der Kläger sein Ablehnungsgesuch ausschließlich auf Vorgänge gestützt hat, welche sämtlich aktenkundig sind, war die
Einholung einer weiteren dienstlichen Äußerung der Berichterstatterin des Senats nicht notwendig (vgl. BGH, Beschluss vom
20. September 2016 - AnwZ (Brfg) 61/15 - juris, Rn. 14 m.w.N.; Vollkommer, in: Zöller,
Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, §
44 ZPO Rn. 7).
Das Befangenheitsgesuch ist offensichtlich unbegründet.
Nach §
60 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
42 Abs.
1 Zivilprozessordnung (
ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet
statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§
60 Abs.
1 SGG i.V.m. §
42 Abs.
2 ZPO). Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist, sondern darauf, ob der Beteiligte von seinem Standpunkt
aus nach vernünftigen Erwägungen Bedenken gegen die Unparteilichkeit des Richters haben kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5.
April 1990 - 2 BvR 413/88 - BVerfGE 82, 30, 38; BSG, Beschluss vom 1. Juni 2015 - B 10 ÜG 2/15 C - juris, Rn. 10; Keller in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
60, Rn. 7). Ein im Rahmen gebotener richterlicher Verfahrensweise liegendes Verhalten kann grundsätzlich keine Ablehnung begründen.
Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn sich in der Verfahrensweise des Richters eine unsachliche oder von Willkür geprägte
Einstellung äußert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ 2009, 581, 583 und vom 6. Mai 2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr. 11; BSG, Beschluss vom 1. Juni 2015 - B 10 ÜG 2/15 C - juris, Rn. 10 m.w.N.).
Vorliegend ergeben sich keine Hinweise auf eine fehlerhafte Verfahrensweise der abgelehnten Richterin wegen einer unsachlichen
Einstellung oder aufgrund Willkür.
Der Kläger stützt sein Befangenheitsgesuch darauf, dass die Berichterstatterin des Senats die Anordnung des persönlichen Erscheinens
des Klägers zum Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 1. Oktober 2021 nicht aufgehoben hat, nachdem er das ärztliche Attest
des O vom 27. September 2021 vorgelegt hat. Soweit die Berichterstatterin des Senats das persönliche Erscheinen des Klägers
zu dem anberaumten Erörterungstermin angeordnet hat, bewegte sie sich im Rahmen der aus ihrer Sicht für notwendig erachteten
Sachaufklärung. §
106 Abs.
3 Nr.
7 i.V.m §
155 Abs.
4 SGG sieht ausdrücklich vor, dass das persönliche Erscheinen Verfahrensbeteiligter zu einem anberaumten Termin durch den Berichterstatter
angeordnet werden kann. Dies steht in seinem Ermessen (vgl. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar
zum
SGG, 13. Aufl. 2020, §
106 Rn. 16), ebenso - wie die hier beantragte - Aufhebung der Anordnung. Dass der Ablehnung der Aufhebung der Anordnung des persönlichen
Erscheinens des Klägers sachfremde Erwägungen zugrunde lagen, ist nicht ansatzweise erkennbar. Insbesondere die Annahme des
Klägers, wonach aus dem Attest des O vom 27. September 2021 klar zu entnehmen sei, dass er (der Kläger) nicht verhandlungsfähig
und nicht reisefähig sei, trifft nicht zu. Zum einen enthält das genannte Attest keinerlei Ausführungen zur Verhandlungsfähigkeit
des Klägers. Zum anderen fehlen - wie im Schreiben der Berichterstatterin des Senats vom 28. September 2021 zur Glaubhaftmachung
des Vortrags des Klägers deutlich und nachvollziehbar gefordert - konkrete Angaben zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen
und den hieraus resultierenden funktionellen Einschränkungen, die der Teilnahme an dem Erörterungstermin entgegenstehen könnten.
O stützt seine Einschätzung, wonach der Kläger voraussichtlich für vier Wochen nicht reisefähig sei, auf die chronischen Erkrankungen
des Klägers. Um welche Erkrankungen es sich handelt und welche Funktionsbeeinträchtigungen bestehen, hat er hingegen nicht
mitgeteilt. Insofern ist seine Einschätzung zur Reisefähigkeit auch nicht nachvollziehbar. Soweit die Berichterstatterin des
Senats vor diesem Hintergrund die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht aufgehoben hat und den Kläger mit Schreiben
vom 29. September 2021 darauf hingewiesen hat, dass sich aus dem vorgelegten Attests nicht erschließe, weshalb er (der Kläger)
an dem Termin nicht teilnehmen könne, beruht dies offenkundig nicht auf sachfremden Erwägungen. Ohne Angaben von konkreten
Erkrankungen und daraus resultierenden Funktionseinschränkungen lässt sich ein vorgelegtes Attest nicht auf Plausibilität
überprüfen. Damit hat der Kläger jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass er an dem Termin am 1. Oktober 2021 nicht hätte teilnehmen
können.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die Berichterstatterin des Senats den Termin zur Erörterung des Sachverhalts
am 1. Oktober 2021 aufgehoben und mithin den Termin nicht durchgeführt hat. Die abgelehnte Aufhebung der Anordnung des persönlichen
Erscheinens des Klägers hat sich damit ohnehin überholt.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).