Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen
Verzicht einer Bausparkasse auf Erhebung einer Gebühr beim Abschluss von Bausparverträgen als geldwerter Vorteil für die Beschäftigten
Begriff des Arbeitslohnes
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen. Dabei ist streitig, ob der Verzicht der
Bausparkasse S. AG (künftig: Bausparkasse) auf Erhebung einer Gebühr beim Abschluss von Bausparverträgen mit Mitarbeitern
der Klägerin einen geldwerten Vorteil für die Beschäftigten darstellt, welcher der Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist nach Abtrennung des Verfahrens betreffend die übrigen Mitarbeiter lediglich die
Beitragsforderung für den Beigeladenen zu 1 von insgesamt 198,72 Euro (79,48 Euro im Zeitraum vom 01.09.2004 bis 30.09.2004
und 119,24 Euro im Zeitraum vom 01.12.2004 bis 31.12.2004) streitig.
Die Klägerin gehört als genossenschaftlich organisierte Bank zur Genossenschaftlichen Finanzgruppe der Volks- und Raiffeisenbanken
des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Verbundpartner ist auch die Bausparkasse, die ihre
Produkte unter anderem über die Genossenschaftsbanken vertreibt. Die Mitglieder des Finanzverbundes sind rechtlich selbständige,
voneinander unabhängige Unternehmen. Schließen Arbeitnehmer der Genossenschaftsbanken oder deren Ehegatten bzw. Kinder einen
eigenen Bausparvertrag mit der Bausparkasse ab, verzichtet die Bausparkasse ganz oder teilweise auf die sonst übliche Abschlussgebühr.
Nach Durchführung einer Betriebsprüfung bei der Klägerin setzte die Beklagte nach Anhörung mit Bescheid vom 22.01.2007 eine
Nachforderung von insgesamt 22.134,10 Euro fest. Es wurde beanstandet, dass Beiträge für zahlreiche Arbeitnehmer, darunter
der Beigeladene zu 1, nachzuentrichten seien, weil diese beim Abschluss eines eigenen Bausparvertrages mit der Bausparkasse
keine Abschlussgebühr hätten entrichten müssen. Der darin liegende geldwerte Vorteil für die Beschäftigten sei bei der Beitragsberechnung
nicht als Arbeitsentgelt berücksichtigt worden. Der Gebührenvorteil sei als Rabatt von dritter Seite nach §
8 Abs.
2 Satz 1
Einkommensteuergesetz (
EStG) zu bewerten. Die nicht bezahlten Abschlussgebühren seien als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt anzusehen und dafür Beiträge
in Höhe von insgesamt 22.134,10 Euro nachzuentrichten.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung wurde insbesondere auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs
(BFH) vom 22.01.2010, VI R 41/09, verwiesen, in der zumindest erhebliche Zweifel geäußert worden seien, dass der Gebührenvorteil Arbeitslohn darstelle.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2011 zurück. Preisvorteile gehörten zum Arbeitslohn,
wenn der Arbeitgeber bei der Verschaffung dieser Preisvorteile mitgewirkt habe, wobei eine tatsächliche Vermittlung nicht
erforderlich sei. Im vorliegenden Fall liege aufgrund der tatsächlichen Verflechtung und engen Beziehung der Klägerin mit
der Bausparkasse eine Mitwirkung des Arbeitgebers vor.
Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth und trug vor, dass die Bausparkasse die in Rede stehende Abschlussgebührenbefreiung sämtlichen Arbeitnehmern der
Volks- und Raiffeisenbanken einräume, desgleichen den für die Bausparkasse tätigen freien Handelsvertretern, den Beschäftigten
anderer Unternehmen des genossenschaftlichen Finanzverbundes, den Arbeitnehmern von Waren- und Einkaufsgenossenschaften sowie
den Mitarbeitern bestimmter Kooperationspartner von Bausparkassen. Dieser Kundenkreis sei für die Bausparkasse besonders attraktiv,
weil weniger Marketing- und Vertriebskosten anfielen und der Betreuungsbedarf des genannten Personenkreises in der Regel geringer
sei. Diese im Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des Bausparvertrages liegenden Beweggründe sprächen gegen einen Veranlassungszusammenhang
von Vorteilsgewährung und Arbeitsleistung der Arbeitnehmer für die Klägerin.
Darüber hinaus werde der Gebührenvorteil unabhängig von der jeweiligen Funktion des Arbeitnehmers bei der Klägerin gewährt.
Der vorliegende Sachverhalt sei identisch mit dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Finanzgerichts (FG) B-Stadt, 8 K 307/07, zugrunde gelegen habe. Diese Entscheidung sei dann vom BFH am 20.05.2010 bestätigt worden. Im Übrigen werde in der Lohnsteuerfachinformation
des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 05.01.2011 auf das BFH-Urteil vom 20.05.2010 und dessen Veröffentlichung im Bundessteuerblatt
hingewiesen und mitgeteilt, dass das Urteil auf vergleichbare Sachverhalte, die insbesondere bei Genossenschaftsbanken vorlägen,
angewandt werden könne und anhängige Verfahren und Außenprüfungen in diesem Sinne abgeschlossen werden könnten.
Die Beklagte hielt entgegen, dass weder das FG B-Stadt noch der BFH abschließend entschieden hätten, ob die erlassenen Abschlussgebühren
Arbeitslohn im Sinne von §
19 Abs.
1 EStG seien. Das FG habe im Rahmen seiner Gesamtwürdigung insoweit lediglich Zweifel geäußert. Es sei nicht mit der erforderlichen
Gewissheit zu der Überzeugung gelangt, dass zwischen den ersparten Gebühren und der Arbeitsleistung ein Zusammenhang bestehe.
Der BFH sei an diese Tatsachenfeststellung gebunden gewesen.
Unabhängig von der steuerrechtlichen Betrachtung werde der Arbeitsentgeltbegriff im Sozialversicherungsrecht eigenständig
in §
14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) definiert, ergänzt durch die Regelungen der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) bzw. der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV). Von diesen Regelungen ausgehend handele es sich bei dem Verzicht auf die Abschlussgebühr um von einem Dritten gewährten
Arbeitslohn, der nach §
38 Abs.
1 Satz 3
EStG in der ab dem 20.12.2003 geltenden Fassung der Lohnsteuerpflicht unterliege, wenn der Arbeitgeber wisse oder erkennen könne,
dass derartige Vergütungen erbracht werden. Hier habe die Klägerin positive Kenntnis davon gehabt, dass ihre Beschäftigten
beim Abschluss von Bausparverträgen mit der Bausparkasse keine Gebühren hätten entrichten müssen.
Dies bestritt die Klägerin und trug vor, dass sie sich die Informationen über gebührenfreie Bausparverträge ihrer Mitarbeiter
erst auf den Druck der Beklagten im Rahmen der Betriebsprüfung besorgt habe. Ungeachtet dessen handele es sich nach der Rechtsprechung
des BFH selbst dann, wenn der Arbeitgeber an der Verschaffung eines Rabattes mitgewirkt habe, nicht zwangsläufig um lohnsteuerpflichtigen
Arbeitslohn. Wie der BFH jüngst in seinem Urteil vom 18.12.2012, VI R 64/11, entschieden habe, sei vielmehr entscheidend, dass die Zuwendung des Dritten Prämie oder Belohnung für eine Leistung sei,
die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber erbringe.
Das SG Bayreuth hob die angefochtenen Bescheide mit Gerichtsbescheid vom 16.01.2013 auf. Der von der Bausparkasse S. AG praktizierte
Gebührenverzicht beim Abschluss von Bausparverträgen mit Mitarbeitern der Klägerin unterliege nicht der Sozialversicherungspflicht.
Es könne dahinstehen, ob der Vorteil der Abschlussgebührenfreiheit für die Mitarbeiter der Klägerin Arbeitsentgelt im Sinne
von §
14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) darstelle. Denn jedenfalls sei insoweit keine Lohnsteuer abzuführen gewesen mit der Folge, dass der Gebührenvorteil unter
Berücksichtigung der Arbeitsentgeltverordnung bzw. der Sozialversicherungsentgeltverordnung nicht als sozialversicherungsrechtliches Arbeitsentgelt anzusehen seien.
Lohnsteuerpflicht nach §
38 Abs.
1 S. 1
EStG bestehe hier nicht, da nicht die Klägerin selbst ihren Beschäftigten den Gebührenvorteil eingeräumt habe. Die Bausparkasse
sei hier auch nicht als Dritter in die Zahlung von Arbeitslohn durch die Klägerin eingeschaltet gewesen, so dass auch nach
§
38 Abs.
1 S. 3
EStG (in der ab dem 20.12.2003 geltenden Fassung) kein Lohnsteuerabzug habe erfolgen müssen.
Eine enge wirtschaftliche und auch tatsächliche Verflechtung eines Konzernverbundes wie hier der genossenschaftliche Finanzverbund
genüge nicht, um eine echte Lohnzahlung durch Dritte begründen zu können. Preisvorteile und Rabatte, die Arbeitnehmer von
Dritten erhalten, seien nach der Rechtsprechung des BFH nur dann Lohn, wenn sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner
Arbeit für den Arbeitgeber darstellten und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stünden. Davon könne ausgegangen werden,
wenn der Dritte anstelle des Arbeitgebers die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelte, indem der Arbeitgeber einen ihm
zustehenden Vorteil etwa im abgekürzten Zahlungswege an seine Mitarbeiter weitergebe. Arbeitslohn liege dagegen nicht schon
deshalb vor, weil der Arbeitgeber an der Verschaffung der Rabatte mitgewirkt habe; dies gelte erst recht, wenn er von der
Rabattgewährung nur Kenntnis hatte oder hätte haben müssen. Ob sich die Zuwendung als durch den Dritten vermittelter Arbeitslohn
des Arbeitgebers darstelle, beurteile sich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH nicht ausschließlich nach dem
Empfängerkreis der Drittzuwendung, sondern nach deren Rechtsgrund und damit nicht zuletzt danach, ob der Dritte den Vorteil
aus eigenwirtschaftlichem Interesse oder im Interesse des Arbeitgebers gewähre. Hier seien eigenwirtschaftliche Interessen
der Bausparkasse der Rechtsgrund für den Verzicht auf Abschlussgebühren gewesen, in keiner Weise sei die Abschlussgebührenfreiheit
im Interesse der Klägerin gewährt worden. Besondere Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Bausparkasse über den Abschluss
von Bausparverträgen durch Mitarbeiter der Klägerin habe es nicht gegeben.
Gegen das Urteil des SG hat die Beklagte Berufung eingelegt und gerügt, dass das SG die seit dem 20.12.2013 bestehende Rechtslage nicht beachtet habe. Es fehlten Ausführungen zur konkreten Kenntnis oder Kenntnismöglichkeit
der Klägerin hinsichtlich des Verzichts auf Abschlussgebühren durch die Bausparkasse. Es sei als allgemein bekannte Tatsache
anzusehen, dass letztere auf die Abschlussgebühr bei Eigenverträgen von Beschäftigten der Klägerin verzichte. Aus dieser Kenntnis
ergäbe sich, dass ein Lohnsteuerabzug nach §
38 Abs.
1 Satz 3
EStG zu erfolgen habe.
Der Klägerbevollmächtigte verwies erneut auf die Entscheidung des BFH vom 18.10.2012, VI R 64/11, in der ein Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteilsgewährung und Arbeitsleistung gefordert werde. Ein solcher Zusammenhang
sei hier nicht erkennbar. Ferner wies er auf weitere zwischenzeitlich ergangene finanzgerichtliche Entscheidungen hin, darunter
die Urteile des BFH vom 10.04.2014, VI R 62/11, und vom 17.07.2014, VI R 69/13.
Die Beklagte führte dazu aus, dass die vom Klägerbevollmächtigten herangezogenen finanzgerichtlichen Entscheidungen durchweg
an das Urteil des BFH vom 20.05.2010, VI R 41/09, anknüpften. Der BFH halte damit an seiner Rechtsprechung fest, wonach zu unterscheiden sei, ob die von Dritten eingeräumten
Vorteile auf eigenwirtschaftlichen Interessen beruhten oder die für den Arbeitgeber erbrachten Arbeitsleistungen entgelten
sollten.
Mit Schriftsatz vom 10.06.2016 hat die Beklagte Rechtsfragen bezüglich der Abgrenzung von sozialversicherungsrechtlicher Beurteilung
und steuerrechtlicher Beurteilung von Arbeitslohn aufgeworfen und hat dabei insbesondere die unterschiedliche Beurteilung
des Wortes "lohnsteuerfrei" in beiden Rechtsgebieten argumentiert.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
unter teilweiser Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.01.2013 die Klage gegen den Bescheid vom
15.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.02.2011 insoweit zurückzuweisen, als Sozialversicherungsbeiträge für
den Beigeladenen zu 1 nachgefordert werden, und die Revision zuzulassen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Revision nicht zuzulassen ...
Die Klägerin hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 15.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22.02.2011, soweit damit Sozialversicherungsbeiträge für den Beigeladenen zu 1 nachgefordert werden.
Das SG Bayreuth hat der Anfechtungsklage insoweit zu Recht stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten können
hinsichtlich der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen zu 1 keinen Bestand haben und sind vom
SG insoweit zu Recht aufgehoben worden.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass der von der Bausparkasse geübte Verzicht auf eine Abschlussgebühr zugunsten der Mitarbeiter
der Klägerin keinen geldwerten Vorteil darstellt, der zur sozialversicherungsrechtlichen Beitragspflicht führt.
Nach §
28 p Abs.
1 Satz 1 und 5
SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und
ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß
erfüllen. Sie setzen insoweit auch Beiträge durch Verwaltungsakt fest.
Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- sowie Arbeitslosenversicherung
jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten, §
226 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) §
75 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch i. V. m. §
226 Abs.
1 Satz 1
SGB V, §
162 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, §
342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch.
Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch
auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung
oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Damit sind alle Einnahmen erfasst, die "aus einer Beschäftigung" dem Versicherungspflichtigen
zufließen. Es genügt ein ursächlicher Zusammenhang. Ob die Einnahmen vom Arbeitgeber selbst oder durch einen Dritten geleistet
werden ist unerheblich.
Nach § 1 S. 1 ArEV bzw. § 1 Abs.1 S. 1 Nr. 1 SvEV sind dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen,
die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind.
Der Gebührenvorteil war keine Gegenleistung der Klägerin für die Arbeitsleistung ihrer Mitarbeiter. Eine Lohnsteuerpflicht
nach §
38 Abs.
1 S. 1
EStG lag damit nicht vor. Dies wird von den Beteiligten auch nicht in Abrede gestellt. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig,
dass die Ersparnis einer Abschlussgebühr nicht von der Klägerin selbst als Arbeitgeberin erbracht wurde.
Die Erhebung der Lohnsteuer erfolgt nach §
38 EStG bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit durch Abzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer), soweit der Arbeitslohn von einem Arbeitgeber
gezahlt wird. Der Lohnsteuer unterliegt auch der im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten gewährte Arbeitslohn,
wenn der Arbeitgeber weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen erbracht werden; dies ist insbesondere anzunehmen,
wenn Arbeitgeber und Dritter verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes sind, §
38 Abs.
1 S. 3
EStG.
Dabei kommt es heute auf die Rechtsänderung ab dem 20.12.2003, die den von einem Dritten gewährten Arbeitslohn nur dann der
Lohnsteuer unterwirft, wenn der Arbeitgeber weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen erbracht werden, nicht mehr
maßgeblich an. Denn bei dem hier in Rede stehenden geldwerten Vorteil (Verzicht auf die Abschlussgebühr) handelt es sich schon
nicht um (von einem Dritten gewährten) Arbeitslohn im Sinne von §
38 Abs.
1 Satz 3
EStG. Damit ist nicht entscheidend, ob die Klägerin von dem Gebührenverzicht der Bausparkasse wusste oder wissen konnte.
Der Gebührenvorteil war keine Gegenleistung der Klägerin für die Arbeitsleistung ihrer Mitarbeiter. Eine Lohnsteuerpflicht
nach §
38 Abs.
1 S. 1
EStG lag damit nicht vor (vgl. BayLSG Urteil vom 30.03.2010, Az. L 5 R 946/08, Urteil vom 24.09.2015, Az L 14 R 438/15).
Die Bausparkasse ist auch nicht als Dritte in der Form in die Zahlung von Arbeitslohn durch die Klägerin eingeschaltet, dass
ein Lohnsteuerabzug nach §
38 Abs.
1 Satz 3
EStG erfolgen müsste. Auch hier genügt allein eine enge wirtschaftliche und auch tatsächliche Verpflichtung eines Konzernverbundes
wie hier der genossenschaftliche Finanzverbund nicht, um eine "echte" Lohnzahlung durch Dritte zu begründen.
Rechtsgrund des Verzichts der Bausparkasse auf Abschlussgebühren waren eigenwirtschaftliche Interessen der Bausparkasse. Ob
diese in dem Motiv lagen, mit den Mitarbeitern der Klägerin Kunden zu gewinnen, bei denen das Risiko einer unterdurchschnittlichen
Besparung oder gar Stornierung der Verträge sehr gering waren (so in der Begründung bei BayLSG Urteil vom 30.03.2010, Az.
L 5 R 946/08) oder in sonstigen ggf. aus dem Prestige der Bausparkasse liegenden Gründen resultierte, muss hier abschließend nicht beurteilt
waren. Offensichtlich wollte die Bausparkasse mit dem Verzicht aber keine Interessen der Klägerin wahrnehmen.
Zu Recht verweist das SG in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des BFH, der in seiner Entscheidung vom 18.10.2012, VI R 64/11, feststellt, dass Arbeitslohn im Sinne von §
38 Abs.
1 Satz 3
EStG nicht bereits deshalb vorliegt, weil der Arbeitgeber an der Verschaffung der Rabattgewährung mitgewirkt hat. Dies gelte erst
recht, so der BFH in der genannten Entscheidung, wenn der Arbeitgeber von der Rabattgewährung nur Kenntnis hatte oder diese
hätte erkennen können.
Arbeitslohn kann, wie der BFH in der zitierten Entscheidung ausführt, ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen
sein, wenn die Zuwendung ein Entgelt für eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für
seinen Arbeitgeber erbringt. In diesem Fall muss sich die Zuwendung des Dritten für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit
für den Arbeitgeber darstellen. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nicht allein nach dem Empfängerkreis der Drittzuwendung,
sondern auch nach deren Rechtsgrund und damit nicht zuletzt danach, ob der Dritte den Vorteil aus eigenwirtschaftlichem Interesse
oder im Interesse des Arbeitgebers gewährt (vgl. BFH, a.a.O.).
Ausgehend davon kann im vorliegenden Fall der Verzicht der Bausparkasse auf Erhebung der Abschlussgebühr zugunsten der Mitarbeiter
der Klägerin nicht als von einem Dritten gewährter Arbeitslohn im Sinne von §
38 Abs.
1 Satz 3
EStG gewertet werden. Denn die Gebührenfreiheit stellte sich für die Beschäftigten nicht als Frucht ihrer Arbeit für die Klägerin
dar.
Das lag zum einen daran, dass nicht nur die Mitarbeiter der Klägerin in den Genuss der Gebührenfreiheit kamen, sondern auch
ihre Angehörigen (Ehegatten und Kinder) wie auch zahlreiche weitere Personengruppen, wie z.B. die Arbeitnehmer von Waren-
und Einkaufsgenossenschaften. Damit fehlte es offenkundig am Entlohnungscharakter des eingeräumten Rabatts. Es spricht nichts
dafür, dass der von der Bausparkasse zugunsten der Beschäftigten der Klägerin eingeräumte Gebührenvorteil eine für die Klägerin
erbrachte Arbeitsleistung entgelten sollte. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Entscheidung
des BFH vom 10.04.2014, VI R 62/11, hingewiesen, dessen Leitsatz lautet: "Werden Rabatte beim Abschluss von Versicherungsverträgen sowohl Arbeitnehmern von
Geschäftspartnern als auch einem weiteren Personenkreis (Angehörige der gesamten Versicherungsbranche, Arbeitnehmer weiterer
Unternehmen) eingeräumt, so liegt hierin kein Arbeitslohn."
Zum anderen ist die Bausparkasse hier erkennbar nicht im Interesse der Klägerin tätig geworden. Wie das SG zutreffend darlegt, hat die Bausparkasse vielmehr aus eigenwirtschaftlichem Interesse auf die Erhebung der Abschlussgebühr
bei bestimmten Personengruppen, darunter die Mitarbeiter der Klägerin, verzichtet. Sie erschließt sich auf diese Weise einen
leicht zugänglichen und aufgrund des geringen Betreuungsbedarfs auch attraktiven Kundenkreis.
Der erkennende Senat vermag keinen Grund zu erkennen, von der überzeugenden Rechtsprechung des BFH zu §
38 EStG für das Sozialrecht abzuweichen. Die vom BFH vorgenommene Auslegung des in §
38 Abs.
1 Satz 3
EStG enthaltenen Tatbestandsmerkmals "von einem Dritten gewährter Arbeitslohn" entspricht zwar in der Tat nicht dem weiter gefassten
sozialversicherungsrechtlichen Begriff des Arbeitsentgelts, wie er in §
14 SGB IV definiert ist. Die Beklagte hat allerdings mehrfach selbst darauf hingewiesen, dass zwischen dem Steuerrecht und dem Sozialversicherungsrecht
kein völliger "Gleichklang" herrscht, auch nicht in den Begrifflichkeiten.
Der weite sozialversicherungsrechtliche Arbeitsentgeltbegriff des §
14 SGB IV wird seinerseits eingeschränkt durch die auf §
17 SGB IV beruhende Sozialversicherungsentgeltverordnung, die in ihrem § 1 unter Bezugnahme auf einkommensteuerrechtliche (und andere) Vorschriften regelt, welche Einnahmen im Einzelnen nicht dem
Arbeitsentgelt im Sinne von §
14 SGB IV zuzurechnen sind. Zu diesen Einnahmen gehören nach § 1 Abs.1 S. 1 Nr. 1 SvEV einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern
gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind. Ob eine einmalige Einnahme - wie hier der Gebührenvorteil der Beschäftigten
der Klägerin - (beitragspflichtiges) Arbeitsentgelt darstellt, richtet sich also auch nach den einkommensteuerrechtlichen
Regelungen, hier speziell nach der Vorschrift des §
38 EStG, der die Erhebung der Lohnsteuer regelt.
Ausgehend von der ständigen Rechtsprechung des BFH zu §
38 EStG, der die finanzbehördliche Praxis folgt, ist der hier streitgegenständliche Verzicht der Bausparkasse auf die Abschlussgebühr
zugunsten der Mitarbeiter der Klägerin kein von einem Dritten gewährter Arbeitslohn und damit lohnsteuerfrei. Infolgedessen
handelt es sich nach § 1 Abs.1 S. 1 Nr. 1 SvEV auch nicht um sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt.
Wie §
17 Abs.
1 Satz 1
SGB IV ausdrücklich zu entnehmen ist, soll die Sozialversicherungsentgeltverordnung u.a. der Vereinfachung des Beitragseinzugs dienen. Es soll eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen
des Steuerrechts sichergestellt werden (§
17 Abs.
1 Satz 2
SGB IV). Vor diesem Hintergrund hält der Senat eine von der Rechtsprechung des BFH und der finanzbehördlichen Praxis abweichende
sozialversicherungsrechtliche Auslegung steuerrechtlicher Vorschriften, die sich an im Sozialversicherungsrecht enthaltenen
Legaldefinitionen orientiert, nicht für sinnvoll (vgl. in diesem Sinne auch BayLSG Urteil vom 30.03.2010, L 5 R 946/08 und BayLSG Urteil vom 24.09.2015, L 14 R 438/15, hierzu Beschluss des BSG vom 20.06.2016, B 12 R 12/16 B Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde).
Die Berufung der Beklagten war im Ergebnis daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §
154 Abs.
2 VwGO
Die Revision wird im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von Sozial- und Steuerrecht (z.B. Urteile vom 07.05.2014, B 12 R 18/21 R, und Urteile vom 17.12.2014, B 12 KR 19/12 R und 20/12 R) zugelassen, §
160 Abs.
2 SGG.
Die Höhe des nach §
197a SGG i.V.m. §§ 52, 47 GKG festgesetzten Streitwerts entspricht der Gesamthöhe der in diesem Berufungsverfahren streitigen Betragsnachforderung betreffend
den Beigeladenen zu 1), also 198,72 Euro.