Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente nach dem am 4. August 2005 verstorbenen versicherten
Ehemann zusteht.
Die 1961 geborene Klägerin heiratete am 16. Juni 2005 den bei der Beklagten versicherten W. S ... Dieser war 1958 geboren
und verstarb am 4. August 2005 an der Folgen eines Appendixkarzinoms. Am 20. September 2005 beantragte sie die Gewährung einer
Witwenrente.
Die Klinik Bad T. bescheinigte, dass der Versicherte an einem Appendixkarzinom erkrankt war. Im weiteren Verlauf sei ein ausgeprägtes
Tumorrezidiv mit Peritonealkarzinom und Dünndarmbefall aufgetreten. Eine Rezidivoperation habe keine Tumorfreiheit erzielen
können, eine durchgeführte palliative Chemotherapie sei nicht ausreichend tumorwirksam gewesen. Zum Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme
und der Eheschließung sei eine Zweitlinienchemotherapie geplant gewesen; bei gutem Ansprechen wäre ein Überleben von bis zu
einem Jahr vorstellbar gewesen. Bei der Eheschließung sei der Tod des Versicherten konkret zu erwarten gewesen, wenn auch
nicht unmittelbar bevorstehend.
Mit Bescheid vom 8. November 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung der Witwenrente ab. Die Ehe habe weniger als ein Jahr
gedauert. Nach den ärztlichen Angaben sei bereits bei Krankenhausaufnahme in absehbarer Zeit mit dem Tod zu rechnen gewesen.
Ein Anspruch auf Gewährung der Witwenrente sei unter Berücksichtigung des §
46 Abs.
2 a des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB VI) nicht gegeben.
Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, sie hätten bereits nahezu zwei Jahre vor der Eheschließung zusammen
gelebt. Anlässlich eines operativen Eingriffs in der A. Stadtklinik Bad T. wegen einer Blinddarmentzündung im April 2004 sei
bei dem Versicherten ein Tumor festgestellt worden, der im Mai 2004 operativ entfernt worden sei. Der Versicherte sei als
vollständig geheilt entlassen worden. Sie hätten dann eine gemeinsame Wohnung gesucht; wegen plötzlich auftretender Schmerzen
in der Bauchgegend sei die Wohnungssuche abgebrochen worden. Die weiteren ärztlichen Untersuchungen hätten ein erneutes Auftreten
des Krebsleidens ergeben. Im Dezember 2004 sei der Versicherte erneut operiert worden; anschließend sei eine Chemotherapie
durchgeführt worden, die nicht gewirkt habe. Am 8. Juni 2005 habe er die Klinik Bad T. aufgesucht. Sie hätten schon immer
heiraten wollen; dies sei jedoch aufgrund ihres Wunsches vom Bezug einer gemeinsamen Wohnung abhängig gewesen. Sie habe letztendlich
die Heirat vorgezogen, um den Versicherten in seiner Krankheit psychisch zu motivieren. Weder dem Versicherten noch ihr sei
es bewusst gewesen, dass das Krebsleiden zu einem alsbaldigen Tod führen würde. Nach Auskunft des Arztes der Klinik Bad T.,
Dr. W., habe der Versicherte nie die Frage nach dem Sterben gestellt. Die Hoffnungs- und Aussichtslosigkeit der Erkrankung
habe er weder akzeptiert noch in dem tatsächlichen Ausmaß zur Kenntnis genommen.
Die Beklagte holte Befundberichte der Klinik Bad T. vom 27. Januar 2006 und des behandelnden Internisten Dr. P. vom 7. Februar
2006 ein. Nach dem ärztlichen Bericht des Dr. P. vom 8. Juni 2006 hatte sich der Allgemeinzustand rapide verschlechtert, weshalb
eine weitere stationäre Versorgung angeregt bzw. dieser Gedanke unterstützt wurde. Der Versicherte sei von Beginn an über
die Prognose wie auch zuletzt nochmals über den zu erwartenden Verlauf aufgeklärt worden. Die beratende Ärztin führte am 21.
Februar 2006 aus, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung während des stationären Aufenthalts mit keiner überdauernden Lebenserwartung
zu rechnen gewesen sei, da es sich um einen sehr progredienten Verlauf der Tumorerkrankung gehandelt habe. Über den Verlauf
und die Prognose sei aufgeklärt worden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2006 zurück.
Mit der Klage zum Sozialgericht München wandte sich die Klägerin gegen die Ablehnung der Witwenrente. Es liege keine Versorgungsehe
vor. Ergänzend zu der im Widerspruchsverfahren vorgebrachten Begründung wies sie darauf hin, dass sie sich bereits im Juni
2004 das Eheversprechen gegeben hätten. Dies sei auch ihren beiden Töchtern eröffnet worden. Außerdem habe sie selbst im Zeitpunkt
der Eheschließung wie auch heute monatliche Einkünfte als Organisationssekretärin in Höhe von netto zwischen 2.700,00 und
3.000,00 EUR gehabt. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach einer Ehescheidung habe sie 4,5620 Entgeltpunkte übertragen
erhalten. Die bisherigen Rentenanwartschaften führten zu einer Altersrente in Höhe von 629,64 EUR, bei Fortzahlung der bisherigen
Beiträge von 1.310,36 EUR. Sie verwies auf entsprechende Renteninformationen des Rentenversicherungsträgers. Es könne ihr
deshalb nicht unterstellt werden, alleiniger oder überwiegender Zweck der Eheschließung sei die Schaffung einer Versorgung
gewesen.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 18. April 2007 ab. Zur Begründung führte es aus, es liege nur eine kurze Ehedauer
vor. Die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe sei als Ergebnis einer Gesamtabwägung nicht widerlegt. Es sei vorliegend
offensichtlich, dass alle von und mit dem Versicherten im Sommer 2005 getroffenen Entscheidungen unter dem Vorzeichen seines
unabwendbaren baldigen Todes gestanden seien, wie sich aus den ärztlichen Berichten vom Juni 2005 ergebe.
Zur Begründung der Berufung hat die Klägerin ausgeführt, sie habe eine ausreichende eigene rentenrechtliche Versorgung. Sie
hat hierzu auf eine Gehaltsbescheinigung vom März 2007, auf den Versorgungsausgleich der Ehescheidung und die Renteninformation
der Beklagten vom 29. Juni 2005 verwiesen. Der Versicherte habe zuletzt ein Bruttoeinkommen als Angestellter in Höhe von ca.
3.700,00 EUR gehabt.
Der Senat hat eine Auskunft aus dem Melderegister des Einwohnermeldeamtes des Marktes M. vom 16. Juli 2007 für die beiden
Töchter der Klägerin, (geb. 1983) und K. (geb. 1986), des Standesamtes O. vom 2. August 2007, wonach als Verwandte des Verstorbenen
nur die Klägerin angegeben worden sei, die Entlassungsberichte der A. Stadtklinik Bad T. vom 22. Juni 2004 und 12. Januar
2005 über die stationären Aufenthalte vom 29. April bis 17. Mai 2004 und vom 27. Dezember 2004 bis 11. Januar 2005 sowie Befundberichte
des praktischen Arztes Dr. E. vom 14. Januar 2008, des Internisten Dr. P. vom 11. Februar 2008, des praktischen Arztes Dr.
K. vom 11. Februar 2008, des Chefarztes der A. Stadtklinik Bad T., Dr. K., vom 1. März 2008 sowie des onkologischen Kompetenzzentrums
O. - Klinik Bad T. - vom März 2008 eingeholt.
Die Beklagte hat sich durch die Berichte darin bestätigt gesehen, dass eine Versorgungsehe vorgelegen habe. Die Klägerin hat
bestritten, dass Dr. P. die Überlebensperspektiven bei dem Erstgespräch am 13. Januar 2005 so dargestellt habe wie in seinem
Befundbericht geschildert. Sie sei selbst bei diesem Gespräch dabei gewesen. Für sie habe sich die Krankheit als auf Jahre
hinaus beherrschbar dargestellt. Deshalb sei auch ihre Wohnungssuche zunächst nicht eingestellt worden. Der Versicherte habe
in der Folgezeit nie von einer derartigen schlechten Perspektive gesprochen; er habe auch keine Einstellung gehabt, die zu
einer derartigen Perspektive gepasst hätte. Zutreffender sei vielmehr der Bericht des Dr. E., dass der Versicherte bis zur
Aufnahme in der Klinik Bad T. im Juni 2005 und auch in der ersten Zeit des Aufenthaltes dort noch die Hoffnung auf eine längerfristige
Stabilisierung gehabt habe. Die dramatische Verschlechterung sei ein Umstand gewesen, der weder von ihr noch vom Versicherten
für möglich erachtet worden sei. Gegen eine Versorgungsehe spreche zum einen ihre Versorgungssituation, zum anderen ihr Lebensalter.
Durch die Eheschließung habe der Verstorbene ihre Verpflichtung zum pflegerischen Beistand, sie hingegen eine besondere erbrechtliche
Stellung erlangt. Ein Testament habe der Verstorbene nicht verfasst.
Dr. P. hat am 24. Juni 2008 ergänzend ausgeführt, dass der Versicherte über die Diagnose, den Krankheitsstatus, die Therapiemöglichkeiten
und deren Aussichten sowie die Prognose aufgeklärt gewesen sei. Er beziehe sich hierbei auf seine Aufzeichnungen und Dokumentation.
Das Gericht hat die Zeuginnen und A. am 1. September 2008 gehört, die jeweils angegeben haben, dass ihre Mutter ihnen im Juni
2004 die Verlobung mit Herrn S. eröffnet habe. Im Einzelnen wird auf die Niederschrift der Beweisaufnahme verwiesen. Ferner
hat das Gericht die Sach- und Rechtslage in nichtöffentlicher Sitzung vom 1. September 2008 mit den Beteiligten erörtert,
in der die Beteiligten ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt haben. Die Beklagte hat
angegeben, dass die kleine Witwenrente ca. 119.- EUR betrage. Auf die Niederschrift der Sitzung wird ebenfalls Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. April 2007 sowie den Bescheid vom 8. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 25. April 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Witwenrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß §
136 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§
143,
151 SGG) und begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine Witwenrente gemäß §
46 SGB VI zu.
Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten konnte der Senat gemäß §
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Eine Witwe, die nicht wieder geheiratet hat, hat gemäß §
46 Abs.
1 S. 1
SGB VI nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf eine kleine Witwenrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine
Wartezeit erfüllt hat. Gemäß §
46 Abs.
2 a SGB VI hat eine Witwe allerdings keinen Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn,
dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass alleiniger oder überwiegender
Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Vorschrift des §
46 Abs.
2 a SGB VI wurde durch Art.1 Nr.
6 b des Altersvermögensergänzungsgesetzes vom 21. März 2001 (vgl. Bundesgesetzblatt BGBl I S.403) mit Wirkung vom 1. Januar 2002
in das
SGB VI eingefügt. Sie begründet für alle seit ihrem Inkrafttreten geschlossenen Ehen die gesetzliche Vermutung, dass bei einem Tod
des Versicherten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung der überwiegende bzw. alleinige Zweck der Eheschließung die Erlangung
einer Versorgung für den überlebenden Ehegatten war.
§
46 Abs.
2 a SGB VI unterstellt damit, dass bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr das Ziel der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung
war. Diese gesetzliche Rechtsvermutung ist widerlegbar. Nach §
202 SGG i.V.m. §
292 Zivilprozessordnung (
ZPO) verlangt die Widerlegung dieser Rechtsvermutung den vollen Beweis des Gegenteils; der Vollbeweis erfordert zumindest einen
der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die Vermutung der Versorgungsabsicht ist nur dann widerlegt, wenn
sich bei einer Gesamtabwägung aller zur Eheschließung führenden Motive beider Ehegatten ergibt, dass insgesamt nicht der alleinige
oder überwiegende Zweck der Heirat war, den Hinterbliebenen eine Versorgung zu verschaffen (BSGE 35, 272, 274 f). Die besonderen Umstände, welche die gesetzliche Vermutung zu widerlegen geeignet sind, sind anhand objektiver Ermittlungsmöglichkeiten
in einer typisierenden Betrachtungsweise zu ermitteln. Solche besondere Umstände, die das Vorliegen einer Versorgungsehe widerlegen
würden, sind alle Umstände des Einzelfalles, die nicht von der Vermutung selbst erfasst sind und geeignet sind, einen Schluss
auf den Zweck der Heirat zuzulassen. Hier kommt es insbesondere auf die Motive beider Ehegatten an, die zur Eheschließung
geführt haben. Die objektive Beweislast für das Vorliegen von Anhaltspunkten gegen die Annahme, dass es alleiniger oder überwiegender
Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, liegt bei der Klägerin (vgl. BSGE 60, 202 = SozR 3100 §
38 Nr.5, KassKomm-Gürtner, §
46 SGB VI Rdnr. 46 b).
Die Vermutung des §
46 Abs.
2 a SGB VI ist in vorliegendem Fall nach Überzeugung des Senats widerlegt. Zwischen der Eheschließung am 16. Juni 2005 und dem Todeszeitpunkt
4. August 2005 liegt zwar weniger als ein Jahr. Dabei ist der Tod auch nicht als plötzliches, unvorsehbares Ereignis eingetreten,
vielmehr war er Folge eines Tumorrezidivs mit Peritonealkarzinom und Dünndarmbefall, der am 28. Dezember 2004 zunächst operativ
und anschließend mit einer Chemotherapie behandelt wurde. Objektiv bestand aus ärztlicher Sicht zum Entlassungszeitpunkt aus
der A. Stadtklinik Bad T. am 11. Januar 2005 keine Aussicht auf eine Heilung der Tumorerkrankung. Dies ergibt sich ausdrücklich
aus dem Befundbericht der Klinik Bad T. vom März 2008, in der sich der Versicherte am 8. Juni 2005 erstmalig vorstellte. Eine
erfolgversprechende Behandlung mit einer Chemotherapie wurde durch Dr. P. durchgeführt - ohne den erhofften Erfolg. Die einjährige
Überlebenswahrscheinlichkeit betrug im Januar 2005 50 v.H., die dreijährige nur 20 v.H. Ab Juni 2005 fand nur mehr eine palliative
Behandlung statt. Im Verwaltungsverfahren bestätigte die Klinik, dass bei Eheschließung der Tod des Versicherten konkret zu
erwarten war, wenn auch nicht unmittelbar bevorstehend.
Auch wenn der Versicherte den Ernst der Erkrankung zunächst verdrängt hat, war er dennoch darüber aufgeklärt. Zwar ist eine
Aufklärung durch die Klinik Bad T. nicht nachgewiesen. Vielmehr gab der Chefarzt an, dass sie es vermeiden, von der Klinik
aus die Überlebenswahrscheinlichkeiten mitzuteilen. Allerdings hatte Dr. P. den Versicherten umfassend aufgeklärt. Dies bestätigt
er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24. Juni 2008 unter Bezugnahme auf seine Aufzeichnungen und Dokumentation ausdrücklich.
Dr. P. schilderte auch in seinem ärztlichen Bericht vom 8. Juni 2005 an den praktischen Arzt Dr. E., dass der Versicherte
von Beginn an über die Prognose wie auch zuletzt nochmals über den zu erwartenden Verlauf aufgeklärt wurde. Dabei war bereits
eine rapide Verschlechterung des Allgemeinzustandes eingetreten. Damit kann offen bleiben, ob die Aufklärung durch Dr. P.
in vollem Umfang bereits im Rahmen des Erstgesprächs am 13. Januar 2005 stattgefunden hat, da diese zumindest begleitend zur
Krankheitsentwicklung erfolgt ist. Auch Dr. E. gab an, den Versicherten aufgeklärt zu haben. Davon unberührt ist, dass der
Versicherte dennoch auf eine Heilung hoffte. Zutreffend weist das Sozialgericht darauf hin, dass sich zumindest im Juni 2005
zur Zeit der Eheschließung die gesundheitliche Situation derart zugespitzt hatte, dass alle von und mit dem Versicherten getroffenen
Entscheidungen unter dem Vorzeichen seines unabwendbaren baldigen Todes standen. Dies wird schließlich auch dadurch bekräftigt,
dass nach Angaben der Klägerin durch die Eheschließung eine besondere erbrechtliche Stellung erlangt werden sollte. Es bestand
somit keine Unwissenheit über die gesundheitliche Situation, die eine Versorgungsabsicht ausschließen könnte.
Die Ausführungen der Klägerin, dass sie seit ca. zwei Jahren mit dem Versicherten in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammengelebt
habe, werden dabei nicht in Zweifel gezogen. Auch wenn eine Eheschließung ein Thema zwischen der Klägerin und ihrem Mann gewesen
ist, wurde dies objektiv aber erst verwirklicht, als die gesundheitliche Situation für den Versicherten aussichtslos war.
Die Eheschließung fand erst in diesem Lebensabschnitt - nach weiterer Zuspitzung der Erkrankung - statt. Vor dieser Zeit lag
ein Zusammenleben in eheähnlicher bzw. vorehelicher Lebensgemeinschaft vor, die der Ehe im Sinne des §
46 Abs.
2 a SGB VI nicht gleichgestellt ist.
Allerdings sprechen gewichtige Gesichtspunkte wie insbesondere das damalige Alter der Eheleute (47 und 44 Jahre), die bestehende
eigene wirtschaftliche Absicherung der Klägerin sowie eine im Juni 2004 erfolgte Verlobung gegen die Annahme, dass der Versorgungsabsicht
der alleinige oder überragende Zweck der Eheschließung zukommt. Die Klägerin steht statistisch mit 44 Jahren noch ein langes
Versicherungsleben bevor. Sie war und ist auch weiterhin als Organisationssekretärin beschäftigt mit einem monatlichen Nettoeinkommen
zwischen 2.700,00 und 3.000,00 EUR. Bereits gegenwärtig errechnet sich, bedingt durch den erfolgten Versorgungsausgleichs
nach einer Ehescheidung, eine Rente in Höhe von 629,64 EUR, bei Fortzahlung der bisherigen Beiträge von 1.310,36 EUR. Ihr
eigener Lebensunterhalt muss damit als gesichert gelten. Zwar ist dem Gesetz grundsätzlich nicht zu entnehmen, "dass die Rechtsvermutung
der Versorgungsehe nur bei Witwen/Witwern gelten soll, die ihrerseits überhaupt keine eigene Versorgung haben. Denn auch das
Motiv, gegebenenfalls durch die Witwen-/Witwerrente einen höheren Lebensunterhalt zu erhalten, stützt die Rechtsvermutung
einer Versorgungsehe (so auch Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 7. Mai 2006 - L 17 R 2024/05)." (Bayer. LSG, Urt. vom 18. April 2007, Az.: L 19 R 603/04). Denkbar ist auch, dass die Klägerin aufgrund der Witwenrente ihre bisherige Beschäftigung aufgibt. Allein durch eine bestehende
wirtschaftliche Absicherung kann die Rechtsvermutung einer Versorgungsehe somit nicht widerlegt werden. Im Hinblick auf die
eigenständige Versorgung und das Alter der Klägerin kommt jedoch einem Versorgungsgedanken im Rahmen der Gesamtbeurteilung
der Motivationslage ein geringeres Gewicht zu (so auch: LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 31. Januar 2007, Az.: L 16 R 487/06). Dies gilt umso mehr, als nach Angabe der Beklagten die kleine Witwenrente lediglich ca. 119.- EUR beträgt.
Soweit die Klägerin die Heiratsabsichten schildert, die vom Bezug einer gemeinsamen, größeren Ehewohnung abhing, ist darauf
hinzuweisen, dass diese nur dann die Vermutung der Versorgungsehe widerlegen kann, wenn derartige Heiratsabsichten hinreichend
konkret sind und sich als konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht
darstellen (Bayer. LSG, Urteil vom 23. Juli 2003, Az.: L 2 U 360/01). Dies ist vorliegend der Fall. Das Eheversprechen erfolgte bereits im Juni 2004, zu einem Zeitpunkt, als die Eheleute davon
ausgehen konnten, dass die erste Krebserkrankung überwunden wurde. Die beiden Töchter der Klägerin wurden hierüber in Kenntnis
gesetzt. Dies ergaben auch die Aussagen der Zeuginnen und A ... Die Zeuginnen gaben an, dass ihre Mutter und der Verstorbene
sich seit Anfang 2003 kannten. Sie hatten zwar schon vor Juni 2004 über eine Ehe gesprochen, aber erst im Juni 2004 fand eine
Verlobung statt bzw. wurde konkret über die Eheschließung gesprochen. Dies bestätigten beide Zeuginnen übereinstimmend; ihre
Mutter habe ihnen im Juni 2004 mitgeteilt, dass sie sich mit Herrn S. am Vorabend verlobt hätte, wie dies die Zeugin A. angab,
bzw. dass sie über eine Eheschließung gesprochen hätte, wie dies die Zeugin A. ausdrückte. Allerdings gab es auch noch keinen
bestimmten Hochzeitstermin, da zunächst eine gemeinsame Familienwohnung angemietet werden sollte, in die auch die jüngere
Tochter mit einziehen wollte. Diese war auch bei einigen Wohnungsbesichtigungen mit anwesend. Die Eheschließung verzögerte
sich jedoch zunächst, da sich die Wohnungssuche als schwierig erwies, bis dann das zweite Auftreten der Krebserkrankung festgestellt
wurde. Als eine geeignete Wohnung gefunden war, ging es Herrn S. bereits wieder so schlecht, dass ein Mietvertrag nicht mehr
geschlossen wurde. Zwar verkennt der Senat nicht, dass es sich bei den beiden Zeuginnen um die Töchter der Klägerin handelt.
Doch sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Aussagen nicht zutreffend sind. Darüber hinaus handelt es sich bei
der Feststellung einer konkreten Heiratsabsicht nur um einen von mehreren Gesichtspunkten, die gegen die Annahme einer Versorgungsehe
sprechen.
Es ist damit davon auszugehen, dass bereits ab Juni 2004 und somit vor Dezember 2004 eine konkrete Heiratsabsicht bestand.
Zu diesem Zeitpunkt konnten die Eheleute davon ausgehen, dass durch die Entfernung des Tumors im Mai 2004 eine vollständige
Heilung eingetreten ist. Als Motive für eine Eheschließung wenige Wochen vor dem Tod des Versicherten sind die vorgebrachte
Motivation des Versicherten im Kampf gegen die Krebserkrankung und erbrechtliche Beweggründe nachvollziehbar. Dabei ist eine
Erwartung des Verstorbenen, durch die Eheschließung die Pflege durch den Partner sicherzustellen, nicht mit einer Versorgungsehe
gleichzusetzen (KassKomm-Gürtner, aaO., Rdnr. 46 c).
Der Senat hat in der Gesamtschau der damaligen Lebenssituation, insbesondere aufgrund der bestehenden konkreten Heiratsabsicht,
der eigenen finanziellen Absicherung der Klägerin, der Höhe des Rentenanspruchs und des Alters der Eheleute, keinen Zweifel,
dass die Versorgung der Klägerin nicht, zumindest jedoch nicht der überwiegende Zweck der Eheschließung gewesen ist. Der Zweck
einer Versorgungsehe ist damit als widerlegt anzusehen.
Die Kostenfolge stützt sich auf §
193 SGG und berücksichtigt, dass die Klage im Berufungsverfahren Erfolg hat.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG nicht vorliegen.