Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Erbringer von Dienstleistungen
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1. Januar
2007 bis zum 31. Oktober 2011 der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Die Klägerin war ein Unternehmen innerhalb der H.-Gruppe, bei der es sich nach ihrem Internetauftritt um ein 1974 gegründetes
Familienunternehmen zur Durchführung von verschiedenen Dienstleistungen im Rahmen von Werkverträgen handelt. Die Klägerin
bot Personaldienstleistungen in den Bereichen Boten- und Kurierservice, Büromaterialservice (Beschaffung und Verteilung von
Büromaterial im Haus des Kunden), Postservice (Poststellentätigkeiten), Dokumentenarchivierung sowie Haustechniker-/Hausmeisterservice
an. In einem von der Klägerin vorgelegten und als beispielhaft bezeichneten Vertrag mit dem H1 (H1) vom 18. Juli 2003 heißt
es in § 2 Ziffer 3: „Der Auftragnehmer führt die übertragenen Aufgaben mit eigenen Arbeitskräften durch und verpflichtet sich,
geeignetes und zuverlässiges Personal einzusetzen. Die Mitarbeiter haben grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht zu unterliegen.“
In § 3 Ziffer 1 heißt es: „Die Organisation des Dienstes ist durch den Auftragnehmer in Dienstanweisungen festzulegen. Darin
sind Einzelheiten der Aufgabenstellung, Schichtzeiten, Personalstärke, Dienstkleidung und Ausrüstung, Maßnahmen zur Arbeitssicherheit
und das Verhalten bei besonderen Vorkommnissen geregelt.“ Nach § 3 Ziffer 4 hat der Auftragnehmer sicherzustellen, dass von
seinen Mitarbeitern keine betriebsfremden Personen in die Objekte des Auftraggebers mitgebracht werden.
Die Gesellschaft wurde am 5. Februar 2014 aufgelöst, befindet sich in Liquidation und wurde noch nicht gelöscht (Handelsregisterauszug
HRB 19738, Abruf vom 24.08.2021).
Der 1945 geborene Beigeladene zu 1. erhielt von Januar 2005 bis Januar 2010 Arbeitslosengeld II. Seit dem 1. Februar 2010
bezieht er Altersrente von der Beklagten. Er hatte ab 1. Mai 2008 ein Gewerbe für die Tätigkeiten „Kurierfahrten mit dem PKW“
sowie „Vertrieb von gebrauchten Waren aller Art, insbesondere Haushaltsartikeln (Onlineshop)“ angemeldet. Für die Zeit ab
1. Januar 2012 hat er ein weiteres Gewerbe für die Tätigkeiten „Hausmeisterservice, Wohnungsräumungen, Handel und Vertrieb
über das Internet mit gebrauchten Gütern (z.B. Haushaltsartikel usw.)“ angemeldet.
In der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Oktober 2011 war der Beigeladene zu 1. für die Klägerin tätig und verrichtete Botendienste
und Hausmeistervertretungen in Drittfirmen, mit denen die Klägerin Verträge geschlossen hatte, durch die ihr die Durchführung
dieser Dienstleistungen übertragen worden war. Ein schriftlicher Vertrag wurde zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen
zu 1. nach deren übereinstimmenden Angaben nicht geschlossen. Der Beigeladene zu 1. verrichtete im gleichen Zeitraum auch
Tätigkeiten für die H. Gebäudedienste GmbH, ein weiteres Unternehmen aus der H.-Gruppe, welches Personaldienste in den Bereichen
Glas-/Gebäudereinigung und technischen Gebäudediensten anbot. Daneben betrieb er einen Online-Handel, bei dem er Gegenstände
aus von ihm durchgeführten Wohnungsräumungen veräußerte.
Der Beigeladene zu 1. erstellte gegenüber der Klägerin monatliche Rechnungen auf Stundenbasis, wobei eine Vergütung von zunächst
12,50 EUR bzw. 12 EUR ab November 2007 pro Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer zugrunde gelegt wurde. Die Zahlungen der Klägerin
erfolgten auf ein Konto der Inhaberin S.M..
Die Beklagte führte vom 29. November 2011 bis 29. Juli 2013 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom
1. Januar 2007 bis 31. Oktober 2011 durch und überprüfte in diesem Rahmen auch den sozialversicherungsrechtlichen Status des
Beigeladenen zu 1.
Dieser gab im Fragebogen der Beklagten unter dem 15. Januar 2012 an, dass er seit 2009 ein Gewerbe in der Liebigstraße 2-22
angemeldet habe. Er beschäftige keine Arbeitnehmer. Er habe mit der Klägerin keine regelmäßige Arbeitszeit vereinbart und
könne diese frei gestalten. Den Arbeitsort könne er nicht frei wählen. Er betreibe Werbung für seine Tätigkeit in Form von
Mundpropaganda. Er erhalte Weisungen hinsichtlich der Ausführung der Arbeit und sei in den betrieblichen Arbeitslauf des Auftraggebers
eingegliedert, und zwar in die Poststelle. Er führe die gleichen Arbeiten aus wie festangestellte Mitarbeiter. Er müsse keine
Berichte abgeben, habe die Arbeiten persönlich auszuführen und könne keine Hilfskräfte einsetzen. Ihm werde vom Auftraggeber
ein Kraftfahrzeug kostenlos zur Verfügung gestellt. Eigenes Kapital setze er nicht ein. Er könne die Übernahme bestimmter
Aufträge ablehnen. Er habe mehrere Auftraggeber, besitze einen eigenen Kundenstamm und könne seine Preise selbst gestalten.
Im Falle einer Erkrankung erhalte er keine Entgeltfortzahlung und stelle keine Ersatzkraft. Anspruch auf bezahlten Urlaub
habe er nicht.
Mit Schreiben vom 6. Juni 2012 hörte die Beklagte die Klägerin dazu an, dass sie beabsichtige, für die von dem Beigeladenen
zu 1. ausgeübte Tätigkeit als Hausmeistervertreter sowie im Bereich der Botendienste für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis
zum 31. Oktober 2011 Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 39.234,10 Euro nachzuerheben. Nach Gesamtwürdigung
aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen.
Die Tätigkeiten würden ausschließlich in den Räumlichkeiten der Auftraggeber der Klägerin ausgeführt, die Rechnungen der Jahre
2007 bis 2011 wiesen lediglich drei Einsatzorte aus (A., H1, Z.), sodass von einer Eingliederung in die Organisation der Klägerin
auszugehen sei. Dem Beigeladenen zu 1. seien Arbeitsmittel (PKW) kostenfrei zu Verfügung gestellt worden. Regelmäßige Arbeitszeiten
habe der Beigeladene zu 1. nach seinen Angaben zwar nicht einhalten müssen, jedoch zeige sich anhand der Rechnungen ein gleichmäßiges
Arbeitsmuster im Prüfzeitraum. Darüber hinaus sei er als „Springer“/Urlaubsvertretung an bestimmte Zeiten gebunden gewesen,
der Arbeitszeitrahmen sei daher vorgegeben gewesen. Dem Beigeladenen zu 1. seien nach seinen Angaben Weisungen hinsichtlich
der Arbeitsausführung erteilt worden, ein Unternehmerrisiko habe er nicht getragen. Er habe innerhalb des Prüfzeitraums keine
weiteren Auftraggeber außerhalb der H.-Gruppe gehabt. Aus den gegenüber der Klägerin gestellten Rechnungen ergäben sich außerdem
in den Jahren 2007 bis 2010 zwischen 1400 und 1650 pro Jahr gearbeitete Stunden, was eine weitere Tätigkeit nahezu ausschließe.
Er habe einen durchgehend fast gleichbleibenden Stundenlohn erhalten und sei verpflichtet gewesen, die Leistungen persönlich
zu erbringen. Der Beigeladene zu 1. unterliege daher wegen einer abhängigen Beschäftigung der Versicherungspflicht in der
Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, sodass die nicht entrichteten Beiträge nachzufordern seien.
Die Klägerin führte hierzu aus, der Beigeladene zu 1. habe die Hausmeister- und Botendienste als selbstständig Gewerbetreibender
im Rahmen seiner Einzelfirma erbracht. Er sei seit mehr als drei Jahrzehnten als selbstständig Gewerbetreibender in verschiedenen
Branchen tätig, nämlich bei Finanzdienstleistungen, Fahrzeugüberführungen, Hausmeistervertretungen, Botendiensten, Online-Shops
und Haushaltsauflösungen. Hierfür habe er sein Gewerbe angemeldet und er sei Mitglied der Handelskammer H2. Er unterhalte
auch eigene Geschäftsräume, die im Prüfungszeitraum aus Büroräumen und einem Lager bestanden hätten. Die selbstständige Tätigkeit
und seine Einnahmen aus Gewerbebetrieb seien in mehreren Betriebsprüfungen finanzrechtlich geprüft und anerkannt worden. Sein
Unternehmen sei am Markt vertreten und betreibe Eigenwerbung. Er verfüge auch über ein eigenes Betriebsfahrzeug. Eine Auftragsabwicklung
mit diesem Fahrzeug wäre zwar theoretisch möglich gewesen, hätte diese aber unnötig erschwert und behindert. Insofern sei
im beiderseitigen Interesse für die Durchführung der Postaufträge ein Fahrzeug der Klägerin verwendet worden. Weitere Arbeitsmittel
seien ihm nicht zur Verfügung gestellt worden. Die Reparaturarbeiten im Rahmen des Hausmeisterservice habe er mit eigenem
Werkzeug vorgenommen, das er ebenso wie Ersatzteile und Materialien seinen Lagerräumen gelagert habe. Der Beigeladene zu 1.
habe selbst entschieden, wie er seine Botentouren gestalte. Während seines Einsatzes seien ihm keine Weisungen erteilt und
keine Kontrollen durchgeführt worden. Wichtig sei lediglich gewesen, dass der Auftragserfolg eingetreten sei, d.h. es hätte
keine Post verloren gehen oder falsch zugestellt werden dürfen. In seinem eigenen unternehmerischen Interesse habe er deshalb
bei der Auslieferung von Paketen ein Übergabeprotokoll gefertigt. Eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in die Arbeitsorganisation
der Klägerin habe nicht vorgelegen. Es hätten keine Dienstbesprechungen und auch keine Teamarbeit stattgefunden. Über den
vom Auftraggeber erteilten Auftrag hinaus lägen keine Dienstpläne vor. Der Beigeladene zu 1. habe auch eigenes Kapital eingesetzt,
insbesondere sämtliche Betriebsmittel (z.B. Kraftfahrzeug, Büro- und Lagereinrichtung, PC-Programme). Eine Verpflichtung zur
persönlichen Auftragserfüllung habe nicht bestanden. Er kalkuliere seine Stundensätze eigenständig und könne auch Rabatte
einräumen oder Ratenzahlungsvereinbarungen treffen. Er trage das Risiko von Zahlungsausfällen und erziele bei geringen Aufträgen
auch nur geringe Einnahmen. Demgegenüber würden die laufenden Kosten nicht fortfallen. Er habe weder einen festen Arbeitsplatz
im Unternehmen der Klägerin gehabt noch sei er an geregelte oder feste Arbeitszeiten im Unternehmen gebunden gewesen . Er sei von der Klägerin auch nicht wirtschaftlich abhängig gewesen, was sich bereits aus seinen sonstigen gewerblichen Tätigkeiten
ergebe.
Der Beigeladene zu 1. teilte mit, er sei selbstständig tätig gewesen und wolle dies auch in Zukunft bleiben. Das Wahlrecht,
selbständig als Unternehmer tätig zu sein, sei verfassungsrechtlich durch Art.
2 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) geschützt. Er sei nicht weisungsgebunden gewesen und habe keine festen Arbeitszeiten gehabt. Der Einsatzort habe je nach
Auftrag gewechselt. Er habe keine festen Bezüge erhalten und keinen Anspruch auf Urlaub oder Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall
gehabt. Es bestehe ein Unternehmerrisiko, denn er müsse eigenes Kapital für seine selbständige Tätigkeit aufwenden und sich
Arbeitsmittel beschaffen. Er sei nicht verpflichtet, angebotene Aufträge anzunehmen. Die Preise könne er selbst kalkulieren.
Regelmäßige Anwesenheits- oder Arbeitszeiten habe er nicht einhalten müssen. Sein Unternehmen trete mit eigenem Briefbogen
und auf eigene Rechnung auf. Kundenakquise und Werbung des Unternehmens erfolge in der Regel durch Mundpropaganda und soziale
Netzwerke.
Sowohl die Klägerin als auch der Beigeladene zu 1. stellten sodann einen Antrag, die zuständige Betriebsprüferin wegen Besorgnis
der Befangenheit vom Verwaltungsverfahren auszuschließen. Die Anträge wurden seitens der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 30. Juli 2013 gegenüber der Klägerin fest, dass für den Beigeladenen zu 1. in seiner
ausgeübten Tätigkeit als Hausmeistervertretung sowie im Bereich der Botendienste für die Klägerin ein dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Die sich hieraus ergebende Nachforderung betrage insgesamt 39.234,10 Euro. Zur Begründung
vertiefte sie ihre Ausführungen aus dem Anhörungsschreiben und führte ergänzend aus, maßgebend für die vorzunehmende Abgrenzung
seien nicht in erster Linie der Parteiwille, sondern die vertraglichen bzw. tatsächlichen Umstände. Darüber hinaus entfalte
eine durch die Finanzverwaltung vorgenommene Einschätzung keine Bindungswirkung für die Sozialversicherung.
Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch wiederholte die Klägerin ihre bisherigen Ausführungen. Ergänzend vertrat sie die Auffassung,
der angefochtene Bescheid stelle ein rechtliches Nullum dar und entfalte keine Rechtswirkung nach außen, denn er sei mit einem
Deckblatt versehen gewesen, welches weder Unterschrift noch Dienstsiegel trage. Es sei daher formnichtig. Der Bescheid stelle
nur einen unselbständigen Anhang zum Deckblatt dar und werde folgerichtig nur als Anlage bezeichnet. Der Bescheid sei zudem
bereits deswegen rechtswidrig, weil die abgelehnte Prüferin weiterhin an dem Prüfverfahren mitgewirkt habe, obwohl berechtigte
Zweifel an ihrer Objektivität bestünden. Er stehe zudem im Widerspruch zu den von der Beklagten durchgeführten Vorprüfungen
für die Jahre 2000 bis 2005 und 2005 bis 2009, bei denen die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1., der schon vor 2007 für die
Klägerin tätig gewesen sei, nicht als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingestuft worden sei. Hieraus
erwachse der Klägerin ein Vertrauenstatbestand. Außerdem stehe der Bescheid auch im Widerspruch zur finanzamtlichen Behandlung
des Beigeladenen zu 1. als selbständiger Unternehmer. Zu rügen sei weiter, dass der Bescheid auf einer vorzeitig abgebrochenen
Prüfung beruhe, da ein von dem Beigeladenen zu 1. gestellter Aussetzungsantrag zur Beiziehung der finanzamtlichen Prüfungsergebnisse
und Steuerbescheide nicht beschieden und dem Antrag auf Ergänzungsprüfung nicht entsprochen worden sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2014 zurück. Zur Begründung wiederholte
sie ihre Ausführungen aus dem Ausgangsbescheid und führte ergänzend aus, dass dieser keiner Unterschrift bedurft habe, da
nach § 33 Abs. 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bei einem Verwaltungsakt, der mithilfe automatischer Einrichtungen erlassen werde, abweichend von § 33 Abs. 3 S. 1 SGB X, Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen könnten. Bei einem elektronischen Verwaltungsakt müsse auch das der Signatur zugrundeliegende
Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Dies sei vorliegend der Fall, denn der Beitragsbescheid enthalte den
diesbezüglichen Hinweis und lasse die erlassende Behörde erkennen. Der Bescheid sei auch nicht im Hinblick auf die gegen die
Prüferin gestellten Befangenheitsanträge rechtswidrig, denn diese seien ebenso wie die Dienstaufsichtsbeschwerde zurückgewiesen
worden. Sofern ein Vertrauensschutz aufgrund von Vorprüfungen geltend gemacht werde, werde darauf hingewiesen, dass dabei
keine Bescheide erteilt worden seien, die eine versicherungsrechtliche Beurteilung des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen
zu 1. bestehenden Verhältnisses beinhalten würden. Die Beklagte sei auch nicht an die Feststellungen des Finanzamtes gebunden,
sondern habe ein eigenständiges Prüfrecht.
Mit ihrer am 4. April 2014 erhobenen Klage hat die Klägerin erneut geltend gemacht, der angefochtene Bescheid sei schon wegen
der Mitwirkung der abgelehnten Prüferin rechtswidrig. Die von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. gestellten Befangenheitsanträge
seien zu Unrecht zurückgewiesen worden und würden daher vollen Umfangs aufrechterhalten. Der Sachverhalt sei von der Beklagten
unzutreffend ermittelt worden. Der Beigeladene zu 1. sei auch schon vor dem 1. Januar 2007 für die Klägerin tätig gewesen,
bei den Vorprüfungen sei seine Tätigkeit jedoch nicht als sozialversicherungspflichtig eingestuft worden. Hierdurch sei ein
Vertrauenstatbestand entstanden. Des Weiteren stünden die angefochtenen Bescheide im Widerspruch zu der finanzamtlichen Behandlung
des Beigeladenen zu 1. als selbständiger Unternehmer. Die Beklagte habe es außerdem unterlassen, die Korrespondenz mit dem
Beigeladenen zu 1. an die Klägerin weiterzuleiten, diese habe vielmehr erst durch die am 10. Juli 2013 gewährte Akteneinsicht
dessen Stellungnahmen zur Kenntnis genommen. Insofern habe die Beklagte die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und des fairen
Verfahrens verletzt. Die Beklagte habe den von dem Beigeladenen zu 1. ausgefüllten Fragebogen falsch ausgewertet, einen Großteil
von dessen Angaben unberücksichtigt gelassen oder sogar unrichtig wiedergegeben. Sie habe auch eine unzutreffende Interessenabwägung
vorgenommen, da sie fast nur die Indizien berücksichtigt habe, die ihre vorgefasste Meinung bestätigen würden. Indizien für
eine abhängige Beschäftigung seien jedoch nicht gegeben. So sei ein Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden, während die Klägerin
mit allen Arbeitnehmern schriftliche Arbeitsverträge geschlossen habe. Der Beigeladene zu 1. habe auch keinen Arbeitslohn
erhalten, sondern ein Leistungsentgelt, das bis zu 81,1 % höher gewesen sei als die Stundenlöhne der angestellten Mitarbeiter.
Die Veränderung des Stundenentgelts auf 12 EUR sei zustande gekommen, weil die Verträge regelmäßig neu verhandelt würden,
da die Konkurrenz am Markt sehr groß sei. Er habe keinerlei Anwesenheits- oder Zeitkontrollen unterlegen und nicht Hand in
Hand mit Mitarbeitern der Klägerin gearbeitet. Der jeweilige Zeitaufwand habe sich aus der jeweiligen Auftragsart ergeben.
Der Beigeladene habe über eigene Betriebsräume, eigene Betriebsmittel, ein Fahrzeug, umfangreiche Werkzeuge sowie über eigene
Computersoftware und einen eigenen Internetzugang verfügt. Er habe kein Urlaubsentgelt und auch sonst keine arbeitnehmertypischen
Vergünstigungen erhalten und habe nicht den Kündigungsschutzvorschriften unterlegen. Auch den bisherigen Status des Beigeladenen
zu 1. habe die Beklagte unberücksichtigt gelassen. Dieser sei seit Jahrzehnten gewerblich selbständig und lege darauf großen
Wert. Feste gleichbleibende Vergütungen habe er nicht erhalten. Vielmehr hätten der Stundensatz und auch die Stundenzahl der
einzelnen Aufträge variiert. Die Vergütung habe ihm auch nicht risikofrei zugestanden, denn er hätte sie nicht erhalten, wenn
er Aufträge schlecht oder gar nicht erfüllt hätte. Er sei im Geschäftsleben nicht im Namen der Klägerin, sondern unter eigenem
Namen, mit eigenem Briefkopf, eigenen Rechnungsformularen, eigener Werbung und eigenen Visitenkarten aufgetreten. Er sei von
der Klägerin nicht wirtschaftlich abhängig gewesen, was sich bereits aus seinen sonstigen gewerblichen Tätigkeiten ergebe.
Demgegenüber spreche für eine selbständige Tätigkeit, dass der Beigeladene zu 1. nach eigenen Angaben über voll eingerichtete
und ausgestattete Betriebsräume (Büro und Lager) sowie über einen eigenen gewerblichen LKW verfüge. Da der LKW für die Auslieferung
von Postsendungen im Stadtgebiet nur schlecht geeignet sei, habe er hierfür bei Bedarf ein Fahrzeug der Klägerin in Anspruch
genommen. Auf die buchhalterischen, steuerlichen oder unternehmerischen Gestaltungen des Beigeladenen zu 1. habe die Klägerin
keinen Einfluss genommen. Der Beigeladene zu 1. habe auch stets die Möglichkeit gehabt, Aufträge laufend durch Dritte durchführen
zu lassen. Wenn er hiervon keinen Gebrauch gemacht habe, beruhe dies allein auf seiner unternehmerischen Entscheidung. Er
habe uneingeschränkt für jegliches Verschulden gehaftet und deshalb eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Sein Unternehmerrisiko
bestehe nicht nur darin, für die Auftragsdurchführung kein Entgelt zu erhalten. Vielmehr sei er im Rahmen seiner gewerblichen
Tätigkeit Zahlungsverpflichtungen für Lager- und Stellplatzmieten eingegangen und trage die Kosten für Energieversorger, Telefon,
Steuern und Versicherungen. Auch die Kosten für das Firmenfahrzeug seien aufzubringen. Der Beigeladene zu 1. habe sowohl Angestellte
der Klägerin als auch Angestellte der Drittfirmen vertreten.
Die Beklagte hat ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat sie
darauf hingewiesen, dass keine Nachweise dafür eingereicht worden seien, dass der Beigeladene zu 1. für weitere Auftraggeber
als die Klägerin und die H., die beide zu der H.-Gruppe gehörten, tätig gewesen sei.
Der Beigeladene zu 1. hat in den mündlichen Verhandlungen vor dem Sozialgericht am 14. Oktober 2019 und am 24. Februar 2020
erklärt, er habe im Auftrag der Klägerin Poststellentätigkeiten wie Botenfahrten oder das Abholen von Kartonagen übernommen.
Zudem habe er Hausmeistertätigkeiten wahrgenommen, wenn der festangestellte Hausmeister im Urlaub oder krank gewesen sei.
Urlaubsvertretungen seien geplant gewesen, in Krankheitsfällen sei er auch eingesprungen. Dies habe er nur machen können,
wenn er selbst nichts gehabt habe. Anderenfalls habe er ablehnen müssen. Die Hausmeisterposten seien in verschiedenen Firmen
gewesen, z.B. im H1, der „B.“ am N. oder in einem Bürogebäude im S.. Die Tätigkeiten dabei seien von Firma zu Firma unterschiedlich
gewesen, er habe z.B. bei einer Firma auch Reparaturen durchgeführt und Möbel aufgebaut. Beim Weltwirtschaftsarchiv seien
es vor allem Schlüsseldienste, aber auch handwerkliche Tätigkeiten gewesen. Bei den Hausmeistertätigkeiten habe er den Hausmeister
voll ersetzt, er sei also in seine Pläne und Tätigkeiten eingerückt, auch in zeitlicher Hinsicht. Botendienste habe er bei
der A.-Gesellschaft ausgeübt. Dort habe er die Post verteilt und dreimal täglich auch abgeholt und zur Poststelle gebracht.
Bei der A. habe es einen festen Plan gegeben, d.h. er habe genau gewusst, in welchen Monaten er dort arbeiten musste. Er habe
dort um 8 Uhr morgens angefangen und um 17 Uhr Feierabend gemacht. Die Beauftragung sei so gelaufen, dass die Objektleiter
der Klägerin ihn angerufen hätten, wenn es einen Einsatz für ihn gegeben habe. Urlaube habe er so gut wie gar nicht gemacht,
weil er ja selbständig gewesen sei. Den Stundenlohn habe er mit der Klägerin irgendwann mal mündlich ausgehandelt. Die Stunden
seien ihm teilweise vorgegeben worden für verschiedene Aufgaben je nach Arbeitsaufwand. Wenn er länger oder kürzer gebraucht
habe, habe er bei der Klägerin Bescheid gesagt. Bei anderen Sachen sei er mit seinem eigenen Fahrzeug gefahren und habe auch
sein eigenes Werkzeug mitgenommen. Den Gebrauch des Werkzeuges habe er der Klägerin nicht gesondert in Rechnung gestellt.
Er habe die Werkzeuge schon immer gehabt und setze sie für alle Firmen ein, für die er tätig sei. Er habe bei allen Firmen,
bei denen er tätig gewesen sei, seine eigene Arbeitskleidung getragen. Namensschilder habe er nicht gehabt, aber alle hätten
gewusst, wer er sei. Er habe bei Arbeiten größeren Umfangs auch schon mal mit Kollegen – meistens von der Klägerin – zusammengearbeitet.
Für das von der Klägerin zur Verfügung gestellte Fahrzeug habe er kein Entgelt gezahlt. Eigene Schlüssel bei Drittfirmen habe
es gegeben, er habe diese aber abends stets wieder abgegeben. Es habe keine Kontrolle oder Dokumentation seiner Tätigkeit
gegeben. Weisungen habe es nur insofern gegeben, als ihm gesagt worden sei, welche Aufgabe er durchführen solle. Neben den
Tätigkeiten für die Klägerin und die H. habe er seit Mai 2008 zusammen mit einem Kompagnon einen eigenen Online-Handel betrieben
mit angebundenem Lager für Wohnungsräumungen bzw. Umzüge. In dem Lager habe er Gegenstände gelagert, um sie weiterzuverkaufen.
Seine Werkzeuge habe er zu Hause im Keller aufbewahrt. Er habe bei den Tätigkeiten für die Klägerin keine Hilfspersonen oder
Dritte eingesetzt. Eigene Werbung oder Kundenakquise habe er nicht groß betrieben.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. Februar 2020 abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend festgestellt, dass
der Beigeladene zu 1. im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe. Der Bescheid
sei formell rechtmäßig, insbesondere nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Eventuelle Mängel der Anhörung seien spätestens
im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Er sei auch nicht aufgrund der Mitwirkung der Prüferin aufzuheben. Dabei könne dahingestellt
bleiben, ob eine Besorgnis der Befangenheit anzunehmen sei. Denn nach § 42 SGB X könne die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig sei, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form
oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen sei, wenn offensichtlich sei, dass die Verletzung die Entscheidung in der
Sache nicht beeinflusst habe. Dies sei der Fall, denn bei der Entscheidung über das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht
in der Sozialversicherung seien der Beklagten weder Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Fehle es aus rechtlichen
oder tatsächlichen Gründen an einer Entscheidungsalternative, sei ein Form- oder Verfahrensfehler nicht kausal. Der angefochtene
Bescheid sei auch nicht aufgrund der fehlenden Unterschrift auf dem Deckblatt rechtswidrig. Der Verwaltungsakt selbst wahre
die Formvorschriften nach § 33 Abs. 3 bis Abs. 5 SGB X, auf das Deckblatt komme es daher nicht an. Der Bescheid sei auch materiell rechtmäßig, denn nach der vorzunehmenden Gesamtwürdigung
würden die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände überwiegen. Hierfür spreche zunächst die Eingliederung des
Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin. Die Einsätze bei Botendiensten seien geplant gewesen und er habe regelmäßig
von 8 bis 17 Uhr gearbeitet. Bei den Hausmeistervertretungen sei er in die Einsatzpläne und Aufgabenstellungen der regulären
Hausmeister eingerückt. Dabei habe er überwiegend abhängig Beschäftigte der Klägerin und teilweise die Beschäftigten der Auftraggeber
der Klägerin vertreten. Insoweit sei auch ein Weisungsrecht in zeitlicher Hinsicht erkennbar, denn der Beigeladene zu 1. habe
dargelegt, dass ihm für verschiedene Arbeiten Stunden vorgegeben worden seien, was sich auch aus den Rechnungen ergebe. Bei
größeren Aufträgen habe eine Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Klägerin stattgefunden. Zudem habe er für Botendienste
ein Fahrzeug genutzt, das ihm die Klägerin unentgeltlich gestellt habe. Demgegenüber seien keine Indizien erkennbar, die überwiegend
für eine selbständige Tätigkeit sprechen würden. Ein eigenes unternehmerisches Risiko bestehe nicht. Der Erfolg des Einsatzes
seiner Arbeitskraft sei nicht ungewiss gewesen, da er eine feste Vergütung pro Stunde erhalten habe. Eigene Betriebsmittel
habe er nur in geringem Umfang eingesetzt, wie zum Beispiel das eigene Fahrzeug und das eigene Kleinwerkzeug oder eigene Arbeitsbekleidung.
Diese habe er nicht für die bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit angeschafft und auch nicht nur für diese eingesetzt, sondern
insbesondere für seine Tätigkeit im Bereich der Wohnungsräumungen. Seine Lagerräume habe er nach seinen glaubhaften Ausführungen
ausschließlich für die Lagerung der Gegenstände genutzt, die er in seinem Onlinehandel veräußert habe. Dass der Beigeladene
zu 1. während der einzelnen Aufträge weitestgehend weisungsfrei agiert habe, führe nicht zu einer anderen Beurteilung, denn
darin unterscheide er sich nicht von jedem anderen Mitarbeiter eines Unternehmens, der im Rahmen seiner Kompetenzen und der
ihm obliegenden Aufgaben das Arbeitsergebnis (mit-) beeinflusse. Eine abweichende Bewertung ergebe sich auch nicht daraus,
dass der Beigeladene zu 1. für mehrere Auftraggeber tätig gewesen sei, denn ein werbendes Auftreten am Markt für Hausmeistertätigkeiten
und Botendienste sei nicht erfolgt. Die formale Anmeldung eines Gewerbes sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung
einer Tätigkeit ohne jede Aussagekraft. Ebenso könnten auch dem Willen der Vertragsparteien und der Honorarhöhe keine ausschlaggebende
Bedeutung beigemessen werden. Ein Vertrauensschutz aus früheren Betriebsprüfungen bestehe nicht und die sozialversicherungsrechtliche
Beurteilung werde auch nicht durch die steuerrechtliche Bewertung determiniert, da insoweit keine wechselseitige Bindungswirkung
bestehe. Die Beiträge seien auch zutreffend auf der Grundlage der Rechnungsbeträge inklusive der Mehrwertsteuer berechnet
worden, denn gemäß §
14 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) gelte insoweit das Bruttolohnprinzip, sodass vom ungekürzten, nicht um Abgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben und ähnliche
Beträge geminderten Bruttolohn auszugehen sei. Arbeitsentgelt sei mithin das, was der Beschäftigte zu beanspruchen habe oder
was ihm zugeflossen sei. Dem Beigeladenen zu 1. sei der volle Rechnungsbetrag inklusive der ausgewiesenen Mehrwertsteuer zugeflossen.
Der Antrag der Klägerin auf Rückerstattung der gezahlten Beiträge sei daher unbegründet.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 15. April 2020 zugestellte Urteil am 22. April 2020 Berufung eingelegt und ihr bisheriges
Vorbringen wiederholt. Sie trägt ergänzend vor, das Sozialgericht habe nicht ausreichend gewürdigt, dass der Beigeladene zu
1. auch für verschiedene andere Firmen, z.B. die H., Hausmeistertätigkeiten erledigt habe. Der Beigeladene zu 1. habe erklärt,
dass er eigene Visitenkarten eingesetzt und im Internet seit 2008 einen eigenen Shop betrieben habe. Er sei daher werbend
am Markt aufgetreten. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe es für den Beigeladenen zu 1. keine Einsatzpläne gegeben.
Er habe die Aufträge jederzeit ablehnen können und sei keinesfalls regelmäßig eingesetzt worden. Einer selbständigen Tätigkeit
stehe nicht entgegen, dass er Vorgaben hinsichtlich der Einsatzzeiten von den Auftraggebern der Klägerin erhalten habe. Diese
Vorgaben hätten alle Hausmeister getroffen, unabhängig davon, ob sie Beschäftigte oder selbständige Dienstleister seien. Es
handele sich dabei um zulässige objekt- und auftragsbezogene Weisungen. Nur dann, wenn eine Weisung keinen aus der vertraglich
vereinbarten Leistung resultierenden Sachgrund habe, sondern Ausdruck der Verfügungsmacht des Auftraggebers sei, sei von einer
arbeitsvertraglichen Leistung auszugehen. Soweit das Sozialgericht darauf abgestellt habe, dass sich auf den Rechnungen des
Beigeladenen zu 1. regelmäßig der Passus „geleistete Stunden wie vorgegeben“ befinde, betreffe dies nicht die Rechnungen gegenüber
der Klägerin, sondern nur diejenigen gegenüber der Firma H.. Es sei zwar richtig, dass die Klägerin für die A. Botendienste
zu bestimmten Zeiten habe erbringen müssen. Der Beigeladene zu 1. habe aber entscheiden können, diese Aufträge anzunehmen
oder nicht. Das Sozialgericht habe ferner nicht ausreichend gewürdigt, dass sich der Arbeitsort des Beigeladenen zu 1. nicht
im Betrieb der Klägerin befunden habe. Er habe dort keine Sozialräume genutzt und über keinen Spind, keine Firmenbekleidung
und kein Namensschild der Klägerin verfügt. Es sei weiter unstreitig, dass der Beigeladene zu 1. die Leistung zwar persönlich
erbracht habe, jedoch generell berechtigt gewesen sei, Dritte einzuschalten. Bei Krankheit oder Urlaub habe ihm keine Vergütung
zugestanden und er hätte sogar auf eigene Kosten entsprechenden Personalersatz beschaffen müssen. Soweit er ausnahmsweise
Mitarbeitern seiner Auftraggeber zur Hand gegangen sei, liege darin keine dauerhafte oder regelmäßige Zusammenarbeit. Ein
PKW sei ihm lediglich im Rahmen der Aufträge für die A. zur Verfügung gestellt worden, für die übrigen Aufgaben habe er sein
eigenes Fahrzeug genutzt. Durch den Einsatz seines eigenen Fahrzeugs habe sich auch das Unternehmerrisiko verwirklicht, denn
er habe insoweit Aufwendungen für Reparaturen, Versicherungen, Steuern und Benzinkosten zu tragen. Er habe auch weitere Betriebsmittel
wie Werkzeug und Arbeitskleidung eingesetzt, womit grundsätzlich eine Verlustgefahr verbunden sei. Schließlich sei auch die
Höhe der Vergütung nicht hinreichend gewürdigt worden. Der Beigeladene zu 1. habe eine Vergütung von 14,87 EUR brutto erhalten.
Damit habe er bereits vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes rund 6,37 EUR pro Stunde mehr erhalten als den gesetzlichen
Mindestlohn von 8,50 EUR pro Stunde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 2013 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 25. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die gezahlten Sozialversicherungsbeiträge
in Höhe von 39.234,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Oktober 2013 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor,
dass auch Beschäftigte mehrere Beschäftigungsverhältnisse gleichzeitig eingehen könnten. Es sei vielmehr für jedes Vertragsverhältnis
gesondert festzustellen, welche Tätigkeitsmerkmale überwiegen würden. Die Klägerin habe ein örtliches und zeitliches Weisungsrecht
gehabt. Der Beigeladene zu 1. habe Monate im Voraus aufgrund von festen Plänen gewusst, wann er habe arbeiten müssen. Er habe
die Tätigkeiten in den Räumlichkeiten der Auftraggeber der Klägerin ausgeübt und sei damit örtlich gebunden gewesen. Der Beitragserstattungsanspruch
sei schon deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin die Beiträge nicht an die Beklagte, sondern an die Einzugsstelle (Krankenkasse)
gezahlt habe.
Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Stellungnahmen abgegeben und keine Anträge gestellt.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt
haben (§§
155 Abs.
3 u. 4, 124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz –
SGG).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin (§§
143,
151 Abs.
1 SGG) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
Gemäß § 28p Abs. 1 S. 1
SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten
nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen, sie prüfen
insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§
28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Sie erlassen im Rahmen dieser Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe
in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide
gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 S. 5
SGB IV).
Die auf dieser Grundlage ergangenen Bescheide der Beklagten sind formell rechtmäßig ergangen. Die von der Klägerin zunächst
geltend gemachten, im Berufungsverfahren aber nicht wiederholten Einwände gegen die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen
Bescheide greifen nicht durch. Auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen
gemäß §
153 Abs.
2 SGG Bezug genommen.
Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig, denn die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene
zu 1. im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Oktober 2011 in einer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin stand und
somit der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung
der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch,
§ 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch und § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Beurteilungsmaßstab für das
Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 S. 1
SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Arbeitgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (z.B. BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 KR 3/17 R; BSG, Urteil vom 28.05.2008 – B 12 KR 13/07 R; beide Juris) setzt danach eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei
einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und
er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Eine Dienstleistung
kann auch dann fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet
wird, wie es bei Diensten höherer Art vielfach der Fall ist. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in
solchen Fällen „zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ und ergibt sich aus der hieraus folgenden Eingliederung
in den Betrieb (BSG, Urteil vom 04.06.2019 – B 12 R 11/18 – Juris, m.w.N.). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein
einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete
Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig Beschäftigter oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche
Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das gesamte Bild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen
Verhältnissen ab, geben letztere grundsätzlich den Ausschlag, soweit sie im Rahmen des rechtlich Zulässigen ausgeübt werden
(BSG, Urteil vom 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – Juris). Dieser Rechtsprechung folgt der Senat in ebenfalls ständiger Rechtsprechung.
Gemessen an diesen Vorgaben ergibt sich im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung das Bild einer abhängigen Beschäftigung
des Beigeladenen zu 1. Zwar gibt es auch Anhaltspunkte für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit, nach der gebotenen
Abwägung überwiegen jedoch die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände.
Ein schriftlicher Vertrag wurde nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Klägerin und des Beigeladenen zu 1. nicht geschlossen,
die Geschäftsbeziehung basierte vielmehr ausschließlich auf mündlichen Abreden. Die im streitigen – fast fünf Jahre umfassenden
– Zeitraum erfolgte kontinuierliche Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. spricht jedoch dafür, dass ein auf Dauer angelegtes Vertragsverhältnis
und nicht nur jeweils werkbezogene Abreden vorgelegen haben. Es handelte sich dabei um eine (mündliche) Rahmenvereinbarung,
da die Bestimmung der Einzelheiten der Vertragsdurchführung, insbesondere die Bestimmung des Tätigkeitsortes sowie der Tätigkeitszeit,
erkennbar jedem Einzelauftrag vorbehalten war.
Der Beigeladene zu 1. war in einer für seine Tätigkeit prägenden Weise in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert
und unterlag zudem einem Weisungsrecht. Für die Frage, ob eine Weisungsgebundenheit und/oder eine Eingliederung in die Betriebsorganisation
gegeben ist, kann bei Dreiecksverhältnissen – wie hier durch die vertragliche Bindung der Klägerin einerseits an ihren Auftraggeber
und andererseits an den Beigeladenen zu 1. – nicht allein auf die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen
zu 1. abgestellt werden. Vielmehr bedarf es auch einer Betrachtung der Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und deren Auftraggebern,
denn das Weisungsrecht kann grundsätzlich auch an Dritte delegiert werden (vgl. BSG, Urteil vom 23.04.2015 – B 2 U 5/14 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.05.2021 – L 11 BA 3492/19; Urteil des Senats vom 27.04.2021 – L 3 BA 6/18).
Die Klägerin hatte sich gegenüber ihren Auftraggebern vertraglich zur Erbringung von Personaldienstleistungen verpflichtet
und hat hierfür unter anderem den Beigeladenen zu 1. eingesetzt. Dieser war somit gegenüber der Klägerin verpflichtet, deren
Leistungsverpflichtung gegenüber dem Endkunden zu erfüllen. Hierbei war der Beigeladene zu 1. jeweils in die Arbeitsabläufe
und damit in die Betriebsorganisation des Endkunden eingegliedert.
So hat er in den mündlichen Verhandlungen vor dem Sozialgericht erklärt, er habe Hausmeistervertretungen sowie Poststellentätigkeiten
und Botenfahrten verrichtet. Bei den Hausmeistertätigkeiten sei er in die Position des zu vertretenden Hausmeisters vollständig
eingerückt, d.h. er habe ihn hinsichtlich der zu verrichtenden Tätigkeiten und seiner Zeiten und Dienstpläne vollständig ersetzt.
Damit war der Beigeladene zu 1. in die Betriebsorganisation des Hauptauftraggebers eingegliedert und er unterlag dort einem
Weisungsrecht hinsichtlich Ort, Zeit und Art der Arbeitsausführung. Die Tätigkeiten mussten in den Räumlichkeiten des Hauptauftraggebers
zu den üblichen Zeiten des ansonsten tätigen Hausmeisters stattfinden und die Aufgaben sowie der Arbeitsablauf richteten sich
nach den jeweiligen betrieblichen Erfordernissen. Dass der Beigeladene zu 1. innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens sicherlich
gewisse Freiheiten hatte, in welcher Reihenfolge und auf welche Art und Weise er die anstehenden Aufgaben abgearbeitet hat,
unterscheidet ihn nicht von einem fest angestellten Mitarbeiter, dem ebenfalls nicht jeder Handgriff detailliert vorgegeben
wird. Dem Beigeladenen zu 1. verblieb jedoch nur ein geringer Spielraum bei der Ausfüllung des vorgegebenen Rahmens.
Hinsichtlich der bei der A. verrichteten Botendienste hat er angegeben, dass er morgens um 8 Uhr angefangen und um 17 Uhr
Feierabend gemacht habe. Er habe die Post verteilt und dreimal täglich abgeholt und zur Poststelle gebracht. Auch hier war
er demnach sowohl örtlich als auch zeitlich in den Betrieb und die vorgegebenen Arbeitsabläufe des Endkunden eingegliedert,
denn die Tätigkeit musste in dessen Betriebsräumen und zeitlich regelmäßig unter Berücksichtigung der im Betrieb vorhandenen
Strukturen ausgeübt werden. Eine maßgebliche Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Arbeitsausführung ist dabei ebenfalls nicht
ersichtlich. Sofern er gewisse Freiheiten – etwa hinsichtlich der Reihenfolge der abzuholenden Post – gehabt haben mag, unterscheidet
ihn auch dies nicht von einem festangestellten Poststellenmitarbeiter.
Die Klägerin hat diesen Angaben des Beigeladenen zu 1. in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts nicht widersprochen.
Sie sind darüber hinaus auch für den Senat glaubhaft und nachvollziehbar, da eine andere Arbeitsweise bei den ausgeübten Tätigkeiten
kaum denkbar ist und im Übrigen auch den vertraglichen Verpflichtungen der Klägerin gegenüber ihrem Auftraggeber zuwiderlaufen
würde. Die Klägerin kann sich daher nicht darauf berufen, Weisungen seitens ihres Auftraggebers seien unerheblich für die
Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Vielmehr muss sie sich diese aufgrund des vertraglichen Dreiecksverhältnisses
zurechnen lassen.
Des Weiteren entsprechen die Ausführungen des Beigeladenen zu 1. hinsichtlich der Arbeitszeiten auch seinen Angaben auf den
Rechnungen. Hiernach waren die Arbeitszeiten bei der A. weitgehend gleichbleibend mit nur geringfügigen Abweichungen. So hat
der Beigeladene zu 1. ab Januar 2007 regelmäßige Arbeitszeiten von 8.30 (gelegentlich 9.00 Uhr) bis 17.00 Uhr (gelegentlich
bis 18.00/18.30 Uhr) an fünf Tagen pro Woche eingetragen. Spätere Rechnungen (ab November 2008) enthalten anstelle einer detaillierten
Stundenaufstellung überwiegend die Angabe „geleistete Stunden gemäß vorgegebener Stundenanzahl“ oder „geleistete Stunden wie
vorgegeben“, was ebenfalls für Weisungen hinsichtlich der zu leistenden Arbeitszeit spricht. Anders als die Klägerin vorträgt,
befindet sich dieser Zusatz keinesfalls nur auf Rechnungen gegenüber anderen Unternehmen der H.-Gruppe, sondern auf den Rechnungen
gegenüber der Klägerin.
Entgegen dem Vortrag der Klägerin dürfte der Beigeladene zu 1. auch verpflichtet gewesen sein, die Arbeiten persönlich zu
verrichten, wie er es zunächst auch im Fragebogen der Beklagten angegeben hat. Denn die Klägerin hatte sich ausweislich des
von ihr vorgelegten Beispiel-Vertrages gegenüber ihren Auftraggebern gerade dazu verpflichtet, die Dienstleistungen nur von
eigenen Mitarbeitern ausführen zu lassen und sicherzustellen, dass diese keine betriebsfremden Personen in Objekte des Auftraggebers
mitbrachten (§ 3 Ziffer 4 des Vertrages). Hätte sie dem Beigeladenen zu 1. gestattet, Vertretungen oder Hilfskräfte einzusetzen,
hätte sie damit also gegen eigene vertragliche Verpflichtungen verstoßen. Im Übrigen stellt die bloße Möglichkeit der Einschaltung
Dritter in die Leistungserbringung allenfalls dann ein Indiz für Selbständigkeit dar, wenn von ihr nach Art und Umfang in
prägender Weise Gebrauch gemacht wurde (BSG, Urteil vom 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R - Juris), was vorliegend nicht der Fall war.
Der Beigeladene zu 1. hat auch kein maßgebliches Unternehmerrisiko getragen. Das entscheidende Kriterium für ein unternehmerisches
Risiko ist nach den vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätzen, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch
mit der Gefahr des Verlustes einsetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss
ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch
größere Freiheiten in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen
gegenüberstehen. Aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft
gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteil vom 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – Juris, m.w.N.). Vorliegend hat der Beigeladene zu 1. im Wesentlichen nur seine Arbeitskraft eingesetzt. Ein Verlustrisiko
im vorgenannten Sinne bestand insoweit nicht, da er einen unbedingten Anspruch auf Vergütung seiner aufgewandten Arbeitszeit
nach einem festen Stundensatz hatte. Auch die Möglichkeit, seine Verdienstchancen zu steigern, bestand nicht, vielmehr arbeitete
er ab November 2007 sogar für einen geringeren Stundensatz als in der Anfangszeit. Entgegen dem Vortrag der Klägerin variierte
der Stundensatz auch nicht je nach Auftrag, sondern blieb – abgesehen von der Reduzierung um 0,50 EUR ab November 2007 – über
den gesamten Tätigkeitszeitraum konstant. Das verbleibende Risiko einer Insolvenz des Auftrag- oder Arbeitgebers trifft Arbeitnehmer
in gleicher Weise. Soweit der Beigeladene zu 1. eigenes Werkzeug und gelegentlich auch sein eigenes Kraftfahrzeug eingesetzt
hat, lässt dies nicht auf ein unternehmerisches Risiko schließen, da er diese Gegenstände nicht gerade im Hinblick auf die
für die Klägerin ausgeübten Tätigkeiten angeschafft hat und das hierfür aufgewandte Kapital daher nicht bei Verlust des Auftrages
als verloren anzusehen wäre. Vielmehr hat er das Fahrzeug für die – unabhängig von der Klägerin betriebenen – Wohnungsauflösungen
und den Online-Handel angeschafft und vorgehalten und es nur gelegentlich bei Tätigkeiten für die Klägerin genutzt, zumal
es hierfür sogar eher ungeeignet war. Im Regelfall hat er dagegen hierfür das ihm von der Klägerin unentgeltlich zur Verfügung
gestellte Fahrzeug genutzt, was wiederum eher arbeitnehmertypisch ist. Das Lager nebst Büroräumen hat der Beigeladene zu 1.
ebenfalls für seinen Online-Handel unterhalten, da er dort die Gegenstände aus den Wohnungsräumungen bis zum Weiterverkauf
über Online-Plattformen aufbewahrt hat. Die Räumlichkeiten hatten mit der Tätigkeit für die Klägerin nichts zu tun und haben
somit keinen Einfluss auf die statusrechtliche Beurteilung. Das gleiche dürfte für die angeführte PC-Ausstattung gelten, denn
es ist nicht ersichtlich, dass er für die Tätigkeiten für die Klägerin in nennenswertem Umfang auf einen PC angewiesen war.
Die gegenüber der Klägerin erstellten Rechnungen sind im Übrigen handschriftlich angefertigt worden.
Das von den Vertragspartnern praktizierte Verfahren der Vergütung gegen Rechnungstellung spricht hingegen ebenso wie die Berechnung
der Mehrwertsteuer vordergründig für eine selbstständige Tätigkeit. Allerdings ist dies vor allem dem Willen der Beteiligten
geschuldet, eine selbständige Leistungserbringung zu vereinbaren. Das Gleiche gilt für den Umstand, dass keine arbeitnehmertypischen
Leistungen wie bezahlter Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vereinbart worden sind. Insoweit ist zu berücksichtigen,
dass vertragliche Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmerstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche
Regelungen zu vermeiden, auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen
der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zulassen. Dem Willen der Vertragsparteien kommt jedoch generell nur dann
überhaupt eine potentielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht
offensichtlich widerspricht und durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit
wie für eine Beschäftigung sprechen (BSG, Urteil vom 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R; BSG, Urteil vom 07.06.2019 – B 12 R 6/18 R - Juris). Dies ist hier nicht der Fall.
Zwar kann die Höhe der Vergütung für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, wenn sie evident oberhalb der abhängig Beschäftigter
für eine gleichartige Tätigkeit gewährt wird. Ein derartig evidentes Überschreiten der üblichen Vergütung ist hier jedoch
nicht ersichtlich und auch von der Klägerin, die lediglich auf einen Vergleich mit dem Mindestlohn abstellt, nicht dargelegt
worden. Darüber hinaus ist die Honorarhöhe nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien und
ebenfalls als Ausdruck des Parteiwillens zu werten (vgl. BSG, Urteil vom 07.06.2019 – B 12 R 6/18 R - Juris).
Auch die Tätigkeit für andere Auftraggeber oder eine grundsätzliche Bereitschaft hierzu erhält erst durch das Zusammenwirken
mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit erhebliches Gewicht. Zwar kann darin ein Indiz für eine erhebliche
Dispositionsfreiheit in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit liegen, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig
stattfindet, weil sie dann die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich einschränkt (BSG Urteil vom 04.09.2018 - B 12 KR 11/17 R; BSG, Urteil vom 07.06.2019 – B 12 R 6/18 R; beide Juris). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Der Beigeladene zu 1. war vielmehr im streitigen Zeitraum in ganz erheblichem
Umfang für die Klägerin tätig (2007: 1.649,12 Stunden; 2008: 1.591,29 EUR; 2009:1.499,55 Stunden; 2010: 1.402,55 Stunden;
2011: 996,5 Stunden). Angesichts einer durchschnittlichen Jahresarbeitszeit von rund 1.577 Stunden von Vollzeiterwerbstätigen
in Deutschland im Jahr 2020 (Quelle: https://de.statista.com) dürfte eine schwerpunktmäßige Tätigkeit für andere Auftraggeber
hier auszuschließen sein. Hinzu kommt, dass der Beigeladene zu 1., soweit ersichtlich, im streitigen Zeitraum lediglich für
ein anderes Unternehmen der H.-Gruppe zu im Wesentlichen gleichen Konditionen sowie für seinen eigenen Online-Handel tätig
geworden ist.
Ein Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit kann schließlich das Recht zur Ablehnung von Aufträgen sein. Angesichts
der fortgesetzten Tätigkeit des Beigeladenen zu 1., die nur wenige Lücken aufweist, und ihres zeitlichen Umfangs dürfte von
einem derartigen Recht aber in tatsächlicher Hinsicht allenfalls sehr eingeschränkt Gebrauch gemacht worden sein, sodass diesem
Umstand kein maßgebliches Gewicht zukommt.
Dass der Beigeladene zu 1. ab Mai 2008 – also erst nach Beginn der hier streitigen Tätigkeiten – ein eigenes Gewerbe angemeldet
hatte, führt ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung, denn die Anmeldung eines Gewerbes begründet keine selbstständige
Tätigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.1998 – B 12 KR 5/97 R – Juris). Darüber hinaus erfolgte diese offenbar im Hinblick auf den von ihm betriebenen Online-Handel. Die weitere Gewerbeanmeldung
ab Januar 2012 betrifft ohnehin nicht den hier streitigen Zeitraum.
Auf Vertrauensschutz aufgrund vorhergehender Betriebsprüfungen kann sich die Klägerin nicht berufen. Eine materielle Bindungswirkung
kann sich nur insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte
Zeiträume durch Verwaltungsakt festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 19.09.2019 - B 12 R 25/18 R – Juris). Ein solcher Verwaltungsakt liegt in Bezug auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht
vor.
Zutreffend hat das Sozialgericht auch darauf hingewiesen, dass die steuerrechtliche Bewertung keinen Einfluss auf die Feststellung
des sozialversicherungsrechtlichen Status hat, da eine wechselseitige Bindung insoweit nicht besteht (LSG, Urteil vom 14.06.2019
- L 8 BA 12/18 B ER – Juris, m.w.N.).
Zusammengefasst ergibt sich somit ein deutliches Überwiegen der Umstände, die auf eine versicherungspflichtige abhängige Beschäftigung
des Beigeladenen zu 1. hindeuten (insbesondere Eingliederung in den Betrieb des jeweiligen Endkunden und Weisungsgebundenheit
in zentralen Punkten) gegenüber den nach Anzahl, Umfang und Gewicht her nur geringen Anhaltspunkten für das Vorliegen einer
selbstständigen Tätigkeit. Diese Beurteilung wird gestützt durch den von der Klägerin vorgelegten Vertrag über die Erbringung
von Dienstleistungen mit dem W1, der zwar außerhalb des streitigen Zeitraums geschlossen, aber von der Klägerin als „beispielhaft“
bezeichnet wurde. Dieser enthält die ausdrückliche Verpflichtung der Klägerin, die ihr übertragenen Aufgaben mit eigenen,
sozialversicherungspflichtigen Arbeitskräften durchzuführen (§ 2 Ziffer 3 des Vertrages). Durch den Einsatz eines selbständigen
„Subunternehmers“ hätte die Klägerin somit gegen ihre eigenen vertraglichen Pflichten gegenüber ihrem Auftraggeber verstoßen.
Ferner ergibt sich aus weiteren Regelungen, dass der für die jeweilige Dienstleistung eingesetzte Mitarbeiter weisungsabhängig
sein sollte, denn die Klägerin war gegenüber ihrem Endkunden vertraglich verpflichtet, für das eingesetzte Personal Dienstanweisungen
vorzuhalten, in denen unter anderem die Einzelheiten der Aufgabenstellung, Schichtzeiten und bestimmte Verhaltensmaßnahmen
festgelegt waren.
Der Beigeladene zu 1. unterlag damit durchgängig der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Es sind
innerhalb des streitigen Gesamtzeitraums keine Zeiträume ersichtlich, in denen er längerfristig nicht für die Klägerin tätig
gewesen ist, denn er hat für annähernd jeden Kalendermonat im hier maßgeblichen Zeitraum (mit Ausnahme von Dezember 2007 und
Oktober 2010) eine Rechnung bei der Klägerin eingereicht.
Entgegen der vom Beigeladenen zu 1. im Verwaltungsverfahren geäußerten Auffassung verstößt dieses Ergebnis nicht gegen Art.
2 Abs.
1 GG. Das Wahlrecht der Beteiligten, das Vertragsverhältnis in bestimmter Weise auszugestalten, wird hierdurch nicht berührt.
Hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der gewählten Ausgestaltung müssen sich die Beteiligten dann aber
an dieser festhalten lassen.
Anhaltspunkte für die rechnerische Unrichtigkeit der Beitragsforderung sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte
zu Recht die ausgewiesenen Rechnungsbeträge inklusive der Mehrwertsteuer zur Grundlage der Berechnung gemacht. Auch insoweit
wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts, die von der Klägerin im Berufungsverfahren nicht angegriffen worden
sind, Bezug genommen.
Da die Beiträge dem Grunde und der Höhe nach zu Recht erhoben worden sind, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 S. 1, § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gemäß §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.