Gründe:
I. In dem Rechtsstreit C.A. gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch das Zentrum Bayern Familie und Soziales mit Az.: S 9 EG 8/06 hat das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) mit Beschluss vom 07.11.2007 - L 9 B 650/06 EG PKH - ausgesprochen: Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.07.2006 aufgehoben.
Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt A. beigeordnet. Raten
sind nicht zu zahlen. Hierbei hat das BayLSG auf insgesamt 15 Seiten eingehend die besondere Schwierigkeit der Angelegenheit
(Verrechnungsfähigkeit des Bundeserziehungsgeldes bei Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens) dargelegt.
In der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.03.2008 ist der Rechtsstreit S 9 EG 8/06 wie folgt vergleichsweise erledigt worden: I. Die Klägerin akzeptiert die durchgeführte Verrechnung für zehn Monate vom 6.
bis einschließlich 15. Lebensmonat. Die darüber hinausgehende Verrechnung in Höhe von 1.165,45 EUR soll im Hinblick auf die
Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts im Beschluss vom 07.11.2007 - L 9 B 650/06 EG PKH - rückabgewickelt werden, mit der Folge, dass die Klägerin Bundeserziehungsgeld in Höhe von 1.165,45 EUR zu dem Zeitpunkt
ausbezahlt erhält, zu dem die Rückerstattung durch die Beigeladene in dieser Höhe beim Beklagten eingegangen ist. Dies hat
ferner die Folge, dass eine Forderung in Höhe von 1.165,45 EUR wieder Gegenstand des Insolvenzverfahrens geworden ist und
damit auch in die Wohlverhaltensperiode des Insolvenzverfahrens fällt. II. Die Beigeladene akzeptiert, dass aus dem verrechneten
Betrag von insgesamt 1.500,00 EUR die dolose Forderung in Höhe von 582,69 EUR angerechnet wird, mit der Folge, dass nach einer
Beendigung des Insolvenzverfahrens diese Forderung nicht mehr geltend gemacht werden kann. III. Im Hinblick auf den PKH-Beschluss
des Bayerischen Landessozialgerichts tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst; Gerichtskosten (mit Ausnahme
einer Pauschgebühr für die Beigeladene) sind nicht angefallen. IV. Die Beteiligten sind sich einig, dass mit diesem Vergleich
der Rechtsstreit S 9 EG 8/06 in allen Teilen erledigt ist.
Hierfür hat der Beschwerdeführer mit Kostennote vom 14.04.2008 insgesamt 2.472,91 EUR geltend gemacht, die sich wie folgt
aufschlüsseln:
I. Außergerichtliche Tätigkeit:
Geschäftsgebühr (Anordnungsverfahren) gemäß Nr.2400 VV RVG 500,00 EUR
Geschäftsgebühr (Widerspruchsverfahren) gemäß Nrn.2400, 2401 VV RVG 250,00 EUR
Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienste gemäß Nr.7002 VV RVG 20,00 EUR
II. Verfahren vor dem Sozialgericht:
Verfahrensgebühr gemäß Nrn.3102, 3103 VV RVG 300,00 EUR
Terminsgebühr gemäß Nr.3106 VV RVG 350,00 EUR
Einigungsgebühr gemäß Nrn.1000, 1005 VV RVG 500,00 EUR
Fahrkosten gemäß Nr.7004 VV RVG, 214 km (Termin vom 17.03.2008) 25,80 EUR
Tage- und Abwesenheitsgeld gemäß Nr.7005 Nr.2 VV RVG 35,00 EUR
III. Beschwerdeverfahren wegen Ablehnung der Bewilligung von PKH:
Verfahrensgebühr vor dem Landessozialgericht gemäß Nr.3501 VV RVG 160,00 EUR
Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienste
gemäß Nr.7002 VV RVG 20,00 EUR
Nettobetrag 2.160,80 EUR
19 % Umsatzsteuer gemäß Nr.7008 VV RVG 410,55 EUR
Brutto-Betrag 2.571,35 EUR
wegen Abrechnung Beratungshilfeschein - 97,44 EUR
Zahlbetrag: 2.472,91 EUR.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.07.2008 sind insgesamt 1.298,05 EUR bewilligt worden. Die beantragten Gebühren für
außergerichtliche Tätigkeiten seien nicht zu erstatten, da Prozesskostenhilfe nur für das Klageverfahren gewährt worden sei.
Insgesamt seien die Gebühren wie folgt zu erstatten:
Verfahrensgebühr Nr.3103 VV RVG 250,00 EUR
Termingebühr Nr.3106 VV RVG 300,00 EUR
Einigungsgebühr Nr.1006 VV RVG 330,00 EUR
Fahrtkosten Nr.7004 VV RVG 25,80 EUR
Tage- und Abwesenheitsgeld Nr.7005 VV RVG 35,00 EUR
Auslagenpauschale Nr.7002 VV RVG 20,00 EUR
Beschwerdeverfahren Nr.3501 VV 105,00 EUR
Auslagenpauschale Nr.7002 VV 20,00 EUR
Insgesamt: 1.090,80 EUR
19 % Umsatzsteuer 207,25 EUR
Gesamt: 1.298,05 EUR.
Der Beschwerdeführer hat mit Erinnerung vom 08.08.2008 darauf hingewiesen, die Einschätzung der Gebühr des Rechtsanwaltes
sei für Dritte, die die Gebühr zu ersetzen hätten, nur dann nicht verbindlich, wenn sie nicht billig sei (§ 14 Abs.1 Satz 3 RVG). Hinsichtlich der Verfahrensgebühr für das Klageverfahren nach Nr.3103 VV RVG sei ein Betrag von 300,00 EUR festzusetzen, weil sich dieser in dem 20 %-igen Toleranzbereich bewege. Entsprechendes gelte
für die Terminsgebühr gemäß Nr.3106 VV RVG, die mit 350,00 EUR festzusetzen sei. Die beantragte Einigungsgebühr in Höhe von 500,00 EUR trage dem Umstand Rechnung, dass
der vergleichsweisen Erledigung umfangreiche mündliche Erörterungen vorausgegangen seien. Hierbei seien verschiedenste rechtliche
Varianten und Aspekte angesprochen worden, für die weder eine höchstrichterliche Rechtsprechung noch eine einheitliche Literaturmeinung
vorgelegen hätten. Auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wegen Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei die besondere Schwere
der Rechtssache zu berücksichtigen, so dass hier der beantragte Höchstbetrag gemäß Nr.3501 VV RVG in Höhe von 160,00 EUR angemessen sei.
Das Sozialgericht Nürnberg hat der Erinnerung teilweise stattgegeben und mit Beschluss vom 07.10.2008 - S 7 SF 25/08 KO - ausgesprochen: Auf die Erinnerung vom 08.08.2008 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.07.2008 abgeändert und die
von der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 1.367,55 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss
vom 15.07.2008 zurückgewiesen. Vorliegend sei der Gebührentatbestand der Nr.1006 VV RVG einschlägig. Dies ergebe sich aus der Definition des Tatbestandes der Nr.1006 VV RVG, wonach von diesem Tatbestand die Fälle erfasst seien, in denen über den Gegenstand ein gerichtliches Verfahren anhängig
sei, was vorliegend der Fall gewesen sei. Die Höchstgebühr betrage hier 350,00 EUR. Zwar sei im Kostenfestsetzungsbeschluss
vom 15.07.2008 zutreffend ausgeführt worden, dass für die Einigungsgebühr aufgrund der rechtlichen Schwierigkeit eine gangbare
Einigung zu finden, die Höchstgebühr anzusetzen sei, jedoch sei die Höchstgebühr nur mit 330,00 EUR statt mit 350,00 EUR angesetzt
worden. Insoweit sei der Kostenfestsetzungsbeschluss (zugunsten des Beschwerdeführers) abzuändern gewesen. Trotz der Schwierigkeit
des Rechtsstreits seien die Verfahrensgebühr Nr.3103 VV RVG und die Terminsgebühr Nr.3106 VV RVG von dem Beschwerdeführer unbillig hoch angesetzt worden; angemessen seien insoweit 255,00 EUR bzw. 300,00 EUR. Die Schwierigkeit
der anwaltlichen Tätigkeit sei überdurchschnittlich gewesen. Unter Einschluss der wirtschaftlichen Bedeutung für die Klägerin
sei ebenfalls eine Anhebung der Mittelgebühr um 50 v.H. gerechtfertigt. Der Unterschied zu den im Antrag angesetzten 350,00
EUR sei jedoch so wesentlich, dass ebenfalls von einer Unbilligkeit auszugehen sei. Was die Gebühr Nr.3501 VV RVG anbelange, sei für das Beschwerdeverfahren ein Betragsrahmen von 15,00 EUR bis 160,00 EUR vorgesehen. Dieser Ansatz sei unbillig,
da sich der Aufwand im Beschwerdeverfahren in Grenzen gehalten habe.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde vom 28.10.2008 ist am selben Tag beim Sozialgericht Nürnberg eingegangen. Dieses hat der
Beschwerde nicht abgeholfen und den Gesamtvorgang dem BayLSG zur Entscheidung vorgelegt.
Der Beschwerdeführer hob mit Beschwerdebegründung vom 28.10.2008 unter Hinweis auf § 14 RVG und hierzu ergangener Rechtsprechung hervor, das Sozialgericht Nürnberg habe selbst die wirtschaftliche Bedeutung und die
hohe rechtliche Schwierigkeit bejaht. Im Gegensatz zu dem Gericht sei Letzteres aufgrund der Recherchen des Beschwerdeführers
bereits in dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe offenkundig gewesen und nicht erst nach dem Beschluss des
BayLSG, das den ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg hinsichtlich der Bewilligung von PKH revidierte. Im Hinblick
auf die unterschiedliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) schon zur äußeren Gestaltung des Bescheides seien umfangreiche
Recherchearbeiten in der Rechtsprechung und in der Literatur notwendig gewesen (mindestens neun Stunden). Auf die Notwendigkeit
einer Informationsbeschaffung im Vorfeld werde aufmerksam gemacht. Deswegen lasse ein lediglich durchschnittlich erscheinender
Schriftsatzumfang noch keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit zu. Dies gelte auch für
das Beschwerdeverfahren, in dem kein richterlicher Hinweis ergangen sei. Eine "ökonomisch" sinnvolle Länge von Schriftsätzen
sage nur wenig über den tatsächlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit aus. In Berücksichtigung der schwierigen Rechtsmaterie
habe auch ein erheblich über das Übliche hinausgehender mandantenseitiger Gesprächsbedarf bestanden.
Der Beschwerdegegner wurde mit Nachricht des BayLSG vom 12.11.2008 entsprechend informiert. Er hat sich hierzu nicht geäußert.
II. Der erkennende Senat ist als der durch den Geschäftsverteilungsplan A (Rechtsprechung) des BayLSG bestimmte Kostensenat
für Entscheidungen nach § 56 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zuständig. Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 28.10.2008 ist gemäß §§ 56 Abs.2 Satz 1, 33 Abs.3 Satz 1 RVG zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mit 287,50 EUR den Betrag von 200,00 EUR übersteigt.
Die Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet. Denn mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.07.2008 (bestätigt mit Beschluss
des Sozialgerichts Nürnberg vom 07.10.2008) sind zu Unrecht für das Beschwerdeverfahren Gebühren nach der Nr.3501 VV RVG in Höhe von 105,00 EUR als auch die entsprechende Auslagenpauschale Nr.7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR zuzüglich anteilig 19 % Umsatzsteuer bewilligt worden. Es fehlt an einer Kostengrundentscheidung im
Sinne von §
202 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) in Verbindung mit §
103 Abs.1 der
Zivilprozessordnung (
ZPO). Das BayLSG hat mit Beschluss vom 07.11.2007 - L 9 B 650/06 EG PKH - auch zutreffend keine Kostenentscheidung getroffen, weil die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß §
127 Abs.4
ZPO nicht erstattet werden. Dies ist verfassungsgemäß (Reichold in Thomas/Putzo,
ZPO, 24. Auflage, Rz.11 zu §
127 ZPO mit weiteren Nachweisen).
Eine diesbezügliche Korrektur ist dem erkennenden Senat wegen des Verbotes einer "reformatio in peius" nicht möglich. Denn
wegen eines echten Rechtsfehlers ist die Korrektur eines Kostenfestsetzungsbeschlusses nur im Wege der Erinnerung zulässig
(Hartmann, Kostengesetze, 37. und 38. Auflage, Rz.78 zu § 11 RVG). Vorliegend hat nur der Erinnerungsführer und Beschwerdeführer entsprechende Rechtsbehelfe eingelegt, nicht jedoch der Erinnerungsgegner
und Beschwerdegegner. Im Übrigen fehlt es im Anwendungsbereich des RVG an einer Regelung vergleichbar § 4 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG), sodass dem Beschwerdeführer die diesbezüglichen Gebühren verbleiben.
Er kann jedoch nicht verlangen, dass die Verfahrensgebühr vor dem BayLSG Nr.3501 VV RVG ihm höchstmöglich in Höhe von 160,00 EUR zugesprochen wird, weil ihm von Anfang an ein entsprechender Gebührenanspruch nicht
zugestanden hat.
Im Übrigen ist nicht der Gebührentatbestand nach Nr.1005 VV RFG einschlägig, sondern der nach Nr.106 VV RVG. Insoweit hat das Sozialgericht Nürnberg mit Beschluss vom 07.10.2008 völlig zutreffend die anzusetzende Höchstgebühr auf
350,00 EUR korrigiert. Aufgrund der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtsfragen besteht hieran kein Zweifel.
Hinsichtlich der Terminsgebühr nach Nr.3106 VV RVG hat das Sozialgericht Nürnberg mit Beschluss vom 07.10.2008 differenzierend und zutreffend eine Gebühr in Höhe von 300,00
EUR als angemessen erachtet. Aus der Sicht des erkennenden Senats ist dies vor allem unter dem Gesichtspunkt zu bestätigen,
weil die nichtöffentliche Sitzung des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.03.2008 mit rund einer dreiviertel Stunde überdurchschnittlich
gewesen ist.
Hinsichtlich der Terminsgebühr nach Nr.3106 VV RVG sowie auch der Verfahrensgebühr Nr.3103 VV RVG in Höhe von zugebilligt 255,00 EUR ist ergänzend anzumerken, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin aktenkundig
aufgrund des Insolvenzverfahrens beengt sind. Dies hat eine Ermäßigung der vorstehend genannten Gebühren zur Folge (Gerold/Schmidt/von
Eicken/Madert, Rz.14 zu § 12 BRAGO bzw. nunmehr Hartmann, Kostengesetze 37. und 38. Auflage, Rz.7 ff. zu § 14 RVG mit weitern Nachweisen). Auch insoweit haben der Kostenbeamte des Sozialgerichts Nürnberg als auch der Kostenrichter zutreffend
nicht schematisch entschieden, sondern die einzelnen Gebührentatbestände differenzierend beurteilt und festgesetzt.
Die Nebenkosten sind unstreitig.
Diese Entscheidung ist endgültig (§ 56 Abs.2 RVG, §
177 SGG).
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs.2 RVG).