Arbeitslosengeldanspruch - Anwartschaftszeit - unständige Beschäftigung - Dauerbeschäftigungsverhältnis - verkürzte Anwartschaftszeit
- freier Mitarbeiter einer Rundfunkanstalt - Kameramann
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 23. Februar 2015 für die Dauer von 90 Tagen.
Die 1953 geborene Klägerin ist seit 1994 mit Unterbrechungen als Kamerafrau beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) als sog.
„freie Mitarbeiterin“ beschäftigt. Ein Rahmenvertrag wurde nicht abgeschlossen. Ebenso wenig gibt es schriftliche Verträge
zwischen der Klägerin und dem RBB. Die jeweiligen Aufträge zwischen dem RBB und der Klägerin kamen aufgrund mündlicher Einzelabsprachen
zustande. Die Klägerin musste sich hierfür nach eigenen Angaben jeweils beim RBB melden und angeben, ob sie in der ersten
oder zweiten Monatshälfte arbeiten wollte. Sie erfuhr jeweils telefonisch zwischen 16 und 17 Uhr, ob sie am darauffolgenden
Tag arbeiten würde. Die zeitliche Dauer der Tageseinsätze erstreckte sich nach den Angaben der Klägerin regelmäßig auf mehr
als acht Stunden.
Während es beim RBB nach Angaben der Klägerin in den 90iger Jahren 10 EB-Teams (EB = elektronische Berichtserstattung) bestehend
aus einem Kameramann/einer Kamerafrau und einem Techniker am Standort Potsdam gab und damals die meisten Mitarbeiter festangestellt
waren und es nur wenige freie Mitarbeiter gab, änderte sich dieses Verhältnis nach und nach. Ab ca. 2013 habe es nur noch
vier festangestellte und etwa 40 freie Mitarbeiter gegeben. Für die Klägerin galt der Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche
Personen (TV), der Mindestbedingungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des RBB regelt. Die Klägerin erhielt danach u.a.
einen Zuschuss im Krankheitsfall und Urlaubsgeld. Wegen der Einzelheiten des TV wird auf die Regelungen des TV verwiesen.
Der Urlaub der Klägerin wurde – den Angaben der Klägerin zufolge – immer „genehmigt“. Sie musste lediglich angeben, wann sie
Urlaub nehmen wollte.
Eine „Dienstanweisung für den Einsatz freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ (im Folgenden: Dienstanweisung) beim RBB enthielt
u.a. folgende Regelungen:
Die Tätigkeit freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist neben der Beschäftigung angestellter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
zur Erfüllung des Programmauftrags unerlässlich. Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen nur dann verpflichtet werden,
wenn dies erforderlich ist, um den Programmauftrag erfüllen zu können, und/oder festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
[des RBB] nicht zur Verfügung stehen.
§ 1 Grundsätze (1) Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen grundsätzlich nur auf der Grundlage von Einzelabreden beschäftigt
werden. […]
(2) Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht verpflichtet, angebotene Aufträge anzunehmen. Die Ablehnung eines Angebots
– die keiner Begründung bedarf – darf kein Anlass sein, keine Aufträge mehr anzubieten.
(3) Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht verpflichtet, ihre Arbeitskraft in einem bestimmten Umfang [dem RBB]
zur Verfügung zu stellen.
(4) Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht verpflichtet, regelmäßig [bei dem RBB] zu erscheinen. In keinem Fall
dürfen freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter veranlasst werden, über die Erfüllung der von ihnen angenommenen Aufträge hinaus
anwesend zu sein oder sich zur Verfügung zu halten.
(5) Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können ihren Urlaub frei wählen. Sie dürfen nicht aufgefordert werden, sich in
etwaige Urlaubslisten einzutragen oder sich den Urlaub genehmigen zu lassen.
(6) Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen nicht in den allgemeinen organisatorischen Arbeitsablauf eingegliedert werden.
[…]
(7) Tätigkeiten von freien Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, für deren Erledigung die Anwesenheit [im RBB] nicht erforderlich
ist, sollen außerhalb [des RBB] durchgeführt werden.
(8) Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterliegen keinen Weisungen, soweit diese sich nicht unmittelbar aus dem übernommenen
Auftrag herleiten. […]
§ 2 Dienstplanung (1) Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen nicht ohne vorherige konkrete Absprache der einzelnen
Termine in Dienst-, Einsatz- oder anderen Plänen bzw. Dispositionen aufgeführt werden. Stillschweigen gilt nicht als Einverständnis
der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den vorgelegten Einsatzangeboten.
(2) Vor Abschluss der Planung sind den freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Angebotspläne mit Vorschlägen für die Einsatzzeiten
zuzuleiten. Erst nach deren Einverständniserklärung bzw. nach der Einarbeitung etwaiger Änderungswünsche der freien Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter kann die endgültige Planung erstellt werden. […]
(3) Sind die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu erreichen oder erklären sie nicht rechtzeitig ausdrücklich ihr
Einverständnis mit dem beabsichtigten Einsatz, ist dies als Ablehnung des Auftragsangebots zu werten. In einem solchen Fall
dürfen diese freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu dem beabsichtigten Zeitpunkt nicht eingesetzt werden.
Zuletzt war der Klägerin mit Bescheid vom 27. November 2012 Alg für 120 Tage beginnend ab 16. Oktober 2012 bis 22. August
2013 bewilligt worden.
In der Zeit vom 23. Februar 2013 bis 22. Februar 2015 war die Klägerin wie folgt für den RBB tätig, wobei für diese Zeiten
vom RBB jeweils Sozialversicherungsbeiträge für die Klägerin abgeführt wurden:
02/2013
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4 Tage
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24. bis 27. Februar 2013
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4 Tage
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03/2013
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15 Tage
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1. bis 3. März 2013
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2 Tage
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8. bis 12. März 2013
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5 Tage
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14. März 2013
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1 Tag
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17. März 2013
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1 Tag
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26. bis 31. März 2013
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6 Tage
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04/2013
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9 Tage
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3. bis 4. April 2013
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2 Tage
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8. bis 14. April 2013
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7 Tage
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05/2013
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8 Tage
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6. bis 8. Mai 2013
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3 Tage
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11. bis 15. Mai 2013
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5 Tage
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06/2013
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18 Tage
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1. bis 9. Juni 2013
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9 Tage
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12. Juni 2013
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1 Tag
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18. bis 25. Juni 2013
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8 Tage
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07/2013
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10 Tage
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8. bis 11. Juli 2013
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4 Tage
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16. bis 18. Juli 2013
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3 Tage
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22. bis 24. Juli 2013
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3 Tage
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08/2013
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8 Tage
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1. bis 3. August 2013
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3 Tage
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6. bis 8. August 2013
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3 Tage
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13. bis 14 August 2013
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2 Tage
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09/2013
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9 Tage
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5. bis 6. September 2013
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2 Tage
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16. bis 18. September 2013
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3 Tage
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20. bis 21. September 2013
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2 Tage
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23. bis 24. September 2013
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2 Tage
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10/2013
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22 Tage
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1.bis 14. Oktober 2013
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14 Tage
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16. bis 23. Oktober 2013
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8 Tage
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11/2013
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9 Tage
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15. November 2013
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1 Tag
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19. bis 20. November 2013
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2 Tage
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22. bis 23. November 2013
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2 Tage
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26. bis 29. November 2013
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4 Tage
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12/2013
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5 Tage
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2. bis 3. Dezember 2013
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2 Tage
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5. Dezember 2013
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1 Tag
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7. bis 8. Dezember 2013
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2 Tage
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01/2014
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15 Tage
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15. bis 16. Januar 2014
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2 Tage
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20. bis 22. Januar 2014
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3 Tage
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28. bis 30. Januar 2014
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3 Tage
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02/2014
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0 Tage
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03/2014
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8 Tage
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17. März 2014
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1 Tag
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21. bis 23. März 2014
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3 Tage
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26. bis 27. März 2014
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2 Tage
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29. März 2014
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1 Tag
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31. März 2014
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1 Tag
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04/2014
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8 Tage
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1. bis 4. April 2014
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4 Tage
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7. bis 9. April 2014
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3 Tage
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11. April 2014
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1 Tag
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05/2014
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8 Tage
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17. Mai 2014
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1 Tag
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21. Mai 2014
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1 Tag
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23. bis 28. Mai 2014
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6 Tage
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06/2014
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7 Tage
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17. Juni 2014
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1 Tag
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20. bis 25. Juni 2014
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6 Tage
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07/2014
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7 Tage
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16. Juli 2014
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1 Tag
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18. Juli 2014
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1 Tag
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21. bis 23. Juli 2014
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3 Tage
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25. bis 26. Juli 2014
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2 Tage
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08/2014
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7 Tage
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18. bis 20. August 2014
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3 Tage
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22. bis 23. August 2014
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2 Tage
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28. bis 29. August 2014
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2 Tage
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09/2014
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0 Tage
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10/2014
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9 Tage
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20. bis 24. Oktober 2014
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5 Tage
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27. bis 30. Oktober 2014
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4 Tage
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11/2014
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9 Tage
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3. bis 5. November 2014
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3 Tage
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7. November 2014
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1 Tag
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10. bis 11. November 2014
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2 Tage
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14. November 2014
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1 Tag
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18. November 2014
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1 Tag
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21. November 2014
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1 Tag
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12/2014
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8 Tage
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2. Dezember 2014
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1 Tag
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5. bis 6. Dezember 2014
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2 Tage
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9. bis 10. Dezember 2014
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2 Tage
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16. bis 18. Dezember 2014
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3 Tage
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01/2015
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10 Tage
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13. bis 15. Januar 2015
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3 Tage
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20. bis 21. Januar 2015*
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2 Tage
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27. bis 31. Januar 2015*
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5 Tage
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02/2015
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8 Tage
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1. bis 3. Februar 2015
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3 Tage
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7. Februar 2015
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1 Tag
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17. bis 18. Februar 2015
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2 Tage
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20. Februar 2015
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1 Tag
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22. Februar 2015
|
1 Tag
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Insgesamt
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216 Tage*
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* In der Zeit vom 27. Januar bis 3. Februar 2015 war die Klägerin nach eigenen Angaben fünf Tage krank. Diese fünf Tage sind
im o.g. Gesamtergebnis (216 Tage) nicht enthalten.
Der RBB führte in der Zeit vom 23. Februar 2013 bis 22. Februar 2015 für die Klägerin für weitere 112 Tage aufgrund Zahlungen
an die Klägerin wegen Krankheit bzw. Urlaub Sozialversicherungsbeiträge ab.
In der Zeit von Februar 2013 und Februar 2015 war die Klägerin nach eigenen Angaben nur einmal für einen anderen Auftraggeber/Arbeitgeber
tätig und zwar am 2. und 3. September 2013 für die D .
Das monatliche Arbeitsentgelt der Klägerin in den letzten zwölf Monaten vor dem 23. Februar 2015 schwankte und betrug insgesamt
für die gesamte Zeit von Februar 2014 bis einschließlich Februar 2015 nicht mehr als 27.000 Euro. Bezüglich der genauen Höhe
der jeweils monatlich erzielten Arbeitsentgelte wird auf Blatt 438 ff. und Blatt 453 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Am 23. Februar 2015 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte lehnte den Antrag
der Klägerin ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Alg. Innerhalb der Rahmenfrist seien nur 119 Kalendertage zu berücksichtigen,
in denen die Klägerin versicherungspflichtig im Sinne der §§
24,
26 und
28a SGB III gewesen sei. Daher habe sie die Anwartschaftszeit nach §
142 Abs.
1 SGB III nicht erfüllt. Sie habe auch die Voraussetzungen nach §
142 Abs.
2 SGB III nicht erfüllt. Sie sei innerhalb der Rahmenfrist nicht mindestens 180 Tage versicherungspflichtig gewesen. Berücksichtigt
worden seien für die Anwartschaftszeit folgende Zeiten innerhalb der Rahmenfrist:
8. bis 14. April 2013
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7 Tage
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18. bis 25. Juni 2013
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8 Tage
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1. bis 14. Oktober 2013
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14 Tage
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16. bis 23. Oktober 2013
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8 Tage
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11. bis 31. Dezember 2013
|
21 Tage
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1. bis 7. Januar 2014
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7 Tage
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17. bis 28. Februar 2014
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12 Tage
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16. bis 27. April 2014
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12 Tage
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28. Juli bis 3. August 2014
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7 Tage
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4. bis 18. September 2014
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15 Tage
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27. Januar bis 3. Februar 2015
|
8 Tage
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Gesamtsumme der kurzen Beschäftigungen
|
119 Tage
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Die Beschäftigung sei in den übrigen Zeiten eine unständige Beschäftigung und damit versicherungsfrei gewesen (§
27 Abs.
3 Nr.
1 SGB III), da die jeweiligen Beschäftigungszeiten auf weniger als eine Beschäftigungswoche beschränkt gewesen seien (Bescheid vom
31. März 2015; Widerspruchsbescheid vom 24. April 2015).
Die Klägerin war auch nach dem 23. Februar 2015 für einzelne Tage bzw. Zeiträume für den RBB tätig, was sie der Beklagten
jeweils mitteilte. An folgenden Tagen war die Klägerin ohne Tätigkeit und hatte sich diesbezüglich bei der Beklagten arbeitslos
gemeldet:
23. Februar bis 16. März 2015
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22 Tage
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1. bis 13. April 2015
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13 Tage
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18. bis 22. Mai 2015
|
5 Tage
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1. bis 7. Juni 2015
|
7 Tage
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22. Juni bis 5. Juli 2015
|
14 Tage
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25. bis 31. Juli 2015
|
7 Tage
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17. bis 31. August 2015
|
15 Tage
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15. bis 21. September 2015
|
7 Tage
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Insgesamt:
|
90 Tage
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Am 20. Mai 2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Die Beklagte gehe rechtsirrig davon aus, innerhalb der Rahmenfrist seien nur
119 Tage zu berücksichtigen. Die Beschäftigung in den übrigen Zeiten sei indes nicht als eine unständige Beschäftigung anzusehen.
Die Beklagte habe hier die Besonderheiten der kurzfristigen Beschäftigungen in den Rundfunkanstalten zur berücksichtigen.
Für die Zeit von Februar 2013 bis Februar 2015 ergäben sich 307 versicherungspflichtige Tage. Da sie somit die rechtlichen
Voraussetzungen von 180 Tagen innerhalb einer zweijährigen Rahmenfrist erfüllt habe, habe sie Anspruch auf Alg.
Mit Urteil vom 9. Mai 2017 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Es habe kein Versicherungspflichtverhältnis bestanden, das auch die Lücken zwischen den einzelnen Arbeitseinsätzen ausgefüllt
habe. Die von der Klägerin ausgeübten Beschäftigungen seien, soweit sie kraft Vereinbarung mit dem Arbeitgeber – dem RBB –
weniger als eine Woche umfassten, unständig. Die Klägerin habe in der Rahmenfrist somit nur an 121 Kalendertagen nicht unständig
und damit in Beschäftigungsverhältnissen gearbeitet, die nicht nach §
27 Abs.
3 Nr.
1 SGB III versicherungsfrei gewesen seien. Es habe sich bei den Beschäftigungsverhältnissen jeweils um Einzelaufgaben gehandelt, die
weder auf eine nachfolgende Tätigkeit abgezielt noch diese zur Folge gehabt hätten. Die Klägerin habe die unständigen Beschäftigungen
berufsmäßig ausgeübt.
Gegen dieses ihr am 19. Mai 2017 zugegangene Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 14. Juni 2017 eingegangen Berufung,
zu deren Begründung sie vorträgt: Die Beklagte habe in der Vergangenheit bei den erfolgten Alg-Bewilligungen im Rahmen der
Anwartschaftszeit stets sämtliche, als sozialversicherungspflichtig durch den Arbeitgeber nachgewiesenen Beschäftigungszeiten
berücksichtigt. An der Sach- und Rechtslage habe sich nichts geändert, da sich auch an der Beschäftigungspraxis der großen
Anzahl von technischen Mitarbeitern durch den RBB nichts geändert habe. Fast alle erhielten ausschließlich Angebote für tageweise
Einsätze. Gleichwohl bewillige die Beklagte für diese Mitarbeiter Alg unter Berücksichtigung des §
142 Abs.
2 SGB III. Da die fortgesetzte Beschäftigungspraxis des RBB hinlänglich bekannt sei, könne auch das Argument, es handele sich jeweils
um Einzelfallentscheidungen, nicht überzeugen. Im Ergebnis würden dieselben Sachverhalte völlig unterschiedlich beurteilt.
Die hier angegriffenen Bescheide der Beklagten verstießen daher gegen die einheitlich geübte Verwaltungspraxis. Im Übrigen
sei die Anwendung des §
142 SGB III fehlerhaft. Schon der Wortlaut des §
142 Abs.
2 Nr.
1 SGB III spreche dagegen, nur diejenigen Beschäftigungstage zu berücksichtigen, die insgesamt eine Woche ergäben und nicht sämtliche
anfallenden Tage. Ihre Tätigkeit sei nicht mit dem unregelmäßigen Einsatz eines Aushilfskellners oder einer Servicekraft vergleichbar.
Der Begriff der unständigen Beschäftigung setze wechselnde kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse bei unterschiedlichen Arbeitgebern
voraus. Häufige Kurzeinsätze für unterschiedliche Einzelaufgaben bei ein- und demselben Arbeitgeber entsprächen nicht dem
Begriff der ständigen Beschäftigung. Ferner übe sie ihre Tätigkeit in dieser Form der tageweisen Beschäftigung nicht berufsmäßig
aus. Es entspreche keineswegs dem Berufsbild einer Kamerafrau, das existenzsichernde Erwerbseinkommen nur durch kurzfristige
Beschäftigungsverhältnisse zu erzielen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Mai 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2015 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 24. April 2015 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für folgende Zeiträume Arbeitslosengeld
zu gewähren:
23. Februar bis 16. März 2015,
1. bis 13. April 2015,
18. bis 22. Mai 2015,
1. bis 7. Juni 2015,
22. Juni bis 5. Juli 2015,
25. bis 31. Juli 2015,
17. bis 31. August 2015,
15. bis 21. September 2015.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Sozialgericht – so die Beklagte – habe die Sach- und Rechtslage zutreffend gewertet und beurteilt. Auch wiederholte kurzfristige
Beschäftigungen könnten nach der Rechtsprechung unständig sein, wenn sie von vornherein auf weniger als eine Woche begrenzt
seien. Die Klägerin habe die Beschäftigung auch berufsmäßig ausgeübt. Denn die Beschäftigung als Kamerafrau habe wirtschaftlich
den Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit der Klägerin gebildet.
Die Berichterstatterin hat die Klägerin im Erörterungstermin am 21. Januar 2021 zu ihrem Tätigkeitsverhältnis mit dem RBB
gehört. Wegen der Ausführungen der Klägerin im Einzelnen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst
Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht für die Zeit ab dem 23. Februar 2015 Alg für die aus dem Tenor
ersichtlichen Zeiten dem Grunde nach zu.
Streitgegenstand sind neben dem Urteil des Sozialgerichts der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2015 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 24. April 2015 sowie der geltend gemachte Anspruch auf Alg für einzelne Zeiträume (wie aus dem
Antrag der Klägerin ersichtlich) für die Dauer von drei Monaten ab dem 23. Februar 2015.
Das angefochtene Urteil und der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.
April 2015 sind rechtswidrig, soweit damit ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Alg nach einem am 23. Februar 2015
neu entstandenen Anspruch im Umfang von drei Monaten (90 Tagen) verneint wird.
Die Klägerin hat Anspruch auf Gewährung von Alg nach einem am 23. Februar 2015 neu entstandenen Anspruch im Umfang von 90
Tagen.
Gemäß § §
137 Abs.
1 SGB III hat Anspruch auf Alg, wer (Nr.
1) arbeitslos ist, (Nr. 2) sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und (Nr. 3) die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Die Klägerin war an den aus dem Tenor ersichtlichen – einsatzfreien – Tagen arbeitslos und hatte sich persönlich arbeitslos
gemeldet.
Die Klägerin war an den einsatzfreien Tagen insbesondere beschäftigungslos, da sie nicht in einem Dauerbeschäftigungsverhältnis
zum RBB stand.
Leistungsrechtliche Beschäftigungslosigkeit tritt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – (Urteil vom 11. März 2014 – B 11 AL 5/13 R –, juris, m.w.N.) bereits dann ein, wenn die tatsächliche Beschäftigung beendet wird und es an dem Willen der Parteien des
Beschäftigungsverhältnisses fehlt, dieses fortzusetzen. Dies ermöglicht die Annahme von Beschäftigungslosigkeit in verschiedenen,
in der Praxis häufig auftretenden Konstellationen. Nach diesen Maßstäben tritt einerseits leistungsrechtliche Beschäftigungslosigkeit
z.B. ein, wenn Arbeitnehmer nach langer Arbeitsunfähigkeit und Ausschöpfung des Krankengeldanspruchs aus gesundheitlichen
Gründen nicht weiter beschäftigt werden können. Sie liegt auch vor, wenn Arbeitnehmer nach Kündigung von der Arbeit freigestellt
werden. Sie wird ferner bejaht, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer bei bestehendem Arbeitsverhältnis freistellt, weil er
die Löhne wegen Zahlungsunfähigkeit nicht mehr zahlen kann.
Andererseits besteht ein Beschäftigungsverhältnis in Fällen weiter, in denen die tatsächliche Arbeitsleistung beendet oder
unterbrochen ist, aber sowohl das Arbeitsverhältnis fortbesteht als auch beide Parteien den Willen haben, das Beschäftigungsverhältnis
fortzusetzen. Eine Fortdauer der Beschäftigung trotz deren tatsächlicher Unterbrechung ist etwa in Fällen der Kurzarbeit anzunehmen.
Nach der Anordnung von Kurzarbeit aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen eines unabwendbaren Ereignisses ruht die Arbeitspflicht
der Beschäftigten ganz oder teilweise. Die Beteiligten des Beschäftigungsverhältnisses wollen die Beschäftigung aber wieder
fortsetzen, wenn die Gründe für die Kurzarbeit entfallen sind. In dieser Situation besteht nicht nur das beitragsrechtliche
Versicherungspflichtverhältnis fort (§
24 Abs.
3 SGB III), sondern die Beschäftigten erhalten für die Dauer des Arbeitsausfalls auch eine Entgeltersatzleistung (nach §§
95 ff.
SGB III). Sie haben aber keinen Anspruch auf Alg bei Beschäftigungslosigkeit, sondern erhalten stattdessen Kurzarbeitergeld als Leistung
der aktiven Arbeitsförderung zur Sicherung des Verbleibs in Beschäftigung (so die Überschrift des Sechsten Abschnitts im Dritten
Kapitel des
SGB III). In all diesen Fällen liegt leistungsrechtlich keine Beschäftigungslosigkeit vor, weil die jeweiligen Arbeitnehmer in einem
die Arbeitslosigkeit ausschließenden sogenannten Dauerbeschäftigungsverhältnis stehen (BSG, a.a.O., m.w.N.).
Ein Dauerrechtsverhältnis auch ohne ausdrückliche oder stillschweigende (anfängliche) diesbezügliche Vereinbarungen hat das
BSG (Urteil vom 3. Dezember 1998 – B 7 AL 108/97 R –, juris Rn. 26, m.w.N.) ferner bei der Aufnahme in einen Kreis immer wieder beschäftigter oder zur Verfügung stehender Personen
trotz anfänglicher beiderseitiger Unverbindlichkeit angenommen. In Anknüpfung an Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
- BAG - (Urteile vom 22. April 1998 – 5 AZR 92/97 und 5 AZR 2/97 –, juris; Urteil vom 20. Juli 1995 – 5 AZR 627/93 –, juris, jeweils m.w.N.) zu den Rechtsverhältnissen von Mitarbeitern von Rundfunk- und Fernsehanstalten kann nach Auffassung
des BSG ein Dauerarbeitsverhältnis auch dann vorliegen, wenn die einzelnen Einsätze jeweils vorher verabredet werden. Dies soll selbst
dann gelten, wenn dem Arbeitnehmer das Recht eingeräumt wird, einzelne Einsätze abzulehnen, solange der Arbeitgeber auf diese
Weise keinen Spitzen- oder Saisonbedarf, sondern einen Dauerbedarf an Arbeitskräften abdeckt, er also auf Dauer mehr Arbeitnehmer
benötigt, als er unbefristet beschäftigt. Voraussetzung ist jedoch, dass der einzelne Arbeitnehmer häufig und ohne größere
Unterbrechungen herangezogen wird und er von seinem Ablehnungsrecht regelmäßig keinen Gebrauch macht, der Arbeitnehmer also
darauf vertrauen könne, auch in Zukunft herangezogen zu werden. Abgestellt wurde ferner darauf, ob die Anstalt innerhalb eines
bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ständige Dienstbereitschaft
erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang (ohne Abschluss dahingehender Vereinbarungen) zur Arbeit
herangezogen wird, ihm also die Arbeiten letztlich "zugewiesen" werden. Ein Indiz für die ständige Dienstbereitschaft und
damit für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses soll die Genehmigungspflicht von Urlaub sein, ebenfalls das Aufstellen
von Dienstplänen, das regelmäßig nur dann sinnvoll sei, wenn Dienstbereitschaft der darin aufgenommenen Beschäftigten erwartet
werden könne. Auch bei Einsätzen aufgrund jeweils vorhergehender telefonischer Anfragen des Arbeitgebers kann ein Dauerarbeitsverhältnis
entstehen, sofern die oben genannten Kriterien vorliegen (BSG a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben stand die Klägerin an den Tagen, an denen sie mit dem RBB keine Einsätze vereinbart hatte, nicht in
einem (Dauer-)Beschäftigungsverhältnis zum RBB.
Die Klägerin unterlag an den Tagen zwischen ihren Einsätzen für den RBB nicht dessen Weisungsrecht und war nicht in dessen
betriebliche Strukturen eingegliedert. Entsprechende Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem RBB existieren nicht. Der
RBB forderte von der Klägerin für diese Tage auch keine irgendwie geartete Dienstbereitschaft, sondern musste auch bei kurzfristig
entstehendem Personalbedarf bei der Klägerin anfragen, ob sie zur Übernahme eines Einsatzes bereit sei. Eine Zuweisung der
Klägerin zu bestimmten Einsätzen durch den RBB fand gerade nicht statt.
Der RBB setzte damit konsequent seine Dienstanweisung um. Diese bringt deutlich zum Ausdruck, dass eine Weisungsgebundenheit
der Klägerin auch an einsatzfreien Tagen gerade nicht gewollt war. Denn nach § 1 der Dienstanweisung waren freie Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter „nicht verpflichtet, angebotene Aufträge anzunehmen“, die begründungslose Ablehnung eines Angebots durfte
auch „kein Anlass sein, keine Aufträge mehr anzubieten“ (Abs. 2). Sie waren auch „nicht verpflichtet, ihre Arbeitskraft in
einem bestimmten Umfang [dem RBB] zur Verfügung zu stellen“ (Abs. 3), sie durften nicht „veranlasst werden, über die Erfüllung
der von ihnen angenommenen Aufträge hinaus anwesend zu sein oder sich zur Verfügung zu halten“ (Abs. 4), und durften „nicht
aufgefordert werden, sich in etwaige Urlaubslisten einzutragen oder sich den Urlaub genehmigen zu lassen“ (Abs. 5). Insbesondere
aber – und dies ist ausschlaggebend – unterlagen sie „keinen Weisungen, soweit diese sich nicht unmittelbar aus dem übernommenen
Auftrag herleiten“ (Abs. 8). Dass dies seitens des RBB gegenüber der Klägerin abweichend von der Dienstanweisung gehandhabt
wurde, ist weder dargelegt worden noch anderweitig ersichtlich.
Die Klägerin stand somit an den einsatzfreien Tagen (auch) in keinem Arbeitsverhältnis i.S.v. §
7 Abs.
1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV). Es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, in welcher Weise bzw. durch welche Erklärungen oder Handlungen zwischen
der Klägerin und dem RBB für diese Tage ein die Erbringung von Arbeitsleistungen oder auch nur Dienstbereitschaft beinhaltender
Vertrag nach den §§
145 ff
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB), d.h. durch Abgabe und Annahme entsprechender Willenserklärungen nach §§
130 ff.
BGB, hätte zustande gekommen sein sollen. Nach Angaben der Klägerin gab es auch keinen Rahmenvertrag.
Dementsprechend konnte die Klägerin an den einsatzfreien Tagen völlig frei über ihre Arbeitskraft verfügen. So war sie auch
bei der Urlaubsgestaltung völlig frei und musste keine Rücksicht auf die Interessen des RBB nehmen. Sie musste sich den Urlaub
nach § 1 Abs. 5 der Dienstanweisung nicht genehmigen lassen bzw. nach Nr. 7.4 TV dem RBB lediglich Beginn und Ende schriftlich
mitteilen.
Der Senat verkennt nicht, dass auf die Tätigkeit der Klägerin für den RBB Regelungen des TV zu Leistungen im Krankheitsfall,
zur Vergütung in Urlaubszeiten und zum Schutz gegen die Beendigung der Vertragsbeziehungen angewandt wurden (zu diesem Kriterium:
BSG, Urteil vom 11. März 2014 – B 11 AL 5/13 R –, juris Rn. 16). Dem Umstand, dass die Klägerin aufgrund des TV bestimmte Vergünstigungen wie Urlaubsentgelt oder (unter
weiteren Bedingungen) einen Zuschuss zum Krankengeld erhalten hat, kommt im vorliegenden Fall allerdings kein besonderes Gewicht
zu, weil an den einsatzfreien Tagen die hiesige Klägerin – anders als in dem der o.g. Entscheidung des BSG zugrunde liegenden Sachverhalt – keinerlei Dienstbereitschaft unterlag und auch im Übrigen, wie bereits dargelegt, kein Arbeitsverhältnis
bestand.
Der TV ist zwar – wie grundsätzlich jeder Tarifvertrag i.S.d. TVG – auf die langfristige Gestaltung rechtlicher Beziehungen angelegt. Dies allein rechtfertigt indes nicht die Annahme, durch
ihn werde zwangsläufig ein Dauerarbeitsverhältnis begründet. Zum einen enthält der TV keine Regelungen, aus denen sich eine
dauerhafte Verpflichtung zur Arbeits- bzw. Dienstleistung bzw. der Bereitschaft hierzu ableiten lassen. Der Definition der
sozialen Schutzbedürftigkeit (i.S.v. § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG) in Ziffer 3.1 TV liegt gerade nicht die Vorstellung eines dauerhaften Tätigwerdens der von seinem Geltungsbereich erfassten
Personen für den RBB zugrunde. Andernfalls bedürfte es einer nach (Kalender-)Tagen bemessenen Untergrenze zur Bestimmung der
sozialen Schutzbedürftigkeit nicht. Zum anderen stünde die Annahme eines Dauerarbeitsverhältnisses nur wegen des TV in Widerspruch
zur Tatsache, dass – nach dem o.G. – ein Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und dem RBB nur an den
Tagen bestand, an denen die Klägerin für den RBB tätig wurde. Wenn – so die einheitlich von BSG und BAG vertretene Rechtsauffassung (s.o.) und soweit ersichtlich der gesamten Literatur (vgl. nur Segebrecht in: Schlegel/Voelzke,
jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016, §
7 Abs.
1 SGB IV [Stand: 22.10.2020], Rn. 91.1; KassKomm/Ziegl-meier, 113. EL März 2021,
SGB IV §
7 Rn. 77; Thüsing/Hütter-Brungs, NZA-RR 2021, 231) – ein Arbeitsverhältnis nach §
611 BGB bzw. eine Beschäftigung nach §
7 SGB IV nicht bestehen kann, solange der oder die Erwerbstätige nicht zur Arbeits- oder Dienstleistung verpflichtet ist, kann ein
(Dauer-)Arbeitsverhältnis ohne Verpflichtung zum Tätigwerden auch nicht auf der Grundlage eines Tarifvertrages angenommen
werden. Dies gilt erst recht, wenn ein Tarifvertrag durch entsprechende Bestimmungen deutlich zum Ausdruck bringt, dass die
Verpflichtung zur Arbeits- bzw. Dienstleistung nicht dauerhaft bzw. durchgängig besteht, sondern nur bei übereinstimmenden
Willenserklärungen beider Seiten bezüglich jedes einzelnen Einsatzes. Demgemäß ist nach Ziffer 4.1 TV die „Mitarbeiterin bzw.
der Mitarbeiter […] frei darin, die ihr bzw. ihm vom RBB unterbreiteten Angebote anzunehmen. Die Ablehnung eines Angebotes
bedarf keiner Begründung“. Folgerichtig ist der Inhalt eines Angebots des RBB (erst dann) für beide Seiten bindend, wenn die
Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter es annehmen (Ziffer 4.2 Satz 1 TV).
§
7 Abs.
3 SGB IV ist für die Frage eines leistungsrechtlichen (Dauer-)Beschäftigungsverhältnisses ohne Bedeutung. Nach Satz 1 dieser Vorschrift
gilt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt
fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Hierdurch wird „einheitlich für die Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung
das Fortbestehen der Versicherungs- und Beitragspflicht [angeordnet], wenn für einen begrenzten Zeitraum der Anspruch auf
Arbeitsentgelt entfallen ist, ohne dass eine Entgeltersatzleistung bezogen wird“. Durch die Neuregelung „werden die in §
192 Abs.
1 Nr.
1 SGB V und in §
24 Abs.
3 Nr.
2 SGB III enthaltenen Regelungen auf die gesetzliche Rentenversicherung erstreckt“ (Entwurf des Rentenreformgesetzes 1999, BT-Drs.
13/8011, S. 68). Erfasst werden Sonderkonstellationen wie unbezahlter Urlaub, Streik und unentschuldigtes Fehlen (Arbeitsbummelei)
mit jeweils begrenzter Dauer (BSG, Urteil vom 3. Dezember 1998 – B 7 AL 108/97 R –, juris Rn. 23; Berchtold, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 6. Aufl. 2019,
SGB IV §
7 Rn. 80; jeweils m.w.N.). §
7 Abs.
3 SGB IV überspielt lediglich den „Mangel an Entgeltlichkeit“ (BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 12 R 13/10 R –, juris Rn. 30, m.w.N.) und betrifft ausschließlich das versicherungs- und beitragsrechtliche Beschäftigungsverhältnis
(a.A. wohl Landessozialgericht – –, juris ), lässt indes keine Rückschlüsse auf das – ohnehin nur für das Arbeitsförderungsrecht
relevante und dort nicht gesondert geregelte – leistungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis zu.
Die Klägerin hat auch die erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt. Die Anwartschaftszeit hat gemäß §
142 Abs.
1 Satz 1
SGB III erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Gemäß §
142 Abs.
2 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung vom 10. Dezember 2014 gilt bis zum 31. Dezember 2015 für Arbeitslose, die die Anwartschaftszeit
nach Absatz 1 nicht erfüllen sowie darlegen und nachweisen, dass (1.) sich die in der Rahmenfrist zurückgelegten Beschäftigungstage
überwiegend aus versicherungspflichtigen Beschäftigungen ergeben, die auf nicht mehr als zehn Wochen im voraus durch Arbeitsvertrag
zeit- oder zweckbefristet sind, und (2.) das in den letzten zwölf Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt
die zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgebliche Bezugsgröße nach §
18 Absatz
1 SGB IV nicht übersteigt, dass die Anwartschaftszeit sechs Monate beträgt. §
27 Absatz
3 Nummer
1 bleibt gemäß §
142 Abs.
2 Satz 2
SGB III unberührt.
Die Rahmenfrist beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch
auf Alg (§
143 Abs.
1 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung vom 20. Dezember 2011). Sie reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der
die oder der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte (§
143 Abs.
2 SGB III). Die Rahmenfrist umfasst vorliegend die Zeit vom 23. Februar 2013 bis 22. Februar 2015. In dieser Zeit hat die Klägerin
die Anwartschaftszeit nach §
142 Abs.
1 SGB III unstreitig nicht erfüllt. Ihr kommt jedoch die verkürzte Anwartschaftszeit des §
142 Abs.
2 SGB III zugute. Die Arbeitseinsätze der Klägerin waren alle auf nicht mehr als zehn Wochen im Voraus zeitlich beschränkt (§
142 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB III). Das von der Klägerin in den letzten zwölf Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt überstieg die
zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgebliche Bezugsgröße nach §
18 Abs.
1 SGB IV in Höhe von jährlich 34.020 Euro nicht (§
142 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB III). Denn das monatliche Arbeitsentgelt der Klägerin in den letzten zwölf Monaten vor dem 23. Februar 2015 betrug insgesamt
für die gesamte Zeit von Februar 2014 bis einschließlich Februar 2015 nicht mehr als 27.000 Euro.
Die von der Klägerin in der Rahmenfrist geleisteten (versicherungspflichtigen) Arbeitseinsätze summieren sich auf mindestens
sechs Monate. Die Klägerin ist innerhalb der Anwartschaftszeit an insgesamt 216 Tagen einer versicherungspflichtigen Tätigkeit
nachgegangen. Dies sind sieben Monate und sechs Tage (vgl. §
339 Satz 1
SGB III, wonach ein Monat 30 Kalendertagen entspricht).
Die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne des §
25 Abs.
1 Satz
SGB III für alle 216 Tage scheitert nicht an §
27 Abs.
3 Nr.
1 SGB III, der gemäß §
142 Abs.
2 Satz 2
SGB III anwendbar bleibt.
Nach §
27 Abs.
3 Nr.
1 SGB III sind Personen in einer unständigen Beschäftigung versicherungsfrei, die sie berufsmäßig ausüben. Unständig ist eine Beschäftigung,
die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt
ist. Als eine Woche (Arbeitswoche) in diesem Sinne gilt ein Zeitraum von sieben aufeinanderfolgenden Kalendertagen, bei dem
die beschäftigungsfreien Samstage, Sonn- und Feiertage mitzuzählen sind (Bayerisches LSG, Urteil vom 26. Januar 2016 – L 5 KR 43/14 –, juris Rn. 40; Timme, in Hauck/Noftz,
SGB III, 03/19, §
27 Rn. 39).
Nach der aus dem Tatbestand ersichtlichen Aufstellung hat die Klägerin in der Rahmenfrist nicht an mindestens 180 Kalendertagen
sieben Tage oder mehr am Stück gearbeitet. Damit hätte sie, wenn man die Arbeitseinsätze von weniger als sieben Tagen unberücksichtigt
ließe, die verkürzte Anwartschaftszeit nach §
142 Abs.
2 SGB III nicht erfüllt.
Die Voraussetzungen einer unständigen Beschäftigung lagen jedoch zur Überzeugung des Senats bei keinem der Arbeitseinsätze
der Klägerin vor. Ob Berufsmäßigkeit vorlag, kann daher dahingestellt bleiben.
Unständige Beschäftigungen zeichnen sich durch einen raschen Wechsel von Zeiten mit und ohne Beschäftigung aus und werden
typischer-, aber nicht notwendigerweise bei ständig wechselnden Arbeitgebern ausgeübt ( –, juris ; Scheidt, in Heinz/Schmidt-De
Caluwe/Scholz,
SGB III, 7. Aufl. 2021, §
27 Rn. 70). Unständig beschäftigt ist, wer Lohnarbeit verrichtet, „jedoch ohne festes Arbeitsverhältnis bald hier bald dort,
heute mit dieser, morgen mit jener Arbeit beschäftigt ist“. Das bloße Aneinanderreihen unständiger Beschäftigungen bei demselben
Arbeitgeber zwingt zwar noch nicht zu der Annahme eines ständigen Beschäftigungsverhältnisses (BSG, Urteil vom 13. Februar 1962 – 3 RK 2/58 –, juris Rn. 24). Umgekehrt ist ein ständiger Wechsel des Arbeitgebers oder der Art der Beschäftigung allerdings nicht immer
erforderlich. Eine unständige Beschäftigung kann daher auch in den Fällen vorliegen, in denen der Beschäftigte über einen
längeren Zeitraum wiederholt kurzfristige Arbeitsleistungen gleicher Art bei demselben Arbeitgeber verrichtet (BSG, Urteil vom 16. Februar 1983 – 12 RK 23/81 –,) juris Rn. 10). Eine unständige Beschäftigung liegt nicht vor, wenn die einzelnen Beschäftigungen sich vereinbarungsgemäß
in regelmäßigen zeitlichen Abständen wiederholen oder wenn sog. Kettenverträge zur Umgehung einer ständigen Beschäftigung
geschlossen werden (BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 10/18 R –, juris Rn. 38; Urteil vom 16. Februar 1983 – 12 RK 23/81 – juris Rn. 11; Urteil vom 28. April 1982 – 12 RK 1/80 –, juris <Ultimo-Aushilfen>; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Februar 2019 – –, juris ). Auf weniger als eine
Woche der Natur der Sache nach ist eine Beschäftigung beschränkt, wenn hierfür aus der besonderen Art der Arbeit folgende,
objektiv und nicht vom Willen der Vertragsparteien abhängige Gründe ausschlaggebend sind (BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R –, juris Rn. 31). Die Feststellung, ob eine unständige Beschäftigung vorliegt, ist als Statusfrage aufgrund einer Prognose
zu Beginn der Beschäftigung zu treffen (BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 17/16 R –, juris Rn. 17 <Rosenheim-Cops>).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die Klägerin nicht unständig beschäftigt. Die von der Klägerin übernommenen Tätigkeiten
haben sich zur Überzeugung des Senats vereinbarungsgemäß in regelmäßigen zeitlichen Abständen wiederholt. Denn die Klägerin
war in der Zeit vom 23. Februar 2013 bis 22. Februar 2015 fast jeden Monat für den RBB tätig, hatte jeweils zwischen zwei
und sechs Einsätze pro Monat und kam auf mindestens fünf und höchstens 22 Einsatztage pro Monat. Dies sowie der Umstand, dass
die Klägerin seit 1994 regelmäßig für den RBB tätig war, sprechen dafür, dass beide – die Klägerin und der RBB – trotz fehlender
schriftlicher (Rahmen)Vereinbarungen von sich regelmäßig wiederholenden Einsätzen der Klägerin ausgingen. Dies ergibt sich
insbesondere auch aus dem Umstand, dass der RBB zur Deckung seines Bedarfs zwingend und dauerhaft auf die Klägerin – ebenso
wie auf die anderen freien Mitarbeiter – angewiesen war. So gab es seit Anfang 2013 – nach Angaben der Klägerin – neben den
ca. 40 freien Mitarbeiten nur vier festangestellte Mitarbeiter zur Bestückung der EB-Teams. Allein mit seinen festangestellten
Mitarbeitern konnte der RBB seinen Bedarf nicht befriedigen. Dies unterstreicht die Dienstanweisung in ihrer einleitenden
Feststellung: „Die Tätigkeit freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist neben der Beschäftigung angestellter Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer zur Erfüllung des Programmauftrags unerlässlich.“
Gemäß §
147 Abs.
3 Satz 1
SGB III hat die Klägerin Anspruch auf Alg für eine Dauer von drei Monaten (= 90 Tage). Danach beträgt die Dauer des Anspruchs auf
Alg (unabhängig vom Lebensalter) drei Monate beim Vorliegen von Versicherungspflichtverhältnissen von insgesamt mindestens
sechs Monaten, vier Monate beim Vorliegen von Versicherungspflichtverhältnissen von insgesamt mindestens acht Monaten und
fünf Monate bei Vorliegen von Versicherungspflichtverhältnissen von insgesamt mindestens zehn Monaten (§
147 Abs.
3 Satz 1
SGB III). Zu berücksichtigen sind nur Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der Rahmenfrist des §
143 SGB III (§
147 Abs.
3 Satz 2
SGB III).Die Klägerin hat vorliegend innerhalb der Rahmenfrist Versicherungspflichtverhältnisse von insgesamt 216 Tagen (bzw. von
sieben Monaten und sechs Tagen) zurückgelegt. Damit liegen Versicherungspflichtverhältnisse von mindestens sechs Monaten vor,
was gemäß §
147 Abs.
3 Satz 1
SGB III zu einem Anspruch auf Alg mit einer Dauer von drei Monaten (= 90 Tagen) führt.
Ob die Klägerin innerhalb der Rahmenfrist acht Monate (oder mehr) in Versicherungspflichtverhältnissen gestanden hat, was
nur zu bejahen wäre, wenn man auch die Tage mitzählte, an denen Kranken- und Urlaubsgeld bezogen hat, kann dahingestellt bleiben.
Zwar führten Versicherungspflichtverhältnisse von vier Monaten (oder mehr) gemäß §
147 Abs.
3 Satz 1
SGB III zu einer längeren Anspruchsdauer als 90 Tagen. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren jedoch auf die aus dem Tenor ersichtlichen
Zeiträume beschränkt, die sich auf genau 90 Tage summieren.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor.