Aufhebung eines Gebühren-Beschlusses einer Schiedsstelle
Ausfallwagnis und Unternehmergewinn
Leistungserbringungsvergleich und Vergütungsfestsetzung
Tatbestand:
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger (und Widerbeklagte) gegen einen Beschluss der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII des Landes Berlin, soweit darin Ausfallwagnis und Unternehmergewinn der Beklagten (zusammengefasst) für den Zeitraum vom
31. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 auf einen Wert von 4,7 % auf das errechnete Entgelt (Personalkosten und Sachkosten)
festgesetzt wurden. Die Beklagte (und Widerklägerin) wendet sich mit ihrer (Wider-) Klage ebenfalls gegen die Festlegung des
Ausfallwagnisses und des Unternehmergewinns, zusätzlich jedoch gegen die Festsetzung der Sachkosten auf - lediglich - 6,50
Euro.
Die Beklagte bietet in Berlin mit rund 2.500 Mitarbeitern in zahlreichen Diensten, Projekten und Einrichtungen vielfältige
soziale Dienstleistungen an, darunter betreibt sie auch Einrichtungen des ambulanten betreuten Einzelwohnens für behinderte
Menschen. Am 05. Dezember 2013 schloss sie mit dem Kläger eine Vereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII) für den Zeitraum vom 01. Januar 2014 bis 31. Dezember 2015 für den Leistungstyp: Betreutes Einzelwohnen für Menschen mit
geistiger, körperlicher und/oder mehrfacher Behinderung (BEWER). Die Vereinbarung beinhaltete eine Leistungsvereinbarung,
eine Prüfungsvereinbarung sowie eine weitergeltende Vergütungsvereinbarung. Die prospektiv angestrebte Kapazität der zu betreuenden
Personen (Plätze) betrug nach Punkt 3 der Leistungsvereinbarung im Vertragszeitraum 120. Unter Punkt III. regelten die Vertragschließenden,
dass die bis einschließlich 31. Dezember 2013 vereinbarte Vergütungsvereinbarung bis zu einer Neuregelung unverändert weiter
gelten solle. Die Vergütung betrug zum 31. Dezember 2013 pro Fachleistungsstunde 37,17 Euro. Bezüglich der Prüfungsvereinbarung
wurde festgelegt, dass diesbezüglich die gesetzlichen Regelungen nach den §§ 75 ff. SGB XII sowie der Berliner Rahmenvertrag gemäß § 79 SGB XII für Hilfen in Einrichtungen einschließlich Diensten im Bereich Soziales (BRV) in der jeweils geltenden Fassung gelten sollten.
Mit am 23. Dezember 2013 bei dem Kläger eingegangenen Schreiben vom 18. Dezember 2013 forderte die Beklagte den Kläger zu
Vergütungsverhandlungen für den Leistungstyp BEWER für den Zeitraum vom 01. Januar 2014 bis 31. Dezember 2014 auf. Die Entwicklung
der Vergütung beim Leistungstyp BEWER sei in den letzten Jahren dadurch gekennzeichnet, dass die gegenwärtig vereinbarte Vergütung
von den Anforderungen an eine leistungsgerechte Vergütung weit entfernt sei. Dies habe seine Ursachen wesentlich in der Struktur
des Entgeltes bzw. in der Methode der Ermittlung bei den Vergütungsbestandteilen, die sich nicht auf die Personalkosten für
die in der Betreuung tätigen Mitarbeiter bezögen. Anbieter von insgesamt ca. 1.700 BEWER-Plätzen in Berlin hätten sich in
den vergangenen Monaten im Rahmen eines Benchmarks ausgetauscht. In diesem Austausch hätten sie eine mögliche Struktur für
eine künftige Entgeltberechnung entwickelt. Diese Struktur sei in drei Bestandteile gegliedert, und zwar Personalkosten, Personalkosten
als Leitungskosten sowie Sachkosten. Die Beklagte errechnete eine Maßnahmepauschale für 2014 in Höhe von 40,92 Euro. Dabei
legte sie zugrunde, dass sich die Personalkosten zum 01. Januar 2013 um 1,5 % und zum 01. Januar 2014 um 0,5% gesteigert hätten
bzw. sich steigern würden. Es wurde eine Leitung pro 40 Klienten angesetzt. Das Ausfallwagnis wurde mit 7% angenommen und
(nur) bei der Errechnung der Personalkosten eingestellt. Aufgrund der bestehenden Gegebenheiten (beispielsweise Klient sei
nicht anwesend oder bereit, die vereinbarte/zustehende Betreuung anzunehmen) entstehe für den Träger ein Ausfallwagnis in
Höhe von 7%.
Da keine Einigung erfolgte, stellte die Beklagte mit am 03. Februar 2014 eingegangenem Schreiben vom 31. Januar 2014 bei der
Schiedsstelle nach § 80 SGB XII des Landes Berlin einen Antrag auf Entscheidung. Sie begehrte nach zweimaliger Korrektur schließlich die Festlegung eines
Gesamtentgeltes von 41,52 Euro pro Betreuungsstunde, darin enthalten Personalkosten in Höhe von 32,76 Euro (hiervon 3,44 Euro
Leitungskosten), Sachkosten von 7,75 Euro sowie einem kalkulatorischen Zuschlag von 1,01 Euro pro Anwesenheitstag mit Wirkung
ab dem 31. Januar 2014, hilfsweise ab Zugang des Schiedsstellenantrags bei der Schiedsstelle.
Während des laufenden Schiedsstellenverfahrens bot der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 24. April 2014 den Abschluss
einer Vergütungsvereinbarung an. Er war bereit, eine Maßnahmepauschale von 37,17 Euro pro Betreuungsstunde für die Zeit vom
01. Januar 2014 bis zum 31. März 2014 und von 37,19 Euro für die Zeit vom 01. April 2014 bis zum 31, Dezember 2014 zu zahlen.
Diese setzten sich für die Zeit ab 01. April 2014 bis zum 31. Dezember 2014 zusammen aus 27,56 Euro Betreuungskosten je Stunde
und 8,87 Euro sonstiger Kosten je Stunde. Die sonstigen Kosten sollten sich nach dem Angebot des Klägers zusammensetzen aus
der Sachkostenpauschale in Höhe von 5,48 Euro zzgl. eines Anteils der Sachkosten für eine Leitungskraft in Höhe von 3,20 Euro
und eines Betrages für die Supervision von 0,19 Euro. Weiter wurde ein Risikozuschlag in Höhe von 2,08 % berücksichtigt (=
0,76 Euro), so dass sich der Gesamtbetrag von 37,19 Euro ergab.
Die Beklagte hat im Schiedsstellenverfahren vorgetragen, sie habe auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG in die Entgeltsatzkalkulation ein Ausfallwagnis in Höhe von 7% sowie einen (fiktiven) prospektiven Unternehmergewinn in Höhe
von 2,5% eingestellt. Das Ausfallwagnis berücksichtige Ausfälle von Vergütungen von Leistungen, die durch die Beklagte jedoch
vorgehalten würden. Zur Höhe des einzustellenden Ausfallwagnisses habe die Beklagte die entsprechenden Positionen in der Vergangenheit
erhoben sowie hinsichtlich des (fiktiven) prospektiven Unternehmergewinns eine entsprechende Abschätzung angestellt.
Die Tatsache, dass ein Unternehmergewinn bei der Berechnung des Entgelts zu berücksichtigen sei, sei zwischen den Beteiligten
nicht streitig. Im Streit stünde die Höhe des einzubeziehenden Gewinns.
Die Beklagte beantragte, die Schiedsstelle solle (u.a.) hinsichtlich des Ausfallwagnisses ein Sachverständigengutachten einholen.
Der Kläger beantragte mit Schriftsatz vom 04. August 2014 den Antrag der Beklagten auf höhere Vergütung zurückzuweisen und
als Vergütung einen Betrag von 37,19 Euro pro Stunde festzusetzen. Die Beklagte mache ein Ausfallwagnis von 7% sowie zusätzlich
einen fiktiven Unternehmergewinn von 2,5% geltend. Bezüglich der Ermittlungen dieses Wertes und seiner Herleitung habe die
Beklagte keinerlei Unterlagen oder Berechnungen zur Begründung des Ausfallwagnisses vorgelegt. Weiter entspreche der geforderte
Aufschlag zum Ausgleich des Ausfallwagnisses nicht dem ertragsrelevanten Ausfall, da ausgefallene Termine zu einem Teil später
nachgeholt werden könnten. Welcher finanzielle Schaden der Beklagten durch die kurzfristige Absage von Terminen entstehe,
sei in keiner Weise plausibel dargelegt worden.
Gemäß Urteil des BSG vom 29. Januar 2009 sei eine Vergütung erst dann leistungsgerecht, wenn sie auch eine angemessene Vergütung des Unternehmerrisikos
beinhalte. Die grundsätzliche Berücksichtigung eines Aufschlages für das Unternehmerrisiko als Möglichkeit zur Gewinnerzielung
sei deshalb zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Vergütung müsse jedoch auch den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit
und - im SGB XII zusätzlich - der Sparsamkeit genügen. Maßgeblich für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einer Vergütungsforderung
sei ihre Position am Markt. Sofern ein Leistungserbringer eine Vergütung fordere, die im unteren Drittel des externen Vergleiches
liege, halte der Kläger ebenfalls einen Zuschlag von 2,5% zur Vergütung des Unternehmerrisikos für angemessen. Die angebotene
Vergütung ohne Risikozuschlag von 36,43 Euro liege im mittleren Drittel des externen Vergleichs. Zur Berechnung des Zuschlags
werde eine lineare Absenkung vorgenommen, wobei im unteren Drittel der volle Zuschlag von 2,5% angesetzt und bei der höchsten
Vergütung kein Zuschlag mehr als angemessen erachtet werde. Es sei der Risikozuschlag folgendermaßen zu berechnen:
Risikozuschlag = 2,5 % - (2,5 % / (Maximum externer Vergleich - Grenze unteres Drittel) * (angebotene Vergütung ohne Zuschlag
- Grenze unteres Drittel).
Im konkreten Fall:
Risikozuschlag = 2,5 % - (2,5 % / (43,20 Euro - 34,94 Euro)) * (36,43 Euro - 34,93 Euro). Es resultiere ein Zuschlag von 2,08
%, so dass die angebotene Vergütung bei 37,19 Euro liege.
Die Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens sehe der Kläger nicht. Das Bundesverwaltungsgericht weise
der Schiedsstelle als Expertengremium die Einschätzungsprärogative zu (Hinweis auf das Urteil vom 01. Dezember 1998, Az.:
5 C 17.97).
Mit Schriftsatz vom 06. August 2014 schlug der Prozessbevollmächtigte der Beklagten der Schiedsstelle vor, angesichts der
Gleichförmigkeit von neun anhängigen Schiedsstellenverfahren zunächst vier exemplarisch anzuberaumen und gemeinsam zu verhandeln
und ggfs. zu verbinden.
Mit Schriftsatz vom 21. August 2014 erwiderte der Kläger, dass er den Vorschlag der Beklagten, angesichts der Gleichförmigkeit
der Verfahren zunächst vier Verfahren themenbezogen zu verhandeln, für zulässig halte. Bezüglich des Vorschlags, die Verfahren
gemeinsam zu verhandeln, äußerte er sich nicht, führte jedoch aus, dass eine Verbindung der Verfahren aus seiner Sicht nicht
in Betracht komme, da die Schiedsstelle je Einrichtung eine Entscheidung zu treffen habe, die zu einem Entgeltbetrag führe,
der individuell festgesetzt werde. Dabei seien die konkreten Sachverhalte der jeweiligen Einrichtung zu würdigen.
In dem Termin der nichtöffentlichen Sitzung der Schiedsstelle vom 25. September 2014 wurden "auf Anregung der Schiedsstelle
und mit Zustimmung der Parteien" die Verfahren 1/14, 3/14, 7/14 und 8/14 zusammen verhandelt.
Mit Beschluss vom 25. September 2014 hat die Schiedsstelle die Sachkosten auf 6,50 Euro festgesetzt und die Entgeltbestandteile
"Ausfallwagnis und Unternehmergewinn" zusammengefasst und auf einen Wert von 4,7% Aufschlag auf das errechnete Entgelt (Personalkosten
und Sachkosten) festgesetzt, und zwar für den Zeitraum vom 31. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014. In den Gründen hat die
Schiedsstelle ausgeführt, dass über die Anteile für die Vergütung für Personalaufwendungen (einschließlich Leitung und Verwaltung)
zwischen den Beteiligten habe Einigkeit erzielt werden können, streitig geblieben seien die geltend gemachten Vergütungsanteile
für Sachkosten, Ausfallwagnis und Unternehmergewinn.
Bezüglich der Sachkosten hat die Schiedsstelle ausgeführt, dass sie auf entsprechende Erfahrungen aus anderen Vertragsverhandlungen
zurückgegriffen habe. Die dabei festzustellende Spanne sei erheblich. Erfahrungswerte sprächen dafür, die Sachkosten mit etwa
20% der Personalkosten (bei stationären Einrichtungen; bei ambulanten Diensten dürfte es viel geringer sein), anzunehmen.
Im vorliegenden Fall halte die Schiedsstelle einen Betrag von 6,50 Euro für angemessen, um die Sachkosten unter Berücksichtigung
des Wirtschaftlichkeitsgebots refinanzieren zu können.
Hinsichtlich des Ausfallwagnisses und des Unternehmergewinns sei die Schiedsstelle nach längerer Beratung zu dem Ergebnis
gelangt, dass die geltend gemachten Vergütungsbestandteile für Ausfallwagnisse und Unternehmergewinn durch einen pauschalen
Zuschlag zu erfassen seien. Weder ein Ausfallwagnis noch ein Unternehmergewinn ließen sich exakt rechnerisch ermitteln bzw.
kalkulieren. Ein Ausfallwagnis hänge von vielen Unwägbarkeiten ab, die jedenfalls zu einem Teil auch wiederum durch den Leistungserbringer
auszugleichen seien. Ein gewisses Wagnis werde indes unabweisbar sein. Dies habe die Schiedsstelle berücksichtigt.
Ein Unternehmergewinn sei ebenfalls nicht mit einer bestimmten Zahl festzulegen, zumal die (Gesamt-)Vergütung, die am Ende
zu bewerten sei, ohnehin dem externen Vergleich standhalten müsse. Zudem sei ein Unternehmergewinn bereits - jedenfalls zu
einem Teil - durch den Divisor berücksichtigt. Daher halte es die Schiedsstelle auch insoweit für angezeigt, einen pauschalen
Zuschlag anzusetzen. Die Beklagte habe ebenso wenig genau angeben können, wie sich ihre Vergütungsangebote insoweit errechneten.
Sie habe gleichfalls nach Pauschalen gegriffen.
Die Schiedsstelle habe ihr Ermessen und ihre Einschätzungsprärogative nutzbar gemacht und nach allen Seiten hin die Argumente
der Vertragsparteien gegeneinander abgewogen. Die Schiedsstelle habe beide streitigen Vergütungsbestandteile im Grundsatz
für berücksichtigungsfähig gesehen. Die Höhe des Aufschlags sei lediglich zu schätzen. Insgesamt halte die Schiedsstelle einen
Aufschlag von 4,7% für angemessen. Dem Verfahrensantrag, ein Sachverständigengutachten einzuholen, sei die Schiedsstelle nicht
gefolgt. Die anstehenden Fragen, die einer wertenden und von einer Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle geprägten Beurteilung
unterlägen, eigneten sich grundsätzlich nicht für ein Sachverständigengutachten.
Gegen den dem Kläger und dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 22. Oktober 2014 zugestellten Beschluss hat der Kläger
am 21. November 2014 und die Beklagte am 24. November 2014, einem Montag, Klage bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
erhoben.
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung der Entgeltbestandteile "Ausfallwagnis" und "Unternehmergewinn". Die Entscheidung
der Schiedsstelle sei unter Verletzung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze zustande gekommen. Der Kläger habe mit jedem
Dienst eine gesonderte Vergütungsvereinbarung abzuschließen, wodurch auch getrennte Schiedsverfahren durchzuführen seien (Hinweis
auf das Urteil des BSG vom 17. Dezember 2009, Az.: B 3 P 3/08 R). Die Anpassung der Vergütungsvereinbarung sei dabei für jeden Dienst nach den konkreten einrichtungsspezifischen Gegebenheiten
vorzunehmen, so dass die Schiedssprüche im Einzelfall unterschiedlich ausfallen könnten. Die Schiedsstelle habe dagegen in
einer mündlichen Verhandlung am 25. September 2014 sowohl über das hier streitige Verfahren als auch über drei weitere Schiedsverfahren
gemeinsam verhandelt. Der Kläger habe einer gemeinsamen Verhandlungsführung mit Stellungnahme vom 21. August 2014 widersprochen,
ohne dass die Schiedsstelle auf diesen Widerspruch eingegangen sei. Durch die gemeinsame Verhandlung hätten den drei Vertreter/innen
des Klägers insgesamt 13 Vertreter/innen der vier verschiedenen Einrichtungsträger gegenüber gestanden. Damit seien die Träger
mit mehr Personen vertreten gewesen, als beim Kläger insgesamt für den Bereich der SGB XII-Verträge für 1038 Einrichtungen beschäftigt seien. Eine Ermittlung des einrichtungsspezifischen Sachverhalts durch die Schiedsstelle
in einem fairen und willkürfreien Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs sei schon unter diesem Aspekt nicht gewährleistet.
Die gemeinsame Verhandlung habe zudem zur Folge gehabt, dass die Schiedsstelle in der angegriffenen Entscheidung nur die Aspekte
aus den gesamten Sachverhaltsvorträgen der vier beteiligten Einrichtungsträger berücksichtigt habe, welche für die Beklagte
am günstigsten gewesen seien. So sei zum Beispiel die Problematik des Ausfallwagnisses ausschließlich anhand der Ausführungen
des Einrichtungsträgers "D e. V." erörtert worden. Die Ergebnisse dieser Erörterung seien ohne einzelfallspezifische Prüfung
auf die Beklagte übertragen worden.
Der Entscheidungsbegründung lasse sich zudem nicht entnehmen, auf welchen Annahmen die Festsetzung der Vergütungsbestandteile
für Ausfallwagnisse und Unternehmergewinn beruhten. Ein Schiedsspruch müsse jedoch nach der Rechtsprechung des BSG auf Nachvollziehbarkeit unter Beachtung der allgemeinen Beweisgrundsätze überprüfbar sein (Hinweis auf das Urteil des BSG vom 14. Dezember 2009, Az.: B 3 P 19/00 R).
Die Schiedsstelle habe ihrer Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nicht genüge getan. Sie habe es insbesondere versäumt, die
Tatsachen bezüglich der strittigen Sachverhalte zum konkret betroffenen Dienst der Beklagten zu ermitteln.
Die Entscheidung der Schiedsstelle sei darüber hinaus materiell-rechtlich rechtswidrig, weil die Schiedsstelle nicht alle
für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen und die Entscheidung nicht nach den materiellen Vorgaben
des Entgeltvereinbarungsrechts vorgenommen habe.
Die Bestimmung einer angemessenen Vergütung sei entweder nach dem externen Vergleich oder nach dem internen Vergleich vorzunehmen.
Eine freie Würdigung als Methode für die Festsetzung der Vergütung durch die Schiedsstelle sei jedoch nicht eröffnet. Das
BSG habe in seiner jüngeren Rechtsprechung mehrfach festgestellt, dass wirtschaftlich angemessene Pflegesätze in einem zweistufigen
Verfahren festzustellen seien. Die von der Beklagten beanspruchte Vergütung sei demnach nur leistungsgerecht, wenn die von
der Beklagten zu Grunde gelegten voraussichtlichen Gestehungskosten nachvollziehbar seien (Plausibilitätskontrolle) und sie
im Vergleich mit der Vergütung anderer Einrichtungen (externer Vergleich) den Grundsätzen wirtschaftlicher und sparsamer Betriebsführung
entsprächen.
Die Beklagte habe eine Steigerung der Vergütung für das Jahr 2014 von 10,09 % gegenüber der vereinbarten Vergütung des Jahres
2013 gefordert. Diese Steigerung sei nicht aus der Steigerung bei den Sach- und Personalkosten begründet. Der allgemeine Preissteigerungsindex,
der üblicherweise einvernehmlich für die Sachkostensteigerung herangezogen werde, läge bei 1,5%. Selbst bei Einschluss des
behaupteten Defizits von 2,2 % im Jahr 2012 für den Bereich BEWER sei die Steigerungsforderung nicht plausibel. Die Steigerung
der Personal- und Sachkosten würde - noch ohne jegliche Wirtschaftlichkeitsbewertungen - lediglich eine Erhöhung des Entgelts
in Summe von 2,86 % begründen. Dieser Wert ergebe sich, indem die dargelegten Steigerungen der Personal- (0,5 %) und Sachkosten
(1,5 %) mit ihrem jeweiligen Anteil am Entgelt gewichtet würden. Hinzu komme das benannte Defizit in Höhe von 2,2 %. Es liege
damit unzweifelhaft der Fall einer substantiierten Begründungspflicht der Steigerungsforderung von 10,09 % für das BEWER der
Beklagten vor.
Nach diesen Grundsätzen wäre die Schiedsstelle nicht der Verpflichtung enthoben gewesen, eigene Ermittlungen zur Frage der
Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit der Beklagten im Hinblick auf die von
ihr geforderten Beträge für ihren Dienst durchzuführen.
Der Kläger und Widerbeklagte beantragt,
die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII für das Land Berlin vom 25. September 2014 aufzuheben, soweit darin die Entgeltbestandteile "Ausfallwagnis" und "Unternehmergewinn"
zusammengefasst und auf einen Wert von 4,7% Aufschlag auf das errechnete Entgelt (Personalkosten und Sachkosten) festgesetzt
worden sind,
sowie den Gebühren-Beschluss der Schiedsstelle (ohne Datum) aufzuheben
und die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte und Widerklägerin beantragt,
die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII für das Land Berlin vom 25. September 2014 aufzuheben
sowie den Gebühren-Beschluss der Schiedsstelle (ohne Datum) aufzuheben
und die Klage des Klägers abzuweisen.
Die Schiedsstelle habe zur Begründung der Festlegung des Betrages für die Sachkosten ausgeführt, dass sie auf entsprechende
Erfahrungen aus anderen Vertragsverhandlungen zurückgegriffen habe. Die dabei festzustellende Spanne sei erheblich. Erfahrungswerte
sprächen dafür, die Sachkosten mit etwa 20% der Personalkosten (bei stationären Einrichtungen; bei ambulanten Diensten dürfte
es viel geringer sein), anzunehmen. Im vorliegenden Fall halte die Schiedsstelle einen Betrag von 6,50 Euro für angemessen.
Eine weitere Begründung, Herleitung oder Berechnung der Höhe der Sachkosten gebe die Schiedsstelle nicht an. Im Rahmen der
Schiedsstellenverhandlung vom 25. September 2014 habe der Vorsitzende der Schiedsstelle erklärt, dass die von der Beklagten
beantragten Kosten, also auch die beantragten Sachkosten, plausibel seien und der Kläger keine qualifizierten Einwände dagegen
vorgebracht habe. Insoweit sei nicht ersichtlich, warum die Schiedsstelle die plausibilisierten, voraussichtlichen Gestehungskosten
der Klägerin nicht zur Grundlage ihrer Festsetzung gemacht habe.
Der Kläger und Widerbeklagte hat zur Widerklage ausgeführt, diese sei unzulässig, da sie nicht fristgerecht erhoben worden
sei (wobei dem Kläger wohl nur eine Kopie des am 26. November 2014 eingegangenen Originals der Klageschrift übermittelt worden
ist und nicht auch das am 24. November 2014 eingegangene Telefax).
Nach Auffassung des Klägers sei der von der Schiedsstelle festgesetzte Anteil für die Sachkosten in Höhe von 6,50 Euro je
Stunde angemessen. Die Bandbreite des Entgeltanteils "sonstige Kosten" aller am Markt tätigen 59 Leistungsanbieter (ohne die
schiedstellenanhängigen 9 Dienste) bewege sich zwischen 2,32 Euro je Stunde und 22, 38 Euro je Stunde. Der Durchschnittswert
betrage 7,71 Euro je Stunde. Von den 7,71 Euro je Stunde seien rund 3,00 Euro je Stunde den Kosten der fachlichen Leitung
zuzuordnen, so dass auf die Sachkosten im Landessdurchschnitt im externen Vergleich 4,71 Euro je Stunde entfallen würden.
Bei der Bandbreite der einrichtungsindividuellen tatsächlichen Aufwendungen sei es vertretbar, den landesweiten Durchschnittswert
mit einer Bandbreite bis 138 % als noch wirtschaftlich und sparsam zu bewerten. Der Kläger habe einen Sachkostenanteil von
5,67 Euro je Stunde angeboten.
Im Vergleich der Gewinn- und Verlustrechnungen der Beklagten der Jahre 2012 und 2013 seien die Sachkosten um 13,37 % gestiegen.
Insbesondere im Kontext der Sachkostenentwicklung im Zeitraum von 2010 zu 2012 von 51,16 % sei diese Entwicklung nicht plausibel.
Die Festsetzung der Schiedsstelle in Höhe von 6,50 Euro stelle bereits eine Überschreitung des Mittelwerts des externen Vergleichs
um 38 % dar. Eine noch weitergehende Steigerung könne nicht mehr als wirtschaftlich und sparsam bewertet werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten
und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die die Beklagte betreffenden Verwaltungsakten des Klägers sowie die Akten der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII des Landes Berlin (Az.: 8/14) haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage sowohl des Klägers (und Widerbeklagten) als auch der Beklagten und Widerklägerin ist bzgl. der Anfechtungsklage
zulässig. Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 4 SGB XII ist gegen die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben, und zwar gemäß §
29 Abs.
2 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erstinstanzlich zum Landessozialgericht.
Die Klage der Beklagten bzw. Widerbeklagten ist auch fristgerecht erhoben worden. Sie ging am 24. November 2014, einem Montag,
bei dem Landessozialgericht ein. Im Übrigen gilt die Frist des §
87 Abs.
1 Satz 1
SGG bei einer Widerklage nicht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum
SGG, §
87 Rdnr. 2 m.w.N.). Es handelt sich bei der eigenen Klage der Beklagten und Widerklägerin, die zeitlich nach der des Klägers
beim Landessozialgericht eingegangen ist, wegen der Besonderheit des Klageverfahrens, dass Beklagte nicht die Schiedsstelle
sondern die andere Vertragspartei ist, zwar formal um eine Widerklage (§
100 SGG); indes verfolgt sie wie die Klage des Klägers, des Sozialhilfeträgers, mit der Aufhebung des Schiedsspruchs primär dasselbe
verfahrensrechtliche Ziel (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall das Urteil des BSG vom 23. Juli 2014, Az. B 8 SO 3/13 R, juris Rdnr. 12 = SozR 4-3500 § 76 Nr. 1).
Die Anfechtungsklage gemäß §
54 Abs.
1 SGG ist die richtige Klageart. Bei dem Beschluss der Schiedsstelle handelt es sich wegen seiner Funktion als Interessenausgleich
um einen vertragsgestaltenden Verwaltungsakt, den die Schiedsstelle als Behörde im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) erlassen hat. Eine Verpflichtungsbescheidungs- oder Leistungsklage ginge "ins Leere" und wäre deshalb unzulässig. Der Kläger
hat im Termin zur mündlichen Verhandlung den Verpflichtungsantrag nicht mehr gestellt. Hat die Anfechtungsklage Erfolg, ist
nach Aufhebung des Schiedsspruchs das Schiedsverfahren wiedereröffnet, so dass es einer Zurückverweisung des Rechtsstreits
an die Schiedsstelle im Rahmen einer Verpflichtungsbescheidungsklage auch in der Sache nicht bedarf. Eine Bindung der Schiedsstelle
an die Begründung des Anfechtungsausspruchs des Gerichts wird mittelbar dadurch bewirkt, dass die Schiedsstelle ihre Rechte
nur von den Beteiligten des gerichtlichen Verfahrens ableitet, die wiederum an den Urteilsausspruch gebunden sind (vgl. Urteil
des BSG vom 23. Juli 2014, Az. B 8 SO 2/13 R, juris Rdnrn. 11 und 12 mit zahlreichen weiteren Nachweisen = SozR 4-3500 § 77 Nr. 1).
Eines Vorverfahrens bedurfte es gemäß §
77 Abs.
1 Satz 6
SGG nicht.
Klage und Widerklage sind auch begründet. Der Schiedsspruch der Schiedsstelle des Landes Berlin vom 25. September 2014 ist
rechtswidrig und war aufzuheben.
Gegenstand des Verfahrens vor der Schiedsstelle war der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nach § 76 Abs. 2 Satz 1, 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII. Eine solche war zwischen dem Kläger und der Beklagten innerhalb von sechs Wochen nach Eingang des Antrags auf Abschluss
einer Vergütungsvereinbarung am 23. Dezember 2013 nicht zustande gekommen, so dass gemäß § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII auf Antrag der Beklagten die Schiedsstelle zu entscheiden hatte. Diese entscheidet nach dieser Vorschrift unverzüglich über
die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte.
Eine Einigung war über die Personalkosten erzielt worden. Bzgl. der Sachkosten, über die die Schiedsstelle ebenfalls eine
Entscheidung getroffen hat, ist vorliegend auf die Widerklage zu entscheiden. Zu entscheiden ist auch über das Ausfallwagnis
und den Unternehmergewinn. Die Entscheidung der Schiedsstelle war aufzuheben, da die für den Schiedsspruch wesentlichen tatsächlichen
und rechtlichen Gründe daraus nicht erkennbar sind. Der Begründung der Schiedsstelle in dem Beschluss vom 25. September 2014
lässt sich nicht entnehmen, auf welchen Annahmen ihre Entscheidung beruht. Allerdings dürfen die Anforderungen an das Begründungserfordernis
in Anbetracht der Funktion und Organisation der Schiedsstelle (Vertragshilfeorgan ohne eigenen Verwaltungsunterbau) sowie
der im Regelfall gegebenen Kenntnis der Vertragsparteien von der Sach- und Rechtlage nicht überspannt werden (Jaritz/Eicher
in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 80 Rdnr. 58; ähnlich Urteil des BSG vom 13. August 2014, Az. B 6 KA 6/14 R, juris Rdnr. 60). Ein Schiedsstellenspruch muss nach der Rechtsprechung des BSG jedoch auf Nachvollziehbarkeit unter Beachtung der allgemeinen Beweisgrundsätze einschließlich der Denkgesetze überprüft
werden können (vgl. Urteil des BSG vom 14. Dezember 2000, Az. B 3 P 19/00 R, juris Rdnr. 34 = SozR 3-3300 § 85 Nr. 1;ähnlich Neumann in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB XII, § 77 Rdnr. 22). Die Gründe für das Entscheidungsergebnis müssen wenigstens andeutungsweise erkennbar sein. Dies setzt voraus,
dass tragfähige Tatsachenfeststellungen getroffen werden, auf deren Grundlage die Abwägung vorgenommen wurde. Anderenfalls
wäre eine Art.
19 Grundgesetz entsprechende gerichtliche Überprüfung, ob das Schiedsamt seinen Beurteilungsspielraum eingehalten hat, nicht möglich (vgl.
Urteil des BSG vom 13. August 2014, Az. B 6 KA 6/14 R, juris Rdnr. 60). In Anlehnung an § 35 SGB X müssen die für den Schiedsspruch wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die notwendig sind, um die von der Schiedsstelle
vorgenommene Wertung in Bezug auf die festgesetzte Vergütung bzw. Leistung nachvollziehen zu können, mitgeteilt werden. Dies
erfordert im Regelfall auch Ausführungen zu der von der Schiedsstelle gewählten Methode für die Ermittlung einer den Grundsätzen
des § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII entsprechenden Vergütung. Ein knappe Begründung ist ausreichend, wenn sie die gefundene Kompromisslösung für die Vertragsparteien
und das Gericht nachvollziehbar belegt (Jaritz/Eicher, aaO., Rdnr. 58).
Der Schiedsspruch ist für das Gericht sowohl hinsichtlich der Festlegung der Höhe der Sachkosten als auch des Ausfallwagnisses
und des Unternehmergewinns nicht nachvollziehbar. Bzgl. der Sachkosten hat die Schiedsstelle auf Erfahrungswerte zurückgegriffen,
ohne diese auch nur ansatzweise zu benennen bzw. zu belegen. Weiter hat die Schiedsstelle angegeben, Ausfallwagnis und Unternehmergewinn
"pauschal" festgelegt bzw. "geschätzt" zu haben. Sie hat jedoch weder dargelegt, aus welchen Gründen sie lediglich eine Schätzung
bzw. Pauschalierung für möglich hält, noch die der Pauschalierung bzw. Schätzung zu Grunde liegenden maßgebenden Faktoren
dargestellt. Das einzige, was die Schiedsstelle klar benannt hat, ist, dass sie sowohl ein Ausfallwagnis als auch einen Unternehmergewinn
als zu berücksichtigen ansieht, hat aber auch hierfür die Gründe nicht dargelegt und sich mit der Argumentation der Beklagten
nicht auseinandergesetzt.
Zunächst erschließt sich nicht, aus welchen Gründen das Ausfallwagnis und der Unternehmergewinn zusammengefasst (pauschaliert)
wurden. Bereits dies macht eine Nachprüfung für das Gericht unmöglich. Wenn beide Faktoren zusammengefasst werden, ohne die
Einzelwerte anzugeben, kann das Gericht die Plausibilität der Festsetzung nicht prüfen. Es ist auch nicht erkennbar, dass
diese beiden Faktoren von der Sache her so eng miteinander verknüpft wären, dass sie zusammengefasst werden können bzw. müssen,
vielmehr sind Ausfallwagnis und Unternehmergewinn unabhängig voneinander. Mit dem Ausfallwagnis soll der Notwendigkeit der
Vorhaltung von Personal, das aus verschiedenen Gründen dann nicht eingesetzt wird, aber gleichwohl entlohnt werden muss, entsprochen
werden. Der Unternehmergewinn ist zu berücksichtigen, weil die Vergütung auch die Möglichkeit bieten muss, Gewinne zu erzielen,
die als Überschuss verbleiben können (vgl. Urteil des BSG vom 16. Mai 2013, Az. B 3 P 2/12 R, juris Rdnr. 26 = SozR 4-3300 § 85 Nr. 4).
Die Schiedsstelle hat offensichtlich den von der Beklagten begehrten Wert für das Ausfallwagnis von 7 % und den für den Unternehmergewinn
von 2,5 % zusammengefasst und (fast) genau die Hälfte hiervon festgesetzt (9,5 : 2 = 4,75). Es ist in keiner Weise plausibel
gemacht worden, aus welchen Gründen 4,7 Prozent festgelegt wurden.
Ähnliches gilt für die Festsetzung der Sachkosten. Auch hier wurde annährend der Mittelwert zwischen den angebotenen 5,67
Euro und den begehrten 7,75 Euro (= 6,71) festgesetzt. Der Rückgriff auf Erfahrungswerte, die jedoch in keiner Weise dargestellt
und deren Grundlagen nicht benannt werden, erweckt den Eindruck der Willkür und ist nicht überprüfbar.
Die Festsetzung der Vergütung darf nicht willkürlich erfolgen, sondern muss in einem nachvollziehbaren und den Vorgaben des
sozialhilferechtlichen Leistungserbringungsrechts entsprechenden Verfahren vorgenommen werden. Dabei obliegt die Festlegung
der Methode zur Ermittlung einer den Grundsätzen des § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII entsprechenden Vergütung grundsätzlich der Schiedsstelle (Jaritz/Eicher, aaO., § 77 Rdnr. 70). Die Formulierung des § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII legt nahe, dass im Rahmen des Leistungserbringungsvergleichs nicht nur einzelne Kalkulationsposten des Leistungserbringers
auf ihre Nachvollziehbarkeit und Plausibilität hin überprüft werden (einrichtungsbezogener interner Vergleich), sondern dass
grundsätzlich die Vergütungen verschiedener Leistungserbringer mit vergleichbarem Leistungsangebot miteinander verglichen
werden sollen (einrichtungsübergreifender externer Vergleich). Schließlich sollte auf Grund der Besonderheiten des sozialhilferechtlichen
Leistungserbringungsrechts in einer dritten Stufe beurteilt werden, ob eine höhere Vergütung gleichwohl mit den Grundsätzen
der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit vereinbar ist (sog. modifizierter externer Vergleich, vgl. Jaritz/Eicher,
aaO., § 75 Rdnr. 111). Werden Kriterien zur Durchführung des Leistungserbringervergleichs anstelle der Vertragsparteien durch
die Schiedsstelle festgelegt, besteht insoweit nur eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Die Entwicklung, Prüfung und
Anwendung von Vergleichskriterien ist Ausdruck der besonderen Sachkompetenz der Schiedsstelle. Das mit der Überprüfung eines
Schiedsspruchs befasste Gericht prüft lediglich, ob die von der Schiedsstelle gewählten Kriterien offensichtlich sachfremd
sind. Die Befugnis der Schiedsstelle zur Entwicklung von Kriterien für den Leistungserbringungsvergleich berechtigt nicht
zur "freien Setzung" einer Vergütung ohne erkennbare Methode (vgl. Jaritz/Eicher, aaO., § 75 Rdnr. 108). Dies bedeutet für
den vorliegenden Fall, dass die Schiedsstelle zwar möglicherweise eine Pauschalierung und/oder Schätzung vornehmen darf, dann
aber darlegen muss, aus welchen Gründen eine exaktere Festlegung unter Berücksichtigung von Vergleichskriterien in diesem
Einzelfall nicht in Betracht kommt. Hierzu hätte sie sich auch mit der Argumentation des Klägers und der Beklagten auseinandersetzen
müssen.
Eine exaktere Ermittlung der Höhe der Sachkosten ist möglich, hiervon geht offensichtlich auch die Schiedsstelle aus, wenn
sie auf Erfahrungswerte aus anderen Verhandlungen zurückgreift. Dort müssten dann genauere Erhebungen angestellt worden sein.
Sofern diese auf das vorliegende Verfahren übertragbar sind, hätten sie genauer dargestellt werden müssen. Die von der Schiedsstelle
vorgenommene Begründung ist so inhaltsleer, dass sie praktisch einer fehlenden Begründung gleichkommt.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass sie zur Höhe des einzustellenden Ausfallwagnisses die entsprechenden Positionen in der
Vergangenheit erhoben habe. Der Kläger hat bemängelt, dass die Beklagte zur Ermittlung dieses Wertes keinerlei Unterlagen
oder Berechnungen vorgelegt habe. Dies zeigt, dass beide Beteiligten von der Möglichkeit der genaueren Bestimmung des Ausfallwagnisses
ausgehen. Wenn die Schiedsstelle dem nicht folgt, muss sie die Gründe hierfür darlegen, da eine Schätzung oder Pauschalierung
nach Auffassung des Senats nur dann in Betracht kommt, wenn eine exaktere Bestimmung anhand eines modifizierten externen Vergleichs
(vgl. hierzu Jaritz/Eicher, aaO., § 75 Rdnr. 110 ff) nicht möglich ist. Die Schiedsstelle hätte darlegen müssen, aus welchen
Gründen sie die Methode der Beklagten nicht für geeignet hält, den Wert für das Ausfallwagnis zu bestimmen. Nicht ausreichend
wäre, wenn der Grund darin läge, dass die Beklagte die zur Ermittlung des Ausfallwagnisses erhobenen Daten der Schiedsstelle
(und dem Kläger) nicht zugänglich gemacht hat. Zur Vorlage wäre die Beklagte verpflichtet gewesen. Für die Durchführung des
Schiedsverfahrens gilt der Untersuchungsgrundsatz (§ 20 SGB X). Die Schiedsstelle hat grundsätzlich den für den Schiedsspruch relevanten Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Grenzen
für die Amtsermittlungspflicht ergeben sich allerdings aus der gesetzlichen Aufgabenzuweisung in § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII und den im Schiedsverfahren erhöhten Mitwirkungsobliegenheiten der (Schieds-) Vertragsparteien. Grund für diese erhöhten
Mitwirkungsobliegenheiten ist die Ausgestaltung des Schiedsstellenverfahrens als Vertragshilfeverfahren, die Kürze der für
die Entscheidungsfindung der Schiedsstelle zur Verfügung stehenden Zeit (§ 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII) und der fehlende Verwaltungsunterbau der sozialhilferechtlichen Schiedsstelle. Ist das Vorbringen der Vertragsparteien nicht
ausreichend, um den Sachverhalt ausreichend zu beurteilen, muss die Schiedsstelle die Vertragsparteien durch Erteilung von
Auflagen zu weiterer Darlegung und Substantiierung auffordern (Jaritz/Eicher, aaO., § 80 Rdnr. 41). Diese Besonderheiten verstärken
die Mitwirkungspflichten der Parteien "bis an den Rand einer Beibringungspflicht" (Neumann, aaO., § 77 Rdnr. 14 m.w.N.). Ergibt
sich auch nach Mitwirkung der Beteiligten keine auseichende Beurteilungsgrundlage, so kommt im Einzelfall auch die Einholung
eines Sachverständigengutachtens durch die Schiedsstelle in Betracht.
Zusammengefasst ergibt sich, dass der Beschluss der Schiedsstelle rechtswidrig ist, da diese Ausfallwagnis und Unternehmergewinn
zusammengefasst hat, ohne die Einzelwerte zu benennen und die Gründe für die Vornahme einer Schätzung bzw. Pauschalierung
und die der Schätzung zu Grunde liegenden Annahmen nicht dargelegt hat sowie die Festsetzung der Sachkosten praktisch nicht
begründet hat. Der Beschluss der Schiedsstelle war daher aufzuheben.
Den Grundsatz des fairen Verfahrens sieht der Senat entgegen der Auffassung des Klägers nicht als verletzt an. Er geht zwar
davon aus, dass eine gemeinsame Verhandlung der Verfahren der verschiedenen Träger vor der Schiedsstelle grundsätzlich nur
mit deren und dem Einverständnis des Klägers stattfinden darf, von dieser ist die Schiedsstelle jedoch offensichtlich ausgegangen.
Auch wenn der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, er habe entgegen der Niederschrift über die nichtöffentliche
Verhandlung der Schiedsstelle sein Einverständnis zu einer gemeinsamen Verhandlung nicht gegeben, so ergab sich aus den schriftlichen
Einlassungen des Klägers nicht, dass er mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden war. Er hatte sich in seinem Schriftsatz
vom 21. August 2014 lediglich gegen eine Verbindung der Verfahren gewandt, nicht jedoch gegen eine gemeinsame Verhandlung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des §
160 Abs.
2 SGG vorliegt.