Verschlimmerung von Schädigungsfolgen im Sinne von § 48 SGB X; Keine Berücksichtigung bisher fälschlicherweise nicht berücksichtigter Schädigungsfolgen; Einholung von Gutachten gemäß
§ 109 SGG bei einem ausländischen Arzt nur im seltenen Einzelfall
Tatbestand
Streitig ist, ob beim Kläger eine Verschlimmerung von Schädigungsfolgen im Sinn von § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) vorliegt und ob seiner Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) ein höherer Grad der Schädigung (GdS) als in Höhe von 80 zugrunde zu legen ist.
Der Kläger ist im Jahre 1929 geboren. Als der Wehrmacht unterstellter Hitlerjunge hat er im Bereich des heutigen Sloweniens
am 2. Weltkrieg teilgenommen. Im Frühjahr 1945 erlitt er einen Durchschuss des linken Oberschenkels.
In einem ersten Bescheid vom 06.04.1966 wurden Schädigungsfolgen im Bereich des linken Oberschenkels und Knies anerkannt;
die Anerkennung von Schädigungsfolgen im Bereich der Wirbelsäule wurde abgelehnt. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb ohne
Erfolg.
Als Schädigungsfolgen wurden mit Bescheid vom 19.07.1977 anerkannt:
1.Narben am linken Oberschenkel und über der linken Kniescheibe, erlebnisbedingter Persönlichkeitswandel.
2. Beginnende Blutumlaufstörung am linken Bein.
3. Krampfadern am linken Bein.
Der Kläger bezieht dafür seit Dezember 1984 eine Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (heute: GdS) in Höhe
von 80 v.H. unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit (Bescheid vom 22.02.2000).
Mit Schreiben vom 24.12.2010 beantragte der Kläger die Höherbewertung seiner Kriegsverletzungen. Dabei nahm er Bezug auf ein
an den VdK gerichtetes Schreiben vom 11.12.2010, in dem er eine Verschlimmerung der Durchblutungsstörungen an beiden Beinen
mit nur 30 % Durchblutung und damit verbundenen Krämpfen und heftigen Gehbeschwerden geschildert hatte.
Den vom Beklagten eingeholten medizinischen Unterlagen ist zu entnehmen, dass der Kläger am Jahresende 2009 wegen einer peripheren
arteriellen Verschlusskrankheit und eines postthrombotischen Syndroms behandelt worden ist (Arztbrief aus der Privatklinik
K. vom 28.12.2009). Aus einem Bericht der Privatklinik L. vom 22.02.2010 ist zudem zu ersehen, dass der Kläger seit Jahren
unter Rückenbeschwerden im Lendenwirbelsäulenbereich leidet.
Der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten äußerte sich nach Auswertung der eingeholten ärztlichen Unterlagen in seiner
Stellungnahme vom 06.06.2011 dahingehend, dass kein Zweifel daran bestehe, dass die vom Kläger angegebenen subjektiven Beschwerden
nicht ursächlich auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen seien. Es bestehe eine schädigungsfolgenfremde periphere
arterielle Verschlusskrankheit. Die arteriosklerotischen Veränderungen würden bereits unterhalb des Abgangs der Nierenarterien
beginnen. Auch die Unterschenkelgefäße seien betroffen. Unter Umständen würden die subjektiven Beschwerden durch die schädigungsfolgenfremden
Veränderungen der Wirbelsäule verstärkt. Die arterielle Verschlusskrankheit könne keinesfalls auf die Splitterverletzung des
linken Oberschenkels zurückgeführt werden. Im Vergleich zu den Untersuchungsbefunden des maßgeblichen Vorgutachtens vom 03.06.1975
ergebe sich keine wesentliche Änderung der anerkannten Schädigungsfolgen. Der GdS betrage nach wie vor 80 unter Einschluss
einer besonderen beruflichen Betroffenheit.
Darauf gestützt lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 10.06.2011 den Neufeststellungsantrag ab. Eine wesentliche Änderung sei
gegenüber den Bescheiden vom 19.07.1977 und vom 22.02.2000 nicht eingetreten. Es bestehe kein Zweifel daran, dass die subjektiven
Beschwerden des Klägers nicht ursächlich auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen seien. Die arterielle Verschlusskrankheit
hänge keinesfalls mit der Splitterverletzung am linken Oberschenkel zusammen.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 07.07.2011 Widerspruch ein. In der Folge holte der Beklagte weitere medizinische
Unterlagen bei den vom Kläger angegebenen Ärzten ein. Neue Gesichtspunkte ergaben sich daraus, so der Chirurg Dr. N. in seiner
versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 30.11.2011, nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Ein Zusammenhang zwischen der arteriellen Verschlusskrankheit
und den anerkannten Schädigungsfolgen lasse sich nicht herstellen. Das gleiche gelte auch für die jahrelangen Wirbelsäulenbeschwerden.
Die anerkannten Schädigungsfolgen seien weiterhin mit einem GdS von insgesamt 80 ausreichend bewertet.
Mit Schreiben vom 27.01.2012 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth erhoben. Dem Beklagten hat er, nachdem dieser beantragt hatte, die Klage abzuweisen, Mobbing und in diesem Zusammenhang
die Entstehung einer posttraumatischen Belastungsstörung unter Bezugnahme auf einen von ihm beigelegten Internetartikel vorgeworfen
(Schreiben vom 17.03.2012). In seinem Schreiben vom 01.11.2012 hat er nochmals die Ereignisse im Krieg geschildert, in dem
er als jugendlicher Flakhelfer zusammen mit Kameraden den Auftrag gehabt habe, eine Brücke in Slowenien zu retten. Bei einem
dieser Angriffe habe er einen Lehmbrocken auf den Rücken bekommen. Der Schaden an der Wirbelsäule sei Jahre später festgestellt
worden. Er habe seit langem entsprechende Schmerzen.
Der den Kläger behandelnde Arzt Dr. P. hat am 05.04.2013 auf Nachfrage des Gerichts u.a. darüber berichtet, dass der Kläger
durch die Kriegswirren eine sehr problematische Lebensaufbauzeit gehabt habe. Zusätzlich sei durch einen Erdrutsch am 11.04.1983
das Eigenheim seiner Familie zerstört und der Kläger sowohl körperlich (Prellungen, Blutergüsse, Wirbelsäulenverletzung) als
auch psychisch (Verschüttungstrauma) schwer verletzt worden. Gerade die Wirbelsäulenverletzung würde auch heute noch deutliche
Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursachen.
In dem auf Wunsch des Klägers nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 29.10.2013 ist der Internist und Sozialmediziner Dr.
G. zu dem Ergebnis gekommen, dass lediglich die im Bescheid vom 19.07.1977 anerkannten Schädigungsfolgen auf schädigende Einflüsse
des Wehrdienstes zurückzuführen seien. Weitere beim Kläger vorliegende Gesundheitsstörungen seien als nicht schädigungsbedingt
anzusehen. Eine Änderung im Sinn einer Verschlechterung sei bei den Schädigungsfolgen nicht eingetreten. Die bei einer Untersuchung
im November/Dezember 2009 festgestellte arterielle Verschlusskrankheit der Beine sei im Rahmen eines generalisierten arteriosklerotischen
Gefäßprozesses zu beurteilen, der in erster Linie veranlagungsbedingt aufgetreten sei. Eine Verursachung der arteriellen Verschlusskrankheit
durch die Kriegsverletzung sei praktisch auszuschließen. Die beim Kläger vorliegenden Wirbelsäulenbeschwerden seien auf einen
allgemeinen degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenkprozess zurückzuführen. Der arterielle Bluthochdruck sei ebenfalls als veranlagungsbedingt
zu bezeichnen. Hinweise darauf, dass sich die psychische Situation des Klägers verschlechtert hätte, gebe es nicht. Der GdS
sei unverändert mit 80 zu bewerten, wobei hier die besondere berufliche Betroffenheit bereits inbegriffen sei. Eine Änderung
in den maßgeblichen Verhältnissen im Sinn einer Verschlimmerung sei nicht eingetreten.
Nachdem dem Kläger das Gutachten mit dem Hinweis auf die fehlenden Erfolgsaussichten übersandt worden war, hat dieser mit
Schreiben vom 23.12.2013 mitgeteilt, dass er von seinem Antragsrecht nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gebrauch mache und diesbezüglich den Arzt Dr. B. benenne. Zur Einholung eines Gutachtens gemäß §
109 SGG ist es aber nicht gekommen, nachdem der Kläger mit Schreiben vom 20.02.2014 mitgeteilt hatte, dass er nicht bereit sei, den
angeforderten Kostenvorschuss einzuzahlen.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.04.2014 ist die Klage abgewiesen worden. Zur Begründung hat sich das SG im Wesentlichen auf das bei Dr. G. eingeholte Gutachten gestützt.
Mit Schreiben vom 29.04.2014 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er auf seinen bisherigen Vortrag verwiesen.
Zum gerichtlichen Schreiben vom 07.07.2014 hat der Kläger mit Brief vom 18.07.2014 mitgeteilt, dass er bei dem Angriff von
Tieffliegern einen Lehmbrocken auf das Kreuz bekommen und sich anschließend nicht mehr rühren habe können. Die daraus resultierenden
Beschwerden hätten sich jetzt so verschlimmert, dass ein GdS von 100 gerechtfertigt sei. Erstmals aufgetreten sei diese Gesundheitsstörung
im Jahr 1945 nach der Verletzung der Wirbelsäule und der Schussverletzung. Erstmals behandelt worden sei er wegen der Beschwerden
im Februar 1966.
Mit Schreiben vom 30.07.2014 hat der Kläger mitgeteilt, dass er die Berufung entgegen der Anregung des Gerichts nicht zurücknehme.
Er wünsche die Einholung eines Gutachtens gemäß §
109 SGG bei Dr. B., Facharzt für Innere Medizin, Angiologie und Kardiologie, in A-Stadt/Österreich. Mit einem Urteil ohne mündliche
Verhandlung sei er einverstanden.
Mit Beschluss vom 09.10.2014 ist das Verfahren dem Berichterstatter übertragen worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 17.04.2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 10.06.2011 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 03.11.2011 zu verpflichten, eine Verschlimmerung der Schädigungsfolgen anzuerkennen und ihm Versorgung
nach einem GdS von 100 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG Bayreuth beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt
der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Mit Beschluss gemäß §
153 Abs.
5 SGG vom 09.10.2014 ist die Berufung dem Berichterstatter übertragen worden, so dass dieser zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern
zu entscheiden hat.
Der Senat hat gemäß §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, da die Beteiligten - der Kläger ohne irgendeine Einschränkung mit Schreiben
vom 30.07.2014, der Beklagte mit Schreiben vom 05.08.2014 - dazu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Eine Verschlimmerung von Schädigungsfolgen liegt nicht vor.
1. Streitgegenstand
Streitgegenstand ist eine Entscheidung des Beklagten unter den rechtlichen Gesichtspunkten des § 48 SGB X, also ob eine Verschlimmerung bei den Schädigungsfolgen vorliegt. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem angefochtenen Bescheid,
in dem sich der Beklagte ausschließlich mit der Frage einer Verschlimmerung im Sinn des § 48 SGB X auseinander gesetzt hat.
2. Zur Entscheidung gemäß § 48 SGB X
Der Beklagte hat es zutreffend abgelehnt, wegen einer Verschlimmerung im Sinn des § 48 SGB X eine höhere Versorgung zu gewähren.
Eine Verschlimmerung im Sinn des § 48 SGB X liegt nicht vor. Weder haben sich die anerkannten Schädigungsfolgen verschlechtert noch sind nach dem letzten bestandskräftigen
Bescheid neue Schädigungsfolgen aufgetreten.
2.1. Voraussetzungen für die Anerkennung einer Verschlimmerung - allgemein
Der Kläger hätte gemäß § 48 SGB X einen Anspruch auf Anerkennung verschlimmerter Schädigungsfolgen oder weiterer Schädigungsfolgen und daraus resultierend
auf eine Versorgung nach einem höheren GdS nur dann, wenn sich bei den tatsächlichen (oder rechtlichen) Verhältnissen, wie
sie bislang der Gewährung von Versorgung zugrunde gelegt worden sind, eine wesentliche Änderung im Sinn einer Verschlechterung
ergeben hätte. In Betracht dafür kommen nach ständiger Rechtsprechung (vgl. beispielhaft Urteil des Senats vom 18.03.2013,
Az.: L 15 VK 11/11, vom Bundessozialgericht (BSG) bestätigt im Beschluss vom 31.07.2013, Az.: B 9 V 31/13 B) (nur) eine Verschlimmerung der als Schädigungsfolgen bereits anerkannten Gesundheitsstörungen oder das Auftreten weiterer
noch als Schädigungsfolgen anzuerkennender Gesundheitsstörungen nach dem letzten bestandskräftigen Bescheid.
Nichts davon ist vorliegend der Fall.
Sollten Schädigungsfolgen bereits vor dem letzten bestandskräftigen Bescheid vorgelegen haben, aber fälschlicherweise nicht
berücksichtigt worden seien, könnten diese nicht über § 48 SGB X Berücksichtigung finden; dafür wäre ein Überprüfungsverfahren gemäß § 44 SGB X der richtige Weg. Eine Entscheidung unter diesem Gesichtspunkt enthält der angefochtene Bescheid nicht.
2.2. Keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unter dem Gesichtspunkt einer Verschlimmerung der anerkannten
Schädigungsfolgen
Eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen ist gegenüber dem letzten bestandskräftigen Bescheid vom 22.02.2000
nicht nachgewiesen.
Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat auf das Gutachten des Dr. G. vom 29.10.2013, das vom SG eingeholt worden ist. Dieses Gutachten ist auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers nach Aktenlage erstellt worden. Der Sachverständige
hat die umfangreichen Akten vollständig berücksichtigt und sehr sorgfältig ausgewertet. Seine dezidierten und eingehenden
Ausführungen würdigen sämtliche Umstände und auch das Vorbringen des Klägers umfassend und überzeugend. Der Senat macht sich
dieses Gutachten bei seiner Überzeugungsbildung zu eigen.
Der Sachverständige hat überzeugend dargestellt, warum bei den anerkannten Schädigungsfolgen eine Änderung nicht eingetreten
ist, also die versorgungsrechtlich relevanten Befunde seit dem letzten bestandskräftigen Bescheid weitgehend gleich geblieben
sind. Insbesondere hat er dies ausführlich bezüglich der Durchblutungsstörungen begründet; dies macht sich der Senat zu eigen.
Die vom Kläger im Krieg erlittene und als Schädigungsfolge anerkannte Durchschussverletzung des linken Oberschenkels hat in
der Nähe der venösen Abflussbahnen gelegen; eine Arterienverletzung ist nie beschrieben worden. Im Gutachten vom 03.06.1975
sind zur arteriellen Durchblutungssituation keine Aussagen enthalten gewesen. Allerdings sind in einem früheren Gutachten
vom 24.03.1966 tastbare Fußpulse und eine seitengleiche Hautfarbe und Hauttemperatur beider Füße beschrieben worden. Diese
Angabe ist dahingehend zu interpretieren, dass zum damaligen Zeitpunkt arterielle Durchblutungsstörungen nicht bestanden haben.
Bei einer angiologischen Untersuchung im November/Dezember 2009 ist eine Minderdurchblutung der Beinarterien beidseits diagnostiziert
worden. Weiter sind ausgeprägte arteriosklerotische Veränderungen festgestellt worden. Auch in den Halsschlagadern sind beispielsweise
Veränderungen im Sinne einer Arteriosklerose nachgewiesen. Somit ist es, wie der Sachverständige Dr. G. erläutert hat, als
höchstwahrscheinlich anzusehen, dass die arterielle Verschlusskrankheit der Beine im Rahmen eines generalisierten arteriosklerotischen
Gefäßprozesses zu beurteilen ist, der in erster Linie veranlagungsbedingt aufgetreten ist. Mit der im Krieg erlittenen Verletzung
hat dies nichts zu tun. Im Übrigen ist als Risikofaktor beim Kläger ein arterieller Bluthochdruck zu nennen. Eine Verursachung
der arteriellen Verschlusskrankheit durch die Kriegsverletzung ist damit praktisch auszuschließen; eine hinreichende Wahrscheinlichkeit
eines ursächlichen Zusammenhangs fehlt unzweifelhaft. Dies ist damit zu begründen, dass eine arterielle Gefäßverletzung im
Zusammenhang mit der Durchschussverletzung nicht beschrieben worden ist, die arterielle Verschlusskrankheit sich auf beide
Beine und auf die Unterschenkel bezieht, wobei anatomisch kein Zusammenhang erkennbar ist, da auch eine Gefäßverletzung am
linken Oberschenkel nicht nachgewiesen ist, die Latenzzeit von 64 Jahren absolut gegen einen Zusammenhang spricht und ein
Zusammenhang nur dann möglich wäre, wenn an der Stelle des Durchschusses eine isolierte Gefäßeinengung nachgewiesen werden
hätte können, was nie der Fall gewesen ist. Auch sonstige mögliche schädigende Einflüsse im Rahmen des Wehrdienstes können
nicht für die Durchblutungsstörungen der Beine verantwortlich gemacht werden.
Darauf, dass sich der beim Kläger als Schädigungsfolge anerkannte Persönlichkeitswandel verschlechtert hätte, deutet nichts
hin. In den umfassend eingeholten ärztlichen Berichten wird an keiner Stelle über eine Verschlimmerung seit dem letzten bestandskräftigen
Bescheid vom 22.02.2000 berichtet. Sofern der Kläger - wiederholt - Internetauszüge zum medizinischen Thema einer posttraumatischen
Belastungsstörung vorgelegt hat, ergibt sich daraus nicht ansatzweise, warum beim Kläger eine Verschlimmerung seiner psychischen
Schädigungsfolgen vorliegen könnte. Abgesehen davon, dass nach den allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen eine Verschlechterung
psychischer Schädigungsfolgen in einem derart großen Abstand zum belastenden Ereignis ohnehin sehr unwahrscheinlich ist, hat
der Kläger selbst, obwohl er teilweise sehr umfassend vorgetragen hat, nichts geschildert, was auf eine Verschlimmerung der
psychischen Beeinträchtigungen hindeuten könnte. Im Übrigen muss dem Kläger entgegen gehalten werden, dass er dem Beklagten
und dem Gericht möglicherweise entscheidende Fakten vorenthalten hat. So ist dem Bericht seines behandelnden Arztes Dr. P.
vom 05.04.2013 zu entnehmen, dass der Kläger im Jahr 1983 bei einem Erdrutsch neben körperlichen Verletzungen auch ein offenbar
schweres psychisches Verschüttungstrauma erlitten hat. Ob infolge des Verschweigens dieses Traumas beim Kläger ein zu hoher
Einzel-GdS auf psychiatrischem Fachgebiet angenommen worden ist und daher gegebenenfalls der der Versorgung zugrunde gelegte
GdS zu hoch ist, ist in diesem Verfahren ohne rechtliche Bedeutung.
2.3. Keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unter dem Gesichtspunkt des Auftretens weiterer, als Schädigungsfolgen
anzuerkennender Gesundheitsstörungen
Neue Gesundheitsstörungen, die Schädigungsfolgen darstellen könnten und nach der letzten bestandskräftigen Entscheidung (Bescheid
vom 22.02.2000) aufgetreten sind und daher im Rahmen einer Entscheidung gemäß § 48 SGB X Berücksichtigung finden könnten, sind nicht nachgewiesen.
Sofern der Kläger die Anerkennung eines Wirbelsäulenleidens als Schädigungsfolge anstrebt, scheitert dies schon daran, dass
dieses Leiden bereits lange vor dem Bescheid vom 22.02.2000 vorgelegen hat.
Sowohl den Akten als auch dem eigenen expliziten Vorbringen des Klägers auf Nachfrage des Senats ist zweifelsfrei zu entnehmen,
dass die Wirbelsäulenbeschwerden bereits seit Jahrzehnten vorliegen. Sie waren beispielsweise bereits Gegenstand des Bescheids
vom 06.04.1966 (damals Ablehnung der Anerkennung als Schädigungsfolgen). Der Kläger selbst hat gegenüber dem Senat mit Schreiben
vom 18.07.2014 angegeben, dass er seit 1945 Wirbelsäulenbeschwerden habe und deshalb erstmals im Jahr 1966 behandelt worden
sei. Damit scheidet eine Anerkennung als Schädigungsfolge hier im Rahmen des Verfahrens gemäß § 48 SGB X schon deshalb aus, weil dieses Leiden nicht erst nach dem letzten bestandskräftigen Bescheid aufgetreten ist.
Es kommt daher im Ergebnis auch nicht darauf an, dass - unabhängig vom zeitlich- rechtlichen Gesichtspunkt - auch aus medizinisch-
rechtlichen Kausalitätsgründen eine Anerkennung als Schädigungsfolge nicht in Betracht käme. So hat der Sachverständige Dr.
G. überzeugend dargelegt, dass die Wirbelsäulenbeschwerden Ausfluss eines allgemeinen degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenkprozesses
sind. Im Übrigen müsste dem Kläger auch entgegen gehalten werden, dass er einen potentiell naheliegenden Grund für seine Wirbelsäulenbeschwerden
bisher verschwiegen hat. Dem Bericht seines behandelnden Arztes Dr. P. vom 05.04.2013 ist nämlich zu entnehmen, dass der Kläger
im Jahr 1983 bei einem Erdrutsch eine Wirbelsäulenverletzung erlitten hat. Insofern liegt der Eindruck nicht ganz fern, dass
der Kläger versucht, etwaige daraus resultierende Beschwerden als Folgen einer Kriegsverletzung, die versorgungsrelevant sein
könnte, darzustellen.
Alle weiteren beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen sind, wie Dr. G. nachvollziehbar erläutert hat, keinesfalls mit
der im Krieg erlittenen Verletzung in Zusammenhang zu bringen, so dass sich der Senat Überlegungen zum erstmaligen Auftreten
ersparen kann.
Der Beklagte und das SG haben daher zur Recht eine Verschlimmerung von Schädigungsfolgen nicht gesehen.
3. Kein Gutachten gemäß §
109 SGG bei Dr. B.
Dem Antrag gemäß §
109 SGG ist der Senat nicht nachkommen, da es sich bei dem benannten Arzt um einen nicht in Deutschland, sondern in Österreich (A-Stadt)
tätigen Arzt handelt und besondere Gründe für die Auswahl gerade dieses im Ausland tätigen Arztes nicht gegeben sind.
Das BSG hat sich im Urteil vom 20.04.2010, Az.: B 1/3 KR 22/08 R, mit der Frage einer Beauftragung eines ausländischen Arztes gemäß §
109 SGG befasst und dazu Folgendes ausgeführt:
"Der ernannte Sachverständige ist somit nach den §§
407,
407a,
409,
411 ZPO zur Erstattung des Gutachtens verpflichtet, er kann im Weigerungsfalle mit einem Ordnungsgeld belegt und notfalls durch Wiederholung
zur Erstattung des Gutachtens sowie zum Erscheinen vor Gericht gezwungen werden. Der nach §
109 SGG zum Sachverständigen ernannte Arzt muss deshalb in diesem Sinne für die deutsche Gerichtsbarkeit erreichbar sein. Dies ist
aber bei einem im Ausland befindlichen Arzt grundsätzlich nicht der Fall. Denn die deutsche Gerichtsbarkeit macht an den Grenzen
Deutschlands halt (vgl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
ZPO, 68. Aufl 2010, § 363 RdNr 2). Es kann daher nicht der Sinn des §
109 SGG sein, das deutsche Gericht zur Anhörung eines Sachverständigen im Ausland zu zwingen, obwohl dieser nicht den Vorschriften
des deutschen Prozessrechts unterliegt und deshalb die Beweisaufnahme nach den geltenden Verfahrensvorschriften nicht durchgeführt
werden kann oder das Gericht zumindest die ordnungsgemäße Prozessführung aus der Hand geben müsste. Damit kann aber eine uneingeschränkte
Pflicht des Gerichts, nach §
109 SGG auch einen lediglich im Ausland tätigen Arzt entweder unmittelbar oder durch Vermittlung einer ausländischen Behörde (§§
363,
402 ZPO) mit der Erstattung eines Gutachtens zu beauftragen, nicht anerkannt werden. Das Recht auf Anhörung eines bestimmten Arztes
nach §
109 SGG findet daher weiterhin grundsätzlich dort seine Grenze, wo auch der deutschen Gerichtsbarkeit Schranken gesetzt sind, nämlich
an den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland.
Ob insoweit durch die Regelung der §§
1072 ff
ZPO aufgrund der Verordnung (EG) Nr 1206/2001 des Rates vom 28.5.2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten
auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl EG L 174, 1) für alle Verfahren nach dem
SGG eine Erweiterung stattgefunden hat, weil der Begriff der Zivil- oder Handelssachen europarechtskonform weit auszulegen ist,
bedarf hier indes keiner Vertiefung. Auch soweit diese Regelungen nicht über §
202 SGG in Verfahren nach dem
SGG einbezogen sind, muss das Gericht dem Antrag auf Anhörung eines im Ausland wohnhaften Arztes jedenfalls dann entsprechen,
wenn besondere Gründe für die Auswahl gerade eines solchen Arztes vorliegen (so BSG SozR Nr 38 zu §
109 SGG; Hauck in: Zeihe, aaO, §
109 RdNr 4a; Pawlak in: Hennig, aaO, §
109 RdNr 25; weitergehend Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl 2008, §
109 RdNr 5a; Roller in: Lüdtke, Hk-
SGG, 3. Aufl 2009, §
109 RdNr 7). Das ist zB anzunehmen, wenn eine Spezialfrage zu beantworten ist und der ausländische Arzt hierfür eine besondere
Sachkunde aufweist (so: Keller und Roller, ebenda)."
Dass der gemäß §
109 SGG benannte Arzt als Internist und Angiologe über besondere Fachkenntnisse verfügen würde, die ein deutscher Arzt nicht haben
könnte, hat weder der Kläger vorgetragen noch ist dies realistisch vorstellbar. Wie der Internetseite dieses Arztes (http://www
...) zu entnehmen ist, handelt es sich um einen Facharzt in einer Privatklinik, der sich auf konservative und invasive Angiologie
und Rehabilitationsmedizin spezialisiert hat. Daneben übt er eine Lehrtätigkeit an der Medizinischen Universität A-Stadt aus.
Dieses Ausbildungs- und Tätigkeitsprofil unterscheidet sich nicht von dem, wie es auch bei nicht wenigen deutschen Ärzten
zu finden ist. Irgendwelche Spezialfragen, die nur ganz besondere Spezialisten beantworten könnten, stehen zudem nicht im
Raum. Genauswenig kann die Tatsache, dass der gemäß §
109 SGG benannte Arzt der behandelnde Arzt des Klägers ist - dies ergibt sich aus dem vom Kläger vorgelegten Befundbericht des Dr.
B. vom 13.12.2013 - , einen besonderen Grund für die Benennung des Dr. B. darstellen. Denn allein die Eigenschaft als behandelnder
Arzt kann eine bessere Eignung zur Begutachtung nicht begründen. Vielmehr kann eine derartige Arzt-Patienten-Beziehung bei
dem gleichzeitig als Sachverständigen tätigen Arzt auch einen Interessenkonflikt begründen, der einer unparteiischen Begutachtung
möglicherweise hinderlich ist. Schließlich begründet auch der Gesichtspunkt, dass der Kläger selbst im Ausland lebt, kein
vorbehaltloses Recht, einen ausländischen Arzt gemäß §
109 SGG zu benennen. Zwar ist dem Urteil des BSG vom 27.01.1970, Az.: 9 RV 80/69, zu entnehmen, dass es für die Einholung eines Gutachtens gemäß §
109 SGG bei einem ausländischen Arzt sprechen kann, wenn der Kläger im Ausland lebt. Allein der ausländische Wohnsitz eines Klägers
kann aber eine Verpflichtung des Gerichts, bei einem ausländischen Arzt ein Gutachten einzuholen, nicht begründen. Dies wird
auch aus dem Urteil des BSG vom 27.01.1970 deutlich, wenn dort neben dem ausländischen Wohnsitz des Klägers noch verlangt wird, dass "außerdem noch die
Einholung eines Gutachtens eines ausländischen Arztes unter den konkreten Umständen des Einzelfalles sachgemäß und deshalb
geboten erscheint." Es muss daher neben dem ausländischen Wohnsitz des Klägers noch ein weiterer Grund für die Beauftragung
des ausländischen Arztes vorhanden sein. Daran fehlt es hier. Insbesondere kann nicht allein der gesundheitliche Zustand,
der eine Anreise des Klägers nach Deutschland zwar erschwert, nach den vorliegenden medizinischen Erkenntnissen aber ihr nach
der Überzeugung des Senats nach Abwägung aller Gesichtspunkte nicht entscheidend entgegensteht, diesen weiteren Grund darstellen.
Denn anderenfalls würde die Begutachtung gemäß §
109 SGG bei im Ausland lebenden Klägern fast zum Regelfall, da die Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren nicht selten gesundheitlich
angeschlagen sind und dann so die Begutachtung bei einem ausländischen Arzt erzwingen könnten. Dies wäre mit der Prämisse
des BSG, dass es nur in besonderen Fällen angezeigt sein kann, eine Begutachtung gemäß §
109 SGG bei einem ausländischen Arzt zuzulassen, nicht vereinbar.
Die Berufung kann daher unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).