Arzneimittelrecht
Anpassung von Festbeträgen
Arzneimittel Medikinet®
Zweistufiges Verfahren
Tatbestand:
Das klagende pharmazeutische Unternehmen wendet sich gegen die Festbetragsanpassung der Festbetragsgruppe "Methylphenidat,
Gruppe 1".
Der Beigeladene hat mit Beschluss vom 19. Juli 2007 die Festbetragsgruppe "Methylphenidat, Gruppe 1" für alle methylphenidathaltigen
Arzneimittel in abgeteilten oralen Darreichungsformen (Kapseln, Retardkapseln, Tabletten und Retardtabletten) nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V, sogenannte Stufe 1) gebildet. Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen der M-Gruppe, zu der auch die M Arzneimittel
P GmbH & Co. KG gehört. Einer der Schwerpunkte der Unternehmenstätigkeit dieses Unternehmens ist die Herstellung von Arzneimitteln
im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, insbesondere für die Behandlung der Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung
(ADHS) bei Kindern und Jugendlichen. Sie ist dabei alleinige Zulassungsinhaberin unter anderem für die Produkte Medikid®,
Medikinet® und Medikinet® retard.
Die Klägerin selbst vertreibt das Arzneimittel Medikinet® adult, für das sie alleinige Zulassungsinhaberin ist. Medikinet®
adult ist ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel zur Behandlung einer seit Kindesalter fortbestehenden ADHS bei Erwachsenen
ab einem Lebensalter von 18 Jahren. Es ist in Deutschland als Hartkapsel in retardierter Galenik zugelassen. Die Hartkapseln
enthalten den nicht mehr patentgeschützten Wirkstoff Methylphenidat(-hydrochlorid) sowie Sucrose als sonstigen Bestandteil
und sind in den Wirkstärken 5, 10, 20, 30 und 40 mg verfügbar. Die Markteinführung des Arzneimittels erfolgte für die einzelnen
Wirkstärken zum 1. Juli 2011. Wirkstärkenunabhängig beträgt die Packungsgröße jeweils 26 und 50 Retard-Kapseln. In den Wirkstärken
20 mg und 30 mg ist zusätzlich eine Packung mit 78 Retard-Kapseln im Handel.
Neben Medikinet® adult sind auf dem deutschen Markt noch weitere Präparate mit dem generischen Wirkstoff Methylphenidat zur
Behandlung von ADHS zugelassen und verfügbar. Es handelt sich dabei um die folgenden Arzneimittel (Stand: 1. April 2014):
Bezeichnung
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Wirkstärken
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Darreichungsform
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Menge
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Methylphenidat - 1A Pharma®
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10 mg
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Tabletten
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20, 50, 100 Stück
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Methyphenidat HEXAL®
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10 mg
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Tabletten
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20, 50, 100 Stück
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Concerta®
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18, 27, 36, 54 mg
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Retardtabletten
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30 Stück
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Medikid®
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20 mg
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Tabletten
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30, 50 Stück
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Medikinet®
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5, 10, 20 mg
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Tabletten
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50 Stück
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5, 10 mg
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20 Stück
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10 mg
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100 Stück
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Medikinet® Retard
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5, 10, 20, 30, 40 mg
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Hartkapseln
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30, 50 Stück
|
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5 mg
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20 Stück
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Ritalin®
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10 mg
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Tabletten
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30, 60 Stück
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Ritalin®LA
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10, 20, 30, 40 mg
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Hartkapseln
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28 Stück
|
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20, 30, 40 mg
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56 Stück
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20 mg
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84 Stück
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Methylphenidat-hydrochlorid-neuraxpharm®
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18, 36, 54 mg
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Retardtabletten
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30 Stück
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Equasym® Retard
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10, 20, 30 mg
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Hartkapseln
|
30, 60 Stück
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10, 20 mg
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100 Stück
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Methylpheni TAD®
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5, 10, 20 mg
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Tabletten
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50 Stück
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10 mg
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20, 100 Stück
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Der Beklagte (bzw. sein Rechtsvorgänger) hat mit Beschluss vom 26. Oktober 2007 erstmalig für die Festbetragsgruppe "Methylphenidat
Gruppe 1" einen Festbetrag festgesetzt, der zum 1. Januar 2008 in Kraft trat. Unter Zugrundelegung einer Standardpackung der
Packungsgröße 50 Stück und der Wirkstärke 8,7 mg erfolgte eine Festsetzung des Festbetrages (auf Apothekeneinkaufspreisebene)
mit 17,93 EUR. Durch einen weiteren Beschluss des Beklagten vom 1. Februar 2010 wurde dieser Festbetrag mit Wirkung vom 1.
April 2010 angepasst. Unter Zugrundelegung derselben Standardpackung lag der Festbetrag nunmehr bei 13,43 EUR.
Mit Markteinführung zum 1. Juli 2011 wurde Medikinet® adult der Festbetrag für die streitgegenständliche Festbetragsgruppe
zugewiesen. Einen Antrag der Klägerin vom 18. April 2011, Medikinet® adult von der Festbetragsregelung der Stufe 1 für den
Wirkstoff "Methylphenidat Gruppe 1" auszunehmen und bei Markteinführung keinen Festbetrag festzusetzen, beantwortete der Beigeladene
mit Schreiben vom 18. Mai 2011 dahingehend, dass dort kein Handlungsbedarf gesehen werde, weil Arzneimittel mit dem Wirkstoff
Methylphenidat "automatisch von der bestehenden Festbetragsgruppe auf der Ebene derselben Wirkstoffe nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V (Stufe 1) umfasst" werde, "soweit sie keine für die Therapie bedeutsame unterschiedliche Bioverfügbarkeit (aufwiesen). Die
Festsetzung des Festbetrages (liege) nicht in der Regelungskompetenz des (Beklagten), sondern (werde) in einem gesonderten
Schritt seitens des GKV-Spitzenverbandes vorgenommen."
Am 25. November 2013 veröffentlichte der Beklagte seinen Vorschlag zu einer neuerlichen Anpassung des Festbetrages für die
streitgegenständliche Festbetragsgruppe. Dabei wurde nunmehr als Standardpackung eine Packungsgröße von 100 Stück mit Wirkstärke
8,7 mg zugrunde gelegt. Der darauf beruhende Festbetrag sollte zukünftig (auf Ebene des Abgabepreises des pharmazeutischen
Unternehmens) 28,44 EUR betragen.
Aus diesem Vorschlag ergab sich, dass keine der von der Klägerin angebotenen Packung von Medikinet® adult zum Festbetrag zur
Verfügung stehen würde.
PZN
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Artikelname
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Menge
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Einh. Preis (1.10.2013)
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Festbetrags-vorschlag
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6905400
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MEDIKINET adult 5 mg Hartkapseln retardiert
|
50 St.
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6,16
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5,80
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7313558
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MEDIKINET adult 10 mg Hartkapseln retardiert
|
50 St.
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12,55
|
12,37
|
7313564
|
MEDIKINET adult 20 mg Hartkapseln retardiert
|
50 St.
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26,52
|
25,87
|
7313570
|
MEDIKINET adult 30 mg Hartkapseln retardiert
|
50 St.
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41,13
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40,06
|
7313593
|
MEDIKINET adult 40 mg Hartkapseln retardiert
|
50 St.
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55,93
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54,45
|
Das Verordnungsvolumen der von der Beklagten zugrunde gelegten Standardpackung von 100 Stück (Wirkstärke 8,7 mg) stellte sich
2012 wie folgt dar:
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8,7 mg / 50 Stück
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8,7 mg / 100 Stück
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Hersteller
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1A Pharma Hexal TAD Medice Arzneimittel Medice Pharma
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1A Pharma Hexal TAD Medice Arzneimittel Shire GKV-Verordnungen 2012 gem. Insight Health
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219.784
|
87.822
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Die Klägerin nahm fristgemäß zu dem Vorschlag Stellung. Nach Abschluss des Stellungnahmeverfahrens beschloss der Beklagte
am 3. Februar 2014, bekanntgegeben im Bundesanzeiger am 10. Februar 2014, die Anpassung des Festbetrages für die streitgegenständliche
Festbetragsgruppe. Der Beschluss folgte dem zuvor veröffentlichen Vorschlag und setzte den Festbetrag (auf Ebene der Abgabepreise
der pharmazeutischen Unternehmer) für eine Standardpackung mit einer Packungsgröße von 100 Stück und einer Wirkstärke von
8,7 mg auf 28,44 EUR fest.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 6. Februar 2014 Anfechtungsklage beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhoben.
Sie trägt vor, dass in der derzeitigen Gruppenbeschreibung die Festbetragsgruppe "Methylphenidat 1" - wie auch der für sie
festgesetzte Festbetrag - gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoße, weil nach dieser Beschreibung auch Medikinet® adult
als orales Methylphenidatpräparat in seiner Darreichungsform als retardierte Hartkapsel und in seiner Zulassung für die ADHS-Behandlung
bei Erwachsenen dieser Festbetragsgruppe zugeordnet werde und dem festgesetzten Festbetrag unterworfen sei.
Die Höhe des Festbetrages sei zudem durch den Beklagten in unzureichender Beachtung der Kriterien des §
35 Abs.
5 Satz 4
SGB V ermittelt worden. Aus der Rechtswidrigkeit der Zuordnung von Medikinet® adult zur streitgegenständlichen Festbetragsgruppe
und der rechtswidrigen Festsetzung des Festbetrages ergebe sich ihre Rechtsverletzung. Es sei fraglich, ob die gegenwärtige
Gruppenbeschreibung im Einklang mit §
35 Abs.
1 Satz 2 2. Halbsatz
SGB V stehe. Nach dieser Norm seien unterschiedliche Bioverfügbarkeiten zu berücksichtigen, sofern diese für die Therapie bedeutsam
sind. Eine derartige unterschiedliche Bioverfügbarkeit könne sich insbesondere aus der galenischen Zubereitung eines Arzneimittels
ergeben. Berücksichtigt werden müssten daher therapiebedeutsame Unterschiede in den Darreichungsformen und der Galenik. Die
Gruppenbeschreibung der streitgegenständlichen Festbetragsgruppe differenziere kaum nach der unterschiedlichen Galenik und
den unterschiedlichen Darreichungsformen der methylphenidathaltigen Arzneimittel. Zwar werde die Gruppe auf abgeteilte orale
Darreichungsformen begrenzt. Eine Unterscheidung zwischen normaler und retardierter Freisetzung des Wirkstoffes bei den einzelnen
Arzneimitteln werde indes nicht vorgenommen. Auch bei der Markteinführung von Medikinet® adult sei keine entsprechende Prüfung
vorgenommen worden. Der Beigeladene habe ihr lediglich mit Schreiben vom 18. Mai 2011 mitgeteilt, dass Medikinet® adult "automatisch"
von der bestehenden Festbetragsgruppe erfasst werde, soweit es keine für die Therapie bedeutsamen Unterschiede in der Bioverfügbarkeit
aufweise. Ob sich indes tatsächlich derartige Unterschiede für Medikinet® adult - etwa aufgrund der besonderen Darreichungsform
als retardierte Hartkapsel - ergeben, sei bis zum heutigen Tag durch den Beklagten nicht überprüft worden. Nach Kapitel 4
§ 17 Verfahrensordnung des Beigeladenen sei die unterschiedliche Bioverfügbarkeit wirkstoffgleicher Arzneimittel dann für
die Therapie bedeutsam, wenn das entsprechende Arzneimittel nicht durch ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel gleichwertig
ersetzt werden könne, es also für die ärztliche Therapie bestimmter Erkrankungen generell oder auch nur in bestimmten, nicht
seltenen Konstellationen unverzichtbar sei. Diese nähere Bestimmung des Rechtsbegriffes "für die Therapie bedeutsam" durch
die Verfahrensordnung folge im Wortlaut den Ausführungen des Bundessozialgerichts (BSG), das den Begriff im Sachzusammenhang mit §
35 Abs.
1 Satz 3
SGB V ausgelegt habe. Gegen diesen Grundsatz, dass die zu bildenden Festbetragsgruppen gewährleisten müssen, dass medizinisch notwendige
Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen müssten, verstoße die vorliegende streitbefangene Gruppenbildung. Da Medikinet®
adult in Deutschland als einziges Methylphenidat-Arzneimittel zur Behandlung von Erwachsenen zugelassen sei, sei wegen der
Festbetragsfestsetzung nicht mehr sichergestellt, dass den Versicherten eine ausreichende medikamentöse Behandlung dieser
Indikation zum Festbetrag zur Verfügung stehe.
Darüber hinaus bestimme §
35 Abs.
5 Satz 2
SGB V, dass - soweit wie möglich - eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen sei. Das BSG habe hierzu festgestellt, dass diesem Erfordernis Genüge getan sei, wenn lediglich ein einziges therapiegerechtes Arzneimittel
zum Festbetrag zur Verfügung stehe. Dies bedeute im Umkehrschluss aber zugleich, dass zumindest ein Arzneimittel dieses Kriterium
erfüllen müsse. Auch dieses Erfordernis sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil den Versicherten infolge der Festbetragsfestsetzung
eine alternativlose Therapie nur noch gegen Aufzahlung zugänglich sei. Da Medikinet® adult als einziges Arzneimittel für die
Behandlung adulter ADHS zugelassen sei, aber in keiner auf dem Markt befindlichen Wirkstärke zum Festbetrag zur Verfügung
stehe, sei es für die Versicherten nur noch gegen Aufzahlung erhältlich. Im Übrigen sei unter den Pharmakotherapien einzig
die Behandlung mit Methylphenidat ausreichend wie zweckmäßig und insoweit im Hinblick auf andere Wirkstoffe alternativlos,
als sie als medikamentöse Therapie der ersten Wahl empfohlen werde. Die Pharmakotherapie mit einem anderen Wirkstoff - in
Deutschland sei hierbei einzig noch Atomoxetin (Arzneimittel: Strattera®) zur Behandlung bei Erwachsenen zugelassen - stelle
somit keine Alternative zu Methylphenidat dar. Da die Behandlung von erwachsenen ADHS-Patienten mit anderen Methyphenidat-Präparaten
nur außerhalb der Zulassung dieser Medikamente im sogenannten "Off-Label-Use" erfolgen könne, seien diese nicht geeignet,
die Behandlung mit Medikinet® adult gleichwertig zu ersetzen.
Letztlich erweise sich auch die konkrete Höhe des Festbetrages als fehlerhaft, weil diese durch den Beklagten in unzureichender
Beachtung der Kriterien des §
35 Abs.
5 Satz 4
SGB V ermittelt und darauf folgend festgesetzt worden sei. Der Beklagte definiere in seinen Erläuterungen des regressions-analytischen
Verfahrens die Standardpackung als diejenige Wirkstärken-Packungsgrößen-Kombination, die von den meisten Anbietern ausgeboten
werde. Kämen aufgrund gleicher Anbieterzahl mehrere Wirkstärken-Packungsgrößen-Kombination in Betracht, werde diejenige ausgewählt,
die die meisten Verordnungen aufweise. Sofern auf einen Anbieter in einer Wirkstärken-Packungsgrößen-Kombinationen mehrere
Arzneimittel entfielen, werde das verordnungsstärkste Arzneimittel betrachtet. In der streitgegenständlichen Festbetragsgruppe
böten gleich viele Anbieter, nämlich jeweils fünf, eine Wirkstärken-Packungsgrößen-Kombination von 8,7 mg/50 Stück und von
8,7 mg/100 Stück an. Im Einzelnen seien dies für die Packungsgröße 50 Stück die Hersteller 1A Pharma, Hexal, TAD, Medice-Arzneimittel
P und Medice Pharma sowie für die Packungsgröße 100 Stück die Hersteller 1A Pharma, Hexal, TAD, Medice Arzneimittel P und
Shire. Bei gleicher Anbieterzahl für verschiedene Wirkstärken-Packungsgrößen-Kombinationen sei auch nach Auffassung der Beklagten
als subsitiertes Kriterium auf die Packungsgröße mit den meisten Verordnungen abzustellen. Dies sei jedoch die Kombination
8,7 mg/50 Stück mit einer Anzahl von 219.784 Verordnungen im Jahr 2012 gegenüber lediglich 87.822 Verordnungen der Kombination
8,7 mg/100 Stück.
Gegen diese Bestimmung der Standardpackung könne der Beklagte nicht einwenden, dass die Klägerin und die M Arzneimittel P
GmbH & Co. KG aufgrund von Namens- und Adressenübereinstimmungen als ein Anbieter zu werten sei. Die Klägerin firmiere als
eigene Kommanditgesellschaft unter einem anderen Namen, nämlich als M P GmbH & Co. KG und sei somit bereits in gesellschafts-
und handelsrechtlicher Hinsicht von der M Arzneimittel P GmbH & Co. KG zu unterscheiden. Sie sei weiterhin auch in arzneimittelrechtlicher
Hinsicht als alleinige Zulassungsinhaberin von Medikinet® adult identifizierbar und zudem mit eigener Anbieternummer in der
Lauer-Taxe aufgeführt. Weder aus handels- noch aus arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkten ergäben sich somit Anhaltspunkte
für die vom Beklagten unterstellte Identität der beiden Anbieter. Im Übrigen sei die Beklagte insoweit auch inkonsequent.
Bei anderen pharmazeutischen Unternehmen lege sie den Begriff Anbieter nämlich nicht wie im vorgenannten Sinne aus. So gehörten
die Anbieter Hexal und 1A Pharma ebenfalls einem Konzern.
Die Klägerin beantragt,
die Festsetzung des Festbetrages für die Festbetragsgruppe Methylphenidat 1 vom 3. Februar 2014 insoweit aufzuheben, als damit
ein Festbetrag für Medikinet® adult mit Wirkung vom 1. April 2014 festgesetzt worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, dass keine therapierelevanten Unterschiede in der Bioverfügbarkeit von Medikinet® adult bestünden. Nach §
35 Abs.
1 SGB V sei die Voraussetzung, dass medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen müssen, nur für Festbetragsgruppen
nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 und
3 SGB V vorgesehen. Unabhängig hiervon bestünden aber sowohl außerhalb als auch innerhalb der Festbetragsgruppe Verordnungsalternativen.
Hinsichtlich der Bioverfügbarkeit habe die Klägerin lediglich vorgetragen, dass Retard-Präparate ein "Musterbeispiel" für
die Regelung des §
35 Abs.
1 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V seien. Dies bedeute aber keineswegs, dass sich Retard-Arzneimittel und normal freisetzende Arzneimittel stets in der Bioverfügbarkeit
so unterschieden, dass es für die Therapie bedeutsam sei. Inhaltlich führe die Klägerin hierzu auch nichts aus. Das Arzneimittel
Medikinet® adult sei hinsichtlich des Wirkstoffs, der Zusammensetzung und des Freisetzungsverhaltens identisch mit dem bereits
zum Zeitpunkt der Gruppenbildung am 19. Juli 2007 verfügbaren und von dieser umfassten Arzneimittel Medikinet® retard. Das
ergebe sich auch aus der Fachinformation zu Medikinet® adult. Insofern habe sich der Beklagte bereits bei der Gruppenbildung
im Jahre 2007 im Hinblick auf das Arzneimittel Medikinet® retard mit möglichen, therapierelevanten Verfügbarkeitsunterschieden
befasst und diese verneint. Danach bestünden für das Arzneimittel Medikinet® adult keine Unterschiede in der Bioverfügbarkeit,
die für die Therapie bedeutsam seien. Medikinet® adult sei daher auch unter diesem Gesichtspunkt von der Festbetragsgruppe
umfasst.
Soweit die Klägerin vortrage, dass medizinisch notwendige Verordnungsalternativen nicht gewährleistet seien, weil Medikinet®
adult das einzige methylphenidathaltige Arzneimittel sei, das zur Behandlung von ADHS bei Erwachsenen zugelassen sei, sei
darauf hinzuweisen, dass sich der Gesetzgeber in §
35 Abs.
1 SGB V für eine wirkstoffbezogene Gruppenbildung entschieden habe. Er habe demgegenüber nicht festgelegt, dass eine Indikationsidentität
für Arzneimittel bestehen müsse. Im Übrigen sei in §
35 Abs.
1 Satz 3
SGB V die Voraussetzung der Gewährleistung medizinisch notwendiger Verordnungsalternativen ausdrücklich auf Festbetragsgruppen
nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 und
3 SGB V beschränkt.
Davon abgesehen, seien aber auch Verordnungsalternativen vorhanden. Am 1. April 2014 habe außerhalb der Festbetragsgruppe
der nicht festbetragsgeregelte Wirkstoff Atomoxetin (Strattera®) zur Behandlung Erwachsener mit ADHS zur Verfügung gestanden.
In der Fachinformation (Stand: Mai 2013) des Arzneimittels mit dem Wirkstoff Atomoxetin des Pharmazeutischen Unternehmers
L heiße es hierzu, dass Strattera® zur Behandlung der ADHS bei Kindern ab 6 Jahren, bei Jugendlichen und bei Erwachsenen als
Teil eines umfassenden Behandlungsprogramms angewendet werden könne. Soweit die Klägerin den Wirkstoff Atomoxetin (Strattera®)
mit Verweis auf Leitlinien nicht als Verordnungsalternative anerkenne, die die medikamentöse Behandlung mit Methylphenidat
als erste Wahl ansehen, könne sie mit diesem Argument nicht durchdringen. Dem habe bereits das BSG in seinem Urteil vom 30. Juli 2009 - B 1 KR 5/09 R - widersprochen.
Aber auch innerhalb der Festbetragsgruppe bestünden Versorgungsalternativen. Zum Zeitpunkt der Markteinführung von Medikinet®
adult zum 1. Juli 2011 hätten Arzneimittel mit dem Wirkstoff Methylphenidat zur Behandlung von Erwachsenen mit ADHS ohne Aufzahlung
zur Verfügung gestanden. Denn aufgrund der Zulassung von Medikinet® adult für die Behandlung von Erwachsenen mit ADHS hätten
auch die anderen methylphenidathaltigen Arzneimittel dem anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse bei der Verordnung
der Erwachsenen entsprochen, so dass es sich bei ihrer Verordnung um einen sachgerechten bestimmungsgemäßen Gebrauch handele.
Soweit die Klägerin die Festbetragsberechnung wegen einer fehlerhaften Ermittlung der Standardpackung beanstande, könne sie
hiermit keinen Erfolg haben. Bei der Festbetragsfestsetzung sei die Standardpackung korrekt ermittelt worden. Die Klägerin
und die M Arzneimittel P GmbH & Co. KG seien zulässigerweise als ein Anbieter gewertet worden. Beide Unternehmen gehörten
der M-Gruppe an. Die Klägerin sei eine 100%ige Tochtergesellschaft der M Arzneimittel P GmbH & Co. KG und von dieser als beherrschender
Muttergesellschaft wirtschaftlich und finanziell abhängig. Die Klägerin und die M Arzneimittel P GmbH & Co. KG stünden unter
einer einheitlichen Leitung bzw. einem maßgeblichen Einfluss. Sowohl Name als auch Adresse stimmten überein. Hinzuweisen sei
auf einen gemeinsamen Internetauftritt und eine gemeinsame Unternehmenspolitik.
Der Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass er bereits bei der Bildung der streitbefangenen Festbetragsgruppe im Jahre 2007 festgestellt habe, dass
die in der Festbetragsgruppe "Methylphenidat Gruppe 1" in Stufe 1 zusammengefassten Arzneimittel wirkstoffidentisch seien
und keine für die Therapie bedeutsamen Unterschiede hinsichtlich ihrer Bioverfügbarkeit aufwiesen. Insbesondere die von der
Klägerin angeführten Unterschiede in der Freisetzungskinetik einer retardierten Hartkapsel ermögliche zwar eine individuell
dosierte, dem Tagesverlauf und den Bedürfnissen der Betroffenen angepasste Behandlung, auch unter Beachtung möglicher Nebenwirkungen,
im Rahmen des therapeutischen Gesamtkonzepts. Dabei entspreche eine zweimalige Einnahme einer nicht-retardierten Darreichungsform
therapeutisch der einmaligen Einnahme einer Retard-Formulierung bei im Übrigen gleicher Bioverfügbarkeit. Die Retard-Galenik
bewirke nicht eine veränderte absolute Bioverfügbarkeit des Wirkstoffes am Wirkort, sondern allein eine veränderte Wirkdauer,
die eine andere Einnahmefrequenz zur Folge habe.
Die Einbeziehung von Medikinet® adult in die streitbefangene Festbetragsgruppe sei auch sachgerecht. Maßstab sei, ob Zeitpunkt,
Zuschnitt und Auswahl der Festbetragsgruppe gemessen an den gesetzlichen Vorgaben zur Festbetragsgruppenbildung nach §
35 SGB V schlechterdings unvertretbar sei und auf einer willkürlichen Entscheidung basiere. Dabei gehe der Beigeladene davon aus,
dass es für die rechtliche Beurteilung der Sachgerechtigkeit der Festbetragsgruppenbildung ohne Belang sei, ob innerhalb der
streitgegenständlichen Festbetragsgruppe neben dem Fertigarzneimittel Medikinet® adult weitere Arzneimittel explizit auch
zur (initialen) Behandlung einer seit dem Kindesalter fortbestehenden ADHS im Erwachsenenalter zugelassen sei. Für ihn hätten
sich im Zusammenhang mit seiner Prüfung keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Medikinet® adult im Vergleich zu wirkstoffgleichen
Arzneimitteln solche therapiebedeutsamen Unterschiede in der Bioverfügbarkeit aufweise, die einer Festbetragsgruppenbildung
bzw. der Einbeziehung von Medikinet® adult entgegenstünden. Dies resultiere bereits aus der Genese des Zulassungsverfahrens
für das Fertigarzneimittel Medikinet® adult. Danach sei es zwar zutreffend, dass Medikinet® adult im Hinblick auf die Anwendung
von Methylphenidat auch bei Erwachsenen selbst nicht im Sinne von § 24b Arzneimittelgesetz (AMG) bezugnehmend zugelassen sei. Darauf komme es aber nicht an. Vielmehr handele es sich um eine Zulassungserweiterung für ein
weiteres Anwendungsgebiet auf Basis des zugelassenen Arzneimittels Medikinet® retard 5, 10, 20, 30 und 40 mg zur Behandlung
der ADHS im Kindes- und Jugendalter. Das zugelassene Fertigarzneimittel Medikinet® retard und das Arzneimittel Medikinet®
adult seien identisch. Für identische Fertigarzneimittel könnten sich bereits keine Unterschiede in der Bioverfügbarkeit entsprechender
Präparate geben. Soweit die Klägerin vortrage, dass die Einbeziehung von Medikinet® adult in die streitgegenständliche Festbetragsgruppe
eine Einschränkung von Verordnungsalternativen bedeute, könne dem bereits deswegen nicht gefolgt werden, weil Weiterentwicklungen
eines zugelassenen und wie vorliegend nicht mehr geschützten Arzneimittels keiner eigenständigen Unterlagenschutzfrist unterfielen,
so dass bezugnehmende Zulassungen von generisch verfügbaren wirkstoffidentischen Arzneimitteln nach Maßgabe des § 24b AMG ebenfalls an der Zulassungserweiterung partizipieren. Angesichts der bloßen Zulassungserweiterung eines gleichermaßen zur
Behandlung von Kindern und Jugendlichen zugelassenen Arzneimittels erscheine es daher schon naheliegend, von überschneidenden
Anwendungsbereichen auszugehen. Letztlich komme es hierauf aber nicht an. Denn Festbetragsgruppenbildungen dienten im Allgemeinen
dazu, Wirtschaftlichkeitspotentiale in der Versorgung mit erstattungsfähigen Arzneimitteln dadurch zu beheben, dass ein wirksamer
Preiswettbewerb ausgelöst werde. Die Frage der Austauschbarkeit unterschiedlicher wirkstoffgleicher Arzneimittel werde mit
einer Festbetragsgruppenbildung nicht berührt und folge demgemäß anderen, abweichenden gesetzlichen Vorgaben. Unter diesem
Gesichtspunkt sei es ausgehend von der Vermutung des Gesetzgebers, dass die Zusammenfassung wirkstoffgleicher Arzneimittel
in eine Festbetragsgruppe keinen Bedenken begegne, sachgerecht auch für das Fertigarzneimittel Medikinet® adult keine Ausnahme
von der Einbeziehung in die streitgegenständliche Festbetragsgruppe vorzusehen.
Seit dem 1. Juli 2014 ist das seit dem 15. Juni 2014 verfügbare Ritalin® Adult mit dem Wirkstoff Methylphenidat zum Festbetrag
verfügbar. Ritalin® Adult ist ebenfalls zur Behandlung von ADHS im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie zur Behandlung
von ADHS bei Erwachsenen indiziert. Medikinet® adult ist seit dem 1. August 2014 zum Festbetrag verfügbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorlagen
und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Festsetzung des Festbetrages für die Festbetragsgruppe Methylphenidat 1 vom 3. Februar 2014
ist, soweit damit auch ein Festbetrag für Medikinet® adult mit Wirkung vom 1. April 2014 festgesetzt worden ist, rechtmäßig
und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klage ist zulässig. Mit der am 26. Februar 2014 erhobenen Anfechtungsklage wendet sich die Klägerin gegen die mit Beschluss
vom 3. Februar 2014 erfolgte Neufestsetzung eines Festbetrages für die Festbetragsgruppe "Methylphenidat 1" durch den Beklagten.
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ist nach §
29 Abs.
4 Nr.
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ausschließlich zuständig für eine Klage gegen einen von dem Spitzenverbund der Krankenkasse festgesetzten Festbetrag. Richtige
Klageart ist eine Anfechtungsklage nach §
54 Abs.
1 Satz 1 1. Alternative
SGG. Bei der Festsetzung von Festbeträgen handelt es sich nämlich um Verwaltungsakte in der Entscheidungsform der in § 31 Satz
2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch geregelten allgemeinen Verfügung (Urteil des BVerfG vom 17. Dezember 2002 - 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris RdNr. 3 und Urteil des BSG vom 22. November 2012 - B 3 KR 19/11 R - juris RdNr.
21). Ein vorheriges Widerspruchsverfahren findet nach §
54 Abs.
1 Satz 2
SGG in Verbindung mit §
35 Abs.
7 Satz 3
SGB V bei Klagen gegen eine Festbetragsfestsetzung nicht statt. Der Klägerin fehlt nicht die nach §
54 Abs.
1 Satz 2
SGG erforderliche Beschwer. Die Möglichkeit, dass sie durch die von ihr mit der Klage angegriffene Neufestsetzung des Festbetrags
in eigenen Rechten verletzt werden, kann nicht ausgeschlossen werden. Der erkennende Senat verweist dazu zunächst auf seine
bisherige Rechtsprechung, wonach die Hersteller und Vertriebsfirmen von Arzneimitteln jedenfalls gerichtlich geltend machen
können, dass die Festsetzung eines Festbetrages gegen ihre Grundrechte aus Art.
3 Abs.
1 und 12
Grundgesetz (
GG, ggf. in Verbindung mit Art.
19 Abs.
3 GG verstößt (Urteile des Senats 22. Juni 2012 - L 1 KR 296/09 KL - juris, RdNr. 80 und vom 8. April 2016 - L 1 KR 476/12 KL - juris, RdNr. 30; Beschluss des Senats vom 6. Dezember 2011 - L 1 KR 184/11 ER - juris, RdNr. 73). Auch wenn die in §
35 SGB V enthaltenen Vorgaben über die Festsetzung von Festbeträgen keinen drittschützenden Charakter haben, ihr Zweck offensichtlich
nicht ist, die Interessen der pharmazeutischen Industrie zu schützen, kann sich doch aus der mit der Festsetzung von Festbeträgen
einhergehenden Einflussnahme auf den Wettbewerb eine grundrechtsrelevante Rechtsverletzung ergeben. Zwar konkretisiert die
Festsetzung von Festbeträgen nur den ohnehin im
SGB V angelegten Wirtschaftlichkeitsgrundsatz und damit auch den Wettbewerb der pharmazeutischen Unternehmer untereinander (Urteil
des BVerfG vom 17. Dezember 2002 - 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris, RdNr. 110). Die in Art.
12 GG geschützte Berufsfreiheit geht auch nicht soweit, den Unternehmern das Recht einzuräumen, von Wettbewerb verschont zu bleiben
(Urteil des BVerfG vom 17. Dezember 2002 - 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris, RdNr. 123). Sie schützt die Freiheit der Unternehmer, selbst über die Preise der von ihnen angebotenen Waren zu
bestimmen. Gleichsam geschützt, ist aber auch das Recht der Abnehmer, selbst darüber zu entscheiden, ob sie zu diesen Preisen
kaufen wollen oder nicht (Urteil des BVerfG vom 17. Dezember 2002 - 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris, Rn 105). Wegen der mit der Festsetzung von Festbeträgen einhergehenden steuernden Wirkung ist jedoch zumindest das
aus Art
3 Abs.
1 GG herzuleitende Willkürverbot zu beachten, das für dirigistische Maßnahmen der öffentlichen Hand hinreichende sachliche Gründe
verlangt. Nach der sog. "Neuen Formel" des BVerfG verlangt der allgemeine Gleichheitssatz darüber hinaus, dass Gründe von
solcher Art und Gewicht vorhanden sind, welche eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Solche Gründe müssen im Falle der Festsetzung
von Festbeträgen für Arzneimittel insbesondere auch vor der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit der pharmazeutischen
Unternehmer bestehen können. Demnach kann die Klägerin hier insoweit in eigenen Rechten betroffen sein, als sie geltend macht,
dass die streitige Festsetzung des Festbetrages sachwidrig, nämlich willkürlich erfolgt sei. Die bisherige Rechtsprechung
des BVerfG zu Festbeträgen steht dem nicht entgegen. Soweit das BVerfG ausgeführt hat, dass die im Gesetz verankerte Ermächtigung
der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Festsetzung von Festbeträgen die pharmazeutischen Unternehmer nicht in ihrer Berufsfreiheit
verletze (Urteil des BVerfG vom 17. Dezember 2002 - 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris, Rn 101), meinte es die Ermächtigung an sich. Das BVerfG wollte damit nicht Möglichkeiten beschneiden, gegen eine
willkürlich erfolgte Umsetzung der gesetzlichen Ermächtigung gerichtlich vorzugehen, wenn die Umsetzung erhebliche tatsächliche
Auswirkungen für betroffene Unternehmer mit sich bringt. Auch das BSG anerkennt in seiner Rechtsprechung, dass die von den Auswirkungen von Festbetragsfestsetzungen betroffenen Unternehmer das
Recht haben, die Entscheidungen auf Willkür hin überprüfen zu können (Urteil des BSG vom 22. November 2012 - B 3 KR 19/11 R - juris, RdNr. 38). Das betraf zwar bislang insbesondere die Bildung der Festbetragsgruppen, wohingegen hier auch die Preisbildung
streitig ist. Insoweit kann aber nichts Anderes gelten. Im Kern wirft die Klägerin dem Beklagten vor, er habe den Festbetrag
willkürlich zu niedrig angesetzt und die Realitäten des Arzneimittelmarktes außer Acht gelassen. Der erste Senat des BSG bemüht für die Abgrenzung der gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten das Bild eines Vergabeverfahrens (Urteil des BSG vom 1. März 2011 - B 1 KR 7/10 R - juris, RdNr. 17). In diesem Bild würde der Vorwurf der Klägerin auf eine Konstellation hinauslaufen, in der der Zuschlag
für ein besonders günstiges Angebot erteilt worden ist, obwohl der berücksichtigte Bieter für die Erbringung der Leistungen
in dem ausgeschriebenen Umfang gar nicht in der Lage ist. Dass sich daraus eine sachwidrige Benachteiligung der nichtberücksichtigen
Bieter ableiten ließe, steht außer Frage. Festbeträge sollen keine unrealistischen Einsparvorgaben aufstellen, sondern sich
an den realen Bedingungen der bestehenden Märkte orientieren (Urteil des BVerfG vom 17. Dezember 2002 - 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris RdNr. 140). Deswegen müssen die von dem Beklagten für wesentlich gehaltenen Umstände den tatsächlichen Gegebenheiten
entsprechen. Unvereinbar mit dieser Vorgabe und gleichzeitig willkürlich wäre es, wenn der Beklagte durch die Festsetzung
eines Festbetrages ein auf dem Markt gar nicht erkennbares Einsparpotential durchsetzen wollte. Die Klage gegen die Neufestsetzung
des Festbetrages ist aber nicht begründet.
Rechtsgrundlage für die mit Beschluss vom 3. Februar 2014 erfolgte Anpassung des Festbetrages für die Festbetragsgruppe "Methylphenidat
Gruppe 1" durch den Beklagten ist §
35 Abs.
3 Satz 1
SGB V in Verbindung mit §
35 Abs.
5 Satz 3
SGB V. Danach ist die die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel in einem zweistufigen Verfahren geregelt. Die Festbeträge
sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen.
Dabei setzt der Beklagte den jeweiligen Festbetrag auf der Grundlage von rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder
anderen geeigneten Vergleichsgrößen fest. Zu messen ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses damit an der Festbetragsregelung
des §
35 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 (BGBl I 2190) mit
Wirkung vom 20. November 2003. Diese Norm gibt für die Festsetzung von Festbeträgen ein zweistufiges Verfahren vor; zunächst
bestimmt der Beigeladene in den Arzneimittelrichtlinien nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
6 SGB V, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können und welche Vergleichsgrößen dabei zugrunde zu
legen sind (vgl. §
35 Abs.
1 und
2 SGB V). Auf der Grundlage dieses Beschlusses erfolgt sodann die Festsetzung der jeweiligen Festbeträge im Wege einer Allgemeinverfügung
(vgl. §
35 Abs.
3 bis 6 und Abs.
7 Satz 1
SGB V). Dabei ist die Entscheidung des Beigeladenen nicht isoliert anfechtbar (§
35 Abs.
7 Satz 4
SGB V), ihre Prüfung indessen Bestandteil der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der auf ihrer Grundlage ergangenen Allgemeinverfügung
(Urteil des BSG vom 1. März 2011 - B 1 KR 7/10 R - zitiert nach juris).
Im vorliegenden Fall wendet sich die Klägerin auch gegen die Festgruppenbildung "Methylphenidat 1". Die Bildung einer Festbetragsgruppe
nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V für den Wirkstoff Methylphenidat ist nach Maßgabe dieser Vorgaben jedoch nicht zu beanstanden.
Soweit die Klägerin zunächst beanstandet, dass mit Markteinführung zum 1. Juli 2011 Medikinet® adult der Festbetrag für die
streitgegenständliche Festbetragsgruppe "rein mechanisch" und ohne weitere Prüfung dahingehend, ob das Arzneimittel von der
Gruppe auszunehmen sei, zugewiesen worden sei, kann sie damit keinen Erfolg haben. Abgesehen davon, dass unklar bleibt, welche
Rechtsfolgen die Klägerin aus einer möglichen Verletzung einer solchen Prüfpflicht herleiten will, verkennt sie insoweit,
dass die Beschlüsse des Beigeladenen als Richtlinien in der Rechtsprechung als untergesetzliche Rechtsnormen (§
91 Abs.
6 SGB V in Verbindung mit §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
6 SGB V) anerkannt sind (Urteil des BSG vom 1. März 2011 - B 1 KR 7/10 R - zitiert nach juris). Als untergesetzliche Rechtsnorm kommt ihnen ab- strakt generelle Wirkung mit der Folge zu, dass Arzneimittel
mit dem Wirkstoff Methylphenidat in der Bekanntmachung als orale Darreichungsformen Kapseln, Retard-Kapseln, Kapseltabletten,
Retard-Tabletten von der Festbetragsgruppe erfasst werden. Dem Gesetz ist insoweit keine Prüfungspflicht des Beigeladenen
zu entnehmen.
Ob die gegenwärtige Gruppenbeschreibung gegen die gesetzlichen Vorgaben verstößt, weil nach deren derzeitiger Beschreibung
- eben auch nach Auffassung der Klägerin - Medikinet® adult als orales Methylphenidat-Präparat in seiner Darreichungsform
als retardierte Hartkapsel und in seiner Zulassung für die ADHS-Behandlung bei Erwachsenen von dieser Festbetragsgruppe erfasst
wird, ist an den Vorgaben des §
35 SGB V zu messen. Maßstab ist insoweit, ob Zeitpunkt, Zuschnitt und Auswahl der Festbetragsgruppe gemessen an den gesetzlichen Vorgaben
zur Festbetragsgruppenbildung nach § 35 schlechterdings unvertretbar ist und auf einer willkürlichen Entscheidung des Beigeladenen basiert (vgl. Urteil des BSG vom 17. September 2013 - B 1 KR 54/12 R, RdNr. 54). An diesen Grundsätzen gemessen ist die hier zu beurteilende Gruppenbildung nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V nicht zu beanstanden.
Danach sollen Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen in einer Gruppe zusammengefasst werden, unterschiedliche Bioverfügbarkeiten
wirkstoffgleicher Arzneimittel sind dabei zu berücksichtigen, sofern sie für die Therapie bedeutsam sind. Ob Arzneimittel
denselben Wirkstoff enthalten und daher mit diesem Teil einer Festbetragsgruppe sind, muss bei Arzneimittel chemischer Herkunft
anhand seiner chemischen Strukturformel bestimmt werden, d. h. sie müssen dieselbe molekulare Struktur aufweisen. Dabei sind
lediglich die wirksamen Bestandteile, nicht jedoch Trägersubstanzen oder Konservierungsstoffe zu berücksichtigen (von Dewitz
in Beckscher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand 31. Juli 2016, § 35 RdNr. 7). Im vorliegenden Fall hat der Beigeladene in
der Festbetragsgruppe "Methylphenidat 1" Arzneimittel mit dem Wirkstoff Methylphenidat zusammengefasst. Zu diesen Arzneimitteln
gehört, dies ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit, das Arzneimittel Medikinet® adult. Es enthält als einzigen Wirkstoff
Methylphenidat. Der weitere Bestandteil Sucrose ist ein Trägerstoff.
Soweit die Klägerin vorträgt, dass Medikinet® adult über eine therapiebedeutsame Bioverfügbarkeit verfüge, die eine Einbeziehung
dieses Arzneimittels in die streitbefangene Festbetragsgruppe ausschließe, vermag dieses Vorbringen nicht zu überzeugen. Die
Verpflichtung, bei der Gruppenbildung die Bioverfügbarkeit zu berücksichtigen, beschränkt sich auf gezielte und für die Therapie
bedeutsame Differenzierungen in der Zubereitung von Arzneimitteln, die zu nachweisbar unterschiedlichen Bioverfügbarkeiten
führen (Hess in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 91. EL/September 2016, §
35 SGB V RdNr. 4 unter Hinweis auf AusBer-GRG BT-Drucks. 11/3480 S 53 zu § 35). Dabei darf sich die nachweisbar unterschiedliche Bioverfügbarkeit allerdings nicht nur auf die Applikationshäufigkeit auswirken
(Hess, a. a. O.).
Letzteres ist aber hier der Fall. Das Vorbringen der Klägerin erschöpft sich in dem Vortrag, dass der Beklagte eine Unterscheidung
zwischen "normaler und retardierter Freisetzung des Wirkstoffes bei den einzelnen Arzneimitteln nicht vorgenommen" habe. "Dies
erkläre sich zunächst dadurch, dass die Markteinführung von Medikinet® adult erst in deutlichem Abstand zum Beschluss (des
Beigeladenen vom 19. Juli 2007), nämlich zum 1. Juli 2011" erfolgt sei.
Diese Wertung trifft nicht zu. Der Beigeladene hat bereits in seinen tragenden Gründen zu seinem Beschluss über eine Änderung
der Arzneimittel-Richtlinie Festbetragsgruppenneubildung Methylphenidat Gruppe 1 in Stufe 1 vom 19. Juli 2007 festgestellt,
dass belegbare Einwände, die auf therapierelevante Unterschiede in der Bioverfügbarkeit der in der Festbetragsgruppe zusammengefassten
methylphenidathaltigen Arzneimittel abzielen, von den Stellungnehmenden nicht vorgebracht worden sind. Der Beigeladene verweist
insoweit auf die übereinstimmenden entsprechenden Fachinformationen der in dieser Festbetragsgruppe zusammengefassten Arzneimittel,
in denen es heißt, dass die Fläche unter der Konzentrationszeit-Kurve und die Plasmaspitzenkonzentration dosisabhängig sind
und die Bioverfügbarkeit von Methylphenidat bei ca. 30 % der applizierten Dosen liegt. Unter Bioverfügbarkeit versteht man
dabei, die Geschwindigkeit und das Ausmaß, mit dem ein Wirkstoff aus der Arzneiform resorbiert wird und an den Wirkungsort
(oder in den systematischen Kreislauf) gelangt. Das Ausmaß der Resorbtion von retardierten und normal freisetzenden Arzneimitteln
ist dabei vergleichbar. In der Beschreibung der Festbetragsgruppe werden dementsprechend "Retardkapseln und Retardtabletten"
ausdrücklich genannt.
Nach der Definition des BSG ist ein Arzneimittel dann wegen seiner im Vergleich zu anderen wirkstoffgleichen Bioverfügbarkeit "für die Therapie bedeutsam",
wenn es zur Behandlung von Versicherten durch ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht gleichwertig ersetzt werden
kann, es also für die ärztliche Therapie bestimmte Erkrankungen generell oder auch nur in bestimmten, nicht seltenen Konstellationen
verzichtbar ist (Urteil des BSG vom 24. November 2004 - B 3 KR 23/04 -, juris RdNr. 29).
Dass das vorliegende Retard-Präparat gegenüber normal freisetzenden generell oder auch nur in bestimmten, nicht seltenen Konstellationen
unverzichtbar sein soll, wie vom BSG gefordert, hat die Klägerin aber noch nicht einmal behauptet, geschweige denn entsprechende Nachweise vorgelegt.
Das Vorbringen der Klägerin ist auch insoweit unverständlich, als das Arzneimittel Medikinet® retard, welches ebenfalls von
ihrer Unternehmensgruppe vertrieben wird, bereits von der hier streitbefangenen Festbetragsgruppe umfasst wird. Dies ist nicht
angegriffen worden. Bei Medikinet® adult handelt es sich um ein hinsichtlich des Wirkstoffgehalts, der Zusammensetzung und
des Freisetzungsprofils vollkommen identisches Arzneimittel. In der Fachinformation zu Medikinet® adult heißt es insoweit
unter "4.2. Dosierung, Art und Dauer der Anwendung Medikinet® retard (der Wirkstoffgehalt, die Zusammensetzung und das Freisetzungsprofil
sind identisch mit Medikinet® adult) ". Medikinet® adult ist danach ein schon seit längerer Zeit auf dem Markt befindliches
Arzneimittel, welches nach erfolgter Zulassungserweiterung durch die Unternehmensgruppe der Klägerin unter einem geänderten
Namen auf den Markt gebracht worden ist und von der Klägerin vertrieben wird. Warum das eine Arzneimittel von der hier streitbefangenen
Festbetragsgruppe, welche über denselben Wirkstoff definiert wird, umfasst wird und ein anderes identisches Arzneimittel,
welches lediglich nach einer Zulassungserweiterung unter einen anderen Namen und von einem anderen Unternehmen derselben Unternehmensgruppe
auf dem Markt vertrieben wird, erschließt sich nicht.
Die Klägerin vermag auch nicht mit dem Vorbringen durchzudringen, dass mit der Festsetzung eines Festbetrages für Medikinet®
adult medizinisch notwendige Verordnungsalternativen nicht mehr gewährleistet seien und Therapiemöglichkeiten eingeschränkt
würden. Die Klägerin nimmt insoweit im Kern Bezug auf §
35 Abs.
1 Satz 3
SGB V. Danach müssen die nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 und Nr.
3 SGB V gebildeten Gruppen gewährleisten, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Versorgungsalternativen
zur Verfügung stehen. Bereits nach dem Wortlaut dieser Norm gelten diese Besonderheiten aber ausschließlich für die Festbetragsgruppen
nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 und Nr.
3 SGB V. Eine entsprechende Anwendung auf die hier streitbefangene Festbetragsgruppe nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V steht daher schon der eindeutige Wortlaut des §
35 Abs.
1 Satz 3
SGB V entgegen. Dies ist auch nachvollziehbar, weil Festbetragsgruppen nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V ausschließlich wirkstoffidentische Arzneimittel enthalten. Der Gesetzgeber hat sich damit für eine wirkstoffbezogene Festbetragsgruppenbildung
in §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V entschieden. Insoweit hat er nicht festgelegt, dass eine Indikationsidentität für Arzneimittel bestehen muss.
Soweit die Klägerin meint, dass das Erfordernis, dass durch die Bildung einer Festbetragsgruppe Therapiemöglichkeiten nicht
eingeschränkt werden dürften und notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen müssten, ohne Einschränkung auch
für Festbetragsgruppen nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V gelten müsse, weil sich dies auch u. a. aus dem 4. Kapitel der Verfahrensordnung des Beklagten, deren Verbindlichkeit durch
§
91 Abs.
6 in Verbindung mit Abs.
4 Nr.
1 SGB V gesetzlich angeordnet sei, ergebe, ist dem nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass wenn dem so wäre, wie die Klägerin vorträgt,
die Verfahrensordnung des Beigeladenen dann möglicherweise insoweit gegen höherrangiges Recht verstoßen würde, entspricht
der Vortrag der Klägerin nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Im 4. Kapitel § 24 Abs. 1 Satz 1 der Verfahrensordnung des
Beigeladenen heißt es ausdrücklich, dass die vorgenannten Besonderheiten für die nach §
35 Abs.
1 Satz Nr.
2 und
3 SGB V gebildeten Gruppen gelten.
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das BSG auch nicht ausgeurteilt, dass bei der Festbetragsgruppenbildung nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V, also bei der Gruppenbildung von wirkstoffidentischen Arzneimitteln, die Besonderheiten des §
35 Abs.
1 Satz 3
SGB V zu berücksichtigen seien. In seinem Urteil vom 24. November 2004 - B 3 KR 23/04 - juris RdNrn. 25 und 29 hat es ausschließlich
das Tatbestandsmerkmal des §
35 Abs.
1 Satz 2 2. Halbsatz
SGB V "für die Therapie bedeutsam" nach dem Sachzusammenhang mit §
35 Abs.
1 Satz 3
SGB V ("medizinisch notwendige Verordnungsalternativen") dahingehend ausgelegt, dass ein Arzneimittel wegen seiner im Vergleich
zu anderen wirkstoffgleichen Präparaten unterschiedlichen Bioverfügbarkeit dann "für die Therapie bedeutsam" ist, wenn es
zur Behandlung von Versicherten durch ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht gleichwertig ersetzt werden kann, es
also für die ärztliche Therapie bestimmter Erkrankungen generell oder auch nur in bestimmten, nicht seltenen Konstellationen
unverzichtbar ist (dazu siehe oben).
Soweit die gesetzliche Regelung des §
35 Abs.
1 S. 2 und S. 3
SGB V dazu führt, dass Arzneimittel für unterschiedliche Indikationen in eine Festbetragsgruppe der Nr. 1 zusammengefasst werden
können, weil sie denselben Wirkstoff haben, obgleich dadurch die Therapiemöglichkeit eingeschränkt wird, kann dies aus Sicht
des betroffenen Versicherten zu einer Leistungseinschränkung führen. Eine Verletzung des Rechts des Arzneimittelherstellers
aus Art.
3 I
GG in Verbindung mit Art.
12 GG scheidet aber aus, da dieser Regelung alle Wettbewerber gleichermaßen ausgesetzt sind.
Im Übrigen hat der Beklagte insoweit zutreffend ausgeführt, dass aber auch Verordnungsalternativen bestehen. So steht außerhalb
der Festbetragsgruppe der nicht festbetragsgeregelte Wirkstoff Atomoxetin (Arzneimittel: Strattera®) zur Behandlung Erwachsener
mit ADHS zur Verfügung. Soweit die Klägerin vorträgt, dass dieses Arzneimittel erst im Jahr 2013 für die Behandlung Erwachsener
mit ADHS zugelassen worden sei, vermag sie auch hiermit nicht durchzudringen. Im vorliegenden Fall ist ausschließlich der
Beschluss vom 3. Februar 2014 streitgegenständlich mit dem der Beklagte, u. a. den Festbetrag für die Festbetragsgruppe "Methylphenidat
1" mit Wirkung vom 1. April 2014 an angepasst hat. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt stand Strattera® im vorgenannten Sinne zur
Verfügung.
Soweit die Klägerin hiergegen unter Hinweis auf entsprechende Leitlinien einwendet, dass eine Behandlung von Erwachsenen,
die unter ADHS leiden, mit dem Wirkstoff Methylphenidat als "Mittel der ersten Wahl" anzusehen sei, ist dies ohne Belang.
Das Leistungsrecht im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt sich nach den Vorgaben des
SGB V, insbesondere an den Vorgaben des §§
2 Abs.
1 und
3, 12
SGB V Urteil des BSG vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - juris RdNr. 47).
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das mit dem Arzneimittel Medikinet® adult identische Arzneimittel Medikinet® Retard,
aber auch das Arzneimittel Medikinet® welche von der der MGruppe zugehörenden M Arzneimittel P GmbH & Co. KG auf dem Markt
vertrieben werden, in den verschiedenen Darreichungsformen ab Inkrafttreten der Festbetragsanpassung zum 1. April 2014 aufzahlungsfrei
zur Verfügung steht. Die der M Gruppe zugehörige Klägerin hat das Arzneimittel Medikinet® Retard nach der beantragten Zulassungserweiterung
für die Behandlung von ADHS bei Erwachsenen lediglich mit einem anderen Namen auf den Markt gebracht.
Abgesehen davon, dass es sich bei der Festbetragsgruppenbildung nach §
35 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB V, wie ausgeführt, um eine wirkstoffbezogene Festbetragsgruppenbildung und nicht um eine indikationsbezogene Festbetragsgruppenbildung
handelt, würde die von der Klägerin vertretene und praktizierte Verfahrensweise dem Regelungs- und Normzweck der Festbetragsregelung
als Steuerungsinstrument, nämlich einen Anreiz zu schaffen, jeweils die preisgünstigsten Arzneimittel in Anspruch zu nehmen,
ohne den Anspruch auf das im Einzelfall medizinisch erforderliche Mittel einzuschränken, mit dem Ziel der Begrenzung der durch
die Krankenkassen zu tragenden Kosten (vgl. Flint in Hauck/Noftz,
SGB V, Std.: September 2016, §
35 RdNr. 5, m. w. Nachw.), konterkarieren.
Die Festbetragsfestsetzung des Beklagten verstößt schließlich nicht gegen §
35 Abs.
5 SGB V. Danach sind die Festbeträge so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche
sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten (Satz 1). Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen
einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten;
soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen (Satz 2). Nach § 35 Abs. 5 Satz
5 müssen dabei mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und mindestens ein Fünftel aller Packungen zum Festbetrag verfügbar
sein. Diese Voraussetzungen erfüllt die vorliegende Festbetragsfestsetzung. Sie wird im Kern auch nicht von der Klägerin angegriffen.
Die Festbetragsgruppe besteht zum Berechnungsstichtag 1. Oktober 2013 aus 63 Packungen, von denen 63 zum Festbetrag verfügbar
sind. Das entspricht einem Anteil von 36,51 % zum Festbetrag verfügbare Packungen. Bezogen auf die Verordnungsdaten nach §
84 Abs.
5 SGB V des Jahres 2012 stehen 22,50 % der Verordnungen der Gruppe zum Festbetrag zur Verfügung. Dazu gehört im Übrigen auch - wie
bereits ausgeführt- neben weiteren Medikinet® Arzneimitteln in normalfreisetzender Form das Arzneimittel Medikinet® Retard
5 mg (20 und 50 Stück) welches von der Unternehmensgruppe der Klägerin auf dem Markt vertrieben wird.
Schließlich stand dann auch das Arzneimittel Ritalin® adult, jedenfalls zum 1. Juli 2014, zum Festbetrag zur Verfügung. Ebenso
wie das hier streitbefangene Medikinet® adult mit Wirkung zum 1. August 2014. Dies zeigt im Übrigen, dass der Zweck der Festbetragsfestsetzung,
einer Kostenbegrenzung, im vorliegenden Fall durch die Anpassung der Festbeträge erreicht worden ist.
Soweit die Klägerin schließlich rügt, dass der Beklagte die Standardpackung fehlerhaft ausgewählt habe, trifft dies nicht
zu. Der Beklagte definiert in seinen Erläuterungen des regressionsanalytischen Verfahrens die Standardpackung unter Punkt
1.5 wie folgt:
Die Standardpackung ist diejenige Wirkstärken-Packungsgrößen-Kombination, die von den meisten Anbietern ausgeboten wird. Kommen
aufgrund gleicher Anbieterzahl mehrere Wirkstärken-Packungsgrößen-Kombinationen in Betracht, wird diejenige ausgewählt, die
die meisten Verordnungen aufweist. Sofern auf einen Anbieter in einer Wirkstärken-Packungsgrößen-Kombination mehrere Arzneimittel
entfallen, wird das verordnungsstärkste Arzneimittel betrachtet.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes hat der Beklagte zu Recht der Festlegung der Festbetragshöhe die Standardpackung 100
Stück zugrunde gelegt. In der streitgegenständlichen Festbetragsgruppe bieten die folgenden Anbieter eine Wirkstärken-Packungsgrößen-Kombination
von 8,7 mg/50 Stück an. Das sind 1A Pharma, Hexal, TAD, MArzneimittel P GmbH & Co. KG und die Klägerin. Für die Packungsgröße
100 Stück sind das die Hersteller 1A Pharma, Hexal, TAD, M Arzneimittel P GmbH & Co. KG und Shire.
Die Auffassung der Beklagten dass die M Arzneimittel P GmbH & Co. KG und die Klägerin als ein Anbieter zu werten sind, weil
sie einer Unternehmensgruppe angehören, ist vertretbar, so dass die Anbieterzahl für die Packungsgröße 100 Stück diejenigen
für die Packungsgröße 50 Stück übersteigt.
Bereits nach dem Wortlaut der Erläuterungen des regressionsanalytischen Verfahrens zur Ermittlung der Standardpackung kommt
es nicht auf die Anzahl der Unternehmen, im Sinne einer juristischen Person an, sondern auf die Anzahl der Anbieter an. Dies
entspricht auch dem Anliegen des Gesetzgebers einer Kostenbegrenzung im Arzneimittelbereich (s. o.). Denn ansonsten hätten
es die jeweiligen pharmazeutischen Unternehmen durch Neugründungen von rechtlich selbständigen (Tochter-) Unternehmen mit
eigenen Produktpaletten in der Hand, direkten Einfluss auf die Festbetragsgruppen und Festbetragsfestsetzungen zu nehmen.
Dieser Umgehungs- oder Manipulationsmöglichkeit begegnet die von der Beklagten gewählte Methode.
Dies verdeutlicht auch der vorliegende Sachverhalt. Denn Produzent des identischen Arzneimittels Medikinet® Retard ist die
M Arzneimittel P GmbH & Co. KG ist. Nach Zulassungserweiterung und der Umbenennung des Arzneimittels in Medikinet® adult wurde
dieses Arzneimittels von der zu der M Unternehmensgruppe gehörenden Klägerin auf den Markt gebracht. Es ist daher nicht willkürlich
von einem Anbieter auszugehen.
Soweit die Klägerin einwendet, dass die Klägerin insoweit willkürlich handelt und insoweit gegen Art.
3 GG verstoße, weil 1A Pharma und Hexal ebenfalls zu einer Unternehmensgruppe gehörten, gleichwohl aber bei der Ermittlung der
Standardpackung als zwei Unternehmen gewertet werde, vermag sie auch hiermit nicht durchzudringen. Jedenfalls würde sich daraus
keine Rechtsverletzung der Klägerin ergeben. Denn in diesem Fall würden drei Anbieter die Packungsgröße 50 Stück und vier
Anbieter die Packungsgröße 100 Stück auf dem Markt anbieten. An dem von dem Beklagten ermittelten Ergebnis würde sich keine
Änderung ergeben. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine fehlerhafte Bestimmung der Standardpackungs-Stückzahl die
Klägerin nur dann in einem eigenen Recht verletzen könnte, wenn die Verwendung im Rahmen der Berechnung für ihre konkreten
Arzneimittel zur Festsetzung niedrigerer Festbeträge als bei Verwendung der korrekten Standardpackungs-Stückzahl führen würde.
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG).