Entschädigung Beteiligter im sozialgerichtlichen Verfahren; Erstattung des Verdienstausfalls bei einer Begleitung durch den
Ehegatten
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Wahrnehmung eines Erörterungstermins.
In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 15 SB 83/13 geführten Berufungsverfahren fand am 07.11.2014 ein Erörterungstermin statt, zu dem das persönliche Erscheinen des Antragstellers
angeordnet worden war.
Der Antragsteller nahm am Erörterungstermin von 11.30 Uhr bis 12.15 Uhr in Begleitung seiner Ehefrau teil. Im Erörterungstermin
hielt der Hauptsacherichter zu Protokoll fest, dass die Begleitung durch die Ehefrau in Anbetracht des aktuellen Gesundheitszustands
des Antragstellers beim Erörterungstermin angebracht gewesen sei.
Mit Entschädigungsantrag vom 12.11.2014 hat der Antragsteller Fahrtkosten in Höhe von 25,- EUR und Verdienstausfall seiner
Ehefrau als Begleitperson in Höhe von 80,85 EUR für die Wahrnehmung des Gerichtstermins geltend gemacht. Er hat angegeben,
dass sie um 9.00 Uhr zu Hause weggefahren und um 15.00 Uhr zurückgekommen seien. Aus der am 28.10.2014 ausgestellten Bestätigung
des Arbeitgebers der Ehefrau ergibt sich, dass diese für den Tag des Erörterungstermins unbezahlten Urlaub genommen hat und
bei einer täglichen Arbeitszeit von 5,8 Stunden und einem Bruttostundenverdienst von 13,94 EUR einen Verdienstausfall von
80,85 EUR erlitten hat.
Der Senat hat die Akten des Bayer. LSG des Hauptsacheverfahrens beigezogen.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn dies der Berechtigte oder die Staatskasse beantragt oder es das Gericht für angemessen
hält. Letzteres ist hier der Fall.
Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 07.11.2014 ist antragsgemäß auf 105,85 EUR festzusetzen.
Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß §
191 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich wie hier um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinn des §
183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.
1. Anzuwendende Fassung des JVEG
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz
- 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung. Denn der Antragsteller als Berechtigter ist nach dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG
am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden.
2. Fahrtkosten
Dem Antragsteller sind die geltend gemachten Fahrtkosten in Höhe von 25,- EUR für die Bahnfahrt zu erstatten.
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 JVEG werden einem Beteiligten im sozialgerichtlichen Verfahren bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln
die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der
Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt. Die entstandenen Kosten
sind nachzuweisen.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller zwar zusammen mit dem Entschädigungsantrag keine Fahrkarten vorgelegt. Er hat aber
im Rahmen des Erörterungstermins dem Hauptsacherichter seine Fahrkarte vorgezeigt, sodass sich der Kostenrichter, der der
damalige Hauptsacherichter war, die Überzeugung davon bilden konnte, dass dem Antragsteller tatsächlich anlässlich des Erörterungstermins
Kosten in der geltend gemachten Höhe entstanden sind.
3. Erstattung von Kosten für eine Begleitperson
Dem Antragsteller sind die geltend gemachten Kosten für die Begleitung durch seine Ehefrau in Höhe von 80,85 EUR zu erstatten.
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 7 Abs. 1 JVEG kann ein Zeuge bzw. gemäß §
191 SGG ein Beteiligter den Ersatz von Kosten für eine Begleitperson als sonstige Aufwendung verlangen. § 7 Abs. 1 JVEG lautet wie folgt:
"Auch die in den §§ 5, 6 und 12 nicht besonders genannten baren Auslagen werden ersetzt, soweit sie notwendig sind. Dies gilt
insbesondere für die Kosten notwendiger Vertretungen und notwendiger Begleitpersonen."
3.1. Voraussetzungen für die Erstattung von Kosten für eine Begleitperson
Die Entschädigung setzt zunächst den Nachweis voraus, dass überhaupt Kosten ("bare Auslagen") für die Begleitung entstanden
sind (s. unten Ziff. 3.1.1.). Berücksichtigungs- und damit erstattungsfähig sind diese Kosten dann, wenn sowohl die Notwendigkeit
der Begleitung (s. unten Ziff. 3.1.2.) als auch die Notwendigkeit der tatsächlich entstandenen Kosten (s. unten Ziff. 3.1.3.)
nachgewiesen sind. Es wird daher zutreffend von einer doppelten Notwendigkeitsprüfung gesprochen (vgl. Beschluss des Senats
vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 06.01.2000, Az.: L 4 B 240/99 SF).
Die Notwendigkeit der Begleitung und der dabei entstandenen Kosten ist - wie auch sonst bei der Bemessung der Entschädigung
- nach objektiven Kriterien zu ermitteln (vgl. Beschluss des Senats vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E - m.w.N.).
Die Frage der Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit ist eine Tatfrage und im Zweifelsfall vom Gericht nach freiem Ermessen zu
entscheiden (ständige Rspr., vgl. z.B. Beschlüsse des Senats vom 20.07.2009, Az.: L 15 SF 152/09, und vom 24.05.2012, Az.: L 15 SF 24/12 B; Thüringer LSG, Beschluss vom 02.04.2007, Az.: L 6 B 116/06 SF; vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 7, Rdnr. 15).
Die entstandenen Kosten sowie die doppelte Notwendigkeit müssen, den allgemeinen Grundsätzen im sozialgerichtlichen Verfahren
folgend, im Vollbeweis nachgewiesen sein. Vollbeweis bedeutet, dass die erforderlichen Tatsachen mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein müssen (vgl. Beschluss des Senats vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E; Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R). Dies bedeutet, dass kein vernünftiger Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R). Beweiserleichterungen enthält das JVEG nicht (vgl. Beschluss des Senats vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11).
3.1.1. Für die Begleitung entstandene Kosten
In dem hier vorliegenden Fall einer Begleitung durch den Ehepartner reicht es aus, dass dem begleitenden Ehepartner durch
die Begleitung (im Vollbeweis nachgewiesene) Kosten entstanden sind; der Nachweis, dass der Begleitete selbst bare Auslagen
gehabt hat und ein Geldfluss zwischen den Ehepartnern stattgefunden hat, ist in dieser speziellen Konstellation aus verfassungsrechtlichen
Gründen nicht erforderlich.
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E, darauf hingewiesen, dass beim Ersatz von Aufwendungen für eine Begleitung nur "bare Auslagen" (§ 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG) des begleiteten Antragstellers selbst berücksichtigungsfähig sind und dies den Nachweis eines Zahlungsflusses erfordert.
Von diesem Grundsatz ist jedoch dann eine Ausnahme zu machen, wenn die Begleitung durch den Ehepartner erfolgt ist. Sofern
der Kostensenat dies im Beschluss vom 02.03.2010, Az.: L 15 SF 50/10, noch anders gesehen hat, erhält der Senat diese Rechtsprechung nicht mehr aufrecht. Dies gebietet der grundgesetzlich verbürgte
Schutz von Ehe und Familie gemäß Art.
6 Abs.
1 Grundgesetz (
GG).
Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde:
* Ein begleitungsbedürftiger Zeuge oder Beteiligter ist grundsätzlich frei in der Wahl der Begleitperson. Grenzen sind ihm,
sofern nicht ein Vertrauenstatbestand besteht, mittelbar nur über die Notwendigkeit der Kosten insofern gesetzt, da er für
die Reise zum Gerichtstermin und zurück mit Begleitung keinen höheren Aufwendungsersatz verlangen kann, als dies bei einer
Taxibenutzung der Fall wäre (vgl. Beschluss des Senats vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E).
* Wählt ein Zeuge oder Beteiligter als Begleiter seinen Ehepartner, wird regelmäßig zwischen diesen kein Geldfluss im Fall
der Begleitung erfolgen. Denn strikt getrennte Kassen werden bei diesem grundgesetzlich geschützten Lebensmodell oft nicht
geführt. Dies hätte zur Konsequenz, dass bei einer Begleitung durch den Ehepartner regelmäßig auch keine Aufwendungen für
eine Begleitung zu entschädigen wären. Von einem Ausschluss eines Aufwendungsersatzes müsste in der Praxis regelmäßig selbst
dann ausgegangen werden, wenn als Nachweis für den Geldfluss beispielsweise eine Quittung vorgelegt würde. Denn aufgrund des
Erfahrungssatzes, dass es strikt getrennte Kassen bei Ehepartnern im Regelfall nicht gibt, läge die Vermutung nicht fern,
dass die Quittung nur zum Schein ausgestellt worden ist, um den Entschädigungsanspruch zu "optimieren". Allein diese nicht
fernliegende Vermutung dürfte im Regelfall kaum ausräumbare Zweifel begründen, die dem Nachweis des Geldflusses im dazu erforderlichen
Vollbeweis entgegen stehen.
* Die Ablehnung einer Entschädigung für Kosten der Begleitung wegen des fehlenden Nachweises eines Geldflusses zwischen den
Ehepartnern würde einer verfassungsrechtlichen Überprüfung unter dem Gedanken des Schutzes der Ehe gemäß Art.
6 Abs.
1 GG nicht stand halten. Denn dann würde eine Begleitung durch den Ehepartner bei der Entschädigung immer weitgehend unbeachtlich
sein, unabhängig davon, welche finanziellen Nachteile damit für das eheliche Vermögen insgesamt verbunden sind. Eine derartige
Schlechterstellung im Vergleich dazu, dass für die Begleitung eine familienfremde Person in Anspruch genommen wird, würde
eine verfassungsrechtlich unzulässige Benachteiligung der Ehe darstellen.
* Dieser Auslegung steht auch nicht entgegen, dass zivilrechtlich gemäß §§
1353,
1618 a Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) eine gegenseitige Beistandspflicht von Ehegatten (sowie zwischen Eltern und Kindern) besteht und diese Pflicht nicht nur
eine sittliche, sondern auch eine rechtliche Pflicht darstellt (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom
17.05.2011, Az.: 2 BvR 1367/10). Dahingestellt bleiben kann, ob aufgrund dieser Einstandspflicht der Ehepartner gehalten sein kann, seinen begleitungsbedürftigen
Ehegatten zu einem gerichtlich angeordneten Termin zu begleiten. Jedenfalls darf diese Beistandspflicht nicht zu einer finanziellen
Schlechterstellung der Ehepartner führen.
Im Beschluss des BVerfG vom 26.03.2014, Az.: 1 BvR 1133/12, zur unterschiedlichen Höhe von Pflegesachleistung einerseits und Pflegegeld anderseits, in dem das BVerfG entschieden, dass
es die aus §§
1353,
1618 a BGB resultierende Pflicht rechtfertige, bei einer Pflege durch Familienangehörige das nur unterstützende Pflegegeld in vergleichsweise
niedrigerer Höhe zu gewähren als bei einer Inanspruchnahme professioneller Pflegeleistungen, sieht der Senat eine Bestätigung
seiner Ansicht. Das BVerfG hat in dieser pflegeversicherungsrechtlichen Entscheidung darauf hingewiesen, dass das Pflegegeld
nicht als Entgelt ausgestaltet sei, sondern vielmehr im Sinn einer materiellen Anerkennung einen Anreiz darstellen und zugleich
die Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen stärken solle, indem diese das Pflegegeld zur freien
Gestaltung ihrer Pflege einsetzen könnten. Dass demgegenüber die Erbringung als Sachleistung durch ein am Wirtschaftsleben
teilnehmendes Unternehmen mit höheren Kosten verbunden ist, ist unbestreitbar. Eine Streichung des Pflegegelds unter Hinweis
auf die eheliche oder familiäre Beistandspflicht wäre aber verfassungsrechtlich unvertretbar. Daraus kann für die Kosten der
Begleitung nach dem JVEG geschlossen werden, dass dem begleitungsbedürftigen Beteiligten die Wahl des Begleiters offensteht und auch in Anbetracht
der besonderen Pflichtenbindung von Familienangehörigen eine Entschädigung jedenfalls in dem Umfang zu erfolgen hat, dass
die wirtschaftliche Lage der Ehepartner nicht dadurch einen wirtschaftlichen Nachteil erleidet, dass der Ehepartner und nicht
ein Dritter die Begleitung übernommen hat.
Wenn der Kostensenat im Beschluss vom 02.03.2010, Az.: L 15 SF 50/10, ohne dass es dort entscheidungserheblich gewesen wäre, die Ansicht vertreten hat, dass eine Begleitung und damit ein Beistand
durch den Ehegatten grundsätzlich nicht honorierungsfähig seien, weil es dem Wesen der Ehe entspreche, dass Eheleute einander
regelmäßig beistünden, kann der Senat dem nicht folgen. Er sieht darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Benachteiligung
von Ehegatten.
Sofern das vom Gesetzgeber aufgestellte und grundsätzlich auch systemgerechte Erfordernis eines Geldflusses dazu führen würde,
dass es zu einer Benachteiligung von Ehegatten kommen würde, ist daher vom Nachweis des Geldflusses zwischen Antragsteller
und Begleiter abzusehen.
Von "baren Auslagen" i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG ist deshalb bei einer verfassungskonformen Auslegung dieser Vorschrift auch dann auszugehen, wenn dem begleitenden Ehepartner
durch die Begleitung Kosten entstanden sind oder für ihn aus der Begleitung ein wirtschaftlicher Nachteil resultiert. Denn
die Erstattung derartiger Kosten eines ehefremden Begleiters durch den Antragsteller wäre angesichts der fehlenden familiären
Bindung naheliegend.
Bei der Ermittlung der (im Vollbeweis nachzuweisenden) Kosten und der wirtschaftlichen Nachteile, die dem begleitenden Ehepartner
durch die Begleitung entstanden sind, kann, auch wenn ein Verdienstausfall geltend gemacht wird, nicht auf die Regelungen
des JVEG zum Verdienstausfall abgestellt werden. Denn der Ersatz der Kosten für eine notwendige Begleitung wird nicht durch die Vorgaben
des § 22 JVEG für Verdienstausfall bestimmt, auf den für den Zeugen bzw. Beteiligten in § 19 JVEG verwiesen wird. Vielmehr hat der Gesetzgeber im JVEG keine Konkretisierung der Notwendigkeit der tatsächlich aufgewendeten Kosten im Sinn des § 7 Abs. 1 Satz 2 JVEG vorgenommen. Insbesondere hat er die für die Begleitperson berücksichtigungs- und damit entschädigungsfähigen Kosten nicht
den Vorgaben unterworfen, die für die Entschädigung von Zeugen und Beteiligten selbst gemäß § 19 JVEG in Verbindung mit der jeweiligen Entschädigungstatbeständen gelten. Übertragen auf den Fall einer Begleitung durch den Ehegatten
bedeutet dies, dass die dem begleitenden Ehegatten durch seine Begleitung tatsächlich entstandenen Kosten oder wirtschaftlichen
Nachteile zu ersetzen sind. Eine durch im JVEG vorgegebene Höchstsätze begrenzte Entschädigung, wie sie die Begleitperson, die ohnehin keinen eigenen Anspruch nach dem
JVEG hat, nach den Regelung des JVEG erhalten würde, wenn sie selbst Zeuge oder Beteiligter wäre (z.B. bei Verdienstausfall nicht mehr als 21,- EUR je Stunde
gemäß § 22 JVEG), gibt es nicht. Auf der anderen Seite kann der Begleiter aber auch nicht davon profitieren, dass die vom Gesetzgeber gewählte,
an der Abwesenheitszeit anknüpfende und pauschalierende Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG im Einzelfall dazu führen kann, dass die Entschädigung für Verdienstausfall höher ausfallen kann als der tatsächlich entstandene
Verdienstausfall (zu dieser Problematik vgl. die ausführlichen Erläuterungen im Beschluss des Senats vom 04.12.2013, Az.:
L 15 SF 226/11).
Wenn das LSG Thüringen demgegenüber im Beschluss vom 25.05.2011, Az.: L 6 SF 152/11 E, die Meinung vertritt, dass "der Begleitperson wie einem Zeugen grundsätzlich der Bruttoverdienstausfall (§ 22 JVEG)" zu erstatten sei, kann sich der Senat dem nicht anschließen; eine gesetzliche Grundlage für diese Auslegung gibt es nicht
(vgl. Beschluss des Senats vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E).
Im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung des § 7 Abs. 1 JVEG ist der der Regelung des § 7 JVEG zugrunde liegende Gedanke, dass dieser Aufwendungsersatz zu einer Kostenneutralität beim Antragsteller führen soll, d.h.
dass der begleitete Antragsteller durch die Notwendigkeit der Begleitung wirtschaftlich nicht schlechter (aber auch nicht
besser) gestellt werden soll, als es im Fall der Nichterforderlichkeit der Begleitung der Fall wäre (vgl. die ausführlichen
Überlegungen im Beschluss des Senats vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E), zu beachten. Dies bedeutet, dass der Aufwendungsersatz für die Begleitung durch den Ehegatten all das umfasst, was sich
durch die Begleitung als wirtschaftlicher Nachteil eingestellt hat. Eine Begrenzung dieses Aufwendungsersatzes im Sinn eines
Nachteilsausgleichs ergibt sich lediglich aus den objektiv erforderlichen Kosten, wie sie sich unter Zugrundelegung der Anreisekosten
mit einem Taxi errechnen (vgl. Beschluss des Senats vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E). Eine Überschreitung dieser objektiv notwendigen Kosten infolge der individuell gewählten Art der Begleitung ist nur im
Rahmen eines geschützten Vertrauenstatbestands möglich (vgl. Beschluss des Senats vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E).
Tatsächlich entstanden und durch die Bescheinigung des Arbeitgebers der Ehefrau des Antragstellers nachgewiesen ist ein Verdienstausfall
der Ehefrau in Höhe von 80,85 EUR.
3.1.2. Notwendigkeit der Begleitung bzw. Berücksichtigungsfähigkeit aus Vertrauensschutzgründen
Die Berücksichtigungsfähigkeit der Kosten der Begleitung ergibt sich schon daraus, dass der Hauptsacherichter im Erörterungstermin
die aus seiner Sicht bejahte Notwendigkeit der Begleitung an diesem Tag zu Protokoll gegeben hat. Ob eine objektive Notwendigkeit,
an der angesichts der medizinischen Befunde und dem am Tag des Erörterungstermins ersichtlich schlechten Gesundheitszustand
ohnehin kaum gezweifelt werden kann, tatsächlich bestanden hat, kann daher dahingestellt bleiben.
3.1.3. Notwendigkeit der tatsächlich entstandenen Kosten
Die Kosten der Reise des Klägers zum Gericht in Begleitung seiner Ehefrau liegen auch bei Berücksichtigung des geltend gemachten
Verdienstausfalls seiner Ehefrau deutlich unter den Kosten, die bei einer An- und Abreise mit einem Taxi zu entschädigen wären.
Der geltend gemachte Verdienstausfall der Ehefrau zählt daher zu den objektiv notwendigen Kosten der Begleitung.
Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass weitere, eine Entschädigung auslösende Tatbestände nicht
gegeben sind. Insbesondere ist eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Sinn des § 20 JVEG nicht zu leisten. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. Beschluss vom 06.11.2013, Az.: L 15 SF 191/11 B E) davon aus, dass ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis nicht besteht, wenn sich aus den eigenen Angaben des
Antragstellers ergibt, dass er die Zeit nicht anderweitig sinnvoll verwendet hätte, oder wenn offensichtlich ist, dass ein
Nachteil nicht eingetreten ist. Von ersterem ist dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Antrag nichts angibt, was auf
eine Zeitversäumnis hindeutet und nicht einmal durch Ankreuzen der entsprechenden Stelle im Antragsformular zu erkennen gibt,
dass ihm eine Zeitversäumnis entstanden ist.
Dem Antragsteller ist daher für die Teilnahme am Erörterungstermin am 07.11.2014 eine antragsgemäße Entschädigung in Höhe
von insgesamt 105,85 EUR zu gewähren.
Der Kostensenat des Bayer. LSG trifft diese Entscheidung nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung
(§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG).
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).