Rente wegen Erwerbsminderung
Inkomplettes Wallenbergsyndrom
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente
aufgrund des Antrags vom 20.03.2014 hat.
Der 1961 geborene Kläger hat eine Ausbildung zum Maurer absolviert und war in diesem Beruf von 1976 bis 1985 auch versicherungspflichtig
beschäftigt. Diese Tätigkeit wurde wegen eines Wirbelsäulensyndroms aufgegeben. Von 1985 bis 2004 war er als Druckplattenfertiger
tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung. Von 2005 bis 2009 war er selbstständiger Kosmetiker.
Seit 2010 war der Kläger als Berufskraftfahrer wieder versicherungspflichtig beschäftigt. Aktuell steht er im Leistungsbezug
von Arbeitslosengeld II.
Am 14.11.2013 erlitt der Kläger einen Hirnstamminfarkt, der zu Schluckbeschwerden sowie Missempfindungen der rechten Körperhälfte
führte (Foramen ovale und Vorhofaneurysma). In der Zeit vom 19.12.2013 bis 09.01.2014 befand sich der Kläger auf einer stationären
medizinischen Reha-Maßnahme in der Rehaklinik B. Bad K., aus der er als arbeitsunfähig und mit einem unter dreistündigen Leistungsvermögen
für die letzte Tätigkeit als Berufskraftfahrer entlassen wurde. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt sei jedoch ein mindestens
sechsstündiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen gegeben. Der Kläger sei arbeitswillig.
Es sei eine deutliche Besserung der Symptome eingetreten, es bestehe jedoch weitere Behandlungsnotwendigkeit.
Die Beklagte holte ein nervenärztliches Gutachten von Dr. S. ein, der am 12.05.2014 zu der Diagnose inkomplettes Wallenberg-Syndrom
nach Infarkten im Bereich des Kleinhirns und Hirnstamms gelangte. Der Kläger könne den zuletzt ausgeübten Beruf als Kraftfahrer
dauerhaft nicht mehr ausüben, er sei aber für leichte und mittelschwere, leidensangepasste Tätigkeiten sechs Stunden und mehr
einsetzbar. Die Beklagte lehnte daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 23.05.2014 eine Rentengewährung ab. Der
hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2014 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit Bescheid des Zentrum Bayern Familie und Soziales - ZBFS -, Versorgungsamt Nürnberg vom 23.06.2014 wurde dem Kläger ein
Grad der Behinderung (GdB) vom 50 zuerkannt, wobei allein ein Einzel-GdB vom 40 auf die Hirnerkrankung festgestellt wurde.
Zur Begründung der am 17.09.2014 zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers vorgetragen, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, Tätigkeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Seit Jahren bestehe eine Depression, die aus
Angst- und Panikattacken bestehe. Zusätzlich leide der Kläger unter Schlafstörungen, Zukunftsängsten, auch Existenzangst.
Die Empfindungsstörung bzw. Schmerzempfindungen, das Hitzeempfinden der rechten Halbseite seien sicherlich als komplexer anzunehmen,
so dass hier eine länger andauernde Leistungsminderung gegeben sei. Das Gutachten von Dr. S. sei nicht nachvollziehbar. Der
Kläger befinde sich in nervenärztlicher Behandlung bei Dr. E. in A-Stadt.
Das SG hat Befundberichte des behandelnden Internisten und Diabetologen Dr. M., des Nervenarztes Dr. E. sowie des Hausarztes Dr.
D. beigezogen und sodann ein nervenärztliches Gutachten von Dr. H. eingeholt. Dieser ist am 06.03.2015 zu folgenden Diagnosen
gelangt: 1. Inkomplettes Wallenberg-Syndrom mit Temperaturdiskriminationsstörung rechte Hand und zentralem Schmerzsyndrom
der rechten Körperhälfte 2. Dysthymie 3. Polyneuropathie bei Diabetes Internistische Diagnosen: 4. Hypertonus 5. Nikotinabusus
6. Diabetes Weitere orthopädische Diagnosen.
Der Kläger leide seit mehr als 30 Jahren an Wirbelsäulenbeschwerden, teilweise auch an Gelenkbeschwerden der oberen Extremitäten,
hier sei er oftmals in orthopädischer Behandlung und Rehabilitation. Die Rückenschmerzen hätten dazu geführt, dass die Berufstätigkeit
als Bauarbeiter aufgegeben worden sei. Seit mehreren Jahren bestehe ein Diabetes mellitus, Hypertonus und Nikotinabusus, der
internistisch behandelt werde. Aufgrund der Scheidung der Ehe im Jahr 2008, die mit einer depressiven Verstimmung einhergegangen
sei, bestehe diese Erkrankung in leichterer Form noch heute. Dr. E. habe im Jahr 2011 die psychiatrische Diagnose Angst und
depressive Störung gestellt. Diese werde medikamentös behandelt, gelegentlich fänden auch Arzttermine statt. Psychotherapie
werde nicht durchgeführt, bislang auch keine psychiatrischen stationären Behandlungen. Es bestehe eine distale Polyneuropathie
bei Diabetes, die aber für die Leistungseinschätzung irrelevant sei. Subjektiv seien Schmerzen im Bereich des rechten Armes
und Beines angegeben worden, die eher diffus und brennend seien, permanent vorhanden seien, erst seit sechs Monaten aufgetreten
seien. Sie könnten gelegentlich im Rahmen hirnstammnaher Insulte oder eines sogenannten zentralen Schmerzsyndroms ausgelöst
worden sein. Dies führe zu leichten Einschränkungen, ebenso die subjektiv angegebene Kalt-Warm-Empfindungsstörung. Während
der Untersuchung hätten sich aber keine Schonhaltungen gezeigt, linke wie rechte Hand seien gleichzeitig eingesetzt worden,
keine Schonung auch beim An- oder Auskleiden bzw. beim Händegeben. Es bestünden Zeichen eines ungenügend eingestellten Hypertonus
mit diastolischen Blutdruckwerten um 100 mmHg. Ausgeprägte psychiatrische Veränderungen ließen sich in Exploration und Untersuchungssituation
nicht finden. Der Kläger berichte von Stimmungseinbrüchen, gelegentlichem Rückzug im Winter, einer allgemeinen Weltängstlichkeit
und einer gewissen Einschränkung in der Selbstmotivation. Eine typische Antriebsstörung liege aber nicht vor, auch keine tiefergehende
Depression oder Angststörung. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen sei zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes eine mindestens sechsstündige Tätigkeit zumutbar. Es könnten leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Sitzen,
im Stehen, in wechselnder Stellung, auch im Freien, durchgeführt werden. Nicht durchgeführt werden könnten Tätigkeiten an
laufenden Maschinen, die fortgesetzten Einsatz des rechten Arms verlangten, auch Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen.
In Anbetracht des Zustands nach Hirnstamminsult und dem Diabetes bzw. Hypertonus seien Tätigkeiten als Berufskraftfahrer nicht
mehr möglich. Gegenüber den Untersuchungsergebnissen der B.-Klinik bzw. von Dr. S. liege keine relevante Besserung oder Verschlechterung
vor.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG sodann mit Gerichtsbescheid vom 27.04.2015 die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente,
da weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vorliege. Aufgrund des eingeholten Gutachtens von Dr. H. sei das
Gericht davon überzeugt, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen
tätig sein könne. Das Gutachten des gerichtsärztlichen Sachverständigen Dr. H. sei schlüssig und hinreichend begründet. Es
lasse Widersprüche zwischen Befunderhebung und Beurteilung des Leistungsvermögens nicht erkennen und sei unter Berücksichtigung
der vorgetragenen Beschwerden, der beigezogenen ärztlichen Unterlagen und der Untersuchung des Klägers erstattet worden. Das
Gericht habe deshalb keine Bedenken, der von Dr. H. getroffenen sozialmedizinischen Einschätzung eines mindestens sechsstündigen
Leistungsvermögens für körperlich leichte Arbeiten zu folgen.
Zur Begründung der hiergegen am 12.05.2015 beim Sozialgericht Würzburg eingelegten Berufung, die am 22.05.2015 zum Bayer.
Landessozialgericht weitergeleitet wurde, weist der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 15.06.2015 darauf
hin, dass der Kläger über kein Leistungsvermögen verfüge, das einen wirtschaftlichen Wert mit sich bringe. Er hätte an seiner
rechten Körperseite ein permanentes Schmerzgefühl. Er gebe an, das Gefühl zu haben, dass seine rechte Seite brennen würde.
Es seien dabei vor allem sein rechter Arm und sein rechtes Bein betroffen. Oft habe er Angstzustände und wisse nicht, wie
es weitergehen würde. Seine Angst- und Depressionsstörungen würden seit 2011 medikamentös behandelt werden. Diese Behandlung
habe bisher jedoch nicht angeschlagen. Es werde verwiesen auf ein Gutachten der C. vom 27.03.2015 von Dr. K., der nur ein
unter dreistündiges Leistungsvermögen des Klägers für voraussichtlich über sechs Monate, aber nicht auf Dauer sehe.
Der Senat hat Befundberichte des Nervenarztes Dr. E. sowie des Hausarztes Dr. D. beigezogen, zu denen sich die Beklagte mit
prüfärztlicher Stellungnahme von Frau B. vom 26.11.2015 geäußert hat. Eine richtungsweisende Verschlechterung zeige sich aus
den Befunden nicht. Es werde auch nur eine einmalige Panikattacke erwähnt. Der Leistungsbeurteilung von Dr. H. in seinem Gutachten
vom 06.04.2015 sei weiter zu folgen. Mit Schriftsatz vom 04.01.2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hingewiesen,
dass in den Befundberichten von Dr. E. und Dr. D. von wiederholten Panikattacken die Rede sei und ausgeprägte Missempfindungen
und brennende Schmerzen der rechten Körperhälfte bestätigt seien. Die ängstlich depressiven Beschwerden hätten deutlich zugenommen.
Der Senat hat sodann ein nervenärztliches Gutachten von Prof. Dr. F. eingeholt, der am 03.05.2016 zu folgenden Diagnosen gelangt
ist:
1. Organische Persönlichkeitsstörung (F07.0); DD organische depressive Störung und organische Angststörung (F06.32, F06.4),
bei generalisierter Gefäßerkrankung aufgrund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns mit kognitiven Störungen,
Affektveränderung und Antriebsminderung sowie 2. inkomplettes Wallenberg-Syndrom aufgrund Hirnstamminsult (Medulla oblongata)
links 11/2013 und Kleinhirninfarkt (Cerebellum) 11/2013 mit zentralem, neuropathischem Schmerzsyndrom rechte Körperhälfte
sowie Ausfall von diskriminatorischem Schmerz- und Temperaturempfinden (Läsion des spinothalamischen Trakts) sowie Feinmotorik-
und Koordinationsstörung rechts 3. bei vermutlich kardioembolischer Ursache aufgrund persistierendem Foramen ovale (PFO) mit
Vorhofseptum-Aneurysma (ED11/2013; Klinikum A-Stadt) sowie 4. insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2 (ED 2007) mit erhöhten
HbA1c-Werten sowie Folgekomplikationen aus distaler sensibler Polyneuropathie und erektiler Dysfunktion (ED 08/2011) 5. periphere
arterielle Verschlusskrankheit (pAVK IIa) vom Oberschenkeltyp mit perkutaner transluminaler Angioplastie durch Stents (PTA)
zur Rekanalisation der Unterschenkelarterie Art. poplitea rechts (09/2012), sowie 6. ausgeprägtes, kardiovaskuläres Risikoprofil
aus essentieller, arterieller Hypertonie, Hypercholesterinämie, Hyperurikämie, alimentärem Übergewicht (BMI 32,6), 7. schädlichem
Gebrauch von Tabak (F19.1), 8. chronischem Alkoholabhängigkeitssyndrom (1980-1990er Jahre, derzeit abstinent (F10.3), 9. chronisch
obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) bei Tabakkonsum (38 pack/years), 10. HWS-Osteochondrose C3/4 kombiniert mit Retrospondylose
und degenerativen Wirbel- und Bandscheibenveränderungen (HWS CT 03/2011, MR HWS 01/2012, 01/2015), Spannungskopfschmerzen,
11. Z. n. Arthroskopie der linken Schulter mit operativer subacromialer Dekompression/Revision (ASD) und laterale Clavicula-Resektion
2012, linksseitige degenerative, schmerzhafte Funktionseinschränkungen und Impingement-Syndrom bei Akromioclaviculargelenks(ACG)-Arthrose
links, Rotatorenmanschetten(RM)-Läsion, Teilruptur der Supraspinatus(SSP)-Sehne links und Z. n. Bursitis (MR linke Schulter
01/2012) mit intermittierenden, ausstrahlenden Schmerzen und Missempfindungen an der linken Extremität ohne sensomotorische
Ausfälle, 12. rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Bandscheibenvorwölbungen L4-S1 ohne sensomotorische Ausfälle (LWS CT 03/2011,
01/2015), Z. n. konservativ behandelter Achillessehnenverletzung links 2004 sowie 13. Hyperkeratose und Seborrhoe mit Komedonen,
Z. n. Appendektomie, Rektusdiastase, reizlose Brandnarben an beiden Unterarmen (Handflammpatronen-Verletzung ca. 1982).
Unter den derzeitigen psychischen Gesundheitsstörungen sei dem Kläger zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
eine weniger als dreistündige Tätigkeit täglich zumutbar. Zu vermeiden seien Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen,
wie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, Arbeit an laufenden Maschinen. Überwiegende Tätigkeiten mit Belastung
des Bewegungs- und Stützsystems müssten ebenso vermieden werden wie überwiegendes Stehen, gelegentliches Heben und Tragen
von schweren oder mittelschweren Lasten, häufiges Bücken oder Überkopfarbeit, Arbeiten in Zwangshaltungen, häufiges Steigen.
Atemreizstoffe seien zu meiden, ebenso starke Temperaturschwankungen. In der psychischen Belastbarkeit bestehe eine deutliche
Einschränkung im Konzentrations-, Reaktions-, Umstellungs- und Anpassungsvermögen. Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung
könnten nicht mehr zugemutet werden. Die Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge oder Verantwortung für Personen könnten nicht
mehr übernommen werden. Akkord-, Fließbandarbeit, Arbeit an laufenden Maschinen und Lärm, Nacht- und Wechselschicht seien
nicht möglich. Zumutbar seien ständig einfache, in der körperlichen Arbeitsschwere leichte Anlerntätigkeiten, überwiegend
im Sitzen. Im Bereich der psychischen Störungen seien durch die chronifizierten hirnorganischen Funktionsstörungen mit deutlichen
neurokognitiven Einschränkungen Kommunikationsfähigkeit, Denkvermögen, kognitive Leistungsfähigkeit und Antrieb krankheitsbedingt
schwerwiegend in Mitleidenschaft gezogen. Die psychischen Funktionseinschränkungen seien schwerwiegend. Die chronifizierten
Ängste und Depression, die sich im Rahmen einer fortschreitenden organischen Wesensänderung abgrenzen ließen, und die neurokognitiven
Einschränkungen mit kognitiver Einengung und reduzierter Umstellungsfähigkeit beeinträchtigten ebenso die Leistungsmotivation
durch Antriebsminderung, Depressivität und Beeinträchtigung des Willens. Die Merkfähigkeit zeige sich klinisch beeinträchtigt,
ebenso die dauerhafte Konzentrationsfähigkeit. Der Kläger sei in der Exploration bald so überanstrengt gewesen, dass er seine
kognitiven Fähigkeiten nicht mehr habe fokussieren können und ungehalten geworden sei. Der Kläger habe in der Vergangenheit
beruflich und sozial Verantwortungsbewusstsein und Gewissenhaftigkeit gezeigt. Durch das psychische Krankheitsgeschehen sei
das Verhalten in den letzten Jahren jedoch deutlich beeinträchtigt. Auch im Alltagsleben habe der Kläger einen rigiden Tagesablauf
ohne Anforderungen und benötige Unterstützung. Sein Denken sei eingenommen und fixiert auf das Wahrnehmen von Krankheitssymptomen.
Fehlurteile führten zu sozialem Rückzug aufgrund Umdeutung der Geschehnisse (vermeintliche Ausgrenzung durch Dritte). Die
Umstellungsfähigkeit auf neue Gegebenheiten und das Reaktionsvermögen seien krankheitsbedingt erheblich beeinträchtigt. Ebenso
seien die praktische Anstelligkeit und Findigkeit erheblich beeinträchtigt. Die Anpassungsfähigkeit an den technischen Wandel
sei eingeschränkt, wobei sich der Kläger in Vorbereitung seiner beruflichen Selbständigkeit Kenntnisse am PC angeeignet habe.
Privat nutze er das Internet als Konsument (Facebook, Online-Spiele). Das Hineinfinden in zukünftige technische Entwicklungen
werde er aufgrund der hirnorganischen Funktionsstörungen zunehmend weniger mit der erforderlichen Anpassungsfähigkeit meistern
können. Die von Dr. H. gefundene Leistungseinschätzung des Klägers habe das Ausmaß der Beschwerden nur unzureichend erfasst.
Die generalisierte Gefäßerkrankung bedingt durch vielfältige somatische Erkrankungen sei nicht anerkannt und das Ausmaß der
Funktionsstörungen nicht gewürdigt worden, sondern isolierte Folgen eines lakunären Hirnstamminsults und der distalen diabetischen
Polyneuropathie bewertet. Die Einschätzung der psychischen Erkrankung als Dysthymia bzw. leichte depressive Befindlichkeitsstörung
sei inkorrekt. Es liege vielmehr eine hirnorganische Beeinträchtigung durch das generalisierte vaskuläre Gefäßleiden vor.
Die entscheidende Verschlechterung im beschriebenen Zustandsbild sei mit dem Infarktgeschehen am 11.11.2013 eingetreten. Nach
dem Infarktgeschehen habe keine entscheidende Remission der neuropsychiatrischen Symptome stattgefunden, die Spätfolgen der
generalisierten Gefäßerkrankung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und die Persönlichkeit des Klägers mit Veränderungen
von Kognition, Affekt, Denken und Antrieb seien evident. Die Leistungseinschätzung der psychischen Belastbarkeit habe zumindest
seit dem Ende der rehabilitativen Behandlung am 09.01.2014 Bestand. Die Prognose sei nicht günstig, die Grunderkrankungen
und deren Folgeerscheinungen seien nicht mehr rückgängig zu machen. Der Kläger könne jedoch noch mindestens zweimal täglich
öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit nutzen. Die Fähigkeit, sturzsicher mit dem Fahrrad zu fahren, sei
nicht mehr gegeben. Die Fahreignung sei ggf. aus internistisch-neurologischer Sicht zu prüfen. Ob wegen der weiteren internistischen
Erkrankung der bekannten pAVK die Wegefähigkeit überhaupt noch gegeben sei, lasse sich von ihm nicht feststellen, ggf. müsse
ein orthopädisches Gutachten oder ein gefäßchirurgisches bzw. internistisches Sachverständigengutachten eingeholt werden.
Zum Gutachten von Prof. Dr. F. hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.07.2016 durch den Prüfarzt Dr. M. Stellung genommen.
Das Gutachten von Prof. Dr. F. sei nicht verwertbar und in sich widersprüchlich. Es widerspreche dem Sachverständigengutachten
von Dr. S. und der Diagnose des behandelnden Nervenarztes des Klägers Dr. E ... Beide hätten nur eine Angst und Depression
gemischt konstatiert, die auch nach Ansicht von Prof. Dr. F. nur eine Kombination verhältnismäßig milder neurotischer Symptome
sein könne, die oft gar keiner spezifischen Behandlung bedürfte. Er habe inkonsistente Testungen bei angenommener organisch
bedingter Persönlichkeitsveränderung durchgeführt und seiner Wertung zugrunde gelegt. Dem gegenüber hätten der behandelnde
Nervenarzt Dr. E. und der Sachverständige Dr. S. keinerlei Hinweise auf eine hirnorganische psychische Beeinträchtigung feststellen
können. Prof. Dr. F. ignoriere auch teilweise seine eigenen Untersuchungsbefunde und stelle diese falsch dar. Eine Hirnleistungsminderung
des Klägers hätte er nicht feststellen können. Selbst wenn geringe kognitive Beeinträchtigungen vorgelegen hätten, habe diesbezüglich
bislang keine Behandlung stattgefunden, insbesondere kein kognitives Training. Auch bezüglich einer möglichen leichten affektiven
Symptomatik, die bereits vor dem Schlaganfall beschrieben worden sei und somit entgegen der Darstellung von Prof. Dr. F. nicht
alleine auf dem Schlaganfall beruhen könne, habe bislang keine Psychotherapie stattgefunden.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. F. eingeholt, der am 11.11.2016 im Wesentlichen bei seinem gefundenen
Ergebnis verblieben ist. Der Prüfarzt der Beklagten, Dr. M., gehe irrigerweise von einem isolierten Wallenberg-Syndrom aus,
bei dem - was der Prüfarzt nicht anerkennen wolle - neben der bekannten dissoziierten Sensibilitätsstörung durchaus neurokognitive
Symptome auftreten könnten. Er habe Schwierigkeiten mit dem Verständnis des gemischten Konzepts der organischen Persönlichkeitsstörung
gemäß ICD-10, die diese eigentlich klar definiere mit dem Vorliegen von zwei aus sechs psychopathologischen Kernbereichen.
Die geforderte Anzahl an diagnostischen Merkmalen finde sich beim Kläger, inklusive der hirnorganischen Grundlagen. Er greife
jedoch den Einwurf des Prüfarztes auf, dass bei dem nun 55-jährigen Kläger rehabilitative Maßnahmen und Maßnahmen zur Teilhabe
zu Lasten der Beklagten nicht oder nur unzureichend durchgeführt worden seien. Es bestünden Einschränkungen kognitiver Funktionen
(abstraktes Denkvermögen, Handlungsplanung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Wahrnehmungsfähigkeit), die wichtig seien für die
Alltagsbewältigung. Der Ausfall einzelner oder mehrerer Funktionen könne die Einschränkung bzw. den Verlust der funktionellen
Unabhängigkeit bedeuten. Er halte die kognitiven Einschränkungen im Rahmen der organischen Wesensänderung beim Kläger aus
klinischer Sicht weiterhin für so weit fortgeschritten, dass der Kläger dem Arbeitsmarkt aufgrund erheblich reduzierter Belastbarkeit
nicht zur Verfügung stehe. Bis zum Erweis des Gegenteils könne beim Kläger aber dennoch eine umfassende neuropsychologische
Rehabilitation erfolgen mit anschließender Maßnahme zur Teilhabe. Daran anschließen sollten sich Maßnahmen zum berufsvorbereitenden
Training und berufliche Belastungserprobungen, da der Kläger im zuletzt ausgeübten Beruf des Lkw-Fahrers nicht mehr einsetzbar
und eine berufliche Neuorientierung erforderlich sei. An der Einschätzung, dass die Einschränkungen der psychischen Belastbarkeit
zumindest seit dem Ende der Behandlung am 09.01.2014 Bestand habe, halte er fest.
Hierzu hat der Prüfarzt Dr. M. nochmals mit Schreiben vom 06.12.2016 erwidert.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 27.04.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.05.2014 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom
20.03.2014 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem frühest möglichen Zeitpunkt zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 27.04.2015 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Agentur für Arbeit B-Stadt, Gutachten Dr.
K. nach Aktenlage vom 29.04.2015, die Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-). Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit seinem Gerichtsbescheid vom 27.04.2015 die Klage gegen
den Bescheid der Beklagten vom 23.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.08.2014 als unbegründet abgewiesen.
Eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens des Klägers für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter
Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen auf Dauer ist bislang noch nicht nachgewiesen. Hierfür trägt jedoch
der Kläger die objektive Darlegungs- und Beweislast.
Gemäß §
43 Abs.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbei-
träge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit
erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß §
43 Abs.
1 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass bislang noch nicht nachgewiesen werden konnte, dass das quantitative Leistungsvermögen
des Klägers seit Rentenantragstellung dauerhaft auf unter 6 Stunden täglich oder sogar auf unter 3 Stunden täglich abgesunken
sein könnte. Der Kläger ist vielmehr in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer
Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden sind das Heben und Tragen mittelschwerer
und schwerer Lasten, Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, Tätigkeiten, die mit Unfallgefahr einhergehen wie z. B. Tätigkeiten
auf Leitern und Gerüsten, an laufenden Maschinen mit der Notwendigkeit des fortgesetzten Einsatzes des rechten Armes, die
Exposition in Kälte, Nässe, Zugluft ohne entsprechenden Bekleidungsschutz sowie nervlich belastende Tätigkeiten wie Akkord,
Fließbandarbeit, Schichtbetrieb und Tätigkeiten mit Steuerungs- oder Leitungsfunktion.
Der Senat stützt dabei seine Überzeugung auf die im Rentenverfahren und im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten
von Dr. S. und Dr. H., die durch das durch den Senat eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. F. hinsichtlich der
Diagnosen gestützt werden. Soweit Prof. Dr. F. ein unter dreistündiges Leistungsvermögen des Klägers seit dem Ende der Rehamaßnahme
in Bad K. sieht, vermag der Senat dem jedoch nicht zu folgen.
Der Kläger hat im November 2013 unstreitig einen Hirnstamminsult erlitten, der als sog. inkomplettes Wallenbergsyndrom diagnostiziert
wurde. In der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2017 hat der Kläger angegeben, beim Beladen seines "Sprinters" ein Schwindelgefühl
gehabt zu haben. Er habe weiter gearbeitet und sei dann nach Hause gegangen. Er habe sich nicht wohl gefühlt. Erst am nächsten
Tag habe er einen pelzigen rechten Arm sowie Schluckbeschwerden empfunden und sei - wohl weil es Wochenende gewesen sei -
ins Krankenhaus gegangen. Dort habe man erst nichts finden können. Er sei dann 2 oder 3 Tage später wieder ins Krankenhaus,
nachdem die Schluckbeschwerden schlimmer geworden seien. Dann habe man den Hirnstamminsult diagnostiziert. Diese Angaben des
Klägers decken sich im wesentlichen mit den Angaben im vorläufigen Arztbrief des Klinikums A-Stadt vom 16.12.2013, wenngleich
dort festgehalten ist, dass der Kläger am 18.11.2013 die stationäre Aufnahme verweigert hätte und am 19.11.2013 wegen bestehender
Sensibilitätsstörungen des rechten Armes und Beines sowie einer Beeinträchtigung des Schmerz- und Temperaturempfindens vom
Hausarzt eingewiesen worden sei. Der Kläger hat im Anschluss an den stationären Aufenthalt eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme
in der B. Klinik Bad K. absolviert, durch die eine deutliche Besserung der Symptome erreicht werden konnte. Der Kläger wurde
aus dieser Maßnahme zwar als arbeitsunfähig in Bezug auf seine damalige Tätigkeit als Berufskraftfahrer (ausgeführt in Vollzeit
mit Nachtschicht) entlassen und auch als auf Dauer leistungsunfähig in dieser beruflichen Tätigkeit. Für Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes wurde in der Reha-Klinik noch ein mindestens 6stündiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen
gesehen. Demgegenüber hat der Kläger sich in seinem bisherigen Beruf als Kraftfahrer weiterhin leistungsfähig gesehen und
hat gegenüber der Klinik angegeben, wieder in seinem Beruf tätig werden zu wollen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat auch
im Zeitpunkt der Rentenantragstellung - seinen eigenen Angaben zur Folge - noch fortbestanden. In einem Befundbericht des
behandelnden Diabetologen Dr. M. vom 12.02.2014 - also knapp 3 Monate nach dem erlittenen Insult - ist festgehalten, dass
der Kläger dort angegeben hat, dass sich die neurologischen Symptome zum größten Teil wieder zurückgebildet hätten. Er sei
in physiotherapeutischer Behandlung. Es bestehe eine Verschlechterung der Blutzuckerstoffwechsellage und Gewichtszunahme in
den letzten Monaten seit dem Schlaganfall. Der Kläger arbeite als Fahrer eines Sprinters, fahre jede Nacht nach B-Stadt und
arbeite von 20 - 4 Uhr. Der Kläger wolle auf keinen Fall auf die Tätigkeit als Fahrer verzichten. Problematisch war damals
wohl in erster Linie ein Druckgefühl im Brustraum, was kardiologisch abgeklärt werden sollte, wozu sich der Kläger nur bei
entsprechender Persistenz der Schmerzen bereit erklärte.
Während Dr. S. und Dr. H. in ihren Sachverständigengutachten von einem relativ milden Verlauf des Hirnstamminsultes ausgehen,
sieht Prof. Dr. F. eine hirnorganisch bedingte Beeinträchtigung wesentlicher Funktionen des Gehirns des Klägers.
Die Sachverständigen bejahen übereinstimmend ein aufgehobenes Leistungsvermögen des Klägers für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit
als Berufskraftfahrer. In der mündlichen Verhandlung hatte der Kläger angegeben, nach dem Schlaganfall nicht mehr mit seinem
Sprinter gefahren zu sein. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies mit den zeitnahen Angaben des Klägers gegenüber seinem behandelnden
Diabetologen in Einklang zu bringen ist. Fraglich ist vorliegend lediglich das Ausmaß der Einschränkungen des Klägers für
Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, weil der Kläger aufgrund seines Alters nicht unter die Regelung des §
240 SGB VI fällt und somit auch keinen Berufsschutz für sich in Anspruch nehmen kann.
Dr. S. bejaht in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 12.05.2014 ein mindestens 6stündiges Leistungsvermögen für den allgemeinen
Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen. Er beschreibt den Kläger als wach, örtlich, zeitlich und situativ richtig orientiert.
Er habe sich situationsentsprechend verhalten, sei kooperativ gewesen. Im Antrieb regelrecht, er sei "in der Nähe eines syntonen
Stimmungsniveaus". Formale oder inhaltliche Denkstörungen hätten nicht bestanden, keine Einbußen der Gedächtnis- und Konzentrationsleistung.
Erst bei der weiterführenden Exploration hätte der Kläger "zeitweise gedrückte Stimmung, rezidivierende Attacken von Angstgefühlen
(etwa dreimal in der Woche), verbunden mit Hitzegefühl, Kurzatmigkeit und Herzklopfen" beschrieben. Verifiziert wurden Dysästhesien,
durchgehend vom Schädeldach über den Rumpf und die rechten Extremitäten, wobei sich der Eindruck eines reduzierten Temperatur-
und Schmerzempfindens gezeigt hätte.
Ein vergleichbares Bild beschreibt auch Dr. H. in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 06.03.2015, der ausdrücklich auch
festhält, dass sich keine Anzeichen "für Hirnwerkzeugstörungen" und auch nicht für "Ausfälle der höheren corticalen Funktionen"
gefunden hätten. Bestätigt werden Temperaturdiskriminationsstörung der rechten Hand und ein zentrales Schmerzsyndrom der rechten
Körperhälfte, eine Polyneuropathie bei Diabetes und eine Dysthymie. Dr. H. hält fest, dass die psychiatrische Behandlung sich
auf die Verordnung eines Antidepressivums beschränke, eine psychotherapeutische Behandlung jedoch nicht stattfinde. Ausgeprägte
psychiatrische Veränderungen hätten sich beim Kläger nicht finden lassen. Er berichte von Stimmungseinbrüchen, gelegentlichem
Rückzug im Winter und einer allgemeinen Weltängstlichkeit und einer gewissen Einschränkung in der Selbstmotivation. Eine typische
Antriebsstörung liege nicht vor, auch keine tiefergehende Depression oder Angststörung. Insoweit wird die Diagnose des behandelnden
Nervenarztes Dr. E., wonach der Kläger unter einer Angst und Depression gemischt leide, für zutreffend erachtet. Insgesamt
werden die Auswirkungen des Hirninsultes als leicht beschrieben und ohne wesentliche Veränderung seit dem Reha-Aufenthalt
in der B.-Klinik Bad K. im Dezember 2013/Januar 2014.
Eine wesentlich andere Beschreibung des Klägers findet sich auch im Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F. zunächst nicht.
Hinweise für Hirnwerkzeugstörungen konnten nicht verifiziert werden, die Konzentration und Aufmerksamkeit des Klägers waren
im Verlauf der Untersuchung nicht wesentlich eingeschränkt. Der Kläger zeigte sich deutlich bedrückt, klagsam, unzufrieden
mit seinem Befinden und enttäuscht, dass die frühere Lebensfreude abhanden gekommen sei. Gleichzeitig wird ein durchaus noch
relativ strukturierter Tagesablauf geschildert, wenn auch mit gewissen Widersprüchen (z. B. hinsichtlich der möglichen Wegstrecke
von max. 10 Minuten, andererseits aber 3 km einfache Strecke zur Armenspeisung; Schlafverhalten, Tagesgestaltung, Angst vor
zu hohen Stromkosten durch die intensive Nutzung von Computer und Fernseher etc.).
Problematisch ist, dass Prof. Dr. F. relativ abstrakt mit den üblicherweise bei einem Hirnstamminsult auftretenden Einschränkungen
argumentiert, die nach den allgemein gültigen wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Regel auch dauerhaft bestehen bleiben
würden, wenn sie nicht schnellstmöglich einer Behandlung zugeführt würden. Diese wissenschaftlich sicherlich zutreffenden
Erkenntnisse werden von Prof. Dr. F. aber nicht auf den Kläger projiziert und die zu erwartenden individuellen Einschränkungen
nicht klar herausgearbeitet, insbesondere nicht gegenüber den anderen Gutachten abgegrenzt. Prof. Dr. F. sah nach dem Insult
keine entscheidende Remission der neuropsychiatrischen Symptome mehr, obwohl in der Reha-Maßnahme eine deutliche Verbesserung
der Einschränkungen des Klägers erreicht werden konnte und die Beeinträchtigungen durch den Insult als solchen "relativ" milde
gewesen sind. Mit der Leistungseinschätzung der anderen Sachverständigen hat sich Prof. Dr. F. nicht ausführlich auseinandergesetzt,
mit der Begründung, dass die hirnorganische Ursache von den anderen Sachverständigen nicht erkannt und in ihren Auswirkungen
unterschätzt worden sei. Der Prüfarzt Dr. M. hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Anamneseerhebung des Klägers
in den Gutachten weitgehend vergleichbar sei, der Kläger selbst keine hirnorganisch bedingten Einschränkungen gegenüber den
Sachverständigen geltend gemachte hatte und dass der Kläger nach wie vor in der Lage ist, komplexere Tätigkeiten wie z. B.
Autofahren, Computernutzung mit Internet und online-Spielen auszuüben. Insoweit sind im Gutachten von Prof. Dr. F. Inkonsistenzen
nicht auszuschließen.
Entscheidend für den Senat ist jedoch der Umstand, dass auch Prof. Dr. F. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.11.2016
die immer noch bestehende Möglichkeit der Besserung der gesundheitlichen Situation des Klägers und damit seiner Leistungsfähigkeit
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bejaht, etwa im Wege der Durchführung von medizinischen Rehamaßnahmen und Leistungen zur
Teilhabe am Arbeitsleben zur Wiedereingliederung und ggf. beruflicher Neuorientierung. Die beiden anderen Sachverständigen
hatten ebenfalls auf Behandlungsmöglichkeiten hingewiesen, die der Kläger bislang nicht genutzt hat. Eine Psychotherapie wird
bis heute nicht durchgeführt, stationäre oder teilstationäre psychiatrische Behandlungen wurden nicht durchgeführt und die
in der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2017 vom Vertreter der Beklagten vorgeschlagene medizinische Rehamaßnahme wollte der
Kläger für sich nicht in Anspruch nehmen bzw. sich nicht hierzu äußern. Solange aber Behandlungsmöglichkeiten im Raum stehen,
kann von einem dauerhaft eingeschränkten quantitativen Leistungsvermögen nicht ausgegangen werden. Dr. S. und Dr. H. haben
gar keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf unter 6 Stunden täglich gesehen.
Die weiteren beim Kläger gegebenen gesundheitlichen Einschränkungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet bedingen
nur qualitative Leistungseinschränkungen und vermögen einen Rentenanspruch nach §
43 SGB VI nicht zu begründen.
Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf das Gutachten von Dr. K. für die Agentur für Arbeit B-Stadt hingewiesen
hatte, der am 27.04.2015 zu einem unter 3-stündigen Leistungsbild für voraussichtlich über 6 Monate, aber nicht auf Dauer
gelangt ist, ist darauf hinzuweisen, dass Dr. K. das Gutachten nach Aktenlage erstellt hatte und auch nur bezogen auf die
letzte Tätigkeit des Klägers als Berufskraftfahrer. Dies ist vorliegend aber nicht der hier zu berücksichtigende Leistungsmaßstab
für eine Erwerbsminderungsrente nach §
43 SGB VI. Im Übrigen haben auch die im Verfahren tätig gewordenen Sachverständigen zutreffend eine Leistungsfähigkeit des Klägers
in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Kraftfahrer auf Dauer verneint, so dass das Gutachten von Dr. K. nicht im Widerspruch
hierzu steht. Mangels Berufsschutz des Klägers ist dies aber nicht behilflich.
Nach alledem war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 27.04.2015 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.