Rechtmäßigkeit eines Ordnungsgeldbeschlusses im sozialgerichtlichen Verfahren beim Ausbleiben eines geladenen Zeugen wegen
Krankheit
Gründe:
I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Auferlegung von Ordnungsgeld wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Termin zur mündlichen
Verhandlung.
Im Hauptsacheverfahren (S 3 R 230/08) begehrt der dortige Kläger, Patient des Beschwerdeführers (Bf), von der Deutschen Rentenversicherung Leistungen. Am 31.10.2008
forderte das Sozialgericht einen Befundbericht des Bf über seinen Patienten, den Kläger an. Trotz Mahnung vom 02.12.2008 kam
der Bf der Aufforderung nicht nach. Das Sozialgericht lud ihn als Zeugen zum nichtöffentlichen Termin am 15.01.2009. Die Ladung
vom 08.01.2009, die einen Hinweis auf die Folgen einer unentschuldigten Säumnis enthielt, wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde
vom 12.01.2009 zugestellt.
Mit beim Sozialgericht am 15.01.2009 um 18.22 Uhr eingegangenen Fax erklärte die Arzthelferin des Bf, dieser sei seit Anfang
Januar erkrankt und die Praxis seit Dezember bis auf weiteres geschlossen. Anfragen und Aussagen jeglicher Art seien bis auf
Weiteres nicht möglich. Einen Vertreter habe der Bf nicht finden können. Die Arzthelferin habe erstmals am 14.01.2009 eingegangene
Faxe gesichtet. Das Fax des Sozialgerichts vom 13.01.2009 habe sie darunter gefunden.
In diesem Fax nahm das Sozialgericht auf die Ladung zum 15.01.2009 Bezug und erklärte, auf die Zeugenbefragung könne nur dann
verzichtet werden, wenn bis spätestens 14.01.2009 12.00 Uhr der erbetene Befundbericht eingegangen sei.
In der nichtöffentlichen Sitzung vom 15.01.2009, zu der der Bf nicht erschienen war, verhängte der Vorsitzende der Kammer
250,- EUR Ordnungsgeld gegen den Bf wegen unentschuldigten Ausbleibens.
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss legte der Bf mit Fax vom 16.02.2009 Beschwerde ein. Vom 24.12. bis 06.01.2009 sei seine Praxis
geschlossen gewesen. Am 07.01.2009 habe er trotz Krankheit gearbeitet, aber die Praxis am Nachmittage wegen schwerer Krankheit
wieder schließen müssen. Erst am 19.01.2009 habe er wieder arbeiten können. Daher habe er am 15.01.2009 nicht erscheinen können.
Er verwies auf das frühere Fax vom 15.01.2009.
Mit Fax vom 07.03.2009 beantragte der Bf Akteneinsicht bzw. ihm den Akteninhalt zukommen zu lassen. Mit Schreiben vom 01.10.2009
wies der Senat darauf hin, Akteneinsicht sei nur unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen möglich. Ansonsten
möge der Bf bis 16.10.2009 glaubhaft machen, dass er krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, eingehende Post zu lesen
bzw. seine Praxis entsprechend zu organisieren. Eine Äußerung des Bf ging hierauf nicht ein.
Der Bf beantragt,
auf seine Beschwerde den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 15.01.2009 aufzuheben.
Gemäß §
118 Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
380 Abs.
1 Zivilprozessordnung (
ZPO) können einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, ohne dass es eines Antrags bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten
auferlegt werden und zugleich gegen ihn ein Ordnungsgeld verhängt werden, wenn er nicht erscheint. Nach §
381 Abs.
1 ZPO hat die Festsetzung eines Ordnungsmittels zu unterbleiben, wenn der Zeuge glaubhaft macht, dass ihm die Ladung nicht rechtzeitig
zugegangen ist oder wenn sein Ausbleiben genügend entschuldigt ist bzw. nachträglich entschuldigt wird.
Voraussetzung ist demnach die ordnungsgemäße Ladung des Bf. §
377 Abs.
2 ZPO schreibt vor, welchen Inhalt die Zeugenladung haben muss, welche Ladungsfrist einzuhalten ist, wird jedoch nicht genannt.
Ladung ist die Aufforderung, in einem Termin zu erscheinen. §
110 SGG bestimmt nur für die Beteiligten, d.h. für die im Sinne von §
69 SGG Beteiligten, also für Kläger, Beklagte und Beigeladene, dass dem Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher Ort und Zeit
der mündlichen Verhandlung mitzuteilen seien. In Rechtsprechung und Literatur herrscht Übereinstimmung, dass diese Ladungsfrist
für Zeugen nicht gilt, hingegen wenigstens die Frist des §
217 ZPO, wonach eine mindestens dreitätige Ladungsfrist einzuhalten ist, nicht unterschritten werden darf. Diese Frist ist hier gewahrt.
Da der Bf zum Termin am 15.01.2009 nicht erschienen war, sind die Voraussetzungen für Verhängung von Ordnungsgeld erfüllt.
§
381 ZPO nennt die Gründe, nach denen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes zu unterbleiben hat bzw. nachträglich aufzuheben ist. Das
ist dann der Fall, wenn der Beteiligte sein Ausbleiben genügend entschuldigen kann. Entschuldigt er sein Fernbleiben rechtzeitig,
d.h. so rechtzeitig, dass der Termin aufgehoben und die übrigen Beteiligten hiervon unterrichtet werden können, so hat die
Festsetzung eines Ordnungsmittels zu unterbleiben. Erfolgt die Entschuldigung nicht rechtzeitig, so entfällt die Festsetzung
eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Betroffenen an der Verspätung der Entschuldigung kein
Verschulden trifft.
Was als Entschuldigung gilt, entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen und unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles.
Für die genügende Entschuldigung müssen Umstände vorliegen, die das Ausbleiben nicht als pflichtwidrig erscheinen lassen.
Zudem sind die Entschuldigungsgründe glaubhaft zu machen.
Fest steht, dass der Bf sein Fernbleiben nicht rechtzeitig entschuldigt hat, d.h. so, dass der Termin noch hätte abgesetzt
werden können. Eine rechtzeitige nachträgliche Entschuldigung setzt voraus, dass diese unverzüglich erfolgt und das Ausbleiben
nicht als pflichtwidrig kennzeichnet. Der Bf hat nicht vorgetragen und noch weniger glaubhaft gemacht, dass seine Erkrankung
es ihm nicht erlaubt hätte, die in seiner Praxis eingehende Post zu sichten. Weshalb die Arzthelferin erst am 15.01.2009 gegen
18.00 Uhr mit der Postkontrolle beauftragt worden war, obwohl der Kläger nach eigenem Vortrag seit 07.01.2009 erkrankt war,
erklärt der Bf nicht. Folglich sind solche Gründe auch nicht glaubhaft gemacht. Obwohl er auf diesen Umstand hingewiesen wurde,
äußerte sich der Bf hierzu nicht.
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts vom 15.01.2009 rechtmäßig ist, weil
weder vorher eine rechtzeitig noch nachträglich eine glaubhaft gemachte Entschuldigung vorliegt.
In Anbetracht der Tatsache, dass sich das Ordnungsgeld im unteren Bereich des nach Art. 6 Abs. 1 EGstGB festgesetzten Rahmens
von 5,- EUR bis 1.000,- EUR bewegt und das Sozialgericht hinsichtlich der Höhe sein Ermessen zutreffend ausgeübt hat, besteht
keine Veranlassung zur Änderung.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf analoger Anwendung des §
197a SGG i.V.m. §
154 Abs.
1 und
2 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Bf gehört nicht zum kostenprivilegiertem Personenkreis des §
183 SGG, so dass §
197a SGG Anwendung findet mit der Folge, dass das Beschwerdeverfahren gerichtskostenpflichtig ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).