Gründe:
I. Streitig sind Leistungen für Unterkunft und Heizung für Juni bis Dezember 2009 iHv insgesamt 1.770 EUR sowie von Januar
bis Mai 2010 iHv monatlich 295 EUR.
Der Antragsteller (ASt) bezieht vom Antragsgegner (Ag) seit Juni 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld
II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Ausweislich einer Mietbescheinigung und eines Mietvertrages
betrug die Miete für die angemietete Wohnung 200 EUR nebst 95 EUR für kalte Nebenkosten. Vermieterin ist die M-O. GmbH i.G.
(V). Frau S. (S), die Mutter des gemeinsamen Kindes M. (M), hat ein Gewerbe mit dem Namen M-O. auf ihren Namen angemeldet,
bei V ist sie Geschäftsführerin. Hinsichtlich des Mietobjektes wurde am 15.12.2008 von der Katholischen Pfarrstiftung J. für
S ein Erbbaurecht eingeräumt.
Für die Zeit von Juni bis einschließlich November 2009 bewilligte der Ag zunächst mit Bescheid vom 03.08.2009 dem ASt alleine
vorläufig die Regelleistung. Die Höhe der zu übernehmenden Unterkunftskosten stünde noch nicht fest. Für den gleichen Zeitraum
bewilligte der Ag dann der Bedarfsgemeinschaft des ASt mit S und M (ab dem 18.10.2009 nur für den ASt als Alleinstehenden)
mit Bescheid vom 18.08.2009 idF der Änderungsbescheide vom 17.09.2009 und 21.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22.10.2009 Alg II ohne Berücksichtigung von Unterkunftskosten. Aufgrund der Gesamtumstände sei bis 18.10.2009 von einer
eheähnlichen Gemeinschaft des ASt mit S auszugehen. Eine Anerkennung des Mietvertrages könne nicht erfolgen, da er nur dem
Zweck diene, öffentliche Leistungen zu erhalten, die höher als der Erbpachtzins sind. Da der Erbbauzins nicht gezahlt worden
sei, seien keine Unterkunftskosten entstanden. Auch hinsichtlich der Nebenkosten habe S angegeben, diese würden derzeit nicht
von ihr gezahlt. Über die dagegen beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobene Klage (Az S 5 AS 1472/09) ist bislang noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom 23.11.2009 bewilligte der Ag an den ASt Alg II ohne Berücksichtigung von Unterkunftskosten für die Zeit von
Dezember 2009 bis Mai 2010. Über den dagegen am 02.12.2009 eingelegten Widerspruch ist nach Aktenlage bislang nicht entschieden.
Für die Zeit von Juni bis November 2010 erfolgte durch den Ag wiederum nur eine Bewilligung der Regelleistung (Bescheid vom
17.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2010). Über die dagegen beim SG erhobene Klage (Az S 19 AS 1303/10) ist bislang ebenfalls nicht entschieden.
Bereits am 14.12.2009 hat der ASt beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die Übernahme von Unterkunftskosten für Juni 2009 bis Dezember 2009
iHv 1.770 EUR sowie die Gewährung von laufenden Unterkunftskosten iHv 295 EUR monatlich ab Januar 2010 beantragt. Die Vermieterin
habe mit Schreiben vom 14.10.2009 und Anwaltsschreiben vom 30.11.2009 die Mietrückstände geltend gemacht und mit einer fristlosen
Kündigung gedroht. Der ASt müsse jederzeit mit der fristlosen Kündigung rechnen. Der abgeschlossene Mietvertrag sei zivilrechtlich
wirksam. Die Miete könne tatsächlich erst gezahlt werden, wenn entsprechende Leistungen bewilligt würden.
Mit Beschluss vom 09.02.2010 hat das SG den Antrag abgelehnt. Hinsichtlich der Forderungen für die Zeit von Juni bis Dezember 2009 fehle es an einer Eilbedürftigkeit,
da es dabei um zurückliegende Zeiträume gehe, die im Hauptsacheverfahren zu klären seien. Eine Kündigung des Mietverhältnisses
durch S, die Mutter des gemeinsamen Sohnes, die gleichzeitig Geschäftsführerin der Vermieterin sei, drohe nicht. Es seien
bislang auch - mit Ausnahme geringer Müllgebühren - weder Nebenkosten wie Grundsteuer, Wasser, Abwasser noch - mit Verweis
auf einen Wasserschaden - der hälftige Erbbauzins gezahlt worden. Auch für die Zeit ab Dezember 2009 sei eine besondere Eilbedürftigkeit
nicht nachgewiesen, da der Ag sich unmissverständlich bereit erklärt habe, nachgewiesene Nebenkosten zu übernehmen. Im Übrigen
sei von einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen dem ASt und S auszugehen. Nach den aktenkundigen Wohnverhältnissen könne
weder von zwei abgeschlossenen Wohnungen noch von gesonderten sanitären Einrichtungen ausgegangen werden. Zudem sei ungewöhnlicherweise
der ASt, der nicht über eine Fahrerlaubnis verfüge, Versicherungsnehmer einer Kfz-Versicherung der S. Wenn auch mit unterschiedlichem
zeitlichen Anteil, würden die Beiden ein gemeinsames Kind betreuen, hätten länger als ein Jahr in der Vergangenheit zusammen
gewohnt und seien auch zusammen umgezogen. Ein getrenntes Wirtschaften sei kaum erkennbar. Tatsächlich abgeschlossene Wohnungen
fänden sich nicht, vielmehr gebe es einen gemeinsamen Briefkasten sowie eine gemeinsame Klingel. Es sei lediglich eine Waschmaschine
vorhanden und offensichtlich schwierig für den ASt, ohne Führerschein von J. nach N. zu kommen, um angeblich die Wäsche bei
seiner Mutter waschen zu lassen.
Dagegen hat der ASt Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Streitgegenstand sind Unterkunftskosten im Hinblick auf den vom Bewilligungsbescheid vom 18.08.2009 idF der Änderungsbescheide
vom 17.09.2009 und 21.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2009 umfassten Zeitraum von Juni bis einschließlich
November 2009 und bezüglich dem Bescheid vom 23.11.2009 hinsichtlich der Zeit von Dezember 2009 bis Mai 2010 (maßgeblich ist
insofern der Gegenstand eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens, das dem Eilverfahren zugrunde liegen könnte, vgl Beschluss
des Senats vom 25.05.2011 - L 11 AS 328/11 B ER). Im Zeitpunkt des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung lag eine Leistungsbewilligung für die Zeit ab Juni
2010 noch nicht vor und konnte deshalb auch (noch) nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes
sein. Der entsprechende Bewilligungsbescheid vom 17.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2010 ist insofern
auch nicht Gegenstand der früheren Rechtsschutzverfahren geworden (zur fehlenden Anwendungsmöglichkeit von §
86 SGG bzw §
96 SGG bei Bewilligungsbescheiden für Folgezeiträume vgl die ständige Rechtsprechung des BSG, zB Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R - SozR 4-4300 § 428 Nr 3, Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 29/06 R - juris, Urteil vom 05.09.2007 - B 11b AS 15/06 R - BSGE 99, 47 = SozR 4-4200 § 11 Nr 5). Für diesbezügliche Leistungen bedurfte es damit zunächst eines (weiteren) Verfahrens des einstweiligen
Rechtsschutzes vor dem SG, dem ein mögliches Hauptsacheverfahren mit dem Leistungszeitraum ab Juni 2010 zugrunde liegen würde. Eine Entscheidung des
SG im bisherigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes liegt insofern nicht vor.
Der ASt hat deutlich gemacht, es gehe ihm alleine um die Unterkunftskosten, womit er den Streitgegenstand zulässigerweise
beschränkt hat (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 5/07 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 1; BSG, Urteil vom 06.12.2007 - B 14/7b AS 62/06 R).
Der ASt hat im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes keinen Anspruch auf Leistungen des Ag für Kosten der Unterkunft im
Zeitraum Juni 2009 bis Mai 2010. Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist §
86b Abs
2 Satz 2
SGG.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der
Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren
Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl, Rn 652).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen
eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die
Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§
86b Abs
2 Satz 2 und
4 SGG iVm §
920 Abs
2, §
294 Zivilprozessordnung -
ZPO -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG 9. Aufl, §
86b Rn 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes
sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen
Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich
unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde
Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen.
In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden
(vgl BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927 und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend
geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend
geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO.).
Ein Anordnungsgrund ist vorliegend nicht gegeben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der
Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt
der gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl zB Beschluss vom 17.01.2011 - L 11 AS 889/10 B ER - juris). Zu diesem Zeitpunkt ist aber der maßgebliche Bewilligungszeitraum am 31.05.2010 bereits abgelaufen. Das Gericht
war daran gehindert, vor Ablauf des Bewilligungsabschnitts zu entscheiden, da die Beschwerde des ASt erst im Dezember 2011
beim LSG eingegangen ist. Eine Entscheidung des LSG vor dem 01.06.2010 war demnach ausgeschlossen.
Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden,
dass der ASt vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe er wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (vgl Keller aaO. § 86b Rn
27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die
Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen
werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen
Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil
glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in
der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris).
Beides ist vorliegend nicht der Fall. Ein irreparabler Nachteil zulasten des ASt droht vorliegend nicht. Eine Kündigung des
Mietverhältnisses war zwar angedroht, erfolgte aber nicht. Selbst im Fall einer Räumungsklage enthalten § 22 Abs 8 und Abs
9 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
vom 24.03.2011 (BGBl I 453) - zuvor bereits § 22 Abs 5 und 6 SGB II aF - Regelungen zur Sicherung der Unterkunft (vgl LSG
Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.08.2009 - L 18 AS 1308/09 B ER, L 18 AS 1309/09 B PKH - juris - unter Bezug auf einen - nicht veröffentlichten - Beschluss des BVerfG vom 30.03.2007 - 1 BvR 535/07). Im Übrigen wird nach §
569 Abs
3 Nr
2 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) die auf Mietrückstand gestützte Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach
Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach §
546a Abs
1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Bislang droht insofern noch kein irreparabler
Schaden für den ASt.
Auch von einem eindeutigen Bestehen des Anspruchs kann nicht ausgegangen werden. Wie das SG bereits insofern zutreffend ausgeführt hat, bestehen erhebliche Zweifel daran, dass der ASt tatsächlich der behaupteten Mietzinsforderung
ausgesetzt gewesen ist. Insoweit ist von einer weiteren Begründung abzusehen und auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses
zu verweisen, §
142 Abs
2 Satz 3
SGG. Im Beschwerdeverfahren wurde vom ASt auch nichts vorgetragen, was die Annahmen des SG widerlegen könnte.
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des §
193 SGG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).