LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.11.2018 - 1 KR 416/16
Übernahme der Kosten für eine Bauchdeckenstraffung und Brustvergrößerung
Vertrauensschutzregelung
Befundgestützter Antrag
1. § 13 Abs. 3a SGB V ist eine Vertrauensschutzregelung, deren Anwendbarkeit voraussetzt, dass der Versicherte auf das Ergehen einer Genehmigung
vertrauen durfte.
2. In subjektiver Hinsicht reicht dazu aus, dass der Versicherte sich mit einem befundgestützten Antrag an seine Krankenkasse
wendet.
3. Ein berechtigtes Vertrauen darauf, dass eine Krankenkasse aufwändige medizinische Behandlungen gleichsam auf Zuruf bewilligen
wird, ist demgegenüber nicht anzuerkennen, weil sonst eine Operation als Sachleistung erbracht werden muss, ohne dass vorher
irgendein Arzt die medizinische Verantwortung für das Bestehen einer entsprechenden Indikation übernommen hätte.
Vorinstanzen: SG Berlin 08.07.2016 S 166 KR 4207/15
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Juli 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine Operation.
Die Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Mit Schreiben vom 24. Juni 2015 beantragte sie bei der Beklagten die Übernahme der
Kosten für eine Bauchdeckenstraffung und Brustvergrößerung. Sie verwies darauf, dass sie nach der Geburt ihrer Kinder zunächst
stark Gewicht zugenommen habe, das sie in letzter Zeit auf Anraten diverser Ärzte wieder reduziert habe. Seitdem seien ihre
Brüste und ihr Bauch nur noch herunterhängende Hautlappen. Weil sie ihre Hautreizungen einigermaßen im Griff habe, verfüge
sie nicht über ärztliche Atteste. Der bestehende Zustand mit den Hautlappen würde sie aber an der Teilnahme am Leben außerhalb
ihrer Familie hindern. Sie beziehe seit 2012 Erwerbsunfähigkeitsrente wegen einer psychischen Störung. Diese habe sich durch
die Ausbildung der Hautlappen nicht gebessert. Falls die Beklagte weitere Darlegungen, Formulare oder Fotos benötige werde
um kurze Mitteilung gebeten.
Die Beklagte fertigte ein Schreiben vom 07. Juli 2015, in dem sie von der Klägerin für eine Begutachtung durch den Medizinischen
Dienst der Krankenversicherung (MDK) einen Arztbericht, eine Fotodokumentation, eine Verordnung von Krankenhausbehandlung
sowie Angaben zu Körpergröße und -gewicht einschließlich des Gewichtsverlaufs der letzten zwei Jahre sowie eine gegebenenfalls
vorhandene Bescheinigung über eine dermatologische Behandlung anforderte. In einem weiteren Schreiben vom 3. September 2015
setzte die Beklagte eine Frist bis zum 30. September 2015 und wies darauf hin, dass eine Sozialleistung gemäß § 66 Sozialgesetzbuch
Erstes Buch versagt werden könne, wenn der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkomme. Mit Bescheid vom 06.
Oktober 2015 versagte die Beklagte dann der Klägerin die beantragte Kostenübernahme, weil sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht
nachgekommen sei.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 12. Oktober 2015 Widerspruch ein. Das Schreiben, mit dem sie zur Mitwirkung aufgefordert
worden sei, habe sie nicht erhalten. Sie werde nach Zugang des Schreibens ihrer Mitwirkungspflicht nachkommen.
Am 14. Dezember 2015 ist bei dem Sozialgericht Berlin die vorliegende Klage eingegangen. Unter Hinweis auf die in § 13 Abs. 3a Satz 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch ( SGB V) angeordnete Fiktionswirkung hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung der beantragten Mammaaugmentation
und Abdominoplastik begehrt.
Die Beklagte hat den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2016 zurückgewiesen. Ihre Leistungspflicht setze
das Vorliegen einer Krankheit voraus. Das habe nicht geprüft werden können, weil die Klägerin ihre Mitwirkung verweigere.
Das Sozialgericht hat die Klägerin aufgefordert, an der weiteren medizinischen Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Der
Rechtsauffassung, wonach die beantragte Leistung bereits als genehmigt zu gelten habe, werde nicht gefolgt. § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V beschränke sich auf einen Kostenerstattungsanspruch. Die Klägerin hat dazu erklärt, dass angesichts des Eingreifens der Genehmigungsfiktion
eine weitere Sachaufklärung nicht nötig sei. Daraufhin hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 08 Juli 2016 abgewiesen.
Die Ablehnung des Antrages wegen fehlender Mitwirkung sei rechtmäßig. Die Beklagte habe das Recht, die Notwendigkeit der geplanten
Versorgung begutachten zu lassen, woraus die Pflicht der Versicherten folge, gegebenenfalls an einer persönlichen Untersuchung
mitzuwirken. Die Klägerin sei aber bei ihrer Auffassung geblieben, dass eine Begutachtung nicht erforderlich sei. Die Notwendigkeit
einer Begutachtung sei aber nicht deswegen entfallen, weil der Antrag bereits als genehmigt gelten würde. Zwar sei die Frist
des § 13 Abs. 3a SGB V bei der Entscheidung der Beklagten vom 06. Oktober 2015 bereits abgelaufen gewesen. Indessen sei der von der Klägerin gestellte
Antrag nicht hinreichend bestimmt gewesen, so dass die Genehmigungsfiktion nicht habe eingreifen können. Der Antrag lasse
bereits den Umfang der beabsichtigten Bauchdeckenstraffung und Brustvergrößerung nicht erkennen. Auch sei nicht ersichtlich,
ob die Maßnahme stationär oder ambulant durchgeführt werden und welcher Leistungserbringer tätig werden solle. Es könne offenbleiben,
ob die Klägerin, die den Antrag ohne fachliche Befürwortung durch einen Arzt gestellt habe, den Eingriff für erforderlich
halten durfte. Auch könne offenbleiben, ob die beantragte Maßnahme im konkreten Fall außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen
Krankenversicherung liegen würde. Anspruch auf eine Operation, die das äußere Erscheinungsbild ändern solle, bestehe nämlich
nur bei Vorliegen einer Entstellung.
Gegen das ihr am 16. Juli 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 24. August 2016 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
eingegangene Berufung der Klägerin, die sie mit der einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden hat.
Sie habe einen Antrag gestellt und die Beklagte die Frist zur Entscheidung versäumt, so dass die Leistung als bewilligt anzusehen
sei. Da sie nicht zur Mitwirkung aufgefordert worden sei, könne ihr Antrag auch nicht wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt
werden. Auch nach dem Widerspruch sei keine Mitwirkungshandlung verlangt worden. Erst das Sozialgericht Berlin habe eine medizinische
Begutachtung gewollt. Das sei jedoch zu spät gewesen. Wegen der eingetretenen Genehmigungsfiktion sei für weitere Mitwirkungshandlungen
kein Platz mehr. Sie - die Klägerin - habe nicht wissen müssen, wie ein sachgerechter Antrag auszusehen habe, vielmehr hätten
der Beklagten entsprechende Hinweise oblegen, die aber ausgeblieben seien. Die Beklagte dürfe nicht dafür belohnt werden,
dass sie ihre Aufklärungspflichten verletzt habe. Da der begehrte Eingriff nur stationär habe erfolgen können, sei die Frage
nach einer stationären oder ambulanten Behandlung bei Antragstellung nicht zu beantworten gewesen. Was den Umfang der Kostenübernahme
angehe, würden die Krankenkassen normalerweise die üblichen Kosten für den notwendigen Eingriff übernehmen, die im Rahmen
der GOA abzurechnen sein. Auch habe die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass ein Antrag nicht ohne fachliche Befürwortung
durch einen Arzt gestellt werden dürfe. Die begehrten Eingriffe lägen deswegen nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges
der Beklagten, weil sie bei entsprechender Indikation als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung genehmigt werden könnten.
Hilfsweise werde vorgetragen, dass die Brustimplantate nicht nur aus der Funktion des Stillens notwendig seien, sie würden
zum Frausein dazugehören. Die Beklagte habe sie - die Klägerin - nicht zur Mitwirkung aufgefordert und sie auch nicht auf
die Folgen einer unterbliebenen Mitwirkung hingewiesen. Die Beklagte trage die Beweislast, dass ihre angebliche Aufforderung
sie - die Klägerin - auch zeitnah erreicht habe. Hätte die beantragte Leistung offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs
der gesetzlichen Krankenversicherung gelegen, hätte die Beklagte sie sogleich ablehnen können. Das Gesetz sehe als Sanktion
für die Fristversäumnis der Beklagten vor, dass diese die beantragten Leistungen gewähren müsse und mit weiteren Einwendungen
ausgeschlossen sei. Die Frage, ob Leistungen im System der gesetzlichen Krankenversicherung seien, sei von der nach ihrer
medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall zu trennen. Ausgehend von den neuesten Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) komme es nicht mehr auf die Frage an, ob die Beklagte sich auf einen unzureichenden Antrag stützen könne, wenn sie ihrerseits
ihre Beratungspflichten versäumt habe. Die vom BSG vorgenommenen Begrenzungen bezögen sich auf Leistungen, die offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen
Krankenversicherung liegen würden und die der Antragsteller subjektiv nicht für erforderlich halten durfte. Auf das Erfordernis
eines befundgestützten Antrags könne die Beklagte nicht abstellen, weil das nicht zwingender Bestandteil eines Antrags sei,
jedenfalls dann nicht, wenn versäumt worden sei, den Versicherten darauf hinzuweisen. Maßgebend seien ansonsten allein die
persönlichen Vorstellungen des Versicherten. Sie - die Klägerin - habe der Beklagten zwar keinerlei medizinische Unterlagen
zur Verfügung gestellt, sich aber zunächst bereit erklärt, weitere Darlegungen, Fotos oder bestimmte Formulare beizubringen,
falls diese benötigt würden. Darauf habe die Beklagte sich aber nicht gemeldet. Ein Mitwirkungsschreiben vom 07. Juli 2015,
auf das sich die Beklagte berufe, sei erst mit Schriftsatz vom 16. Februar 2016 nachgereicht worden, was außerhalb jeglicher
Frist liege. Dem Sinn der Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V würde widersprochen, wenn die Genehmigungsfiktion durch eine nachträgliche Prüfung der einzelnen Leistungsvoraussetzungen
wieder entwertet werden könnte. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssten, damit der Versicherte subjektiv eine Leistung
für erforderlich halten durfte, sei durch die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Außerdem
habe sie - die Klägerin - eine Ärztin aufgesucht, die ihr zu den beantragten Eingriffen geraten habe. Dass die Ärztin keine
Vertragsärztin der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gewesen sei, habe sie nicht gewusst. In laufender vertragsärztlicher
Behandlung habe sie sich in der Zeit vor der Antragstellung nicht befunden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Juli 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. Oktober 2015 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die beantragte Mamaaugmentations-
und Abdominoplastikoperation als Sachleistung zu gewähren und die hierfür anfallenden Kosten zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Versicherte müssten alle Tatsachen angeben, die für eine von ihnen beantragte Leistung erheblich seien. Eine kosmetische Operation
sei nicht vom Leistungskatalog der GKV umfasst. Nicht glaubhaft sei, dass die Klägerin das für sie negative Schreiben nicht
erhalten haben wolle. Die Genehmigungsfiktion könne nicht eingreifen, da es an einem fiktionsfähigen Antrag fehle und die
beantragte Leistung auch außerhalb des Leistungskataloges der GKV liege. § 13 Abs. 3a SGB V solle nicht zu Rechtsmissbrauch einladen, indem die Leistungsgrenzen der GKV außer Kraft gesetzt würden. Es könne nicht im
Sinne der Versicherten und des Gesetzgebers sein, dass eine Krankenhausbehandlung ohne festgestellte Krankheit und Indikation
stattfinde. § 13 Abs. 3a SGB V stelle ausdrücklich auf erforderliche Leistungen ab. Bei der Klägerin liege keine körperliche Abnormität vor, die als Krankheit
zu bewerten wäre. Eine Erschlaffung der Bauchdecke stelle schon keine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne dar.
Auch die veränderte Brustform könne ebenso wenig wie der Rückgang des Brustvolumens nach Schwangerschaft oder Stillzeit als
behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil damit keine körperliche Fehlfunktion verbunden sei. Eine psychische
Belastung der Klägerin rechtfertige keinen operativen Eingriff. Mangels entsprechender Befunde habe die Klägerin die beantragte
Leistung auch nicht für erforderlich halten dürfen. Das Bundessozialgericht (BSG) stelle in seinen Entscheidungen immer wieder darauf ab, dass die Leistungsgrenzen der GKV, die jedem Versicherten klar sein
müssten, nicht überwunden werden dürften. Demnach sei nicht der individuelle Erwartungshorizont, sondern nur die berechtigte
Erwartung von Versicherten maßgeblich.
Der Senat hat durch Beschluss vom 25. November 2016 der Klägerin wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand gewährt. Er hat bei der von der Klägerin aufgesuchten Ärztin Frau Doktor M wegen des Inhalts des Beratungsgesprächs
nachgefragt. Wegen der Antwort wird auf das Schreiben der Ärztin vom 23. Juli 2018 Bezug genommen. Für die weiteren Einzelheiten
des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben
und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist im Ergebnis zutreffend. Die angefochtenen Bescheide der
Beklagten sind nicht rechtwidrig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf,
dass die Beklagte wie beantragt die Mamaaugmentations- und Abdominoplastikoperation genehmigt und die Kosten übernimmt.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin gilt der von ihr mit Schreiben vom 24. Juni 2015 gestellte Antrag auf Übernahme
der Kosten für eine Bauchdeckenstraffung und Brustvergrößerung nicht gemäß § 13 Abs. 3a SGB V als genehmigt. Nach § 13 Abs.3a SGB V hat eine Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang
oder in Fällen, in denen eine gutachterliche Stellungnahme insbesondere des MDK eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen
nach Antragseingang zu entscheiden. Kann eine Krankenkasse diese Fristen nicht einhalten, teilt sie das den Leistungsberechtigten
unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf
der Frist als genehmigt.
Zwar erfüllt das Schreiben der Klägerin vom 24. Juni 2015 die im Rahmen des § 13 Abs. 3a SGB V an einen Antrag zu stellenden Voraussetzungen. Nach der Rechtsprechung des BSG sind an die Bestimmtheit eines Antrags nämlich keine hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist nicht erforderlich,
dass der Versicherte deutlich macht, ob er eine stationäre oder ambulante Behandlung wünscht (BSG v. 11. Juli 2017 - B 1 KR 1/17 R - juris Rn 19/20). Unerheblich für den Ablauf der Frist ist auch, ob die Klägerin das Schreiben der Beklagten vom 7. Juli
2015 zeitnah erreicht hat. Allein die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und entsprechend die der Einholung von zusätzlichen
Informationen bei dem Versicherten führt grundsätzlich nicht dazu, dass sich die in § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V bestimmte Frist verlängert (BSG v. 11. Juli 2017 - B 1 KR 26/16 R juris Rn 25). Eine Verlängerung der mit dem Eingang des Antrags bei der Beklagten bereits in Gang gesetzten Frist zur Entscheidung
hätte vielmehr nach § 13 Abs. 3a SGB V vorausgesetzt, dass die Klägerin auf die Verlängerung und ihren Grund hinweist und eine neue Frist für ihre Entscheidung
angibt. Solche Informationen enthält das Schreiben vom 7. Juli 2015 aber nicht. Weiter ist durch die Rechtsprechung des BSG mittlerweile geklärt, dass sich aus § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ein Anspruch der Versicherten auf Erbringung der Sachleistung ergibt, nicht nur auf Kostenerstattung für selbstbeschaffte
Leistungen BSG v. 7. November 2017 - B 1 KR 24/17 R - juris Rn 16 mit weit. Nachw.).
Die Herleitung eines Anspruchs aus § 13 Abs. 3a SGB V scheitert hier aber daran, dass diese Vorschrift eine Vertrauensschutzregelung ist, deren Anwendbarkeit voraussetzt, dass
der Versicherte auf das Ergehen einer Genehmigung vertrauen durfte (vgl. etwa BSG v. 11. Juli 2017 - B 1 KR 16/16 R - juris Rn 20). Die begehrten Eingriffe lagen zwar nicht grundsätzlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV. Das ergibt
sich bereits daraus, dass auch die Beklagte noch weitere medizinischen Ermittlungen für notwendig hielt und den MDK damit
beauftragen wollte, ehe sie über den Antrag entschied. Auch in der Rechtsprechung des BSG ist anerkannt, dass eine Abdominalplastik ebenso wie eine Bruststraffung nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs
der GKV liegt (BSG v. 7. November 2017 - B 1 KR 15/17 R - juris Rn 25; v. 11. September 2018 - B 1 KR 1/18 R - juris Rn 22). Die Klägerin durfte die begehrte Behandlung auf der Grundlage der bei Antragstellung gegebenen Umstände aber
nicht für erforderlich halten. In subjektiver Hinsicht hält das BSG regelmäßig für ausreichend, dass der Versicherte sich mit einem befundgestützten Antrag an seine Krankenkasse wendet (BSG v. 26. September 2017 - B 1 KR 6/17 R - juris Rn 20, 22; v. 11. September 2018 - B 1 KR 1/18 R - juris Rn 22). Unter dieser Voraussetzung darf er darauf vertrauen, dass sein Antrag genehmigt werden wird, so dass § 13 Abs. 3a SGB V Anwendung findet. Die Klägerin hatte aber bei der Stellung des Antrags am 24. Juni 2105 keine Verordnung von Krankenhausbehandlung,
kein Attest und keine sonstige medizinische Stellungnahme in der Hand und der Beklagten vorgelegt, aus der sich ergab, dass
die von ihr in Aussicht genommene Behandlung medizinisch indiziert gewesen wäre. Ein berechtigtes Vertrauen darauf, dass eine
Krankenkasse aufwändige medizinische Behandlungen gleichsam auf Zuruf bewilligen wird, ist nicht anzuerkennen. Ansonsten müsste
die Beklagte eine Operation als Sachleistung erbringen, ohne dass vorher irgendein Arzt die medizinische Verantwortung für
das Bestehen einer entsprechenden Indikation übernommen hätte. Nur unter Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt kann
die Klägerin sich die Vorstellung gemacht haben, dass die Beklagte den Antrag so wie er gestellt wurde auch bewilligen würde.
Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, auf eine Vervollständigung des Antrags hinzuwirken,
was sie im Übrigen durch das Schreiben vom 7. Juli 2015 versucht hat.
Soweit die Klägerin darauf verweist, sie sei vor der Beantragung der Leistung bei Frau Dr. M in der Sprechstunde gewesen,
wo ihr zu dem später dann beantragten Eingriff geraten worden sei, übersieht sie zunächst, dass sie der Beklagten bei der
Antragstellung keinen von Frau Dr. Merhobenen Befund ausgehändigt hat. Im Übrigen durfte die Klägerin auch nach der Beratung
durch Frau Dr. M nicht darauf vertrauen, dass ihr die begehrte Leistung von der Beklagten gerade in ihrer Eigenschaft als
gesetzliche Krankenkasse gewährt werden würde. Der Senat verweist dazu auf die von Dr. M erteilte Auskunft, wonach sie als
ausschließlich privat abrechnende Ärztin sich grundsätzlich nicht dazu äußere, ob eine Behandlung als medizinisch indiziert
in dem Sinne angesehen werden könne, dass sie in die Leistungspflicht der GKV fällt. Auch unabhängig von der unterbliebenen
Mitteilung des ärztlichen Befunds an die Beklagte kann sich damit kein berechtigtes Vertrauen dahingehend gebildet haben,
die Beklagte werde die Leistung übernehmen. Dass Frau Dr. M keine Vertragsärztin war, hätte der Klägerin bereits deswegen
auffallen müssen, weil nach ihrem eigenen Vorbringen die Versichertenkarte bei dem Arztbesuch nicht zum Einsatz kam. Nach
Einschätzung des Senats ist jedem Versicherten bekannt, dass die Versichertenkarte benutzt werden muss, wenn Behandlungsleistungen
zu Lasten der GKV in Anspruch genommen werden. Außerhalb von Notfällen erfolgt der Zugang zu stationären Behandlungen über
an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, zu deren Aufgaben nach dem Gesetz auch die Verordnung von Krankenhausbehandlung
gehört. Eine solche Verordnung hatte die Klägerin nicht vorzuweisen. Zwar darf ein Versicherter über § 13 Abs. 3a SGB V private Behandlungsleistungen zu Lasten der GKV in Anspruch nehmen, wenn seine Krankenkasse ihm Leistungen zu Unrecht verweigert
hat (BSG v. 11. Juli 2017 - B 1 KR 1/17 R - juris Rn 24). Die Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen steht dann aber am Ende eines Weges, der bei der GKV begonnen
hat und nicht wie hier am Anfang. Die Klägerin hat jedenfalls - unabhängig vom privatärztlichen Status von Dr. M - nie die
ärztliche Auskunft erhalten, dass die von ihr gewünschte Behandlung zumindest möglicherweise in die Leistungspflicht der GKV
fallen könne. Unter diesen Voraussetzungen scheitert die Anwendung des § 13 Abs.3a SGB V daran, dass die Erwartungen der Klägerin nicht schutzwürdig gewesen sind.
Der Senat kann schließlich nicht feststellen, dass die Klägerin auch unabhängig von den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a SGB V einen Anspruch auf stationäre Behandlung mit dem Ziel einer Brustvergrößerung und Bauchdeckenstraffung hätte. Versicherte
haben nach §§ 11, 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 SGB V Anspruch auf Behandlung im Krankenhaus Zur Frage des Umfangs des Behandlungsanspruchs ergibt sich aus §§ 2 Abs. 1, 12 SGB V, dass die Leistungen ausreichend und zweckmäßig sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Jedenfalls
setzt der Anspruch auf Behandlung eine Krankheit voraus. Von deren Vorliegen kann sich der Senat hier nicht überzeugen, weil
entsprechende ärztliche Einschätzungen fehlen und die Klägerin bisher weitere Untersuchungen und Begutachtungen abgelehnt
hat.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Bislang ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob die
Vorlage von ärztlichen Befunden bei Antragstellung zwingende Voraussetzung für das Eingreifen der Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V ist.
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