Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls des Beigeladenen streitig.
Der Kläger und der Beigeladene sind aktive Mitglieder bei der Freiwilligen Feuerwehr A-Stadt. Zugleich sind sie im Feuerwehrverein
H. Mitglieder.
Am 24.08.2003 fand ein vom Feuerwehrverein H. organisierter Vereinsausflug statt. Während einer Bootsfahrt auf der S. wurde
der Beigeladene vom Kläger durch einen Stoß im Weichteilbereich seines Körpers verletzt. Der Kläger wollte den Beigeladenen
aus Spaß ins Wasser schupsen. Bei diesem Versuch stieß er dem Beigeladenen mit dem Knie in den Unterleib. Dieser erlitt dadurch
ein Hodentrauma links, das zu einer Entzündung, schließlich zur operativen Entfernung des linken Hodens führte.
Den Unfall zeigte die Gemeinde A-Stadt am 26.03.2004 dem Beklagten an. Der Ausflug finde alljährlich statt. Dieses Jahr sei
man mit drei Schlauchbooten der Bundeswehr Bad R. auf der S. gefahren. Mit Schreiben vom 14.09.2004 wurde die Teilnehmerliste
vom 24.08.2003 übersandt. Danach nahmen aktive Mitglieder, teilweise mit Partnerin, passive Mitglieder und Feuerwehranwärter
an dem Ausflug teil. Mit Bescheid vom 12.10.2004 lehnte die Beklagte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Der Vereinsausflug
habe die Belange des gemeindlichen Hilfeleistungsunternehmens Freiwillige Feuerwehr nicht berührt. Weder diente er der Warte
(Öffentlichkeitsarbeit) noch der Beschaffung finanzieller Mittel für die Ausrüstung der Feuerwehr, wie dies z.B. bei Feuerwehrfesten
des Feuerwehrvereins der Fall sein kann.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass ein Arbeitsunfall vorläge. §
2 Abs.
1 Nr.
12 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (
SGB VII) erfasse nach ständiger Rechtsprechung neben der Hilfe bei Unglücksfällen auch sonstige Verrichtungen, die den Zwecken der
Feuerwehr wesentlich dienten oder Angelegenheiten der Freiwilligen Feuerwehr wesentlich förderten. Dies sei bei dem alljährlich
stattfindenden Feuerwehrausflug der Fall. Zudem sei der Ausflug auch als Werbemaßnahme für die Feuerwehr anzusehen, da eine
Veröffentlichung in der Tageszeitung erfolgt sei, der Verein dadurch nach außen in Erscheinung getreten sei und auf sich aufmerksam
gemacht habe. Gerade durch einen solchen Vereinsausflug solle das Engagement für die Freiwillige Feuerwehr gestärkt werden.
Selbst wenn dies verneint würde, so läge eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vor, die ebenfalls versichert sei. Der
Ausflug sei von der Leitung des Vereins den Vereinsmitgliedern angeboten worden, der Verein habe sich an den Kosten der Veranstaltung
beteiligt und der Vereinsvorstand habe durch seine eigene Teilnahme bewusst zur Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls beigetragen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2005 zurück. Es sei zwischen dem kommunalen Hilfeleistungsunternehmen
und dem privatrechtlich organisierten Feuerwehrverein zu unterscheiden. Der Ausflug des Feuerwehrvereins sei unter dem Begriff
"soziale Aspekte des Vereinslebens" zu subsumieren. Dies ergebe sich aus dem Teilnehmerkreis. Es sei auch nicht ersichtlich,
wie aus diesem teils neue Mitglieder für das Unternehmen Freiwillige Feuerwehr hätten geworben werden können.
Hiergegen hat der Kläger am 19.05.2005 Klage beim Sozialgericht München (SG) eingelegt. Der Vereinsausflug, der vom Vorstand beschlossen und auch von der Unternehmensleitung begleitet wurde, stelle
eine Gemeinschaftsveranstaltung dar, auf die sich der Unfallversicherungsschutz erstrecke. Die Tätigkeit im Unternehmen der
Feuerwehr sei durch eine besondere Verantwortung geprägt. Es käme darauf an, dass die Feuerwehrleute Hand in Hand und vertrauensvoll
zusammenarbeiten. Diesem Ziel habe der Ausflug vom 24.08.2003 gedient.
Mit Urteil vom 13.01.2009 hat das SG der Klage stattgegeben. Der Bootsausflug habe wesentlich der Förderung der Kameradschaft gedient. Faktisch habe eine Teilnahmepflicht
bestanden. Die ehrenamtlich tätigen Feuerwehrleute dürften keinen geringeren Versicherungsschutz genießen als die Berufsfeuerwehrleute.
Hiergegen hat der Beklagte am 07.04.2009 Berufung eingelegt. Der Bootsausflug habe allein der Unterhaltung bzw. der geselligen
Zusammenkunft gedient. Die Teilnehmergruppe habe sich aus den aktiven und fünf passiven Feuerwehrleuten und deren Freundinnen
bzw. Ehefrauen sowie neun Feueranwärtern zusammengesetzt. Es habe sich um einen unversicherten Vereinsausflug gehandelt. Dies
komme nicht zuletzt auch dadurch zum Ausdruck, dass keine Dienstkleidung getragen wurde.
Der Kläger hat ausgeführt, dass der Feuerwehrverein als Vereinszweck die Unglückshilfe verfolge. Dies ergebe sich schon aus
dem Namen. An der Bootsfahrt hätten überwiegend Mitglieder teilgenommen, die sämtlich auch Aufgaben der Freiwilligen Feuerwehr
wahrnehmen. Der Ausflug sei untrennbar verbunden mit dem Satzungszweck Feuerwehr. Die Voraussetzungen einer betrieblichen
Gemeinschaftsveranstaltung lägen sämtlich vor.
Im Beweisaufnahmetermin vom 15.12.2010 hat der Zeuge E., von 1986 bis 2004 Vorstand des Feuerwehrvereins, ausgesagt, dass
nur Mitglieder des Feuerwehrvereins mit Ehegatten an dem Ausflug teilnehmen konnten. Das Mittagessen sei vom Verein bezahlt
worden, das Abendessen hatte jeder selbst zu bezahlen. Daneben gebe es auch ein Gartenfest auf dem Gelände der Freiwilligen
Feuerwehr, bei dem auch die Bevölkerung eingeladen sei. Die Feuerwehrübungen selbst und die Teilnehmer würden vom Kommandanten
eingeteilt. Auf die Niederschrift wird verwiesen.
Die Beteiligten habe einer Entscheidung ohne mündlicher Verhandlung zugestimmt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.01.2009 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 12.10.2004 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2005 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Gemäß §
153 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - i.V.m. §
124 Abs.
2 SGG erging die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten zur Niederschrift zugestimmt haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Ereignis vom 24.08.2003 ist als Arbeitsunfall
anzuerkennen.
Der Kläger ist klagebefugt gemäß §
109 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB VII -, da er als aktiver Feuerwehrmann grundsätzlich zu den haftungsprivilegierten Personen gemäß §§
2 Abs.
1 Nr.
12,
105 Abs.
1 Satz 1
SGB VII gehört. Außerdem betreibt der Beigeladene als Geschädigter selbst kein Feststellungsverfahren und der Kläger wird von diesem
wegen Schadensersatz in Anspruch genommen, so dass die Feststellungsklage gemäß §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG zulässig ist.
Bei dem Ereignis vom 24.08.2003 handelt es sich um einen Arbeitsunfall. Gemäß §
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse,
die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII).
Der Beigeladene war zum Zeitpunkt des Unfalls gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
12 SGB VII versichert. Gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
12 SGB VII sind kraft Gesetzes Personen versichert, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich,
insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen teilnehmen. Dazu zählen auch die
Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.1990, Az.: 2 RU 27/90).
Die unfallbringende Tätigkeit muss in rechtserheblicher Weise mit dem Unternehmen innerlich zusammenhängen (= innerer Zusammenhang).
Dabei kommt es darauf an, ob der Versicherte von seinem Standpunkt aus der Auffassung sein konnte, dass die Tätigkeit geeignet
ist, den Interessen des "Unternehmens zur Hilfe bei Unglücksfällen" zu dienen, und dass diese subjektive Meinung in den objektiv
gegebenen Verhältnissen eine ausreichende Stütze findet (vgl. BSG, Urteil vom 04.08.1992, Az.: 2 RU 39/91).
Der Unfallversicherungsschutz erstreckt sich nicht allein auf Hilfeleistungen für ein Ereignis, das den Unfallbegriff erfüllt,
sondern auch auf alle mit den Aufgaben des Hilfeleistungsunternehmens zusammenhängenden Tätigkeiten: Der Einsatz selbst, die
notwendigen Vorbereitungshandlungen einschließlich Wege (§
8 Abs.
2 SGB VII). Versichert sind ferner sonstige Tätigkeiten, die den Zwecken der Unternehmen wesentlich zu dienen bestimmt sind oder deren
Angeleigenheiten wesentlich fördern: Verwaltungsarbeiten, Sammlungen, Vorführungen zur Selbstdarstellung, Öffentlichkeitsarbeit
und Werbung (BSG, Urteil vom 04.08.1992, Az.: 2 RU 39/91), Förderung der Kameradschaft und Nachbarschaftshilfe, die für die Aufgabenerfüllung der Freiwilligen Feuerwehr unerlässlich
ist (BSG, Urteil vom 04.08.1992, Az.: 2 RU 39/91).
Entscheidend ist, ob die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung den Zwecken der Feuerwehr wesentlich dient und in Ausübung
des Feuerwehrdienstes erfolgt (BSG, Urteil vom 27.02.1985, Az.: 2 RU 10/84). Dies ist hier unter dem Gesichtspunkt einer "betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung" zu bejahen. Der Bootsausflug des
Högler Feuerwehrvereins erfüllt die hierfür vom Bundessozialgericht genannten Voraussetzungen (zuletzt Urteil des BSG vom
22.09.2009, Az.: B 2 U 4/08 R). Danach kann eine Teilnahme an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen
der versicherten Beschäftigung nur zugerechnet werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Der Arbeitgeber will die
Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zur Förderung der Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander
und mit ihm durchführen. Er hat zu ihr alle Betriebsangehörigen oder bei Gemeinschaftsveranstaltungen für organisatorisch
abgegrenzte Abteilungen des Betriebs alle Angehörigen dieser Abteilung eingeladen oder einladen lassen. Mit der Einladung
muss der Wunsch des Arbeitgebers deutlich werden, dass möglichst alle Beschäftigten sich freiwillig zu einer Teilnahme entschließen.
Die Teilnahme muss ferner vorab erkennbar grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens oder der betroffenen Abteilung
offen stehen und objektiv möglich sein. Ferner muss eine Vielzahl der Beschäftigten (in der Regel mindestens 26 %) tatsächlich
teilgenommen haben.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Laut der Anzeige im Reichenhaller Tagblatt vom 29.07.2003 waren alle Mitglieder des
Högler Feuerwehrvereins zu dem Bootsausflug eingeladen. Wie der Zeuge E. im Erörterungstermin glaubhaft versicherte, war die
Anzeige insoweit missverständlich, als nur Mitglieder des Feuerwehrvereins mit samt deren Ehefrau oder Freundinnen eingeladen
waren. Es sollten auch möglichst viele Mitglieder des Feuerwehrvereins teilnehmen, wie sich aus der Aussage des Zeugen E.
ebenfalls ergibt. Deshalb wurde eine Schlauchbootfahrt veranstaltet, die schon früher besonders zahlreich angenommen worden
war.
Die Gemeinschaftsveranstaltung ist auch dem Hilfsunternehmen - also der Freiwilligen Feuerwehr - selbst zuzuordnen, auch wenn
sie vom Verein durchgeführt wurde. Nach der Satzung gehört dem Vereinsvorstand auch der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr
an. Diese hat die Feuerwehrförderung sozusagen "ausgesourced" in einen gemeinnützigen Förderverein, dessen einziger Zweck
die Förderung der Freiwilligen Feuerwehr ist (§ 2 Abs. 1 S. 1 der Satzung). So wurde der Ausflug durch den Verein bzw. über
Mitgliedsbeiträge finanziert. Zwar hat keine Teilnahmepflicht bei dem Ausflug bestanden, dies ist jedoch regelmäßig bei keinem
Betriebsausflug der Fall. Auch dort ist die Teilnahme freiwillig. Die einzige Sanktion ist ein möglicher gesellschaftlicher
Druck, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen.
Mitglieder des Vereins können nach § 3 der Satzung des Vereins nur feuerwehrdienstleistende (aktive) Mitglieder, ehemalige
feuerwehrdienstleistende (passive) Mitglieder, fördernde Mitglieder und Ehrenmitglieder sein. Hiervon haben 29 Mitglieder
teilgenommen, wobei der Feuerwehrverein H. zum Zeitpunkt des Unfalls ca. 45 Mitglieder hatte. Es handelt sich also nicht nur
um eine Veranstaltung für wenige Personen aus dem Feuerwehrverein. Das BSG fordert zwar nicht eine Mindestbeteiligung, da
ein Teilnahmezwang unserer heutigen Rechtsordnung fremd ist. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Ein Missverhältnis
zwischen Mitgliedern und Teilnehmern kann jedoch nicht festgestellt werden.
Somit war der Bootsausflug im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
12 SGB VII eine versicherte Tätigkeit. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass der Ausflug nicht der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung
für die Institution Feuerwehr diente, da die Gruppe nicht als Feuerwehrleute erkennbar war und eine Teilnahme der Bevölkerung
an dem Ausflug nicht vorgesehen war. Auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 18.06.2008
(Az.: L 17 U 123/07) ausgeführt, dass nicht nur die Mitglieder der Löschzüge Versicherungsschutz genießen, sondern auch die Mitglieder von satzungsgemäß
vorgesehenen Musik- und Spielmannszügen. Das LSG hat in dem Fall darauf abgestellt, dass der Spielmannszug in der Vereinssatzung
erwähnt war. Auch im hier entschiedenen Fall ist auf die Satzung insoweit abzustellen, als der Vereinszweck allein auf das
Hilfeleistungsunternehmen ausgerichtet ist.
Somit war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.01.2009 zurückzuweisen, insbesondere keine Abweichung
von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.
Die Kostenfolge ergibt sich aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG liegen nicht vor, insbesondere keine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.