Gründe:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2010, mit dem dieses die Bewilligung
von Prozesskostenhilfe für das Verfahren S 53 AS 9042/09 abgelehnt hat, ist gemäß den §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
statthaft.
Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine Beschwerde bezüglich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe
nicht zulässig ist, wenn in der Hauptsache der Beschwerdewert von 750 € nicht überschritten wird (vgl. z. B. Beschluss vom
13. Mai 2009, Az. L 34 B 2136/08 AS PKH sowie L 34 AS 2182/10 B PKH, beide dokumentiert in juris und zu finden unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Vorliegend wird der notwendige Beschwerdestreitwert von mehr als 750 € überschritten, da der Kläger einen Mehrbedarf für kostenaufwändige
Ernährung in Höhe von 114,90 € monatlich für die Zeit vom 1. März 2009 bis 28. Februar 2010 geltend macht, insgesamt also
einen Betrag in Höhe von 1378,80 €.
Die Beschwerde ist auch begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Nach § 73 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe (PKH)
ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur
zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet
und nicht mutwillig erscheint.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn der Kläger in der Hauptsache möglicherweise obsiegen wird. Erfolgsaussichten
bestehen vor allem dann, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt
(vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 13. März 1990, Aktenzeichen 2 BvR 94/88, juris Rn. 28 = NJW 1991,
413, 414) oder von Amts wegen weitere Ermittlungen durchzuführen sind (§ 103 SGG), bevor die streiterheblichen Fragen abschließend
beantwortet werden können.
Nach Auffassung des Senats sind vorliegend Ermittlungen zu führen, und zwar zumindest ein ausführlicher Befundbericht von
dem bzw. den Kläger behandelnden Arzt bzw. Ärzten einzuholen. An medizinischen Unterlagen ist lediglich die ärztliche Bescheinigung
der Fachärztin für Innere Medizin Frau Dr. P vom 26. Februar 2009 in den Akten auffindbar. Der Senat hält es, um einschätzen
zu können, ob ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu
gewähren ist, für erforderlich, den medizinischen Sachverhalt wenigstens soweit aufzubereiten, dass eine Grundlage für die
Entscheidung gegeben ist. Dazu bedürfte es eines Befundberichtes, der sämtliche der bei dem Kläger vorliegenden Erkrankungen
erfasst, Angaben zu den erhobenen Befunden und eventuell durchgeführten Therapien macht und Auskunft gibt über eventuell vorliegende
Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund der diagnostizierten Krankheiten. Weiter ist zu erfragen, ob eine besondere kostenaufwändige
Ernährung notwendig ist, sowie gegebenenfalls welche und aus welchen Gründen, wobei letzteres zumindest stichpunktartig erläutert
werden sollte. Erst danach kann (und muss) man sich mit der Frage auseinandersetzen, ob es sich bei den Empfehlungen des Deutschen
Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3., völlig neu bearbeitete Auflage 2008 vom 1. Oktober 2008
(im Folgenden: Empfehlungen), um ein antizipiertes Sachverständigengutachten handelt, wovon das Sozialgericht (mit beachtlichen
Gründen) ausgegangen ist. Auch diesbezüglich wäre jedoch ein Grund für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegeben, da
es nach Auffassung des Senats der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteile vom 27. Februar 2008, Az. B 14/7b
AS 32/06 R und B 14/7b AS 64/06 R und vom 15. April 2008, Az. B 14/11b AS 3/07 R, alle dokumentiert in juris) nicht eindeutig
zu entnehmen ist, ob es sich nur bei den älteren Fassungen der Empfehlungen nicht (mehr) um antizipierte Sachverständigengutachten
handelt oder ob dies auch bezüglich der neueren Empfehlungen (von 2008) der Fall ist. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des BSG
lagen die aktualisierten Empfehlungen noch nicht vor. Der Vorstand des Deutschen Vereins selbst geht in seinem Vorwort zu
den genannten Empfehlungen davon aus, dass das BSG deren Charakter als antizipiertes Sachverständigengutachten verneint hat.
Unabhängig davon, ob man sich schließlich auf diese Empfehlungen stützen will, benötigt man vorab eine sichere medizinische
Beurteilungsgrundlage, welche Erkrankungen vorliegen. Dies schon deshalb, weil auch die Empfehlungen (dort Punkt II.2 4.1)
davon ausgehen, dass bei den unter 4.1 a) bis j) genannten Erkrankungen (u.a. a): Erhöhung der Blutfettwerte, d): Bluthochdruck
und f): Diabetes mellitus) "in der Regel" ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand zu verneinen ist. Allein um die
Fälle "herauszufiltern", bei denen Abweichungen von der Regel bestehen, muss zunächst ein vollständigeres Krankheitsbild vorliegen,
als sich aus den ärztlichen Bescheinigungen, die offensichtlich auf einem vom Beklagten vorgegebenen Vordruck vorgenommen
werden, ergibt. Diese Ermittlung des medizinischen Sachverhalts ist in erster Linie Aufgabe des Beklagten (Amtsermittlungsgrundsatz,
§ 20 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -), sofern dieser keine ausreichenden Ermittlungen angestellt hat, obliegen
sie dem Gericht (§ 103 Satz 1 SGG).
Da also noch Ermittlungen vorzunehmen sein dürften und auch die Frage, ob es sich bei den Empfehlungen 2008 um ein antizipiertes
Sachverständigengutachten handelt, auf Grund dessen das Gericht von der Einholung eigener Sachverständigengutachten absehen
kann, noch nicht höchstrichterlich entschieden ist, ist hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO gegeben.
Da der Kläger nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, war Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung
zu bewilligen und ihm seine Rechtsanwältin beizuordnen, und zwar ab dem Zeitpunkt, zu dem die Erklärung über die persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse bei dem Sozialgericht eingegangen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).